Datum: 02.04.2004
Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich - Zweite und dritte Lesung im Bundestag
Auswahl von Redebeiträgen der 103. Sitzung des Deutschen Bundestages
Berlin, Freitag, den 2. April 2004
(Den Text der vollständigen Bundestags-Debatte finden Sie unter www.eeg-aktuell.de als pdf-Datei.)
Auszüge aus Redebeiträgen von:
- Marco Bülow (SPD)
- Horst Seehofer (CDU/CSU)
- Michaele Hustedt (Bündnis 90/ Die Grünen)
- Angelika Brunkhorst (FDP)
- Hermann Scheer (SPD)
Erster Beitrag
Zweiter Beitrag - Doris Meyer ( CDU/CSU)
- Hans-Josef Fell (Bündnis 90 / Die Grünen)
- Jürgen Trittin (Bündnis 90 / Die Grünen)
- Peter Paziorek (CDU / CSU)
Präsident Wolfgang Thierse:
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Marco Bülow, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Marco Bülow (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Diese Rede richte ich vor allem an die Bürgerinnen und
Bürger. Meine Damen und Herren, mit nur 1 Euro sind
Sie dabei! 1 Euro kosten nämlich die erneuerbaren Energien
jeden Haushalt pro Monat. Mit 1 Euro helfen Sie
mit, dass 50 Millionen Tonnen CO2 und 50 Millionen
Tonnen anderer Klimagase pro Jahr eingespart werden
können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit 1 Euro haben Sie mitgeholfen, dass 130 000 zukunftsfähige
Arbeitsplätze geschaffen worden sind.
Mit 1 Euro haben Sie mit dazu beigetragen, dass
Deutschlands Energieversorgung sicherer geworden ist.
Mit 1 Euro haben Sie mit dafür gesorgt, dass die deutschen
Unternehmen in einer Schlüsselindustrie zum
Marktführer geworden sind. Mit 1 Euro leisten Sie einen
wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
[...]
Eigentlich sparen Sie sogar Geld. Denn die erneuerbaren
Energien vermeiden so genannte externe Kosten.
Das sind Kosten für Umweltschäden, für Schäden, die
im Bereich Klima entstehen, aber beispielsweise auch
für Castortransporte, die bekanntlich immer viel Geld
kosten. All diese Kosten haben letztendlich Sie zu bezahlen,
auch wenn sie auf keiner Stromrechnung auftauchen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Ich warne davor, zu glauben, dass die Kosten niedrig
ausfallen werden. Ich möchte Sie nur an die Hitzeperiode
und an die Hochwasserkatastrophe im letzten
Jahr erinnern. Wenn solche Ereignisse nicht Ausnahmen
bleiben, sondern zum Regelfall werden, dann wird es Sie
teuer zu stehen kommen, wenn Sie weiterhin hauptsächlich
die anderen Energieträger nutzen und nicht die erneuerbaren
Energien.
[...]
Andere Modelle sind teurer und nicht so erfolgreich. Das
beweisen viele Gesetze in anderen Ländern. Deswegen
kopieren immer mehr Länder unser Instrument.
Zudem wissen wir, dass sich die Kostenschere zwischen
den erneuerbaren Energien und den anderen Energieformen
schon allein deswegen schließen wird, weil
wir viele neue Kraftwerke bauen müssen; das kostet
Geld. Daneben gibt es vor allen Dingen beim Öl und
beim Gas eine Endlichkeit, die schnell erreicht sein wird.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
[...]
Die Union will sich jetzt mit einem Trick retten: Die
erneuerbaren Energien werden bis 2007 gefördert; danach
wird geschaut, ob es ein anderes Instrument gibt.
Das ist ökologisch aus den genannten Gründen und
ökonomisch natürlich unsinnig. Ökonomisch ist es deshalb
unsinnig, weil es überhaupt keine Planungssicherheit
gibt. Niemand wird mehr irgendetwas in die erneuerbaren
Energien investieren, wenn er nicht weiß, was
hinterher dabei herauskommt. In 20 Jahren werden sich
die Menschen an den Kopf fassen und fragen, warum es
eigentlich so schwierig war, die erneuerbaren Energien
zu fördern, und warum damit nicht schon viel früher angefangen
wurde.
(Zuruf von der SPD: Wegen der CDU!)
Bei einigen fehlen leider der Fortschrittsglaube, der
Mut und der Pioniergeist, die wir Deutschen doch so
dringend brauchen. Glücklicherweise gilt das nicht für
alle. Viele Menschen haben das Gegenteil bewiesen. Das
sind nicht immer die Großen, die damit Geld verdienen
wollen was ja legitim ist. Häufig sind das die Kleinen,
zum Beispiel die Solarinitiativen in Bayern, die eigenes,
privates Geld in die Hand genommen haben und eine
Menge für die erneuerbaren Energien tun.
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Horst Seehofer, CDU/
CSU-Fraktion.
(Ute Kumpf [SPD]: Wir haben keine Gesundheitsdebatte!
Was haben Sie denn mit Energie
zu tun?)
Horst Seehofer (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Was für starke Worte: ewig gestrig, trickreich,
noch nicht in der Gegenwart angekommen.
Ich darf Herrn Bülow einmal daran erinnern, dass die erneuerbaren
Energien zuallererst von der Union Anfang
der 90er-Jahre gefördert wurden. Sie sind unser Kind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Wir haben ein klares Bekenntnis zur Funktion der erneuerbaren
Energien auch in der Zukunft abgelegt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir stehen dazu. Die erneuerbaren Energien leisten für
den Klimaschutz, die Ressourcenschonung und die
Technologieentwicklung einen wichtigen Beitrag. Deshalb
werden nach Auffassung der Union die erneuerbaren
Energien wie die Sonne, die Geothermie, die Biomasse,
die Wasserkraft und der Wind auch in der
Zukunft einen wichtigen Beitrag zum Energiemix in der
Bundesrepublik Deutschland leisten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
[...]
