Datum: 10.05.2002
Urteil Amtsgericht Rendsburg:
Schleswag muss Verzugszinsen zahlen
Erfreuliches Urteil für Anlagenbetreiber- Netzbetreiber muss Verzugszinsen für verspätet beglichene Einspeisevergütung zahlen
(es folgt die ungekürzte Abschrift des Urteils)
11 C 565/01
In dem Rechtsstreit
- PV-Anlagenbetreiber - als Kläger
Prozessbevollmächtigt: RA Dr. Bönning & Bönning,
Herzogstr. 19, 52070 Aachen, AZ:2000/00283
gegen
- Netzbetreiber - als Beklagte
wegen Zahlung einer Einspeisevergütung
hat das Amtsgericht Rendsburg im schriftlichen Verfahren am 08.04.2002 durch den Richter am Amtsgericht Bruhn für Recht erkannt:
I) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe
von 8,42 % von einem Betrag in Höhe von 451,49 EUR für den Zeitraum
vom 19.11.2000 bis 04.02.2002 zu zahlen.
II) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Zinsansprüche wegen einer Zahlungsverpflichtung aus der Einspeisung von elektrischer Energie in das Stromnetz der Beklagten. Der Kläger betreibt seit dem 14.06.2000 in XXX eine Photovoltaik-Anlage. Die Anlage ist seitdem an das Versorgungsnetz der Beklagten mit einem von dieser installierten Zähler angeschlossen. Die Beklagte nahm die Anlage ab. Der von den Solarzellen des Klägers erzeugte elektrische Strom wird seitdem in das Netz der Beklagten eingespeist. Die Beklagte legte dem Kläger mit Datum vom 19.06.2000 einen Standardvertrag über die Einspeisung elektrischer Energie vor. Der Kläger war jedoch in mehreren Punkten nicht einverstanden und unterzeichnete diesen nicht. In der Folgezeit erstellte der Kläger einen eigenen Vertragsentwurf, über den die Parteien ebenfalls keine Einigung erzielten. Der Kläger stellte der Beklagten am 05.10.2000 insgesamt seine Leistung von 769 kWh mit DM 883,12 in Rechnung. Die Frist zur Fälligkeit betrug 14 Tage. Eine Zahlung der Beklagten erfolgte zunächst nicht. Mit Erinnerungsschreiben vom 02.11.2000 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos mit einer letzten Frist bis zum 18.11.2000 zur Zahlung auf. Am 18.12.2001 kam zwischen den Parteien schließlich ein Einspeisevertrag zustande. Die Beklagte beglich dann am 05.02.2002 den o.a. Rechnungsbetrag.
Der Kläger meint, er habe einen Anspruch auf fristgemäße Begleichung seiner Rechnung. Gemäß §§ 3 Abs. 1, 8, 9 EEG habe die Beklagte als Netzbetreiberin die Pflicht, den angebotenen Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen und diesen mit 99 Pfennig (bzw. 50,62 Cent) pro eingespeiste KWh zu vergüten. Eine Zahlungspflicht bestehe danach unabhängig von dem Abschluß eines Vertrages. Die Beklagte habe die Zahlung nicht solange verweigern können, bis zwischen den Parteien ein Einspeisevertrag zustande gekommen sei.
Ursprünglich begehrte der Kläger, den Beklagten zu verurteilen, an ihn DM 883,12 zzgl.8,42 % Zinsen seit dem 19.11.2000 zu zahlen. Die Parteien haben jedoch den Rechtsstreit betreffend der Hauptforderung in Höhe von DM 883,12 übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Kläger beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen in Höhe von 8,42 % von einem Betrag in Höhe von DM 883,12 für den Zeitraum vom 09.11.2000 bis 04.02.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte meint, die Klägerin sei nicht befugt gewesen, ohne Vertrag elektrische Energie in ihr Stromnetz einzuspeisen. Aus dem EEG könne die Klägerin keinen Anspruch auf Einspeisung elektrischer Energie ohne Vertrag ableiten. Es habe sich bei dem dennoch eingespeisten Strom um eine aufgedrängte Bereicherung gehandelt. Dafür sei die Beklagte nicht vergütungspflichtig.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage ist beim Amtsgericht zulässig. Eine ausschließliche Landgerichts-Zuständigkeit gem. § 87 Abs. 1 GWB scheidet vorliegend aus, da die Frage, ob die Beklagte ihre marktbeherrschende Rolle zum Nachteil des Klägers ausnutzt, für die hier allein geltend gemachten Verzugszinsen nicht entscheidungserheblich ist.
2. Der Klage war überwiegend stattzugeben.
Die Beklagte ist dem Kläger zum Schadenersatz aus Verzug verpflichtet. Dies folgt aus § 286 Abs. 1 BGB. Zwar lag zunächst zwischen den Parteien kein individueller Stromeinspeisevertrag vor, es bestand jedoch während des geltend gemachten Zeitraums ein gesetzliches Schuldverhältnis. Dieses ergibt sich aus dem Regelungsgehalt des EEG. In § 3 Abs. 1 S. 1 EEG heißt es: "Netzbetreiber sind verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom nach § 2 an ihr Netz anzuschließen, den gesamten angebotenen Strom aus diesen Anlagen vorrangig abzunehmen und den eingespeisten Strom nach §§ 4 bis 8 zu vergüten."
