Wieder eine verpasste Chance! Die letzte EEG-Änderung vor der Sommerpause hinterlässt ein verfassungswidriges Gesetz ohne Vorgaben für eine dringend notwendige Beschleunigung der Energiewende.

Können Sie sich noch an die pathetischen Worte des Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erinnern? “Das EEG 2021 ist ein klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz und mehr Erneuerbare”, posaunte er Ende letzten Jahres. Das klang wie ein Befreiungsschlag für die Energiewende, war es aber nicht. Die Neuregelungen im EEG 2021 waren allenfalls ein klares Signal, den Ausbau Erneuerbarer Energien weiter zu behindern. Die EE-Ausbaugrenzen und die Bürokratie aus dem Vorgänger-EEG wurden mitgeschleppt und neue Verhinderungs-Akzente gesetzt. Auch die kleinen Zugeständnisse bei der EEG-Umlage-Befreiung von Eigenversorgungskonzepten bis 30 kW konnten den Karren nicht herumreißen. 

Zukunftsmusik hört sich jedenfalls anders an. Wertvolle Zeit verstrich und der Ausbau der Erneuerbaren dümpelt seitdem weiter vor sich hin.

 

 

Kleine EEG-Novelle

 

Vor ein paar Wochen - kurz vor der parlamentarischen Sommerpause - kam die Überraschung: In Berlin sah man erneut Handlungsbedarf beim EEG. Der Deutsche Bundestag beschloss deshalb im Rahmen des Gesetzespakets “zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht” weitere Änderungen.

Im Folgenden haben wir zusammengestellt, was im Groben geändert und was nicht geändert wurde. So viel schon einmal vorweg: das BVerfG-Urteil mit seinen Forderungen für einen ambitionierten Klimaschutz bis 2030 war weder Anlass noch Zielsetzung des EEG in der Fassung vom 25.6.2021.

 

Was wurde NICHT geändert?

 

Sehr viel! Die meisten Ausbauhindernisse sollen nach Willen der Bundesregierung Bestand haben. Dazu zählt die unglaubliche Bürokratie, die viele Investoren in Ratlosigkeit und Starre versetzt. Auch die Ausbaudeckel und die weitere Vergütungssenkung anhand vordefinierter, viel zu geringer Ausbaupfade sollen weitergeführt werden. Was das für PV-Anlagen bedeutet, konnte man in den letzten Monaten sehen. Die Wirtschaftlichkeit von PV-Projekten auf Gebäuden nahm ab und der Ausbau nahm nicht genügend Fahrt auf.

Offensichtlich hat man noch immer nicht realisiert, dass mit 71 GW Wind- und 100 GW Solarenergie bis zum Jahr 2030 die Klimaziele von Paris definitiv nicht umsetzbar sind.

Auch beim “Strommengenpfad” verpasste die Bundesregierung eine Anpassung. Bis 2030 sollen weiterhin nur 376 Terawattstunden (TWh) Strom aus Erneuerbaren Energien bereitgestellt werden, was einem Anteil von 65 Prozent am Bruttostrombedarf entsprechen soll. Die Energiewende braucht aber viel mehr Strom im Wärme, Verkehrs- und Industriebereich!

Wenige Tage nach der kleinen Novelle korrigierte Bundesminister Altmaier zumindest vor der Presse seine EE-Bedarfsprognose. Er würde nicht mehr mit 580 sondern mit 645 - 665 TWh Bruttostrombedarf rechnen. Denn mehr Wärmepumpen, mehr E-Autos und mehr Elektrolyseure für die Wasserstoffproduktion würden mehr Strom benötigen, so der Minister. Alles seien allerdings nur Hochrechnungen, die in die nächste Bundesregierung getragen werden müssen.

Wieder nur Annahmen und keine exakten Analysen. Was für eine Planlosigkeit angesichts der enormen Herausforderungen bei der Transformation unserer fossilen Energieversorgung. Und welch eine ungenaue Erkenntnis trotz zahlreicher Sektorenkopplungs-Studien! Wir brauchen weit mehr als 665 TWh EE-Strom.

 

Und was wurde in der kleinen EEG-Novelle angepackt?

 

Zunächst ging es um die Reparatur vermurkster Rechtsregeln. Gleich an mehreren dutzend Stellen wurde der Korrekturstift angesetzt. Fehlerhafte Verweise innerhalb des Paragrafen-Dschungels wurden repariert, Kommafehler, das Wort "und" durch "oder" ersetzt oder Worthülsen gestrichen.