Weiterhin müssen wir die Förderung stärker hin zu erneuerbaren
Energien umpolen, die vom Prinzip her
grundlastfähig sind.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)
Es macht doch auf Dauer keinen Sinn, wenn wir erneuerbare
Energien, die nur eine bestimmte Stundenzahl im
Jahr zur Verfügung stehen, weil nicht immer die Sonne
scheint oder der Wind bläst, fördern und gleichzeitig
aber die konventionellen Kraftwerke uneingeschränkt
ihre Grundlast vorhalten müssen. Was haben wir für den
Klimaschutz erreicht, wenn nur ergänzt, nicht aber ersetzt
wird? Deshalb müssen wir umsteuern.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
[...]
Deshalb sagen wir klipp und klar: Ja zum Ziel der Verdoppelung der erneuerbaren Energien beim Bruttostromverbrauch. Da stimmen wir völlig überein. Wir sagen aber ebenso entschieden: Umsteuerung hin zu grundlastfähigen Energiearten und keine Dauersubvention. Wir reden im Deutschen Bundestag fast wöchentlich darüber, wie wir Subventionen abbauen; auf der anderen Seite laufen wir Gefahr, gigantische neue Subventionen für unwirtschaftliche Anlagen zu gewähren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP
Marco Bülow [SPD]: Reden Sie mal über
Atomkraft!)
[...]
[...]
Deshalb soll das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinem
herkömmlichen Förderinstrumentarium bis Ende
2007 befristet werden. Wir werden bis zu diesem Zeitpunkt
hier im Deutschen Bundestag ein Gesetz vorlegen,
das für die Ziele, die ich genannt habe, ein effizienteres
Förderinstrumentarium vorsieht, als es in der Vergangenheit
der Fall war. Die von uns vorgesehene Förderung bis zum Jahr
2007 hängt nicht mit irgendeiner Wahl zusammen, sondern
damit, dass Ende 2007 die Versuchsphase des
Emissionshandels ausläuft und mehr Klarheit darüber
herrscht, welche Kosten durch die erneuerbaren Energien
für den Netzausbau und die Regelleistungen beim
Strom entstehen. Dann sind wir in der Lage, eine fundierte
Entscheidung zugunsten der erneuerbaren Energien
zu treffen.
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile der Kollegin Michaele Hustedt, Bündnis 90/
Die Grünen, das Wort.
Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Heute ist ein guter Tag: Die rotgrüne Koalition wird den
Weg ins Solarzeitalter trotz einer beispiellosen Kampagne
von RWE und Co beschleunigt fortsetzen. Unser
Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien an der
Stromerzeugung bis zum Jahr 2020 auf mindestens
20 Prozent zu erhöhen.
[...]
Herr Seehofer, wenn Sie eine stärkere Förderung der
erneuerbaren Energien fordern, mit denen die Grundlast
abgedeckt und Spitzenlaststrom erzeugt werden kann,
dann müssen Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen.
Denn genau diesen Weg beschreiten wir damit.
Sie hören doch sonst immer auf den Bauernverband.
In der aktuellen Pressemitteilung des Bauernverbands
wird klar zum Ausdruck gebracht, dass der Verband erwartet,
dass alle Fraktionen des Bundestages der Novelle
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit den darin vorgesehenen
Verbesserungen im Zusammenhang mit der
Biomasse zustimmen werden.
[...]
Der Klimaschutz ist bei weitem nicht nur eine ökologische
Frage und auch kein Luxusproblem der Grünen.
Ich möchte einmal wirtschaftlich argumentieren; denn
wenn es um Umweltargumente geht, sind Sie die FDP
völlig, die CDU/CSU zumindest zur Hälfte sowieso
auf beiden Ohren taub. Die Kosten infolge der Flut 2002
betrugen 15 Milliarden Euro; die Kosten infolge der
Dürre 2003 beliefen sich auf 13 Milliarden Euro. Das alles
muss der Steuerzahler tragen. Weltweit nimmt die
Zahl der Naturkatastrophen enorm zu. Von 1960 bis
1969 betrugen die Kosten für die von Naturkatastrophen
verursachten Schäden 71 Milliarden US-Dollar. Von
1990 bis 1999 beliefen sich die Kosten für die Schäden,
die durch von Menschen verursachte Naturkatastrophen
entstanden sind, schon auf 607 Milliarden US-Dollar.
Das ist fast eine Verzehnfachung. Wer zahlt dafür? Es
sind die Bürger, die Bauern und die Unternehmer, die
Haus und Hof verlieren, sowie die Hausbesitzer. Wer
verursacht das? Verursacher sind die fossilen Energieträger
wie Kohle, Gas und Erdöl. 70 Prozent des CO2-Ausstoßes
kommen aus den Industrieländern. Deutschland
ist beim Klimaschutz bei weitem kein Vorreiter;
denn Deutschland liegt mit seinem CO2-Ausstoß pro
Kopf weit über dem EU-Durchschnitt. Im Vergleich zu
anderen Industrieländern in der EU hat es sogar den
höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf. Wir sind also keine
Vorreiter, obwohl wir in diesem Land viel für den Klimaschutz
getan haben. Wir müssen noch viel tun.
150 000 Menschen sind laut der Weltgesundheitsorganisation
im letzten Jahr an den von Menschen verursachten
Treibhauseffekten gestorben. Ich nenne Ihnen
noch einen anderen Grund, warum wir uns für den Klimaschutz
einsetzen sollten. Weltweit nimmt der Verbrauch
an Rohstoffen zu, insbesondere durch das rasante
Wachstum in China und Indien was diesen Ländern
durchaus vergönnt ist.[...]
