1. In welchem Verhältnis stehen § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EEG 2012 zueinander, insbesondere: In welchem Umfang sind die Regelungen der §§ 21b bis 21h EnWG 2011 bei der Messung nach dem EEG2012 anzuwenden?
2. Dürfen Anlagenbetreiberinnen und -betreiber bei Vorliegen der erforderlichen Fachkunde weiterhin selbst den Messstellenbetrieb einschließlich der Messung vornehmen?
3. Welche Vereinbarungen müssen Messstellenbetreiber und Netzbetreiber zum Messstellenbetrieb von Messeinrichtungen im Sinne des EEG 2012 abschließen?
Alle Informationen zum Empfehlungsverfahren finden Sie unter http://www.clearingstelle-eeg.de/empfv/2012/7
Grundsätzliches
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland empfiehlt, im anstehenden Empfehlungsverfahren die Beurteilung der Zuständigkeit für Messstellenbetrieb und Messung nach § 7 (1) EEG 2012 in folgende drei Teilbereiche zu gliedern:
1) Zuständigkeit für die Eichung des Zählers
2) Zuständigkeit für Einbau / Inbetriebsetzung und Ausbau des Zählers
3) Zuständigkeit für die Ablesung des Zählers und Übermittlung der Messergebnisse während der Betriebszeit des Zählers
Die Oberbegriffe Messstellenbetrieb und Messung eignen sich nur ungenügend für eine detaillierte rechtliche Beurteilung der Zuständigkeit nach § 7 (1) EEG 2012. Sie bergen sogar die Gefahr einer sachfremden Auseinandersetzung, da der Begriff des Messstellenbetriebs irreführend ist. Zähleinrichtungen werden nicht betrieben. Sie haben keine Bedienungselemente, mittels derer man auf ihren Betrieb irgendeinen Einfluss nehmen könnte. Sie zeichnen sich im Gegenteil dadurch aus, dass sie unbestechlich - ohne Aufsicht und Lenkung - exakte Messdaten liefern. Erst nach Ablauf der Eichfrist oder wenn ein Schaden am Zählern beobachtet wird, müssen sie auf Initiative des Anlagenbetreibers durch einen fachkundigen Dritten ausgebaut und gegen einen geeichten Zähler ausgewechselt werden.
Führt man die Betrachtung der Zuständigkeiten nach § 7 (1) EEG 2012 anhand der von uns vorgeschlagenen Teilbereiche durch, so ergibt sich unseres Erachtens eine sachgerechtere Auseinandersetzung mit den messtechnischen Notwendigkeiten und Voraussetzungen bei der Erfassung der erzeugten EE-Strommenge.
Im Folgenden haben wir deshalb die Beantwortung der von der Clearingstelle EEG aufgeworfenen Fragestellungen anhand der drei Teilbereiche durchgeführt.
zu 1) Zuständigkeit für die Eichung des Zählers
Für die Erfassung des gelieferten/bezogenen Strom kommen in allen Spannungsebenen ausschließlich Messgeräte zum Einsatz, die während der Eichperiode wartungsfrei sind. Die Zulassung der Messgeräte erfolgt auf Grundlage der Messgeräterichtlinie (Measurement Instruments Directive = MID). Alle Messgeräte unterliegen dem Eichgesetz.
Die Eichung des Messgerätes erfolgt durch die von den Landesregierungen bestimmten zuständigen Behörden, soweit nicht die Physikalisch-Technische Bundesanstalt zuständig ist (siehe § 11 Eichgesetz). Die Eichung wird nachgewiesen.
Für elektronische Zähler gilt eine Eichperiode von 8 Jahren, für mechanische Zähler von 16 Jahren.
Der Betreiber der Erneuerbaren-Energien-Anlage als Anbieter der Ware Strom wählt den/die Zähler und ist verpflichtet, nur solche einzusetzen, die den eichrechtlichen Anforderungen genügen. Der Netzbetreiber ist nach § 21 b (2) Satz 2 EnWG berechtigt, Messeinrichtungen abzulehnen, die den eichrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen.
zu 2) Zuständigkeit für Einbau / Inbetriebsetzung und Ausbau des Zählers
Der Anlagenbetreiber besitzt die Messhoheit (Messzuständigkeit) (§ 448 BGB).
