Ergebisse des Gutachtens kurz zusammengefasst: Rechtlicher Rahmen für die Umsetzung des SFV-SMARD-Konzeptes

 

Der jetzt auch vom Gesetzgeber im Klimaschutzgesetz vorgesehene Umstieg auf ein Energiesystem mit einer Erzeugung aus 100 % erneuerbaren Energien setzt notwendig eine ausreichende Menge an Speicherkapazitäten voraus. Die Novelle der europäischen Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (BMRL) gibt dafür den rechtlichen Rahmen vor. Die rechtliche Untersuchung zeigt auf, welche Elemente der deutsche Gesetzgeber bereits umgesetzt und noch umzusetzen hat.

 

1.        Speichertechnologien sind sowohl erforderlich, um einen sicheren und stabilen Netzbetrieb (z. B. Ausgleich von Systemschwankungen) als auch eine ausreichende Versorgungssicherheit bei einem zunehmenden Anteil einer Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. Speicher können und sollen dabei verschiedene Aufgaben wahrnehmen (multi-use-Speicher) und umfassen verschiedene Technologien.

2.       Wesentlicher Grundgedanke des SFV-SMARD-Konzeptes ist, dass Netzbetreiber Strom nicht nur örtlich, sondern auch zeitlich verschieben müssen. Netzbetreiber sollen grundsätzlich Dritte mit entsprechenden Speicherdienstleistungen beauftragen; mithin Speicher vorrangig nicht selbst betreiben, sondern den Aufbau von Speicherkapazitäten und deren Betrieb organisieren.

3.      Netzbetreiber sollen über entsprechende Verträge mit anderen Akteuren die notwendigen Systemdienstleistungen als Speicherdienstleistung einkaufen. Diese Leistungen umfassen nicht nur den „klassischen“ Strommarkt, sondern auch einem Speichermarkt für Dunkelflauten-Reserveenergie; mithin Langzeitspeicher. Diese Leistungen können dann auch über die Netznutzungsentgelte finanziert werden.

4.      Momentan wird ein nicht unerheblicher Anteil an Erzeugungskapazitäten aus Windenergie- und Solaranlagen abgeschaltet. Diese Möglichkeiten sind nunmehr über § 13 Abs. 1 Satz 2 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erschwert. Eine Abregelung von Strom aus erneuerbaren Energien-Anlagen ist demnach nur zulässig, wenn ein Vielfaches an Strom aus konventionellen Erzeugungsanlagen geregelt werden müsste.

5.      Bei der Bildung der Kapazitätsreserve gem. § 13e EnWG scheinen Speicherleistungen noch keine Rolle zu spielen. Ein entscheidendes Hindernis dürfte sein, dass Betreiber von Anlagen der Kapazitätsreserve und damit aktuell auch Betreiber von Speicheranlagen, die Leistung oder Arbeit dieser Anlagen nicht ganz oder teilweise auf den Strommärkten veräußern dürfen.

6.       Ein wesentlicher Baustein der novellierten europäischen BMRL ist die Abkehr von der Stromerzeugung in großen zentralen Erzeugungsanlagen hin zur dezentralen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und hin zu dekarbonisierten Märkten. Dafür sollen der Elektrizitätsmarkt flexibler gestaltet und neue Energiedienstleistungsunternehmen, einschließlich Energiespeicherbetreiber und Lastmanager eingebunden werden.

Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugen, sollen kosteneffizient in diesen Erzeugungsprozess integriert werden. Die Netzbetreiber sollen über entsprechende Ausschreibungen dezentrale Energieressourcen wie Laststeuerung und Energiespeicherung in Anspruch nehmen, um ihre Netze effizient zu betreiben und einen kostspieligen Netzausbau zu vermeiden.

Es sind rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit den Netzbetreibern Speichertechnologien über Dritte als Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Dadurch soll eine Quersubventionierung zwischen der Energiespeicherung und der gesetzlich regulierten Verteilung und der Übertragung vermieden werden.

7.       Eine aktuelle Marktauswertung zeigt, dass die Entwicklung in der Energiespeicherbranche vor allem im Marktsegment „Speicher in Industrie und Gewerbe“ bereits anzieht. Die rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben noch notwendig anzupassen. Es fehlt vor allem die Festschreibung von Speichern als vierte Säule des Energiesystems). Gleichzeitig bleiben noch die konkreten Details entsprechender Dienstleistungsverträge zwischen Netzbetreibern und Betreibern von Speicheranlagen zu entwickeln.

8.      Die vom Gesetzgeber zu schaffenden rechtlichen Rahmenbedingungen sollten verschiedene Elemente enthalten.

Ein Element besteht darin, den Einsatz von Speichern bzw. die Beschaffung von entsprechenden Leistungen über Dritte mit in den Netzentwicklungsplan aufzunehmen. Damit lassen sich ein verbindlicher Einsatz über einen längeren Zeitraum sicherstellen und die dabei entstehenden Kosten über die Netznutzungsentgelte finanzieren. Ein entsprechendes Instrumentarium, die Kosten von beauftragten Speicherdienstleistungen abzubilden, existiert bereits (§ 4 Abs. 5a Stromnetzverordnung).

Marktorientierte Elemente lassen sich zunächst vor allem über den Einsatz in Industrie- und Gewerbe sicherstellen. Soweit erforderliche Speicherkapazitäten noch nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen, werden sich marktwirtschaftliche Elemente darüber hinaus erst sukzessive etablieren.

In diesem Sinne sollte der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der europäischen BMRL zunächst Rahmenbedingungen schaffen, welche überhaupt die Markteinführung von Speichern herbei- bzw. fortführen.

Nach dem gerade veröffentlichten Koalitionsvertrag sollen  „Speicher als eigenständige Säulen des Energiesystems rechtlich definiert“ werden.

9.       Aktuell besteht an verschiedenen Stellen des gerade novellierten Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) Ergänzungs- und Regelungsbedarf für den Gesetzgeber (vgl. dazu im Detail das auf der Homepage unter folgendem Link veröffentlichte Rechtsgutachten unter V.).

Dabei sollte vor allem Energiespeicherung so definiert werden, dass die Funktion einer zeitlichen Verschiebung der endgültigen Nutzung von Strom auf einen späteren Zeitpunkt als den der Erzeugung oder die Umwandlung elektrischer Energie in eine speicherbare Energieform bzw. die Speicherung und Rückumwandlung im Mittelpunkt steht.

Weiterhin bleibt zur Umsetzung eines Speichermarktes analog zum Markt für Regelenergie § 13 e EnWG so anzupassen, dass eine bestimmte Kapazität der Reserveleistung für Speicheranlagen vorgesehen wird, soweit die vorgehaltene Energie ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt.

Schließlich bleiben alle noch bestehenden Doppelbelastungen für Speicherleistungen abzuschaffen (z.B. Befreiung der Speicheranlagen von Netzentgelten).