Deswegen sage ich Ihnen: Je unabhängiger ein
Industrieland von fossilen Energieträgern wird, desto
größer sind seine Vorteile im globalen Wettbewerb mit
anderen Industrieländern.
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegin Angelika Brunkhorst,
FDP-Fraktion.
Angelika Brunkhorst (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
erneuerbaren Energien sind Zukunftstechnologien. Sie
können dazu beitragen, die Energieversorgung nachhaltig
zu sichern.
[...]
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz halten wir allerdings
für den falschen Weg, um den Anteil der erneuerbaren
Energien zu erhöhen. Die festgelegten Einspeisevergütungen
sind eine ständige Marktintervention. Den
durch das EEG gesetzten Anreiz zur Kostenreduktion
und zur Steigerung der technischen Effizienz halten wir
für nicht ausreichend.
[...]
Durch die Umstellung
auf ein Modell marktwirtschaftlicher Förderung
durch Mengensteuerung werden Netzbetreiber und Eigenerzeuger
verpflichtet, eine gewisse Menge durchgeleiteten
oder selbst genutzten Strom aus erneuerbaren
Energien zu gewinnen. Durch Ausschreibungsmodelle
sind diese Mengen am freien Markt erwerbbar. So
kommt unter Wettbewerbsbedingungen jeweils diejenige
Technologie zum Zuge, zu der die klimatischen und geographischen
Bedingungen passen. Der Verbraucher kann
darauf hoffen, dass auch erneuerbare Energien möglichst
kostengünstig produziert werden. Das ist ein gutes Ziel.
[...]
Ich will auf die vielen Neuerungen des EEG, die Zu-und
Abschläge, gar nicht eingehen, sondern nur so viel
sagen: Ein untaugliches Gesetz wird durch viele Änderungen
und Interventionen nicht besser.
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile Kollegen Hermann Scheer, SPD-Fraktion,
das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke
Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dr. Hermann Scheer (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Interessante
ist, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz, dessen
Novelle heute zur Entscheidung steht, umstrittener
ist, als das im Jahr 2000 der Fall war. Das hat seinen
Grund vor allem darin, dass dieses Gesetz erfolgreich
geworden ist. Es wird zu einer ernsthaften Herausforderung
für die Struktur der Energiewirtschaft. Von daher
erklärt sich das seit einem Jahr anhaltende Getöse um erneuerbare
Energien, das teilweise mehr als peinliche
Züge angenommen hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Es gibt zahllose Lippenbekenntnisse für erneuerbare
Energien. Natürlich spricht jeder dafür. Man würde sich
auch wundern, wenn jemand dagegen wäre, dass eine
emissionsfrei und dauerhaft nutzbare Energie gefördert
wird. Aber dieses Ja ist oft nur ein Lippenbekenntnis. Es
gibt Ausflüchte, und zwar immer dann, wenn es um konkrete
Forderungen geht. Konkrete Forderungen sind der
eigentliche Lackmustest dafür, ob wir in dieser Frage
wirklich vorankommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Eine Befristung, wie sie aus der Unionsfraktion gefordert
worden ist, ist geradezu absurd. Sie hätte unmittelbar
zur Folge, dass die erfolgreichen Unternehmen,
die jetzt auch auf den Weltmarkt gehen das reicht von
der Windenergie bis zur Photovoltaik , ihren Standort
in die Länder verlagern würden, die mittlerweile merken,
dass es gar keinen Weg an erneuerbaren Energien
vorbei gibt. Kann eine Befristung wirtschaftlich ernsthaft
begründet werden?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Die mangelnde Effizienz des EEG wird beklagt. Was
soll dieses Argument? In Bezug auf die Effizienz stellt
sich in erster Linie die Frage: Welches politische Instrument
ist bei der Einführung erneuerbarer Energien am
erfolgreichsten? Die Antwort ist statistisch weltweit klar.
(C)
(B)
(D)
Alle, die erneuerbare Energien ernsthaft fördern wollen,
schauen auf dieses Gesetz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN Volker Kauder [CDU/CSU]:
Das ist ja Sozialismus pur!)
Wenn es um Effizienz geht, geht es sicherlich auch
um Kostensenkung. Aber die Senkung der Kosten einer
Technologie erfolgt doch nicht durch das Labor, sie erfolgt
durch
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Subvention!)
Produktionssteigerung, Produktionstechnikverbesserung,
Markteinführung. Wer also nach Kosteneffizienz ruft,
darf nicht die Markteinführung künstlich blockieren,
sondern muss sie vorantreiben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Das Gesetz sei zu ambitioniert, heißt es. Wir sollten
die Zielsetzung der Reduktion von CO2-Emissionen
um 20 Prozent bis zum Jahr 2020 streichen. In diesem
Zusammenhang erinnere ich an das, was die Umweltministerin
Merkel am 28. April 1998 wörtlich gesagt
hat:
Das große Ziel lautet, bis Mitte des nächsten Jahrhunderts
den Anteil erneuerbarer Energien auf
50 Prozent zu steigern.
Deshalb müssten Sie mitmachen, wenn das nicht wieder
nur ein Lippenbekenntnis gewesen sein soll,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
statt Ziele zu blockieren, die an diese Dimension noch
lange nicht herankommen.
Das Argument, das Gesetz sei zu ambitioniert, ist läppisch.