Er trägt nicht nur die Kosten der notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung des gelieferten und des bezogenen Stroms (siehe § 13 (1) EEG 2012) der EEG-Anlage. Der Anlagenbetreiber hat auch das Recht, den (die) geeignete(n) Zähleinrichtung(en) für die Erfassung des erzeugten EEG-Stroms auszuwählen und ist für den Einbau / die Inbetriebsetzung und den Abbau verantwortlich. Dabei muss er geeichte Zähleinrichtungen nutzen und einheitliche, sachlich gerechtfertigte und nicht diskriminierende technische Mindestanforderungen an die Messeinrichtung einhalten (§ 21b Abs. 4 EnWG). Die Mindestanforderungen ergeben sich u.a. aus den VDE-Anwendungsregel Messwesen Strom: VDE-AR-N 4400 sowie aus der VDE-Anwendungsregel "Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz, Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz": VDE-AR-N 4105.
Der Anlagenbetreiber muss gewährleisten, dass durch geeignete Maßnahmen (z.B. Plombierung) keine Verfälschungen der Messergebnisse durch Veränderungen der Zusammenschaltung eichpflichtiger Geräte stattfinden können und Verfälschungen bzw. Manipulationsversuche am Messgerät erkennbar sind (siehe 5.3.3. der VDE-AR-N 4400).
Der Netzbetreiber kann in Zusammenhang mit der Inbetriebsetzung der EEG-Anlage überprüfen, ob die Mindestanforderungen erfüllt sind. Liegen berechtigte Zweifel vor, dass ein Zähler keine hinreichend exakten Messergebnisse liefert, muss er überprüft werden. Die Kosten der Überprüfung / Eichung trägt der Anlagenbetreiber, sofern tatsächlich Ungenauigkeiten nachweisbar waren.
In Verbindung mit der messtechnischen Erfassung des eigenverbrauchten Solarstroms nach § 33 (2) EEG 2012 sind Hutschienenzähler zulässig, um unnötige Kosten (z.B. Investition in einen neuen Zählerschrank) zu vermeiden. Diese Zähler genügen den eichrechtlichen und messtechnischen Mindestanforderungen zur Erfassung des gesamt erzeugten Solarstroms bei der Abrechnung des Eigenverbrauchs nach § 33 (2) EEG 2012.
Müssen Erträge aus mehreren Anlagen abgerechnet werden, ist der Anlagenbetreiber berechtigt, die Erfassung des gelieferten Stroms über eine gemeinsame Messeinrichtung einzurichten (siehe § 19 (2) EEG 2012).
Sofern der Anlagenbetreiber über die notwendige Fachkunde verfügt, kann er den Einbau/Inbetriebsetzung und den Abbau des(r) Zähler(s) selbst vornehmen. Die in § 7 (1) Satz 1 EEG 2012 getroffene Formulierung, der Anlagenbetreiber sei berechtigt den Anschluss der Anlagen sowie die Einrichtung und den Betrieb der Messeinrichtungen einschließlich der Messung von dem Netzbetreiber oder einer fachkundigen dritten Person vornehmen zu lassen, schließt dabei nicht aus, dass der Anlagenbetreiber bei Vorliegen der Fachkunde den Zählereinbau/die Inbetriebsetzung selbst vornimmt. Würde man dem Anlagenbetreiber diese Möglichkeit verwehren, käme dies einer Diskriminierung gleich. Verfügt der Anlagenbetreiber nicht über die notwendige Fachkunde (was in den meisten Fällen zutrifft), liegt die Entscheidung über die Beauftragung einer Person als fachkundigem Dritten allein bei dem Anlagenbetreiber.
