Im Jahr 2002 habe ich mich entschlossen, einen VW-Golf II Diesel auf Pflanzenöl umrüsten zu lassen. Meine damaligen begeisterten Überlegungen sind auch heute noch im Internet nachzulesen. Das umgebaute Auto verrichtet immer noch brav seinen Dienst, aber ich benutze es nur noch so selten wie möglich, weil ich inzwischen erkannt habe, dass ich einer Fehleinschätzung gefolgt bin, die unter Umweltfreunden weit verbreitet ist.

Ich habe jetzt die Konsequenzen gezogen. Der Vorstandsbeschluss des SFV zur deutlichen Einschränkung der Biomassenutzung vom 23.05.09 geht mit auf meine Anregung zurück.

Ich wende mich nun mit dieser ausführlichen Erklärung besonders an diejenigen, die mir damals vertraut haben und meinem Beispiel gefolgt sind. Ich hoffe sehr, dass Sie meinen Meinungswechsel nachvollziehen können.
Dazu möchte ich zwei Fragen beantworten:

Warum habe ich mich anfangs für die energetische Nutzung von Pflanzenöl eingesetzt?

Mir war natürlich bekannt, dass mein umgebautes Auto ebenfalls CO2 ausstößt, aber ich fand das vertretbar, weil ich im gleichen Maß fossilen Dieselkraftstoff einsparte.

Die Natur kann den Kohlenstoff aus verbranntem Pflanzenöl mit Hilfe der Photosynthese des Blattgrüns wieder in Pflanzenmaterial verwandeln. Dazu braucht sie etwa ein Dutzend Jahre und dann ist der Kohlenstoff wieder dort, wo er entnommen wurde - vielleicht sogar in einer neuen Ölpflanze.
Die ursprüngliche Ordnung ist dann wieder hergestellt.

Die Verbrennung von Dieselkraftstoff ist erheblich schwerer rückgängig zu machen. Bis die Photosynthese den Kohlenstoff wieder aus der Atmosphäre genommen hat, dauert es genauso lange wie bei dem Kohlenstoff aus Pflanzenöl. Aber dann dauert es noch zusätzlich eine halbe Ewigkeit, bis die entsprechende Menge Kohlenstoff schließlich auf dem Umweg über absterbende Meeresorganismen in unterirdischen fossilen Lagerstätten ankommt. Erst nach Millionen von Jahren ist die ursprüngliche Ordnung wieder hergestellt.

Somit scheinbar ein klarer Vorteil bei der energetischen Nutzung von Pflanzenöl im Vergleich mit der Nutzung von Dieselkraftstoff.

Welche Erkenntnisse haben mich zum Umdenken gebracht.

Wer sich in eine Sache verbissen hat, braucht länger zum Umdenken. Dies vielleicht zu meiner Entschuldigung. Die Entscheidung, mit dem Pflanzenöl aufzuhören, ist nur langsam gereift.

Zuerst wurde mir wohl bewusst, dass der Anbau von Rapsöl oder anderer Biomasse auf dafür bereitgestellten Flächen andere Nutzungsarten, z.B. die Erzeugung von Nahrungspflanzen, von diesen Flächen verdrängt. Von diesem Zeitpunkt an habe ich mir keine Illusionen darüber gemacht, dass
damit im globalen Zusammenhang zusätzlicher Druck zur Rodung von Urwald ausgeübt wird. Die Versuche, durch Zertifizierungen von importierten Pflanzenölen zusätzliche Urwaldrodung zu vermeiden, halte ich für vergebliche Mühe und schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt, denn die Anbauflächen im "Raumschiff Erde" sind nun einmal begrenzt (auch durch einen riesigen bürokratischen Zertifizierungsaufwand lässt sich das nicht ändern).
Einen Ausweg sah ich darin, in Zukunft mein Auto mit kaltgepresstem Leindotteröl aus Mischfruchtanbau anzutreiben, denn dafür braucht man keine gesonderten Flächen.

Bei der Beschaffung dieses Leindotteröls allerdings wurde mir durch eigenes Erleben deutlich, wie begrenzt das Mengenpotential ökologisch nachhaltig angebauter Biomasse ist.
Eine ausführliche und sehr detaillierte Untersuchung der beiden SFV-Mitarbeiterinnen und Agrar-Fachfrauen Dipl.-Ing Susanne Jung und Dipl.-Ing agr. Petra Hörstmann-Jungemann führte zu dem erschreckenden Ergebnis, dass offizielle Stellen - auch das BMU - das Potential der Biomasse weit überschätzen.

