Bäume sind multifunktional, denn sie sind wichtige Sauerstofflieferanten, bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen, dienen der Naherholung und Entspannung und leisten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Denn je nach Art und Größe können sie im Laufe ihres Lebens mehrere Tonnen C02 speichern.

Aus diesen vielen Gründen sind Bäume aus Städten und Gemeinden genauso wenig wegzudenken wie Wohngebäude, Straßen, Radwege und soziale Einrichtungen. Und trotzdem gibt es vielzählige kommunale und nachbarschaftlichen Auseinandersetzungen. Ob Standort, Schatten- oder Laubwurf - Gründe können unterschiedlicher nicht sein.

Besonders sensibel reagieren Solaranlagenbetreiber, wenn durch bestehende oder neu hinzukommende Anpflanzungen Solarmodule verschattet werden. Denn auch dann, wenn nur ein kleiner Teil der Solaranlage im Schatten liegt, können signifikante Mindereinnahmen die Folge sein. Grund hierfür ist, dass Solarmodule meistens in Reihe geschaltet sind. Nach dem Grundsatz, dass das schwächste Glied der Reihe die Leistung der anderen Glieder bestimmt, sinkt der Ertrag der gesamten Anlage.

Doch welche Möglichkeiten haben Anlagenbetreiber, Einnahmeverluste durch Verschattungen zu vermindern oder abzuwehren?

Besser vorher genau informieren!

Zunächst ist jeder Investor gut beraten, vor Installation der Solaranlage eine umfassende Begutachtung des Umfeldes durchzuführen. Dabei ist zu beachten, dass eine junge Anpflanzungen auf dem Nachbargrundstück je nach Wuchsgeschwindigkeit recht rasch zu stattlichen Bäumen heranwachsen kann. Sollte dennoch etwas übersehen werden, helfen verantwortungsvolle Installateure bei der Erstberatung mit Fachwissen aus.

Wenn Teilverschattungen zu erwarten sind, gibt es einige technische Möglichkeiten, den Ertragsverlust so gering wie möglich zu halten. Zum einen könnte die Verschaltung der Module den besonderen Bedingungen angepasst werden. Die Trennung der Modulreihen in einzelne Strings kann helfen, Ertragseinbußen gering zu halten. Zudem könnte die Leistung des Wechselrichters an die zu erwartende, verminderte Modulleistung angepasst werden, damit die Auslastung des Wechselrichters optimal konzipiert ist.

Einige Installateure raten bei „Problemdächern“ zum Kauf von Dünnschichtmodulen, da Hersteller ihre Eignung bei diffusem Licht anpreisen. Ob im Vergleich zu kristallinen Modulen langfristig höhere Erträge zu erzielen sind, möchten wir pauschal nicht bestätigen. Gut beraten ist aus unserer Sicht immer derjenige, der sich für sein Dach von verschiedenen Installateuren mehrere Angebote mit unterschiedlichen Modultechniken und den dazugehörenden verbindlichen Ertragsprognosen erstellen lässt.

Wenn die Dachverschattung durch Bäume zu groß ist, sollte sich der Investor dringend auf die Suche nach einem Alternativdach begeben. Damit vermeidet er wirtschaftliche Verluste und unnötigen Ärger mit dem Nachbarn. Außerdem kann er weiterhin sorglos von allen ökologischen und ästhetischen Vorzügen umliegender Bäume profitieren.

Wenn Nachbarn trotzdem in Streit geraten

1. Nachträgliche Verschattung einer Solaranlage

In unserem Beitrag „Recht auf Verschattungsfreiheit?" sind wir schon einmal der Frage nachgegangen, ob sich Anlagenbetreiber vor nachträglichen Verschattungen wie z.B. durch Neuanpflanzungen, unvorhergesehene Neubauten bei Änderungen des umliegenden Bebauungsplanes usw. schützen könnten. Wir berichteten dort über eine Auskunft des Rechtsanwalts Dr. Gaßner, wonach Grundstückseigentümer nach derzeitiger Rechtslage leider kein Recht auf unbehinderte Solarstrahlung haben. Nach seiner Rechtsauffassung gäbe es damit kein ausdrückliches Verbot nachträglicher Beschattung bestehender Solaranlagen. Anlagenbetreiber hätten also kein Recht, vom Nachbarn Entschädigungsleistungen (etwa für den entgangenen Stromertrag) einzufordern. Dies ist sehr unbefriedigend, denn so könnten Solarinvestitionen durch Neuanpflanzungen oder neue Bebauungen unwirtschaftlich werden.

Diese Rechtssituation könnte - so Gaßner - entweder durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gelöst werden, in dem man im Rahmen einer „Musterklage“ die Neuinterpretation der Vorgaben im Bürgerlichen Gesetzbuch (hier §§ 903 ff. BGB) erreichen würde. Oder aber es müsste im Bundesbaugesetz (BBauG) ein „Schutz von Solaranlagen vor nachträglicher Verschattung“ festgelegt werden. Beide Rechtslösungen gibt es bis heute leider nicht.