Dass Rechts-Korrekturen notwendig und Fehler ausgebügelt werden müssen, kommt vor. Vor allem bei Gesetzen mit über 100 Paragrafen und angegliederten Verordnungen. Dennoch sei daran erinnert, dass die Gesetzgebung zum EEG 2021 im Dezember im Galopp über die Bühne ging. Auch von einer Beteiligung der Umweltverbände und Sachverständigen konnte letzten Winter kaum die Rede sein. Der Zeitdruck war wie üblich enorm und Diskussionen über Details kaum umzusetzen.

Echte inhaltliche Neuregelungen gab es in der kleinen Juni-Novelle allerdings doch. Hier eine Zusammenstellung der wichtigen Punkte:

 

EEG-Umlage-Befreiung für Eigenversorgung

In den Rechtsregeln zur EEG-Umlage stand bisher, dass bei Eigenversorgungen aus Anlagen für höchstens 30 Megawattstunden selbst verbrauchten Stroms pro Kalenderjahr die EEG-Umlage entfalle, wenn die Anlage die installierte Leistung von 30 Kilowatt nicht überschreitet. Im neuen § 61b wurden nun die “30 Megawattstunden” ersatzlos gestrichen. Das ist eine kleine Vereinfachung, denn nun kann - sofern steuerrechtlich zulässig - bei kleinen Anlagen auf den Erzeugungszähler verzichtet werden.

 

Ausschreibungen

Einige Details zu Ausschreibungen wurden vereinfacht. Die Realisierungsfristen für die Umsetzung von Projekten sind nun leicht verlängert und die Höhe der zu hinterlegenden Sicherheiten reduziert. Das ist ein kleiner Schritt. An der Kontingent-Regel für den Ausbau von Windenergie und großen Solaranlagen wurde im Grundsatz nichts geändert. Gerade hier wäre ein großer Handlungsbedarf gewesen, denn die Potenziale großer Wind- und Solarprojekte müssen dringend gehoben werden. Da hilft es auch nur wenig, wenn die Kontingente für Sonderausschreibungen bei solaren Freiflächen- und großen Gebäudeanlagen für 2022 nunmehr um jeweils 2.000 MW angehoben wurden.

Solaranlagen auf Gewässern, Agri-PV und Parkplatz-Überdachungen sollen ab sofort mit 150 MW an den Ausschreibungen beteiligt werden. Das ist ein wirklich kleines Zuckerstückchen in Anbetracht der großen Potentiale, die die Flächen bieten. Zur Einordnung: Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg (ISE Freiburg) veröffentlichte im letzten Jahr Abschätzungen zur Agri-PV. Dort ging man allein für die solare Doppelnutzung landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzter Flächen für Deutschland von einem technischen Potenzial  1700 GWp aus. Rund 4% der deutschen Ackerflächen würden ausreichen, um den deutschen Strombedarf zu decken.

 

Beteiligung der Kommunen

Ab sofort können Kommunen, in deren Gemeindegebiet Windenergieanlagen (im Umkreis von 2500 m) und PV-Freiflächenanlagen errichtet werden, an den Einnahmen der Anlagenbetreiber beteiligt werden. Ein finanzieller Anreiz bis zu einer Höhe von 0,2 Cent pro kWh soll dazu beitragen, Akzeptanz zu fördern und kommunale Flächen zu heben. Das ist zunächst keine schlechte Idee, löst aber kaum die Problemlage. 

An dieser Stelle sollte ernsthaft diskutiert werden, warum Kommunen auf der einen Seite mit EEG- und baurechtliche Einschränkungen kämpfen müssen, andererseits aber mit Anreizen gelockt wird. Denn ob die 2.500 m-Regel ihre Wirkung entfaltet, nachdem im Bundesbaugesetz  und jetzt auch in der Landesbauordnung in NRW restriktive 1000 m-Abstandsregeln für Windenergie beschlossen wurden, ist äußerst fraglich. Darüber hinaus wird es im dicht besiedelten Deutschland  auch weiterhin zu wenig Orte geben, wo Anlagen außerhalb der 1000 m-Sperrzone zur nächsten Wohnbebauung errichtet werden können.

 

FAZIT

Mit kleinen Korrekturen am EEG ist die Energiewende nicht zu schaffen. Wir brauchen einen kompletten Neustart der Bau- und Energiegesetzgebung inklusive der zahlreichen Verordnungen. Klimaschutz muss sich als wesentliches Kriterium im Verwaltungsrecht durchsetzen. Dies ist im Übrigen eine Forderung, die sich auch aus dem Klimaurteil des BVerfG zwingend ergibt.