Von einer Fachkunde ist gemäß Empfehlungsverfahrens 2008/20 der Clearingstelle EEG, Leitsatz 11 auszugehen, wenn eine natürliche oder unbeschadet einer internen Aufgabendelegation juristische Person über die jeweils notwendigen Fachkenntnisse und Fertigkeiten verfügt. Die notwendigen Fachkenntnisse und Fertigkeiten haben jedenfalls Personen, die die Prüfung als Meisterin bzw. Meister des Elektrotechniker-Handwerks oder Elektromaschinenbau-Handwerks abgelegt haben, und Geprüfte Industriemeisterinnen bzw. Industriemeister Fachrichtung Elektrotechnik. Gleiches gilt in Anlehnung an §§ 7b, 8 Handwerksordnung für Ausübungsberechtigte elektrotechnischer Handwerke und Inhaber einer Ausnahmebewilligung, oder im Einzelfall für andere fachkundige Personen. Netzbetreiber können nach Kriterien, die transparent und diskriminierungsfrei sein müssen, weitere Personen als fachkundig benennen.
Ohne aktive Handlung des Anlagenbetreibers zum Einbau / Inbetriebsetzung der Messeinrichtung(en) kann keine Inbetriebnahme der Anlage erfolgen. Er erteilt den Auftrag für alle notwendigen Arbeiten.
Kommen Messeinrichtungen zum Einsatz, die sowohl die Einspeisung des erzeugten EEG-Stroms als auch den Strombezug aus dem allgemeinen Versorgungsnetz erfassen (zwei getrennte Zählwerke), so muss ein Messstellen-Verantwortlicher bestimmt werden. Diese Aufgabe übernimmt in aller Regel der Netzbetreiber.
Für die Beauftragung des Netzbetreibers oder eines fachkundigen Dritten durch den Anlagenbetreiber ist es empfehlenswert, eine vertragliche Vereinbarung über Umfang und die Kosten der zu erbringenden Leistung Einbau/ Inbetriebsetzung bzw. Abbau der Messeinrichtung zu treffen. Wenn der Anlagenbetreiber diese Leistungen auf Grund der vorliegenden Fachkunde selbstverantwortlich übernimmt, ist hierfür nach § 4 (1) EEG 2012 kein Vertrag mit dem Netzbetreiber notwendig.
Bei der Errichtung der Messeinrichtung müssen nach § 7 (1) Satz 2 EEG die Vorschriften der §§ 21b bis 21h des Energiewirtschaftsgesetzes und der auf Grund von § 21i des Energiewirtschaftsgesetzes ergangenen Rechtsverordnungen eingehalten werden. Nach § 21c (1c) EnWG sind Betreiber von Messtellen zur Erfassung von Strom aus neu errichteten Erneuerbaren-Energien-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 7 kW verpflichtet, Messsysteme einzubauen. In § 21d (1) und (2) EnWG wird der Begriff des Messsystems in folgender Weise näher erläutert:
(1) Ein Messsystem im Sinne dieses Gesetzes ist eine in ein Kommunikationsnetz eingebundene Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie, das den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegelt.
(2) Nähere Anforderungen an Funktionalität und Ausstattung von Messsystemen werden in einer Verordnung nach § 21i Absatz 1 Nummer 3 festgeschrieben.
Nach § 21i (1) Nr. 3 EnWG wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die in § 21d, § 21e und § 21f genannten Anforderungen näher auszugestalten und weitere bundesweit einheitliche technische Mindestanforderungen sowie Eigenschaften, Ausstattungsumfang und Funktionalitäten von Messsystemen und Messeinrichtungen für Strom und Gas unter Beachtung der eichrechtlichen Vorgaben zu bestimmen.
Da bei der Einspeisung von Strom aus einer oder mehreren Anlagen mit einer Leistung von insgesamt bis zu 30 kW ein allenfalls geringfügiger Strombezug (Standby-Strom des Wechselrichters) zu verzeichnen ist, könnte laut Empfehlung 2008/20 der Clearingstelle EEG die Erfassung über einen Einrichtungszähler ohne Rücklaufsperre oder über eine pauschale Abrechnung des Bezugsstroms ausreichend sein. Eine zusätzliche Anbindung an ein Kommunikationsnetz ist demnach aus unserer Sicht für diese Anlagen zum derzeitigem Stand nicht erforderlich. Eine andere Situation würde sich ergeben, wenn den Betreibern von Erneuerbarer-Energien-Anlagen für den eingespeisten Strom lastvariable oder tageszeitabhängige Tarife angeboten werden würden (Smart Meter).