2. Wenn Verschattungen vorhersehbar gewesen wären

Kann der Anlagenbetreiber fordern, dass die Kronen der Bäume und die ausladenden Zweige regelmäßig gekürzt oder gar gänzlich beseitigt werden, wenn die Verschattung bereits bei Installation der Solaranlage vorhersehbar war? Diese Frage wurde schon häufig an uns herangetragen.
Eine umfassende Beantwortung erhielt nun ein Anlagenbetreiber in Nordrhein-Westfalen, der sich an das für ihn zuständige Ministerium gewendet hat. In Abstimmung mit dem dortigen Justizministerium erstellte man eine Rechtsauskunft, die wir im Folgenden kurz zusammenfassen möchten (Anm.: Das vollständige Dokument finden Sie unter Stellungnahme des MWEBWV NRW zu Verschattung von Solaranlagen):

Zusammenfassung des Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr NRW vom 15.06.2011:

- Die Regeln zwischen den Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn an der Grundstücksgrenze findet man im BGB und in den jeweiligen Ländergesetzen. Für NRW gilt das Nachbarrechtsgesetz (NachbG NRW).

- Zunächst schreibt das BGB keine Grenzabstände für Bäume und Pflanzen vor. Der Eigentümer des Grundstücks kann nach § 903 BGB die Bepflanzung nach seinen Vorstellungen durchführen. Insofern darf jeder Grundstückseigentümer - so das NRW-Wirtschaftsministerium - innerhalb seines Grundstücks nach Belieben Bäume und Sträucher einbringen.

- Um gegenseitige Beeinträchtigungen zu vermeiden, gibt es allerdings Einschränkungen. Im Nachbarrechtsgesetz (NachbG) NRW werden Grenzabstände in Abhängigkeit von der Schnellwüchsigkeit von Bäumen und Sträuchern festgelegt. Bei stark wachsenden Bäumen, insbesondere der Rotbuche und sämtlichen Arten der Linde, der Platane, der Roßkastanie, der Eiche und der Pappel ist ein Grenzabstand von 4 m, bei allen übrigen Bäumen von 2 m einzuhalten (§ 41 Abs.1 Nr.1 lit.a NachbG NRW). Da die Höhenentwicklung der Bäume allerdings bei definierten Grenzabständen keine Bedeutung hat, können Verschattungen von Solarmodulen damit nicht sicher vermieden werden. Nur dann, wenn die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht eingehalten wurden, kann der Nachbar nach § 1004 BGB die Beseitigung bzw. den Rückschnitt einer Anpflanzung verlangen. Aber auch hier gibt es einen Bestandsschutz, wenn der Nachbar diesen Zustand über einen festgelegten Zeitraum nicht beanstandet.
Insofern sollten all diejenigen, die eine Investition in eine Solarstromanlage in Erwägung ziehen, die Bepflanzung des Nachbarn möglichst genau begutachten.

- Das NRW-Ministerium führt weiter aus, dass selbst nach dem Fristablauf einer Beanstandung der Eigentümer die Anpflanzungen nicht in eine beliebige Höhe wachsen lassen kann. „Vielmehr kann unter dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung des Eigentümers in Betracht kommen, Bäume auf Verlangen des Nachbarn auch nach dem Fristablauf zurückzuschneiden.“ Voraussetzung hierfür ist allerdings der Nachweis, dass der Nachbar einer „ungewöhnlich schweren und nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung“ ausgesetzt sei. Der Rückschnitt würde dann auf eine, beiden Interessen gerecht werdende, Höhe verlangt werden können.
Soweit das Ministerium in NRW.

Welche Vorschriften in anderen Bundesländern zum Grenzabstand für Bäume und andere Anpflanzungen getroffen wurden, kann man den jeweils geltenden Nachbarrechtsgesetzen entnehmen.
Noch eine letzte Anmerkung: Sollte ein Nachbarschaftsstreit vor einem ordentlichen Gericht nicht vermeidbar sein, so muss der Anlagenbetreiber zunächst nachweisen, dass die Ertragsminderung durch Verschattung zu einer ungewöhnlich schweren Beeinträchtigung führt. Dies ist sicher möglich, denn eine signifikante Verminderung des Solarstromertrags führt höchstwahrscheinlich zur Unwirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs. Allerdings könnte das Gericht zusätzlich auch Auskunft darüber verlangen, warum der Anlagenbetreiber trotz eventueller Kenntnis über die Schnellwüchsigkeit der angrenzenden Bäume keinen anderen Standort für die Anlage finden konnte und / oder ob er bei seiner Investition beachtet hat, dass technische Vorkehrungen zur Verminderung des Schadens beitragen können.