Um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Erneuerbaren Energien zu gewährleisten, müssen Technologien her, die die zeitliche Verschiebung von Erzeugung und Verbrauch der fluktuierenden Erzeuger kompensieren können. Eine tragende Rolle in der Energiewende könnten Quartierspeicher einnehmen, die in Siedlungen gemeinschaftlich genutzt werden und diese Differenzen überbrücken. Im Forschungsprojekt „Quartiersspeicher“ der Technischen Hochschule Köln, das in Kooperation mit der juristischen Fakultät der Universität zu Köln durchgeführt wurde, sind interessante Ergebnisse zusammen getragen worden.

Datengrundlage

Das Projekt beinhaltet eine Analyse der technischen Vorteile von Quartierspeichern in Kombination mit dezentraler Photovoltaik anhand eines exemplarisch ausgelegten Grundkonzeptes.

Das Konzept besteht aus 22 Gebäuden, die sich in Bauweise, Ausrichtung sowie Größe der installierten PV-Anlage unterscheiden. Dennoch liegen die Häuser geografisch in unmittelbarer Nähe und sind als Quartier zusammengeschlossen. Es wurde untersucht, ob eine Nutzung eines großen Speichers als Gemeinschaftslösung gegenüber klassischen elektrischen Heimspeichern effizienter ist. Dabei werden Überschüsse der im Haus verbauten PV-Anlage in die Speichertopologien gespeist und bei Bedarf wieder entnommen. Dazu sind Last- und Erzeugerprofile jedes einzelnen Haushalts erstellt worden. Durch variable Parameter, wie z.B. die Bewohnerzahl, das Alter sowie den Familienstand, zeichnen sich individuelle Profile bei den Energieverbräuchen ab. Beispielhaft ist eines der Last- und Erzeugerprofile in der folgenden Abbildung aufgeführt (siehe unten).

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Abb 1 ― Last- sowie Erzeugerprofil eines Haushaltes •

Mittels dieser Last- und Erzeugerprofile konnten im Anschluss die Kapazitäten jedes einzelnen Heimspeichers sowie des Quartierspeichers ermittelt werden. Das Projekt betrachtet ausschließlich die Speicherung mittels der Lithium-Ionen-Technologie. Dies liegt hauptsächlich an dem großen Potenzial im Bereich der zukünftig sinkenden Investitionskosten. Außerdem weisen Prognosen aufgrund der langen Lebensdauer eines Lithium-Ionen-Speichers dessen zukünftig dominierende Rolle auf dem kommerziellen Markt auf [1] [2]. Aufgrund der steigenden Strombezugskosten und der fallenden EEG-Vergütungssätze ist die Steigerung des Eigenverbrauchs, also die Nutzung des selbst erzeugten Stroms, deutlich attraktiver, als die Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz [3]. Somit werden die Speichertopologien in dem Projekt mit der Strategie der Eigenverbrauchsoptimierung betrieben.

 

INFO: 

Autonome Versorgung

Alle Stromkund:innen haben das Recht, den Stromversorger frei zu wählen. Sie können entscheiden, ob eine Stromangebot vor Ort (hier: im Rahmen eines Quartierkonzeptes – PV + Speicher) oder ein externer Stromlieferant gewählt wird.

Autarke Selbstversorgung

Vollständige Versorgung eines Haushaltes mit Strom, beispielsweise durch eine Photovoltaikanlage. Dabei wird die Erzeugungskapazität der Stromerzeugungsanlage inkl. Speicher dem Strombedarf angepasst oder der Strombedarf auf das beschränkt, was vor Ort selbst produziert werden kann.

Ergebnisse

 

Mit Hilfe der Simulationen und Berechnungen skizzierte sich ein klares Bild, beispielsweise in Bezug auf den Grad der Autarkie oder der Eigenverbrauchsquote.

  • Der Grad der Autarkie gibt den Nutzungsanteil der selbst produzierten Energie am gesamten Verbrauch an [4].
  • Die Eigenverbrauchsquote beschreibt das Verhältnis von genutzter Solarenergie zur produzierten Energie [4].

Um eine Aussage über eine Effizienzsteigerung treffen zu können, ist das Grundkonzept ohne Speichereinheiten sowie mit Speichertechnologie berechnet worden. Es stellte sich heraus, dass die Integration einer solchen Technologie im Durchschnitt den Grad der Autarkie von 34,5 % auf 75,8 % und die Eigenverbrauchsquote von 26,3 % auf 57,6 % steigert. Da die individuellen Haushaltsprofile jedoch neben der klassischen vierköpfigen Familie auch z.B. alleinstehende Personen beinhalten, ist es offensichtlich, dass nicht alle Haushalte den durchschnittlichen Wert mit ihrer Auslegung erreichen. Die gemeinschaftliche Lösung kann für einige Teilnehmer zu einer Verbesserung führen, während andere nicht konkurrieren können. Einige geben also mehr ab als andere.

Um nun zwischen individuellen Haushaltsspeichern und gemeinschaftlich genutztem Quartierspeicher zu differenzieren, folgt eine erweiterte Betrachtung des Autarkiegrades. Dieser wird für beide Topologien ins Verhältnis gesetzt und über die Batteriegröße sowie die Dauer der Energiespeicherung logarithmisch aufgetragen.