Es ist nicht zu ambitioniert. Bei jeder anderen
Technologie heißt es doch: schneller sein als andere,
weil das die internationale Wettbewerbsfähigkeit der in
dieser Richtung tätigen Unternehmen steigert. Bei den
erneuerbaren Energien aber heißt es jetzt: Bitte keinen
Alleingang! Das hätten Sie sich einmal bei anderen
Technologien überlegen sollen, die zu einem riesigen
Milliardengrab geworden sind: schneller Brüter, die
Atomtechnologie insgesamt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Die erneuerbaren Energien seien zu teuer, heißt es.
Wenn man die externen Effekte der herkömmlichen
Energieversorgung, allen voran die Atomenergie, mit
einbezieht, sind die herkömmlichen Energien aus gesellschaftsökonomischer
Sicht längst unbezahlbar geworden.
An diesem Tatbestand kommen wir nicht mehr vorbei.
Mangelnder Markt wird beklagt. Der Hintergrund ist,
dass wir bis 1998 einen Gebietsschutz für die gesamte
deutsche Stromversorgung hatten, sodass ohne irgendein
Risiko Investitionen getätigt werden konnten, wodurch
Zehntausende von Megawatt an Überkapazitäten entstanden.
Es heißt, jetzt sollen die erneuerbaren Energien
mit dem konkurrieren, was längst bezahlt ist. Marktwirtschaft
bedeutet, das Prinzip der Marktgleichheit zu beachten
und diese überhaupt wiederherzustellen, denn sie
existiert gegenwärtig nicht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Wir könnten uns die Förderung der erneuerbaren
Energien im Rahmen des EEG sparen, wenn die bisherigen,
über Jahrzehnte getätigten Subventionen von der
herkömmlichen Energiewirtschaft zurückgezahlt werden
müssten und die Subventionen zurückgefordert werden
könnten. Dann brauchten wir kein Förderprogramm für
erneuerbare Energien. Das ist aber leider unrealistisch.
Insofern geht an einem solchen Marktinstrument spezieller
Art nichts vorbei.
Die Grundlast soll damit angeblich nicht abgedeckt
werden können. Sehen Sie sich doch einmal die wechselseitige
Ergänzung der erneuerbaren Energien an, und
beachten Sie, dass der Regelbedarf an Energie in den
letzten Jahren gesunken und nicht gestiegen ist, obwohl
wir die erneuerbaren Energien ausgebaut haben. Wenn
Sie diesen Punkt so hervorheben, dann müssen Sie doch
gerade deshalb zustimmen, weil der Hauptpunkt dieser
Novelle die verstärkte Förderung der Bioenergie ist. Sie
ist in jedem Fall grundlastfähig, weil sie genauso leicht
speicherbar ist wie fossile Energien.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Das versuchte Ausspielen gegen den Emissionshandel
ist doch nun wirklich lächerlich. Das Instrument
EEG hat schon jetzt mehr zur Emissionsminderung beigetragen,
als es mit den ambitionierten Zielen des Umweltministers
in Bezug auf den Emissionshandel, die
nicht ganz durchgekommen sind, und mit dem Emissionshandel
überhaupt möglich gewesen wäre.
Die Förderung der erneuerbaren Energien hat im Rahmen
des Klimaschutzes Priorität. Das EEG ist ein
vielfältigeres Instrument. Aber es geht im Grunde genommen
nicht nur um Klimaschutz. Es geht um Industrieförderung;
es geht um Förderung der Landwirtschaft;
es geht um Förderung des Handwerks. Es gibt außerdem
vielfältige zusätzliche Effekte, die die gesamte Entwicklung
der Wirtschaft auf eine neue Stufe stellen. Damit
können wir die Herausforderungen unseres Jahrhunderts
bewältigen.
Sehen Sie die Thematik einmal unter diesen Gesichtspunkten
und stellen Sie die entsprechenden Fragen! Sie
werden sehen, dass die heutigen Argumente gegen das
EEG irgendwann einmal als peinlich empfunden werden.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegin Doris Meyer, CDU/
CSU-Fraktion.
(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Die Arme!)
Doris Meyer (Tapfheim) (CDU/CSU):
[...]
Die Rolle der erneuerbaren Energien im notwendigen
Energiemix darf nicht unterschätzt werden. In den einzelnen
Energiearten stecken beachtliche Potenziale.
Gerade die, mit denen der Grundlastbereich abgedeckt
werden kann wie Geothermie, Biomasse und Wasserkraft
, sind noch lange nicht ausgeschöpft oder überhaupt
schon erschlossen.
Die Geothermie steht noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung.
Wie auch der Bericht zu den Möglichkeiten
geothermischer Stromerzeugung in Deutschland aufzeigt,
gibt es auf diesem Gebiet enorme, kaum genutzte
Potenziale.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Bei der Bioenergie ist das Tor zur Erschließung schon
weit offen, aber noch lange nicht alles erschlossen. Das
Gesamtpotenzial bei der Stromerzeugung mittels Biomasse
wird auf etwa 60 Terawattstunden pro Jahr geschätzt.
Die Bioenergie stellt damit ihre Grundlastfähigkeit
unter Beweis und stellt somit einen wertvollen
Beitrag zu einer echten dezentralen Energieversorgung
dar.
[...]
Der vorliegende Gesetzentwurf deutet in die richtige
Richtung. Bei Biomasse und Wasserkraft könnte die
Union den Entwurf teilweise mittragen. Die Laufzeit für
die Vergütung bei der Biomasse wurde von 15 auf wieder
20 Jahre erhöht. Die Degression wurde von ursprünglich
2 auf jetzt 1,5 Prozent gesenkt. Das sind Forderungen
der Union, die erfüllt wurden, und das haben
wir auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht.
Wir schlagen in unserem Entschließungsantrag vor,
Ende 2007 das EEG nach der Testphase des Emissionshandels
durch eine Anschlussregelung zu ersetzen.