Vorliegend handelt es sich um eine Photovoltaik-Anlage, also Stromerzeugung aus solarer Strahlungsenergie. Die Vergütung dafür ist in § 8 Abs. 1 S. 1 EEG konkret geregelt: "Für Strom aus solarer Strahlungsenergie beträgt die Vergütung mindestens 99 Pfennig (bzw. 50,62 Cent) pro Kilowattstunde."
Das EEG ist seit April 2000 in Kraft, sein Vorläufer war das Stromeinspeisegesetz
aus dem Jahr 1990. Anders als in § 3 des Stromeinspeisegesetzes regelt
das EEG die Höhe der Vergütung in absoluten Zahlen. Weitere Rechenschritte
zur Ermittlung der Vergütungshöhe sind daher -wie nach alter
Rechtslage- nicht mehr erforderlich. Die Höhe ergibt sich unmittelbar
aus dem Gesetz. Überdies sieht das EEG im Gegensatz zum Stromeinspeisegesetz
keine Härteregelung mehr vor, nach der unter bestimmten Voraussetzungen
die Vergütungspflicht entfallen konnte. Damit sind im EEG die Hauptleistungspflichten
der Stromlieferung, Abnahme und Vergütung konkret und für den
Einzelfall anwendbar gesetzlich geregelt. Einer individuellen vertraglichen
Regelung zwischen den Parteien bedurfte es insoweit nicht.
Auch die Argumentation in den Entscheidungen des BGH (NJW-RR 1994,
S. 175-177) und des OLG Koblenz (Urteil v. 28.09.1999 - 1 U 1044/96) vermögen
eine gegenteilige Rechtsauffassung nicht überzeugend zu stützen,
da diese sich auf die frühere Rechtslage beziehen. Wenn der BGH schon
unter Geltung des alten Stromeinspeisegesetzes feststellt, die Ansprüche
der Parteien "seien bereits (das heißt: vor Vertragsabschluß)
in dem schon jetzt bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis
angelegt", muß dies erst recht nach neuer Rechtslage mit dem EEG
gelten, das sämtliche Hauptpflichten bestimmt und eindeutig regelt.
Diese Ansicht hat bereits das AG Hamburg in seiner Entscheidung vom 11.12.2001
(12C472/2001) nach Inkraftteten des EEG zutreffend vertreten.
Da jenes gesetzliche Schuldverhältnis mit Einführung des EEG detailliert und umfassend geregelt ist, besteht für eine ergänzende vertragliche Regelung ohnehin wenig Raum. Es mag jedoch weitere technische Einzelheiten geben, über die eine vertragliche Zusatzvereinbarung sinnvoll ist, zwingend erforderlich ist diese jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht. Der Beklagte hatte nämlich bereits über einen Zeitraum von 6 Monaten technisch beanstandungsfrei elektrische Energie in das Netz der Beklagten eingespeist, bevor es zu dem Vertragsabschluß im Dezember 2000 (Anmerkung des SFV: hier handelt es sich um einen Tippfehler; richtig wäre 2001) kam.
Die oben zitierten Entscheidungen lassen zudem offen, auf welche Anspruchsgrundlage ein Vertragsverlangen gestützt werden könnte. In der Begründung heißt es lediglich, daß das Stromeinspeiserecht dem Abschluß eines solchen Vertrags nicht entgegen steht. Aus der Zulässigkeit eines Vertrages kann aber nicht auf das Gebotensein geschlossen werden. Weder das EEG noch allgemeine zivilrechtliche Vorschriften begründen einen derartigen Anspruch, so daß hier ein für die Geltendmachung von Verzugszinsen hinreichendes gesetzliches Schuldverhältnis vorlag. Die Beklagte befand sich vom 19.11.2000 bis zum 04.02.2000 (Anmerkung des SFV: auch hier hat sich im Original ein Tippfehler eingeschlichen; korrekt wäre 2002) in Verzug, und nicht - wie im Klägerantrag angenommen- schon ab dem 09.11.2000. Nachdem die Beklagte trotz Fälligkeit nicht geleistet hatte, setzte der Kläger ihr mit Mahnung vom 02.11.2000 eine letzte Zahlungsfrist bis zum 18.11.2000. Die Beklagte beglich die Forderung jedoch erst am 05.02.2000 (Anmerkung des SFV: wieder ein Tippfehler; richtig wäre 2002). Die Höhe der Vergütung für die eingespeisten 769 Kilowattstunden ist mit DM 883,12 von dem Kläger zutreffend berechnet und von der Beklagten nicht bestritten worden. Ebenfalls ist gem. § 288 Abs. I BGB die Höhe des Zinssatzes mit 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz gem. DÜG vom Kläger korrekt angegeben worden.
Nach alledem ist das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes davon ausgegangen, daß die beklagte Partei aller Voraussicht nach auch in einem Rechtsstreit über die für erledigt erklärte Hauptforderung unterlegen wäre, so daß ihr insoweit die Kosten aufzuerlegen sind. Das Teil-Unterliegen des Klägers hinsichtlich der Zinsen für den Zeitraum vom 09.-19.11.2000 ist geringfügig und verursachte keine besonderen Kosten. Damit ist es für die Kostenentscheidung unbeachtlich. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91a, 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf den §§ 708 Abs. 11, 711 und 713 ZPO.
Bruhn, Richter am Amtsgericht Rendsburg