Kann Windstrom mit ca. 9 cent einen Strommix verbilligen, in dem Braunkohle- und Atomstrom weniger als 4 cent kosten?

Ein großes Hindernis bei der Ausbreitung der Windenergie ist die weit verbreitete irrige Vorstellung, die Einspeisung von Windstrom in das öffentliche Netz und seine gesetzlich vorgeschriebene Vergütung bis zu einer Höhe von über 9 cent/kWh würde den Strompreis für die Verbraucher weiter in die Höhe treiben.

Insbesondere fällt es vielen Menschen schwer, sich vorzustellen, wie aus Braunkohle- und Atomstrom, die mit etwa 3 cent/kWh erzeugt werden, im Mix mit dem sehr viel teureren Windstrom dann trotzdem noch eine finanzielle Entlastung für den Verbraucher herauskommen soll.

Was in der Öffentlichkeit hingegen fast unbekannt ist, ist die Tatsache, dass Braunkohle- und Atomstrom zwar betriebswirtschaftlich zu Kosten von etwa 3 cent hergestellt werden, am Spotmarkt der Strombörse hingegen zu unvorstellbar höheren Preisen und traumhaften Gewinnen für die Hersteller verkauft werden.

Foliensatz zur Erläuterung des Prinzips

Wie die Einspeisung von Windstrom die übermäßigen Gewinne der Braunkohle- und Atomkraftbetreiber drastisch reduziert und damit die Stromkunden entlastet, demonstrieren die folgenden Folien
in PDF Merit Order Wind und Solar
oder in Powerpoint Merit Order Effekt 28.04.2009

Kurzvortrag vor dem Mitweltausschuss des Kirchenkreises Jülich

Windstrom senkt den Strompreis - Mitweltausschuss Kirchenkreis Jülich 30.04.2009

Hintergrundinformationen

Der größte Teil des Stromhandels - 80 Prozent und mehr - wird in zweiseitigen Lieferverträgen (Termingeschäften) zwischen Hersteller und Stromhändler Wochen, Monate oder sogar Jahre vor dem endgültigen Liefertermin abgewickelt. Viele Strommengen wechseln sogar mehrfach den Eigentümer, ehe sie endlich zur vorbestimmten Stunde verbraucht werden. Am Spotmarkt werden dann - einen Tag vor dem endgültigen Liefertermin - die noch fehlenden Mengen für jede Stunde des folgenden Tages eingekauft. Für jede Stunde des folgenden Tages ergeben sich andere Angebote und Nachfrageverhältnisse, unterschiedliche Börsenpreise und unterschiedliche Entlastungen durch die Einspeisung von Wind- und Solarstrom.

Solar- und Windstrom werden an der Strombörse nicht gehandelt, da ihre Abnahme durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verbindlich vorgeschrieben und die Einspeisevergütungen festgesetzt sind. Da gibt es nichts mehr zu handeln. Die Abnahmepflicht verringert die Nachfrage an der Strombörse. Eine verringerte Nachfrage führt automatisch zur Preissenkung. Die Einspeisung von Solar- und Windstrom (EEG-Strom) senkt also in jedem Fall den Börsenpreis am Spotmarkt. Soweit eine Betrachtung des Börsenpreises.
Die Frage ist allerdings, ob nicht die für den EEG-Strom zu zahlenden Einspeisevergütungen höher sind, als die Preisentlastung am Spotmarkt.
Zur endgültigen Beurteilung, ob und wie stark Wind- und Solarstrom den Strompreis entlasten, ist deshalb eine Untersuchung aller 8760 Stunden des Jahres erforderlich. Eine Untersuchung des IfnE (Ingenieurbüro für neue Energien) vom 30. November 2007 im Auftrag des Bundesumweltministeriums ergibt eine Senkung des Großhandelspreises durch alle Erneuerbaren Energien für das Jahr 2006 mit einem Volumen von bis zu 5 Mrd. Euro. Zieht man davon die gesamte Einspeisevergütung nach EEG für den Windstrom und alle anderen Erneuerbaren Energien ab, so ergibt sich eine Netto-Ersparnis von ca. 2 Mrd Euro.

Literaturangaben

Der erwähnte Fachbeitrag zum Merit-Order-Effekt findet sich unter
www.erneuerbare-energien.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/eeg_kosten_nutzen_lang.pdf
Die Verfahrensabläufe beim Stromhandel sind ausführlich erklärt unter
http://www.erneuerbare-energien.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/studie_strombezugskosten.pdf
Zu empfehlen sind in diesem Zusammenhang auch die Informationen des BMU unter
http://www.bmu.de/erneuerbare_energien/downloads/doc/39649.php
Durchschnitts- und durchschnittliche Spitzenpreise der EEX
http://www.udo-leuschner.de/energie-chronik/phelix.htm
Weitere Informationen findet man in den Schulungsunterlagen der EEX
http://www.eex.com/de/document/4423/Einf%C3%BChrung%20B%C3%B6rsenhandel_Release_01B.pdf

Wirken sich die Verhältnisse am Spotmarkt auch auf die Terminmarktgeschäfte aus?

Da am Spotmarkt nur etwa 20 Prozent oder weniger des gesamten Stromhandels abgewickelt wird, stellt sich die Frage, wie sich die Entlastung der Spotmarktpreise durch Wind- und Solarstromeinspeisung auch auf die weit vorher abgewickelten Termingeschäfte auswirkt. Dass eine Rückwirkung erfolgt, ist unstrittig. Wenn der Stromhändler vorhersieht, dass die Wind- und Solarstromeinspeisung die Preise am Spotmarkt drücken wird, ist er eher geneigt, mit seinem Einkauf bis zum letzten Tag zu warten. Der Stromerzeuger hingegen wird dann lieber schon früher verkaufen und bietet seinen Strom im Termingeschäft günstiger an. Die Entlastung am Spotmarkt wird sich also - zumindest von der Tendenz her - auch auf den Terminmarkt auswirken.