Stand: 30.06.1997 (überholt)

Die HessenEnergie GmbH
- Maulwurf im Saatbeet

Mit unqualifizierter Methodik und veralteten Zahlenwerten macht die HessenEnergie Stimmung gegen Solarstrom.

Von Wolf von Fabeck

Unabhängiger Ratgeber?

Die HessenEnergie GmbH sollte nach dem Willen ihrer Gründer unabhängige Beratung zu energiewirtschaftlichen Fragen gewährleisten. Sie sollte ein wissenschaftliches Gegengewicht gegenüber den von der Energiewirtschaft dominierten energiewirtschaftlichen Instituten bilden. Die grünen Ministerien Hessens, die Strompreisaufsicht in Wiebaden, die grünen Energie-Strategen in Hessens Kommunen, ja ratsuchende Bündnisgrüne aus dem ganzen Bundesgebiet holen sich bei der HessenEnergie Informationen zu Energiefragen.

Doch hier hat man wohl den Maulwurf ins frische Saatbeet gesetzt!

Vorurteile gegen Photovoltaik

Der Solarenergie-Förderverein setzt sich seit 1986 für die Energiewende ein; weg von Kohle und Uran - hin zu den erneuerbaren Energien aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse. Dabei treffen wir regelmäßig auf vorgeprägte Meinungen gegen die Photovoltaik, die offensichtlich aus dem Haus der HessenEnergie stammen. Die Negativwerbung der HessenEnergie GmbH gegen die Solarstromnutzung läßt sich am Beispiel eines Diagramms belegen, das von der HessenEnergie GmbH als unmittelbare Entscheidungshilfe auch heute noch angeboten wird (Horst Meixner: Monetäre Anreize für energiesparende Maßnahmen als Teil der kommunalen Energiepolitik].

Das Diagramm vergleicht die Kosten für die Vermeidung einer Tonne CO2 bei Einsatz verschiedener Techniken nach gegenwärtigem Stand. Bei der Photovoltaik nennt es einen spektakulär ungünstigen Wert.

Mängel in Methodik und Zahlenmaterial

Die HessenEnergie benutzt das Diagramm zu einer unqualifizierten Argumentation. Sie erweckt den Eindruck, die aufgezählten Techniken unterschieden sich lediglich durch den Preis, seien aber ansonsten zur Lösung des Problems gleich gut geeignet. Das Problem sei ausschließlich ein Preisproblem aber kein Mengenproblem und schließlich, es gäbe keine zeitlichen Prioritäten. Sie verschweigt das Preissenkungspotential der Photovoltaik und sie zeigt ein Diagramm mit längst überholten Zahlenwerten.

Das CO2-Problem ist kein regionales Problem

Das Kohlendioxidproblem zeichnet sich dadurch aus, daß nicht nur die augenblicklichen Emissionen zu hoch sind, sondern daß darüberhinaus ein alarmierender Anstieg der Emissionen in den Entwicklungsländern stattfindet und weiter zu erwarten ist. Besonders in Indien und China entsteht auf der Basis reicher Kohlevorkommen ein Kohlekraftwerk nach dem anderen. Energiesparmaßnahmen können dort den Anstieg allenfalls geringfügig abmildern, ihn aber nicht verhindern. Die Frage lautet vielmehr, ob Photovoltaik noch rechtzeitig konkurrenzfähig wird. Wenn in Indien und China erst vollendete Tatsachen mit Kohle und Atom geschaffen sein werden, ist es für die Markteinführung der Photovoltaik zu spät.

Die Frage ist deshalb von größter Bedeutung, ob Konkurrenzfähigkeit erreicht werden kann, wie schnell dies geschehen kann und wie die Kommunen dies unterstützen können.

Preissenkungspotential der Photovoltaik wird übersehen

Die Frage einer Einführung der Photovoltaik in den Entwicklungsländern wird über den Preis entschieden. Doch das Diagramm berücksichtigt keine der bekannten Studien über Verbilligunsmöglichkeiten bei der Photovoltaik, nicht einmal die Aussage der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" des Elften Deutschen Bundestages, wonach Photovoltaikstrom bei Erreichen der Massenproduktion preiswerter als 20 Pf/kWh werden kann.

Das CO2-Problem wird nicht als Mengenproblem erkannt

CO2-Mindern durch Energiesparen ist begrenzt. 20 % ... 40 %, vielleicht - wenn wir sehr viel Aufwand betreiben - sogar 60 % unseres Energieverbrauchs ließen sich einsparen, gewiß eine gewaltige Menge, doch nicht ausreichend, den Zuwachs in Indien, China etc. auszugleichen. Das CO2-Minderungspotential der Photovoltaik dagegen ist praktisch unbegrenzt.

Wie können die Kommunen die Markteinführung der Photovoltaik beschleunigen?

