Datum: 28.08.2000

Memorandum des SFV

zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt

Die Europäische Kommission hat dem Parlament und dem Rat einen Richtlinienentwurf vorgelegt, der das Ziel verfolgt, die Förderung der Erneuerbaren Energien europaweit zu vereinheitlichen. Es geht um die Verminderung der CO2-Emissionen durch Förderung der Strom-ERZEUGUNG aus erneuerbaren Energien (EE). Dies ergibt sich aus der Überschrift des Entwurfs und aus Artikel 1. Diesem Ansatz stimmt der Solarenergie-Förderverein zu.

Leider unternimmt der Richtlinienentwurf im weiteren Text den Versuch, parallel oder alternativ zur ERZEUGUNG auch noch den Verbrauch von Strom aus EE zu fördern. Dies ist unnötig und führt zu erheblichen Problemen.

In Teil I des Memorandums erläutern wir die Gründe, warum wir den Zielwechsel von Förderung der ERZEUGUNG zur Förderung des Verbrauchs von EE-Strom für bedenklich halten.

In Teil II des Memorandums warnen wir vor einer Formulierung, mit der die staatliche Festlegung von Einspeisevergütungen für Strom aus EE unzutreffenderweise in die Nähe einer staatlichen Beihilfe gerückt wird.

In Teil III des Memorandums machen wir konkrete Text-Änderungs-Vorschläge.

I. Warum wir die Förderung des VERBRAUCHS von EE-Strom anstelle der ERZEUGUNG für bedenklich halten

1. Es gibt kein Produkt „EE-Strom"

Ein grundsätzliches Problem liegt in der Materie selbst. Ob Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt, kann, nachdem er in das öffentliche Netz eingespeist wurde, nicht mehr festgestellt werden. Strom ist kein individuell unterscheidbares Produkt.

2. Der Umweltentlastungseffekt ist mit der ERZEUGUNG verknüpft

Bei der ERZEUGUNG von Strom aus EE überlagern sich drei Vorgänge.

- Es wird Strom produziert, kein höherwertiges Produkt, sondern ganz einfach ... Strom.

- Die Produktion von Strom aus konventionellen Energieträgern wird zurückgedrängt.

- Es wird ein Beitrag zur Markteinführung der Techniken zur Nutzung der EE geleistet.

Förderungswürdig sind nur die beiden letztgenannten Vorgänge. Im Sinne volkswirtschaftlicher Terminologie handelt es sich um „Dienstleistungen". Wer diese fördern will, muß dort ansetzen, wo die Dienstleistung erbracht wird, nämlich bei der ERZEUGUNG von Strom aus EE.

3. Zur Abschätzung des Verbrauchs muß ohnehin die ERZEUGUNG gemessen werden

Eine pragmatische Überlegung: Gäbe es zwei GLEICHWERTIGE Möglichkeiten, entweder die EE-Stromerzeugung oder aber den EE-Stromverbrauch zu messen und zu fördern, so ließe sich darüber streiten, welchem Verfahren der Vorzug zu geben sei. Da aber in beiden Fällen ohnehin zunächst die ERZEUGUNG ermittelt werden muß, ist es sinnvoller, die ERZEUGUNG zugrundezulegen und zu fördern.

5. Förderung des Verbrauchs bringt Import- und Exportfragen ins Spiel

Würde sich die Förderung auf die ERZEUGUNG von Strom aus EE beschränken, so sind lediglich die Rechtsverhältnisse zwischen den Erzeugern und den Betreibern der Stromnetze im nationalen Hoheitsgebiet zu regeln. Wenn aber die Förderung beim Verbrauch ansetzen soll, so kommen Stromimporte und Exporte ins Spiel. Daraus ergeben sich neue und zusätzliche Zuständigkeiten.

6. Das Flächen-Potenzial für die Nutzung der EE wird nicht gleichmäßig genutzt

Wenn nicht die ERZEUGUNG, sondern der Verbrauch vorgeschrieben wird, könnte sich ein wohlhabender Staat der Gemeinschaft „freikaufen". Er könnte - ohne auch nur eine einzige Solar-, Wind- oder Biomasse-Anlage zu installieren - allein durch Ökostromhandel seine Verpflichtungen erfüllen. Seine Dachflächen, seine windgünstigen Standorte, sein Biomassepotential blieben ungenutzt.

7. CO2-Minderung bei Einfuhr von Strom aus außereuropäischer EE ist fraglich

Hierzu ein Beispiel: Ein deutsches Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU), welches nur Kohlekraftwerke betreibt, verkauft 100 GWh Strom an ein Wasserkraftwerk in Rußland. Gleichzeitig kauft das deutsche EVU 100 GWh Wasserkraftstrom von dem russischen Wasserkraftwerk zurück und läßt sich eine Bescheinigung über den Kauf von Wasserkraftsstrom (ein Zertifikat) ausstellen. Nunmehr kann das deutsche EVU 100 GWh Wasserkraftstrom in Deutschland verkaufen und der nationale deutsche Verbrauch an EE-Strom steigt rechnerisch um 100 GWh. Dabei fließt physikalisch überhaupt kein Strom, die Stromleitung könnte sogar unterbrochen sein.