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. empfiehlt zunächst, im Rahmen der noch zu beschließenden Rechtsverordnung nach § 21 i (1) Nr. 3 EnWG die Verpflichtung nach § 21c (1c) EnWG bei Solarstromanlagen auch an die technischen Notwendigkeiten beim Einspeisemanagement nach § 6 (1) - (3) EEG 2012 zu knüpfen. Wenn Anlagen nach § 11 EEG 2012 abgeregelt und der entgangene Stromertrag nach § 12 EEG 2012 entschädigt werden muss, ist eine Anbindung an das Kommunikationsnetz technisch sinnvoll.
Solarstromanlagen über 100 kW müssen schon heute nach § 6 (1) EEG 2012 mit Einrichtungen zur Abrufung der IST-Einspeisung (1/4h-Lastgangmessung = registrierende Leistungsmessung) ausgerüstet sein. Diese Lastgangmessung erfordert in jedem Fall die Anbindung an ein Kommunikationsnetz.
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland regt in diesem Zusammenhang an, die Bestimmung der Messkosten durch Netzbetreiber wirkungsvoller von staatlichen Institutionen begleiten und kontrollieren zu lassen. Die Praxis zeigt, dass für die gleiche Messanordnung und Messdienstleistung von Netzbetreibern bundesweit sehr unterschiedlich hohe Kosten veranschlagt werden. Diese können teilweise mehr als das Doppelte im Vergleich zu einem Referenz-Anbieter betragen. Um dem Vorwurf des Wucher (siehe § 138 BGB) entgegentreten zu können, wäre z.B. eine unterstützende Begleitung der Bundesnetzagentur hilfreich.
zu 3) Zuständigkeit für die Ablesung des Zählers und Übermittlung der Messergebnisse während seiner Betriebszeit
Für das Ablesen und die Übermittlung der erfassten Messergebnisse liegt die Zuständigkeit beim Anlagenbetreiber. Diese Aufgaben können vor Ort oder automatisiert über ein Fernablesesystem gewährleistet werden.
Die Ablesung des Zählerstands vor Ort erfordert keine besondere Fachkunde. Jeder des Schreibens und Lesens Kundige kann die Ertragswerte eines mechanischen oder elektronischen Zählers an der Anzeige erfassen und fristgerecht dem zuständigen Netzbetreiber mitteilen. Als fristgerecht gilt, wenn die für die Endabrechnung erforderlichen Daten nach § 46 Nr. 3 EEG 2012 bis zum 28. Februar eines Jahres dem Netzbetreiber zur Verfügung gestellt werden.
Sowohl die Ablesung als auch die Übermittlung der Messergebnisse kann somit durch den Anlagenbetreiber selbst oder einen Dritten erfolgen. Mindestanforderungen an die Datenqualität nach VDE-AR-N 4400 sind einzuhalten.
Beauftragt der Anlagenbetreiber einen Dritten, so ist empfehlenswert, eine vertragliche Vereinbarung über den notwendigen Datenumfang, die fristgerechte Datenübermittlung und die Kosten dieser Dienstleistung zu treffen.
Bei Fernablesesystemen greift der Netzbetreiber auf die erfassten Messergebnisse zu. Wenn der Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber den Auftrag zum Ablesen des Zählerstande erteilt, muss er die notwendigen Mehrkosten für diese Messdienstleistung tragen. In Hinblick auf die verwaltungstechnische Vereinfachung und die damit einhergehende Kostenersparnis sollte, soweit möglich, auf automatisierte Datenablese- und übermittlungssysteme zurückgegriffen werden. Bei der Bemessung der Kosten für diese Messdienstleistung sind die ersparten Aufwendungen im Vergleich zu manuellen Datenmeldungen hinreichend zu berücksichtigen.
Wenn der Anlagenbetreiber auf Grundlage von den in § 21 i EnWG ergangenen Rechtsverordnungen verpflichtet wird, die Anforderungen nach § 21 c (1c) EnWG zu erfüllen, muss er gemäß § 13 (1) EEG 2012 die Kosten für die Fernablesung tragen. Gleiches gilt auch für Anlagen, für die nach § 6 (1) EEG 2012 eine registrierende Leistungsmessung erforderlich ist.