  • Rot: Grad der Autarkie für das Konzept mit individuell ausgelegten Heimspeichern
  • Orange: Grad der Autarkie für das Konzept mit Quartierspeicher
  • Die x-Achse ist auf eine tägliche Lagerung normiert. Die Achse beschreibt das Wachstum der Speicherkapazität von einer täglichen auf eine saisonale oder jährliche Lagerung.

Beide Kurven zeigen zu Beginn einen Spitzenwert und nähern sich danach an. Dieser ist erreicht, wenn der Speicher größer als der tägliche Energieverbrauch sein soll. Der zweite Hügel beschreibt den Übergang zu einer saisonalen Speicherung.

Es besteht also die Möglichkeit, einen kleineren Quartierspeicher, im Vergleich zur größeren Batteriekapazität der individuell ausgelegten Haushaltsspeicher, zu installieren und dennoch den gleichen Autarkiewert zu erreichen. So lange die Auslegung der Speicherkapazität einen Tagesgang nicht überschreitet, ist dies gewährleistet. Sollte jedoch eine saisonale Speicherung angestrebt werden, ergibt sich kein Unterschied zwischen Haushalts- und Quartierspeicher.

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Abb 2 ― Grad der Autarkie für Heimspeicher sowie Quartierspeicher skaliert auf variierende Batteriegrößen sowie die Dauer der Speicherung •

Neben der Effizienz spielt die Alterung einer Technologie eine wesentliche Rolle. Denn ob ein Speicher als rentable Investition eingestuft wird, hängt oft von der Lebenserwartung ab. Dazu ist die zyklische Alterung in Hinblick auf die Anzahl der Volllastzyklen beider Konzeptionierungen untersucht worden.

  • Die zyklische Lebensdauer eines Energiespeichers beschreibt die maximale Anzahl der Volllastzyklen, die eine Technologie umwandeln kann. Wird diese Anzahl erreicht, kann der Speicher einen Teil des Wirkungsgrades einbüßen, da z.B. chemische Prozesse nicht vollends umgesetzt werden können [5].
  • Grau: Anzahl der äquivalenten Volllastzyklen der einzelnen Heimspeicher
  • Orange: Anzahl der äquivalenten Volllastzyklen des Quartierspeichers

Grundsätzlich weist der Quartierspeicher weniger Volllastzyklen auf als die Heimspeicher und altert aufgrund dessen im Verhältnis langsamer. Der Quartierspeicher kann somit länger betrieben werden. Dies ist auf die höhere nutzbare Speicherkapazität des Quartierspeichers im Verhältnis zur hausintegrierten Kapazität zurück zu führen. Die Ein- sowie Auslagerung der produzierten Energie der variierenden Last- und Erzeugerprofile kann besser ausgeglichen werden.

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Abb 3 ― Volllastzyklen der individuellen Haushaltsspeicher sowie des Quartierspeichers •

Fazit

Die beschriebenen Werte zeigen zwei der Simulationsergebnisse und damit die Vorteile einer gemeinschaftlichen Speicherkonzeptionierung auf, die aus dem Projekt resultieren. Natürlich ist zwischen Simulation und realer Umsetzung zu differenzieren. Allerdings setzen sich einige Forschungsprojekte sowie Reallabore mit dem Thema unter realen Bedingungen auseinander. Doch warum ist es bis heute sehr schwierig einen großen Speicher zu integrieren?

Die Einordnung eines solchen Speichers in das öffentliche Netz ist komplex. Gehören die Speicher zur Erzeugung, zum Transport oder zum Vertrieb? Sind sie Letztverbraucher oder eine (Erzeugungs-) Anlage? Je nach Betriebsstrategie und dem Lade- sowie Entladezustand können mehrere Begrifflichkeiten greifen, die Umlagen und Steuern mit sich bringen.

Eine Möglichkeit, einen solchen Speicher in ein Quartier zu integrieren, kann die Gründung einer Energiegenossenschaft sowie die Einbindung in ein Mikrogrid sein.

Dabei fungiert die Energiegenossenschaft, bestehend aus den Bewohnern des Quartiers, als dritte Person und als Betreiber des Speichers. Hier sind die Haushalte bis zum Anschlusspunkt an das öffentliche Netz privat, und die auf den Dächern installierte PV-Anlage gehört den jeweiligen Hausbesitzern. Je nach Betriebsstrategie des Speichers kann variable Messtechnik am Netzanschlusspunkt, an den einzelnen Haushalten sowie am Speicher installiert werden, um eine Abrechnung zu ermöglichen. Selbst wenn eine Partei aus dem Verbund austreten möchte, könnte durch die Bilanzierung der eingespeisten und bezogenen Energie des ausgeschiedenen Haushalts sowie einer Regelung des Speichers eine Abrechnung erfolgen. Im Fall einer Neubausiedlung wäre dies ein möglicher Lösungsansatz. 

Kira Meisenzahl

wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Hoschule in Köln im Fachbereich der Erneuerbaren Energien, Forschungsprojekt „Quartiersspeicher“.

Meisenzahl