Stellungnahme von Axel Berg, stellvertretender energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion zum Erneuerbare Energien Gesetz
"Sonnenenergie"; Ausgabe 5 September 2003Es gibt weltweit kein Instrument zur Förderung erneuerbarer Energien, das effizienter und stärker am Markt orientiert ist als das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Wer auf Klimaschutz, Effizienz und Wettbewerb setzt, muss für das EEG streiten. Im Gegensatz zu quasi planwirtschaftlichen Förderprogrammen oder Quoten ist das EEG verursachergerecht und marktnah. Weder aus dem Haushalt finanzierte Instrumente noch Ausschreibungsmodelle bringen vergleichbare energiewirtschaftliche und klimapolitische Erfolge. Wer diese fordert, will nichts anderes als das Ende der erneuerbaren Energien.
Das EEG ist das erfolgreichste Klimaschutzinstrument im Stromsektor. Durch das EEG wurde mit 50 Millionen Tonnen CO2-Reduktionen ebenso viel erreicht wie mit allen anderen Instrumenten im Kraftwerkssektor zusammen. Es ermöglicht die Markteinführung und Marktdurchdringung erneuerbarer Energien und schafft Wachstum und Beschäftigung in einer Zukunftsbranche.
Bei der Novellierung des EEG streite ich für noch mehr Effizienz und Wettbewerb. Die Gegner des EEG hingegen missbrauchen diese Begriffe zur Diskreditierung der Energiepolitik von Rot-Grün. Die fossile Energiewirtschaft steht gerade nicht für Effizienz und Wettbewerb - sie bekämpft das EEG vielmehr mit allen Mitteln. Die Energiewende aber lässt sich nicht aufhalten, allenfalls verschleppen. Warum engagieren sich die Energieversorger mit ihrer hervorragenden Ausgangsposition nicht stärker beim Ausbau der erneuerbaren Energien?
Die Netzbetreiber malträtieren die Anlagenbetreiber seit Jahren mit abstrusen Messpraktiken und Preisen. Der Netzzugang wird durch Tricks erschwert oder verhindert, überzogene Vergütungsumlagen auf den Stromkunden weitergewälzt. Im europäischen Vergleich erreichen die Netznutzungsgebühren in Deutschland gleichzeitig mit einem Cent/kWh über dem Durchschnitt astronomische Höhen. Das EEG verursacht nicht einmal die Hälfte der Mehrkosten durch überhöhte Netzgebühren. Hier ist mit Wettbewerb und Effizienz weit mehr einzusparen als beim EEG.
Mit dem Thema Regelenergie wird nach der überzogenen Debatte über Härtefälle in der stromintensiven Industrie die "nächste Sau" durchs Dorf gejagt, um die Windenergie zu diskreditieren. Dabei sind die Netzbetreiber mit ihren vier Regelenergiekreisen auch hier Kostentreiber Nummer 1. Anstatt die Herausforderung der Einspeisung erneuerbarer Energien anzunehmen, blockieren sie den Regelenergiewettbewerb, innovative Regeltechniken und effiziente Prognoseinstrumente.
Der eigentliche Kostenfaktor am Energiemarkt ist nicht das EEG, sondern die Energiewirtschaft. Die Energieversorger machen satte Gewinne mit abgeschriebenen Kraftwerken, erhöhen im Halbjahresrhythmus die Strompreise und halten die Hand auf, wenn es um Subventionen für Kohle, Gas oder Atomstrom geht. Das EEG reduziert Klimakosten, atomare Risiken und begrenzt mittelfristig Kosten durch degressive Vergütungssätze, Massenfertigung und technologischen Fortschritt. Nach den Gesetzen der Marktwirtschaft steigen die Kosten immer knapper werdender fossiler Energien bei weltweit wachsendem Verbrauch hingegen zwangsläufig. Kostendegression bei erneuerbaren Energien und Progression bei fossilen Energien werden mittelfristig zu einer Angleichung der Energiepreise führen. Die Innovationsfähigkeit der Branche erreicht bei Photovoltaik und Wind Spitzenwerte. Die Preise für Photovoltaik-Anlagen konnten durch das EEG in wenigen Jahren halbiert werden, die Effizienz von Windkraftanlagen wurde seit Anfang der 90er-Jahre sogar vervielfacht. Technologische Sprünge und Kostendegressionen sind absehbar. Die Bioenergie hat ein riesiges Potenzial, die Innovationsanreize aber sind noch zu gering. Differenzierte Vergütungen und ein Technologiebonus werden dies im Rahmen der Novelle nachholen.
Ziel des EEG ist die Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien bis 2010 auf 12,5 Prozent an der Stromerzeugung. Dieses Ziel muss möglichst effizient erreicht werden. Eine Orientierung an der Anlageneffizienz ist sinnvoll, allerdings darf damit das Verdoppelungsziel nicht unterlaufen werden. Die verschiedenen erneuerbaren Energien dürfen dabei nicht durch falsch verstandenen Wettbewerb gegeneinander ausgespielt werden. Natürlich macht es Sinn, Solarstrom zu ernten, wo die Sonne scheint, und Windkraft, wo der Wind weht. Erneuerbare Energien stehen aber zunächst nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich. Sie stehen vielmehr im Wettbewerb mit fossilen Energien und Atomstrom, die über Jahrzehnte subventioniert wurden. Erst wenn die umweltschädlichen Subventionen beseitigt, unlautere Wettbewerbsvorteile aufgehoben und die industriepolitischen Ziele erreicht sind, kann man die erneuerbaren Energien stärker miteinander in Wettbewerb treten lassen. Das EEG jedenfalls hat sich als effizientes und wettbewerbsorientiertes Instrument zur Förderung erneuerbarer Energien bewährt. Deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass es von Besitzstandswahrern kaputtgemacht wird.