Beide Instrumente, das EEG wie der Emissionshandel,
tragen zu einer CO2Reduzierung bei. Wenn beide Instrumente
gleichzeitig greifen, muss geprüft werden, ob
beide nebeneinander noch in der jeweiligen Form Bestand
haben können.
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Josef Fell, Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen.
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Frau Meyer, ich weiß, nicht Sie persönlich, aber
Ihre Fraktion will 2007 nicht das EEG ablösen. Ihre
Zielvorstellung ist eine ganz andere: Sie wollen die
Markteinführung von erneuerbaren Energien beenden,
um weiter Atomstrom und Kohlestrom umweltschädlich
in diesem Land zu produzieren. Dies ist das entscheidende
Ziel Ihrer Politik.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD Dr. Peter Paziorek [CDU/
CSU]: Das ist eine Unverschämtheit, Herr
Fell! Sie wissen es genau anders!)
Gestern war der vierte Geburtstag des Erneuerbare-Energien-
Gesetzes. Heute führen wir mit einer Novelle
die erneuerbaren Energien aus den Kinderschuhen in das
industrielle Erwachsenenzeitalter.
Schon die derzeitige Fassung des Erneuerbare-Energien-
Gesetzes führte zu einem stürmischen Wachstum,
vor allem in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik.
So verzehnfachte sich in vier Jahren die jährlich neu installierte
Photovoltaikleistung auf aktuell 130 Megawatt.
Die Windkraft legte auf hohem Niveau noch einmal um
70 Prozent neu installierte Leistung auf 2 600 Megawatt
im Jahr 2003 zu. Gleichzeitig, Herr Seehofer, konnten
die Kosten drastisch gesenkt werden, zum Beispiel bei
der Photovoltaik um 25 Prozent in nur vier Jahren. Der
Weg ist klar vorgezeichnet: Wir führen die erneuerbaren
Energien mit hoher Geschwindigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit
und Wirtschaftlichkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen war dieses
Gesetz gut. In den letzten Jahren wurden dadurch
100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In den nächsten
zehn Jahren wollen wir 500 000 zusätzliche Arbeitsplätze
schaffen. Daran sehen wir: Dieses Instrument
wird auch auf die Wirtschaft gute Auswirkungen haben.
Auch beim Biogas gab es in den letzten Jahren eine
Zunahme von 15 Megawatt im Jahr 1999 auf 35 Megawatt
im Jahre 2003. Aber es zeigte sich schnell, dass das
erwünschte Wachstum bei den Bioenergien nicht in dem
Maße erreicht wurde, wie es gewünscht war. Der relativ
kostengünstige Markt für landwirtschaftlichen Abfall
und Reststoffe war bald erschöpft. Einen weiteren Ausbau
kann es nur durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe
geben. Die heutige Novelle wird hierfür den entscheidenden
Durchbruch bringen. Der vorgesehene
Vergütungszuschlag für nachwachsende Rohstoffe wird
der Landwirtschaft neue Verdienstmöglichkeiten eröffnen.
Daran zeigt sich: Die wahren Freunde der Landwirtschaft
sind die rotgrünen Regierungsfraktionen,
nicht die CDU und die CSU, die diesen Gesetzentwurf
heute ablehnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD Birgit
Homburger [FDP]: Oh, oh!)
Ich bin gespannt, wie Bauernverbandspräsident
Sonnleitner Ihnen für Ihre ablehnende Haltung am heutigen
Tage die Leviten lesen wird.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder
hat das Jahr 2004 als Jahr der Innovation ausgerufen.
Die heutige EEG-Novelle ist dafür ein wesentlicher
Baustein. Neuartige Techniken werden in das EEG aufgenommen,
zum Beispiel Wellenkraft, Meeresströmungskraftwerke
und Salzgradientenkraftwerke; das alles
sind für den deutschen Maschinenbau große
Chancen. Vor allem bei den Bioenergien sieht das Erneuerbare-
Energien-Gesetz einen wichtigen Innovationsschub
vor. So wird es erhöhte Vergütungen geben: für
Biogasbrennstoffzellen, für Sterlingmotoren, für thermogenische
Gaserzeugung und für Biogasreinigung auf
Erdgasqualität. Dass solche Innovationsanreize ihre Wirkung
nicht verfehlen, wissen wir schon längst: aus unseren
Erfahrungen mit dem alten EEG.
Die Windkraftbranche hat in den letzten Jahren
hoch effiziente Windräder erzeugt, weil die Markteinführung
der entscheidende Forschungsanreiz ist, Frau
Brunkhorst. Darauf hat Herr Scheer in seiner Rede hingewiesen.
(Birgit Homburger [FDP]: Und was ist mit den
Kostensenkungen für die Verbraucher?)
Die großen CO2freien Strommengen, die durch den Einsatz
dieser hoch effizienten Windräder an süddeutschen
Standorten gewonnen werden können, wollen wir nun
ernten und einer aktiven, CO2freien Stromerzeugung zuführen.
Daher war es nur konsequent, dass die Regierungsfraktionen
den Regierungsentwurf an dieser Stelle
korrigiert haben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Denn diese Windräder werden auch Atomstrom aus süddeutschen
Ländern ersetzen, selbst wenn das den atompolitischen
Versessenheiten
(Birgit Homburger [FDP]: So ein Quatsch!)
der Ministerpräsidenten Stoiber, Koch und Teufel nicht
passt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Auch die Angebotsschwankung im Windbereich wird
die Sicherheit einer zukünftigen Vollversorgung mit erneuerbaren
Energien nicht stören. Denn wir fördern mit
dieser Novelle auch die Stromerzeugung aus Tiefenerdwärme.
Sie hat das Potenzial, rund um die Uhr und ständig
die Grundlaststromerzeugung von Kohle und Kernkraftwerken
zu ersetzen. Das hat eine wissenschaftliche
Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung
längst aufgezeigt.