Um das dargestellte Potential der Photovoltaik zu mobilisieren, bedarf es der Markteinführung. Diese kann nur über die Steigerung der Nachfrage bis zur Massennachfrage und damit bis zur Massenproduktion geschehen. Die Kommunen können durch vergleichsweise bescheidene Förderprogramme einen wichtigen Anteil leisten. Doch diese Möglichkeit verschweigt die HessenEnergie.

Falsche Prioritäten

Der augenblicklich schlimmste Kohlendioxid-Emittent ist unbestritten unsere Energieverschwendung. Scheinbar folgerichtig empfiehlt die HessenEnergie deshalb Energie-Sparmaßnahmen im lokalen Bereich, nach dem ehrenwerten Motto, wir müssen bei uns anfangen. Dieses Ziel wird mit verbissener Ausschließlichkeit verfolgt: Draußen gefährdet das heranrollende Hochwasser den Deich, aber drinnen wird mit großem Eifer der tropfende Wasserhahn abgedichtet.

Überholte Zahlenwerte

Unverzeihlich aber ist es, daß wider besseres Wissen falsche, längst überholte Zahlenwerte beibehalten werden. Die im Diagramm aufgeführten Kosten von 4220 DM/t bei der Photovoltaik stammen von 1994 und haben sich seitdem mindestens halbiert (siehe Kasten).

RWE nennt viermal günstigere Werte

Die RWE-Energie-AG, gewiß kein Freund der Photovoltaik, nennt als CO2-Vermeidungskosten dieser Technik sogar nur noch 1000 DM/t, einen viermal günstigeren Wert als die HessenEnergie.

Wir haben Herrn Dr. Meixner von der HessenEnergie in einem ausführlichen Briefwechsel auf die überholten Werte seines Diagramms aufmerksam gemacht. Er hat eingeräumt, daß sie sich verändert haben, hat jedoch keine Bereitschaft erkennen lassen, sein Diagramm zurückzuziehen.

Politiker, die sich von der HessenEnergie GmbH beraten lassen, sollten deshalb die offensichtliche Abneigung der HessenEnergie gegen Solarstrom in Rechnung stellen.

Überschlagsrechnung:

Eine kWh Solarstrom kostet 1,89 DM und verdrängt eine kWh Kohlestrom.

Bei der Erzeugung von 1 kWh Kohlenstrom werden ca. 1 kg CO2 freigesetzt.

Somit kostet die Vermeidung einer Tonne CO2 durch Photovoltaik rund 1890 DM, aber nicht 4220 DM.

(Wenn man den CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Photovoltaik mit berücksichtigt, kommt man auf einen etwas ungünstigeren Wert.)



Ein Vorschlag mit Tücken

Hessens Umwelt-Staatssekretär Rainer Baake stellt Programm zur Förderung der Erneuerbaren vor

Laut Presseinformation vom 24. April 1997 schlägt Umweltstaatssekretär Baake ein neues Modell vor:

"In einem zukünftigen Wettbewerbsmarkt sollten wir nicht mehr mit staatlichen Zuschüssen und politisch festgesetzten Einspeisepreisen bei den Stromproduzenten ansetzen, sondern bei den Stromnachfragern. Wir sollten jeden Stromkunden, also die Verteilunternehmen, die Strom einkaufen, wie die Endabnehmer des Stroms, verpflichten, einen festgesetzten Anteil von Strom aus regenerativen Quellen in der Bundesrepublik zu beziehen. Wir sollten mit den heute verfügbaren 4 % aus Sonne, Wind und Wasser beginnen und den Anteil jedes Jahr steigern."

Dieser Vorschlag, eine Quotenregelung statt einer Preisregelung hat erhebliche Mängel, auf die hier stichwortartig hingewiesen werden soll.

Biomasse fehlt, aber die ist wahrscheinlich nur vergessen worden.

Die Photovoltaik hat in einem solchen System keine Chancen, denn der preisbewußte Stromeinkäufer wird stets die billigste erneuerbare Energie wählen.

Windstrom wird weiter nur aus den windgünstigsten Regionen eingekauft werden; die Entwicklung der Windenergie im Binnenmarkt wird nicht gefördert.

Die Stromversorger übernehmen die Produktion selber, die Einspeisung aus dezentralen Anlagen hat kaum Chancen.

Der Stromabnehmer kann nicht kontrollieren, ob sein Strom den vorgeschriebenen regenerativen Anteil enthält.

Entscheidender Mangel aber ist das zu erwartende Gerangel um die Festsetzung der Quotenhöhe. In einer Zeit, in der die Stromwirtschaft von höchstens vier Prozent spricht (siehe z.B. Seite 29), werden den konservativen Politikern mühsam Zehntelprozente abgerungen werden müssen. Dagegen zeigt eine Preisregelung (z.B. die Vergütung der Windenergie mit 17 Pfennig an der Küste oder die kostendeckende Vergütung von Solarstrom) Zuwachsraten, die sich kein konservativer Politiker vorstellen kann.

Das Ziel, eine Umstellung auf Erneuerbare Energien zu 100 % bliebe bei einer Quotenregelung auf der Strecke.