In § 20 Absatz 1 und Absatz 2 des EEG 2009 ist festgelegt, dass Absenkungen der Einspeisevergütung jährlich erfolgen. Und § 65 EEG 2009 bestimmt: "Die Bundesregierung evaluiert dieses Gesetz und legt dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2011 und dann alle vier Jahre einen Erfahrungsbericht vor." Damit durften sich Anlagenbauer, Anlagenerrichter und Anlageninteressenten auf eine Planungszeit bis zum Jahresende 2011 einrichten.

Solche Planungszeiten sind notwendig, wenn es um Errichtung von Solarmodul-Produktionsstätten oder um die Vergrößerung einer Solarinstallationsfirma, Beschaffung der notwendigen Montagegeräte Einstellung und Ausbildung von Personal oder auch um die Architektenplanung und Antragsbearbeitung für den Bauantrag und die Durchführung der Bauarbeiten für ein neu zu errichtendes Wohnhaus mit integrierter Photovoltaikanlage geht.

Der vom Bundeskabinett vorgelegte Vorschlag für eine EEG-Änderung macht all diese Planungen zu Makulatur, sieht er doch eine Herabsetzung der Einspeisevergütungen bereits zum 1.7.2010 - also anderthalb Jahre früher und erheblich weitgehender als gesetzlich zugesichert - vor. Wer im Vertrauen auf den Bestand des bisherigen EEG eine Planung in Gang gesetzt hatte, die über den 1.7.2010 hinausreicht, dem wird entweder der Abbruch seiner Planung ohne Ersatz der bisher entstandenen Aufwendungen und Kosten oder der Verzicht auf 16 Prozent seiner für die Finanzierung notwendigen Einnahmen zugemutet.

Als Grund für die vorzeitige Absenkung der Vergütung werden in dem vorliegenden Gesetzesentwurf eine angebliche "Überförderung" sowie "Mitnahmeeffekte" genannt. Wörtlich heißt es:
"Der Anstieg der EEG-Umlage und damit eine Erhöhung der Strombezugskosten wird durch die Absenkung der Vergütungssätze gebremst. Ohne eine Gesetzesänderung wäre ein deutlich höherer Anstieg zu erwarten." Angeblich geschieht die Absenkung der Einspeisevergütung also zum Schutz der Stromkunden. Doch das ist nur ein (unzutreffender) Vorwand.

Der Bund der Energieverbraucher - also die zuständige Organisation für den Schutz der Verbraucher gegenüber den Strom- und Gaskonzernen betont ausdrücklich, dass nicht die Höhe der Einspeisevergütungen das Problem sei, sondern die ungebremsten Gewinnerhöhungen bei der konventionellen Stromerzeugung in Höhe von 1,4 cent/kWh (1).

Der Vorwand des Schutzes der Stromverbraucher zieht auch aus anderen Gründen nicht. In einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts vom Jahresbeginn 2009 (2) hat die überwiegende Mehrheit der Befragten (74 Prozent) die Bereitschaft erklärt, die weitere Umlage der Solarförderung auf den Strompreis aus Gründen des Klimaschutzes gerne weiter zahlen zu wollen. Die Stromkunden sehen die Notwendigkeit einer Umstellung der Energieversorgung demnach ausdrücklich als wichtiger an.
Den Verfassern des Gesetzentwurfes ist hingegen durchaus bewusst, dass sie das Solarhandwerk und die Händlerkette und sogar den Bundeshaushalt wirtschaftlich schädigen, sie haben schon ausgerechnet, wie hoch die zu erwartenden Steuermindereinnahmen sein werden. Im Gesetzesentwurf heißt es: "Durch die vorliegende Gesetzesänderung entstehen für den Bund Steuermindereinnahmen im Haushaltsjahr 2010 in Höhe von bis zu 3 Mio. Euro und in den Haushaltsjahren 2011 - 2029 in Höhe von bis zu 9 Mio. Euro." </i>Entlassungen und Firmenzusammenbrüche sind darin aber offenbar nicht inbegriffen. Im Gesetzentwurf heißt es dazu: "<i>(Nur) Die Mitnahmeeffekte werden durch die Gesetzesänderung korrigiert. Damit treten voraussichtlich keine wesentlichen wirtschaftlichen Einbußen für Anlagenhersteller und -händler oder das Handwerk, d.h. kleinere und mittlere Unternehmen, ein, weil aufgrund der Überförderung Spielraum besteht, die Preise in gleichem Maße abzusenken, wie die Vergütung im EEG abgesenkt wird."

Der verzweifelte Versuch Tausender von Solarinteressenten, noch vor dem 1. Juli eine Solaranlage ans Netz zu bringen, wären demnach völlig unnötig, denn die Anlagen werden angeblich ja einfach nur billiger.
Die Widersprüche innerhalb des Gesetzentwurfs werden auch noch in anderer peinlicher Weise offenbar. Einerseits gehen die Verfasser davon aus, dass voraussichtlich keine wirtschaftlichen Einbußen für die Anlagenhersteller und -händler oder das Handwerk auftreten. Andererseits soll das weitere Wachstum im Rahmen eines Korridors von min. 2500 MWp bis max. 3500 MWp gehalten werden, wobei die Einzelbestimmungen völlig selbstverständlich davon ausgehen, dass Vergütungsabsenkungen den Zubau an neuen Anlagen vermindern.

Hier wird Vertrauen in die wirtschaftliche Kompetenz des Gesetzgebers und in die Zuverlässigkeit staatlicher Zusicherungen verspielt. In geradezu verächtlicher Weise ignoriert die neue Bundesregierung die Tatsache, dass ein Förderprogramm wie das EEG nur funktionieren kann, wenn die Beteiligten von der Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit der Förderung ausgehen können.

Oder ist dieser Vertrauensverlust vielleicht sogar beabsichtigt, damit das Aufwachsen der Erneuerbaren Energien endgültig gebremst wird? Es gibt sicherlich einige Konzerne, die sich darüber freuen.

Fußnoten:
(1) Verbraucherverband fordert verlässliche PV-Förderung (15. Februar 2010) http://energieverbraucher.de/de/Erneuerbare/Erneuerbare/Das-EEG__510/ContentDetail__10302/

(2) Forsa-Umfrage