Ich bin überzeugt: Diese Gesetzesnovelle wird einen
weiteren aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber
nicht nur dazu; sie wird auch eine Grundlage für die
Stärkung der deutschen Wirtschaft sein. Frau Hustedt
hat bereits auf die Erdölpreissteigerungen hingewiesen.
Der OPEC-Beschluss von gestern passt doch nicht in das
Bild der grenzenlosen Verfügbarkeit von Erdöl. Trotz eines
extrem hohen Ölpreises hat die OPEC beschlossen,
die Fördermengen zu senken. Darin sehe ich ein wichtiges
Indiz dafür, dass die weltweite Ölförderung nicht
weiter gesteigert werden kann. Damit die deutsche Wirtschaft
auch in Zukunft noch ausreichend Energie zur
Verfügung hat, müssen wir diese Versorgungslücke
durch den Einsatz erneuerbarer Energien schließen. Ansonsten
werden wir ein riesiges Problem in unserer Energiewirtschaft
und in unserer Wirtschaft überhaupt bekommen.
Es wird Zeit, dass Sie von der Opposition und
auch der BDI mit Herrn Rogowski endlich begreifen: Erneuerbare
Energien sind eine Stärkung für den Wirtschaftsstandort
Deutschland und keine Schwächung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort dem Minister Jürgen Trittin.
Jürgen Trittin (Bundesminister für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe
mich über die Rede des Kollegen Seehofer, als er begann,
ungeheuer gefreut.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das meine
ich doch! Das war eine gute Rede!)
[...]
Sie haben ein krachendes Bekenntnis für die erneuerbaren
Energien abgelegt. Aber es war eine Radio-Eriwan-
Rede: im Prinzip ja. Anschließend sind Sie mit allen
Vorurteilen gekommen, die man gegen die
erneuerbaren Energien auffahren kann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Ich will dies an einem Punkt deutlich machen. Sie
stellen sich hier hin, berechnen den staatlichen Anteil am
Strompreis und schieben den den erneuerbaren Energien
unter.
Schauen Sie sich die Statistik des VDEW an. Ihr können
Sie entnehmen, dass ein durchschnittlicher Haushalt
mit drei Personen zurzeit 50 Euro im Monat für den
Strom bezahlen muss. Davon so der VDEW, nicht das
Umweltministerium wird 1 Euro das sind 2 Prozent
für die erneuerbaren Energien aufgewendet. Wenn Sie
von staatlichen Belastungen beim Strompreis reden,
dann müssen Sie auch hinzufügen, dass 5 Euro das
sind 10 Prozent Konzessionsabgaben an die Gemeinden
sind. Ich habe von niemandem hier im Hause, weder
aus Bayern noch aus Baden-Württemberg, gehört, dass
er dagegen vorgehen wolle. Hören Sie auf, diese Belastungen
den erneuerbaren Energien in die Schuhe zu
schieben!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Sie sagen: Ja, wir sind für erneuerbare Energien, aber
wir wollen im Jahr 2007 eine Überprüfung vornehmen.
Meine Damen und Herren, haben Sie schon einmal etwas
von Investitionssicherheit und von stabilen Rahmenbedingungen
gehört? Wollen Sie der Branche der
erneuerbaren Energien alle drei Jahre eine Novellierungsdebatte
aufzwingen, in der es wieder heißen wird:
Wir warten mit den Investitionen in die Biomasseanlagen,
in die Wasserkraftwerke oder in neue Anlagen, weil
wir nicht genau wissen, was kommen wird? Die gleichen
Redner, die in der Debatte um den Emissionshandel mindestens
zwölf Jahre Investitionssicherheit gefordert haben,
versuchen nun, einer anderen Branche einen Zeitraum
von zwei Jahren zuzumuten. Das geht nicht. Sie
verhalten sich hier standortfeindlich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Ich finde das traurig, weil ich am Anfang dieser Debatte
den Eindruck gewonnen hatte, dass wir die Chance
zu einem wirklichen Konsens bei der Umsetzung dieses
Ziels nicht nur beim Bekenntnis haben. Sie haben gesagt:
Wir müssen bei den erneuerbaren Energien mehr
auf Regelenergie setzen. Das ist der Grund, warum diese
Regierung ich bedanke mich für die gute Unterstützung
durch die Koalition die Biomasse stärker fördern
will.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Herr Paziorek, wir haben Ihre Kritik aufgenommen
und sind Ihnen in der Frage des Degressionszeitraums
entgegengekommen; denn wir wollten an dieser Stelle
ein gemeinsames Signal setzen. Es ist genau so gekommen,
wie Sie es gefordert haben. Dennoch sagen Sie
Nein. Ich habe den Eindruck, Sie tun das aus Prinzip.