Etwa zur gleichen Zeit haben wir die ersten eigenen Potentialberechnungen für Wind und Sonnenenergie durchgeführt. Wir stellten dabei fest, dass die offiziellen Potentialstudien für die Windenergie offenbar unter der Annahme der derzeit geltenden unsinnigen Genehmigungseinschränkungen erstellt worden waren. Natürlich wird man ein viel zu niedriges Potential ermitteln, wenn man unsinnige Einschränkungen akzeptiert. Warum zum Beispiel soll man keine Windanlagen im Wald bauen dürfen? Mit den modernen hohen Türmen von 160 Metern stellt das kein technisches und kein ökologisches Problem dar. Die Windanlagen können sich über den Baumwipfeln drehen - auch weit im Binnenland! Das nur als ein Beispiel.
Wir konnten nun zahlenmäßig überprüfen, wieviel Möglichkeiten Wind- und Sonnenenergie bei konsequentem Einsatz erbringen. Das Potential der Biomasse brauchen wir dann nicht mehr. Es ist allerdings sehr sinnvoll, wenn wir nicht speicherbare Abfallstoffe zu Biogas umwandeln und dieses energetisch nutzen.

Lange Zeit war die Speicherfähigkeit der Biomasse ein unwiderlegbares Argument für deren energetische Nutzung in Zeiten, in denen Sonne und Wind schwächeln. Die rasante Entwicklung der Stromspeichertechnik (Beispiel: der moderne Tesla Roadster mit 350 km Reichweite und einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h und ausschließlich Antrieb über eine Elektrobatterie http://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_Roadster ) zeigt jedoch, dass wir auf die Speicherfähigkeit der Biomasse in naher Zukunft nicht mehr angewiesen sein werden.

Wir sind also frei in unserer Entscheidung, wie wir weiter vorgehen wollen.

Dann kam im Jahr 2008 die vorher von vielen Fachleuten für unmöglich gehaltene Steigerung des Rohölpreises wegen Verknappung. Wir hatten schon lange darauf gewartet und gehofft, denn nun endlich würden sparsamere Autos in den Handel kommen. Endlich würde es die schon lange erhoffte Effizienzrevolution geben. Doch was geschah? Durch riesige Mengen an beigemischten Biotreibstoffen aus Monokulturen in Brasilien, in USA und in Europa wurden die Kraftstoffmengen gestreckt und der Preis entspannte sich wieder.

Den letzten Ausschlag gab dann die folgende Erkenntnis: Die Mineralölwirtschaft und die Automobilindustrie sind daran interessiert, mit den bisherigen Strukturen weitermachen zu können. Die Entwicklung von synthetischen Treibstoffen aus Biomasse läuft auf Hochtouren - Wirkungsgrad und Ökologie sind dabei Nebensache. Die energetische Verwendung der Biomasse ist der energetischen Verwendung von fossilen Brennstoffen so ähnlich, dass sie von der Energiewirtschaft zur Streckung der fossilen Vorräte (miss)braucht wird.

Biomasse wird infolge wirtschaftlicher Zwänge zunehmend nicht mehr AN STELLE von fossiler Energie verbrannt, sondern ZUSÄTZLICH verbrannt. Von Klimaschutzwirkung kann nicht mehr die Rede sein, im Gegenteil! Der Einsatz von Biomasse bremst die notwendige technische Umstellung.

Und schließlich: die Biomasse hat dringend andere Aufgaben zu erfüllen. Dafür brauchen wir eine intakte Pflanzenwelt! Grüne Pflanzen, wo auch immer noch unbegrünte Flächen zur Verfügung stehen! Ihre wichtigste Aufgabe ist die Rückholung des Kohlenstoffs aus der Atmosphäre! Das ist unsere letzte Chance als Menschheit!

Mein nächstes Auto wird deshalb ein Elektroauto sein! Damit leiste ich dann einen Beitrag zur Steigerung der Nachfrage nach elektrischen Antriebsbatterien und deren Weiterentwicklung.

Herzliche Grüße
Ihr Geschäftsführer
Wolf von Fabeck