8. Betrugsmöglichkeiten beim Verbrauch von angeblichem EE-Strom

Zieht man die große Zahl der beteiligten Akteure auf dem Strommarkt und ihre gegenseitigen, teilweise sogar grenzüberschreitenden Verflechtungen in Betracht und bedenkt man die verschiedenen Betrugsmöglichkeiten (Stromwäsche, Scheinlieferungen, Doppelzählung), so kann man getrost behaupten, es sei praktisch unmöglich, den Verbrauch an EE-Strom in den einzelnen Mitgliedstaaten auch nur annähernd korrekt zu ermitteln. Der Hinweis der Kommission, dies sei auch eine Sache des Vertrauens (Seite 8 oben) spricht Bände.

9. Erfolge der deutschen Einspeisevergütung würden statistisch nicht erfasst

Wenn nicht die Erzeugung, sondern der Verbrauch von Strom aus EE zum Maßstab gemacht wird, dann haben Länder wie Deutschland oder Spanien - wenn sie ihre Einspeisevergütungsregelung beibehalten - „schlechte Karten". Länder mit Quotenregelung könnten zur Aufbesserung ihrer Quote für wenig Pfennige Wasserkraftstrom aus den deutschen Großwasserkraftwerken einkaufen. Damit aber sänke der deutsche Verbrauch an Strom aus EE von 6% auf 2%.

II. Weiterer Änderungsgrund
(EEG ist keine Beihilfe!)

Artikel 2 Punkt 3.

In Artikel 2 werden die verwendeten Begriffe der Richtlinie definiert. Unter Punkt 3. zum Begriff „Förderregelung" ist die Rede von einer „indirekten Unterstützung der öffentlichen Hand beispielsweise ... (durch) feste Einspeisepreise". Zwar ist diese Formulierung sachlich unzutreffend, aber wenn sie so angenommen würde, müsste das Deutsche EEG dennoch als Beihilfe notifiziert werden, denn eine direkte oder indirekte Unterstützung durch die öffentliche Hand gilt als Beihilfe.

III. Änderungsvorschläge

Die obigen Ausführungen unter Teil I des Memorandums belegen deutlich, dass die Richtlinie sich ausschließlich mit der ERZEUGUNG, nicht aber mit dem Verbrauch von Strom aus EE befassen sollte. Dies kann durch folgende textliche Änderungen erreicht werden:

1. Korrektur der Begründung und des Anhangs

In der Begründung sowie im Anhang sind jeweils das Wort, bzw. der Wortbestandteil „Verbrauch" durch das Wort, bzw. den Wortbestandteil „Erzeugung" sinngemäß zu ersetzen.

2. Zum Vorspann, zur Aufzählung „in Erwägung nachstehender Gründe"

In den Gründen mit den laufenden Nummern 6, 11, 12, 13

ist jeweils das Wort, bzw. der Wortbestandteil „Verbrauch" durch das Wort, bzw. den Wortbestandteil „Erzeugung" zu ersetzen.

Grund Nr. 15

ist neu zu formulieren: „Die Förderung der Erzeugung von Strom aus EE hat das Ziel, die Techniken der Stromerzeugung aus EE durch Massenproduktion zu verbilligen und auf lange Sicht konkurrenzfähig zu machen."

Grund Nr. 16

Hier ist folgender Satz voranzustellen: „In Staaten, die eine Förderung der Stromerzeugung aus EE mit Hilfe der Nachfrage erreichen wollen, gilt:"

Grund Nr. 18

Hier ist am Ende zu ergänzen: „oder Einspeisevergütungsregelungen."

3. Zum Wortlaut der einzelnen Artikel

Artikel 1, Artikel 4, Artikel 6, Artikel 8, Artikel 9, Artikel 10, Artikel 11

Keine Änderungsvorschläge!

Artikel 2 Punkt 3.

Die Worte „der öffentlichen Hand" sind zu streichen.

Hinter dem Wort „erhält" ist die Klammer durch einen Punkt zu ersetzen. Die beiden weiteren Klammern sind zu streichen.

Zwischen „Einspeisepreise" und „Prämiensystem" ist das Wort „und" zu streichen und durch das Wort „oder" zu ersetzen.

Artikel 3

Hier ist an insgesamt 4 Stellen das Wort „Verbrauch" gegen das Wort „Erzeugung" auszuwechseln. Lediglich im Wort „Gesamtelektrizitätsverbrauch" ist der Austausch nicht erforderlich.

Artikel 5

Die Überschrift, sowie die Punkte 1 bis 5 sind zu streichen. Stattdessen schlagen wir folgenden Wortlaut vor:

„Die Gesamtmenge der nationalen Erzeugung von Strom aus EE ergibt sich durch Addition des in die Stromnetze auf ihrem Hoheitsgebiet eingespeisten Stromes aus EE. Die nationalen Verpflichtungen im Sinne von Artikel 3 gelten als erfüllt, wenn die nationale Erzeugung den in Artikel 3 festgelegten Prozentsatz des nationalen Gesamtstromverbrauchs erreicht oder übersteigt."

Anmerkung

Sollte Artikel 5 in der bisherigen Fassung unverzichtbar sein, so ist unser Textvorschlag in Artikel 5 als Punkt Nr. 6 anzufügen.

Artikel 7 Punkt 1

Hinter dem Wort „Hoheitsgebiet" sind die Worte „der Einspeisung," einzufügen. Die Worte „der Übertragung und Verteilung" sind zu streichen.

Für den Solarenergie-Förderverein
Der Geschäftsführer,
Wolf von Fabeck