Sie haben gesagt, es muss mehr darauf geachtet werden,
grundlastfähig zu werden. Aus diesem Grund stand
schon im Regierungsentwurf, dass wir mehr für die Förderung
der Wasserkraft, auch für den Ausbau der großen
Wasserkraftwerke, tun wollen. Schließlich liegen in
diesem Bereich enorme Klimaschutzpotenziale. Das war
ein Argument, das von der Landesregierung Baden-Württembergs,
von Herrn Kauders Parteifreunden, angeführt
wurde. Wir sind diesem Wunsch nachgekommen
und haben ihn umgesetzt. Wir sind konstruktiv auf Sie
zugekommen, während Sie sich verweigern. Ich habe inzwischen
den Eindruck gewonnen, das hat mehr mit
Ideologie als mit Überzeugung in der Sache zu tun.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Zurzeit sind einige Zeitungen der Auffassung, sie
müssten anderen Magazinen beim Wettlauf um einen
falschen Populismus Konkurrenz machen. Selbstverständlich
müssen wir mit Augenmaß vorgehen. Deshalb
setzen wir mit diesem Gesetz für den Ausbau der Windenergie
erstens ein klares Signal für die Offshoretechnologie
und zweitens schaffen wir damit bessere Bedingungen
für das Repowering, also für den Ersatz alter
Anlagen. Wir wollen mehr erneuerbare Energien mit weniger
Masten erreichen. Das ist die einfache Formel. Das
ist der Ansatz unseres Gesetzentwurfs und auch diesem
verweigern Sie sich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
Eine letzte Bemerkung: Waren Sie schon einmal in
Magdeburg? Haben Sie sich einmal angesehen, wo dort
die letzten industriellen Arbeitsplätze sind? Sie befinden
sich auf dem Gelände des einst zehntausend Menschen
beschäftigenden Betriebes SKET. Dort ist jetzt die Firma
Enercon, ein Hersteller von Windrädern, ansässig.
Ich würde mir wünschen, dass auch Unionsabgeordnete
mit dem gleichen Selbstbewusstsein, mit dem man
sich in Dresden darüber freut, dass AMD und VW dort
produzieren, in Magdeburg sagen: Die Windenergie
sorgt für 3 000 bis 4 000 Arbeitsplätze; dass es in Magdeburg
überhaupt noch Industrie gibt, ist eine Folge des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Ein solches Selbstbewusstsein
wünsche ich mir bei Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Durch die Nutzung der erneuerbaren Energien können
in Deutschland heute bereits 50 Millionen Tonnen CO2
eingespart werden. Das ist und bleibt richtig. Hören Sie
auf, erneuerbare Energien gegen Effizienz und Energiesparen
auszuspielen. Meine Erfahrung der letzten Tage
ist: Diejenigen, die gegen einen effizienten Emissionshandel
sind, sind immer schon gegen erneuerbare Energien
gewesen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Wahr ist aber auch: Im Bereich der erneuerbaren
Energien, also quasi durch die Einsparung von 50 Millionen
Tonnen CO2, haben 120 000 Menschen in diesem
Lande Arbeit gefunden, 50 000 Menschen davon in den
letzten Jahren. Der Bereich der erneuerbaren Energien
ist also der Beweis dafür, dass Umweltschutz und Beschäftigung,
dass ökologische Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit
bestens zusammenpassen.
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Peter Paziorek, CDU/
CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU):
[...]
Wir haben klar und deutlich gesagt: Wir wollen eine
klare Übergangsfrist. Bis zum Jahr 2007 soll das jetzige
Fördersystem weiter bestehen. Jeder, der mit seinen Anlagen bis Ende 2007 ans Netz geht, soll nach unseren
Vorstellungen Bestandsschutz erfahren.
(Ulrich Kelber [SPD]: Was ist mit den Produktionsanlagen?)
Wie können Sie es also überhaupt wagen, hier zu vermitteln,
dass für Betreiber und Investoren Unsicherheiten
existieren könnten? Wir sagen allen: Wer bis zum
Jahr 2007 ans Netz geht, der hat Bestandsschutz.
Darüber hinaus wollen wir auch einen Übergang.
Weshalb wehren Sie sich so dagegen, Herr Minister, dass
man in diesem Hause darüber diskutiert,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ein
Ideologe!)
ob das Festpreissystem langfristig sinnvoll ist oder ob
man nicht eventuell ein Bonussystem einführen solle,
wie wir es bei der KWK haben? Da gibt es nämlich für
ganz bestimmte erneuerbare Energien einen Zuschlag
auf den normalen Strompreis. Ist das der Weltuntergang?
Ich habe das Gefühl, Sie wollen der Diskussion ausweichen,
ob das Bonussystem besser ist als das Festpreismodell,
welches Sie uns zurzeit vorschlagen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie weichen einer Diskussion darüber aus, ob wir für die
Zeit nach 2008 ein besseres Modell entwickeln können,
das die erneuerbaren Energien genauso gut fördert, aber
volkswirtschaftlich viel effektiver ist als das, das Sie uns
heute auf den Tisch legen. Das ist unsere Position.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Angesichts Ihrer Aufregung hat man das Gefühl, Sie
seien davon getroffen, dass Sie nicht das schöne Bild
vermitteln können, die Union sei pauschal gegen erneuerbare
Energien.
[...]
Sie haben auch die Aufgabe, Herr Minister, dafür zu sorgen,
dass die Energie in Deutschland so günstig wie
möglich hergestellt wird; denn letztlich geht es in
Deutschland auch um Arbeitsplätze in den anderen Bereichen,
also außerhalb der erneuerbaren Energien. Das
müssen wir immer berücksichtigen.
[...]
Präsident Wolfgang Thierse:
Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt
erteile ich dem Kollegen Hermann Scheer das Wort.
[...]
Dr. Hermann Scheer (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil die
Debatte wegen der vorzüglichen Rede des Bundesumweltministers
verlängert worden ist, habe ich die Gelegenheit,
noch einmal auf einige Punkte einzugehen.
Der Verweis darauf, dass in der nächsten Legislaturperiode
im Jahr 2007 etwas anderes kommen werde,
wohinter die stillschweigende Hoffnung der Union
steckt, dass sie dann die Dinge gestalten könnte , ist
mehr als fadenscheinig.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wieso denn
das?)
Ich erkenne durchaus an, dass es in der Union seriöse
Strömungen gibt, die diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz
in der Tradition des Stromeinspeisungsgesetzes für
erneuerbare Energien sehr positiv, sogar zustimmend gegenüberstehen.
Auf der anderen Seite aber gibt es eine
ganz entschiedene, radikale Gegnerschaft. Die hat heute
zu dem Bild geführt, das Ihre Fraktion geboten hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Dr. Peter
Paziorek [CDU/CSU]: Ist doch nicht wahr!)
Das ist ganz eindeutig und bleibt auch der Öffentlichkeit
nicht verborgen. Es wird doch durch diese Debatte offensichtlich.
Das heißt, die Begleitmusik zu Ihren angeblich
besseren Alternativen, die Sie versprechen,
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja!)
geht doch an der Öffentlichkeit, an den Betroffenen und
an den Investoren überhaupt nicht vorbei.
(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Das ist wahr!)
Es gibt bestimmte Aussagen, auch im Wirtschaftsausschuss.
So hat ein Unionssprecher gesagt: Wenn wir die
Macht übernehmen, werden wir mit dem Erneuerbare-Energien-
Gesetz Schluss machen. Das ist eine wunderbare
Botschaft.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist doch
nicht die Beschlusslage!)
Ich weiß, dass das vielleicht nicht Ihre offizielle Beschlusslage
ist. Betrachten Sie einmal die so genannten wissenschaftlichen
Gutachten, die mehrfach von verschiedenen
Rednern der Opposition erwähnt worden sind. Diese
Gutachten, die zwar aus dem Umfeld des Wirtschaftsministeriums
kommen, deren Aussagen sich das Wirtschaftsministerium
aber nicht zu Eigen gemacht hat, haben
alle denselben Tenor. Dieser lautet: Ab dem
Jahr 2007 deshalb ist die Jahreszahl ja so interessant
sollte die gesamte Förderung erneuerbarer Energien zugunsten
des Emissionshandels fallen gelassen werden.
(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Das stimmt
doch gar nicht!)
Das ist die Aussage dieser Gutachten. Diese stützt sich
auf die denunziatorische, meines Erachtens unwissenschaftliche
Behauptung, dass die erneuerbaren Energien
keine Arbeitsplätze schaffen, sondern sogar noch Arbeitsplätze
kosten.
Es kennen sich aber auch andere in den Wissenschaften
aus. Es ist vielleicht für die Öffentlichkeit und auch
für Sie, wenn Sie das Ganze nicht gelesen haben sollten,
interessant, zu erfahren, wie diese Gutachter zu einer
solchen Aussage kommen. Sie kommen dazu, indem sie
behaupten, dass die EEG-Umlage, die heute von allen
privaten Stromverbrauchern gezahlt wird, zulasten des
Konsums geht, weil diese Mittel für Investitionen in die
erneuerbaren Energien verwendet werden. Weil das zulasten
des Konsums gehe, gingen Arbeitsplätze verloren.
Es wird aber an keiner Stelle gesagt, was denn anstelle
dessen konsumiert werde das kann man nicht belegen
, ob das ein Bier im Ballermann auf Mallorca ist
oder irgendetwas anderes.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ballermann ist
gut! Jörg van Essen [FDP]: Ihre Rede tut
einem doch weh!)
Daraus ergibt sich logischerweise: Die wirtschaftswissenschaftlichen
Gutachter kommen zu dem Ergebnis,
dass jedweder Konsum, egal welcher Art, für die Entwicklung
der Volkswirtschaft und sogar der Umwelt
wichtiger ist als eine präzise und vorbestimmte Förderung
der erneuerbaren Energien über eine Umlage, wodurch
noch weitere Faktoren wie eine zusätzliche Wertschöpfung
geschaffen und Entwicklungen in Gang
gesetzt werden.
Mit anderen Worten: Wissenschaftliche Gutachten auf
einem solchen Niveau sind im Grunde genommen nicht
zitierfähig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Solche Gutachten können allenfalls referiert werden. In
der Wissenschaft ist es nun einmal so: Es ist selbstverständlich
nicht jeder Professor käuflich, aber irgendeinen
findet man leider immer, der sich zu einer gewünschten
Aussage bereit findet.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Zurufe
von der CDU/CSU und der FDP: Oh!
Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist nur
peinlich!)
Wenn wir über Wirtschaft sprechen, dann müssen wir
erkennen,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dass Sie es nicht
können!)
dass erneuerbare Energien mit der Zeit immer billiger
werden. Denn alle Kosten, die für diese Energien mit
Ausnahme der Biomasse ausgegeben werden, fallen
bei der Mobilisierung und Bereitstellung der Technik an.
Daraus ergibt sich das zeigt die Geschichte der
technologischen Revolutionen , dass erneuerbare Energien
auf Dauer billiger werden. Dort, wo für die Primärenergie
etwas bezahlt werden muss das ist nur bei der
Biomasse der Fall , wird als Ergebnis der Mobilisierung
erneuerbarer Energien eine Revitalisierung des
landwirtschaftlichen Sektors erzielt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herkömmliche Energien dagegen können wegen der
negativen Umwelteffekte und der bevorstehenden Erschöpfung
der konventionellen Energieträger nur teurer
werden. Insofern stehen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
an einer Wasserscheide energiestrategischer
Entscheidungen, die wir heute treffen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die von den Fraktionen
der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
sowie von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwürfe
zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren
Energien im Strombereich, Drucksachen 15/2327,
15/2539 und 15/2593.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 15/2845, die genannten
Gesetzentwürfe als Gesetz zur Neuregelung des
Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich in
der Ausschussfassung anzunehmen.
Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen.
- Wer stimmt dagegen?
- -- Enthaltungen?
- Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und einer Stimme aus der CDU/ CSU-Fraktion gegen die Stimmen der übrigen Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion und die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.
- Wer stimmt dagegen?
- Enthaltungen?
- Der Gesetzentwurf ist mit derselben Mehrheit wie bei der Abstimmung in der zweiten Beratung angenommen.