Um unseren Lesern einen besseren Einblick in die deutsche Stromerzeugung zu geben, hat der SFV die auf http://www.transparency.eex.com veröffentlichen Informationen zur deutschen Stromerzeugung in Großkraftwerken bis zum 27.05.2011 ausgewertet. Neben den Daten zu Großkraftwerken wurden auch die Erzeugungsdaten der Erneuerbaren Energien Wind und Solar ausgewertet, die auf gleicher Webseite zu finden sind.

Die veröffentlichten Daten der fossilen und atomaren Großkraftwerke in Deutschland umfassen mehr als drei Viertel der gesamten deutschen Stromerzeugung im Auswertezeitraum, nicht nur den an der Börse gehandelten Strom.

Unsere wichtigsten Fragestellungen waren:
• Welches Bild zeigt die Erzeugungsstruktur in unterschiedlichen Situationen (trüber Arbeitstag im Winter, sonniger Wochenendtag im Sommer)?
• Wie wirken sich steigende Beiträge der Erneuerbaren auf die Energiebereitstellung aus konventionellen Kraftwerken aus?
• Wie macht sich die Abschaltung der älteren Atommeiler nach Fukushima bemerkbar?
• Welche Auswirkungen sind kurz- und mittelfristig für den Atomausstieg anzunehmen?

Die Daten auf der Webseite sind jedermann öffentlich zugänglich 1. Zum Zweck der Veröffentlichung heißt es: „Auf der EEX-Transparenzplattform werden marktnah an zentraler und neutraler Stelle marktrelevante Erzeugungs- und Verbrauchsdaten veröffentlicht, um die Transparenz auf dem Großhandelsmarkt weiter zu erhöhen. Damit werden sowohl gesetzliche Veröffentlichungspflichten als auch freiwillige Selbstverpflichtungen der Branche umgesetzt.“

Die Daten werden auf der Webseite seit etwa November 2009 bereitgestellt, sind jedoch in der Anfangsphase noch lückenhaft und unvollständig. Dies betrifft vor allem den Zeitraum Herbst 2009.
Wir beziehen uns in unserer Auswertung nur auf die Ist-Erzeugung (ex post), die nach Kraftwerkstypen getrennt stundenweise aufgeschlüsselt ist (1). Die Werte der Erzeugung von Wind- und Solarenergie werden ebenfalls auf dieser Webseite veröffentlicht (2), da bei diesen Erneuerbaren jedoch die Ist-Werte im Viertelstundenraster aufgeschlüsselt sind, haben wir aus Gründen der Vergleichbarkeit mit den konventionellen Energien die Viertelstundenwerte auf Stundenmittelwerte umgerechnet 2.

Erst ab dem 02.07.2010 stehen neben der Windenergie auch die Daten der Solarenergie vollständig zur Verfügung. Aus Gründen der Vergleichbarkeit beziehen sich die nachfolgenden Auswertungen daher fast ausschließlich auf den Zeitraum vom 02.07.2010 bis 27.05.2011.

Als fossile Kraftwerke werden nachfolgend solche bezeichnet, die mit Braunkohle, Steinkohle, Erdgas oder Öl betrieben werden. Als Erneuerbare werden in dieser Analyse nur Wind- und solare Strahlungsenergie (Photovoltaik) berücksichtigt. Die Stromerzeugung aus Biomasse, ohnehin aus Sicht des SFV aus ökologischen und versorgungstechnischen Gründen nicht stark steigerungsfähig, bleibt unberücksichtigt, ebenso wie andere Erneuerbare Energieträger (Geothermie, Meeresenergien, ..).

1. Allgemeine Ergebnisse

Die gesamte betrachtete Erzeugungsleistung aus Großkraftwerken sowie Wind- und Solarenergie in Deutschland lag im Monatsmittel in den Sommermonaten (Mai bis September 2010) etwas über 40 GW, während sie in den Wintermonaten (November 2010 bis März 2011) um ca. 10 bis 12 GW höher lag.
Die Erzeugungsleistung der Laufwasserkraftwerke schwankt im Jahresmittel zwischen knapp 300 und 700 MW, sie ist damit – verglichen mit der Gesamtlast im deutschen Stromnetz – relativ gering und wird in den nachfolgenden Betrachtungen nicht weiter berücksichtigt.

Die gesamte aus Speichern bezogene Leistung lag im Betrachtungszeitraum bei nur max. 3,8 GW. Die Maximalwerte (hohe Lastbereitstellung aus Speichern) wurden vorwiegend in den Sommermonaten des Betrachtungszeitraums abgerufen.

Die in den EEX-Börsendaten unter ‚Andere Erzeuger‘ aufgeführten Kraftwerke mit jeweiligen Leistungen unterhalb von 20 MW sind in den nachfolgenden Auswertungen nicht berücksichtigt.

Die Stromerzeugung aus Öl lag im Betrachtungszeitraum immer unterhalb von 1 GW. Ölkraftwerke wurden – das zeigen die folgenden Auswertungen – temporär zur Spitzenlastabdeckung herangezogen.

Tabelle 1 beinhaltet die Mittelwerte der Haupt-Energieträger der Großkraftwerke. Im Zeitraum Juli 2010 bis Mai 2011 lieferten diese die aufgeführten Jahresmittelwerte:

Haupt-Energieträger Mittelwert in MW Anteil
Braunkohle 15.033,7 33,2 %
Uran 14.557,7 32,1 %
Kohle 7.242,0 16,0 %
Gas 2.431,3 5,4 %
Wind 4.457,2 9,8 %
Solar 1.568,8 3,5 %

Tabelle 1: Hauptenergieträger der deutschen Stromversorgung

Der in Tabelle 1 angegebene prozentuale Anteilswert bezieht sich nur auf die in dieser Auswertung berücksichtigten Großkraftwerke, nicht auf die deutsche Gesamterzeugung.
Der Größenvergleich der Hauptenergieträger zeigt, dass zur Erreichung einer 100-prozentigen Versorgung aus Erneuerbaren ein massiver Ausbau notwendig ist, machen doch die Erneuerbaren Wind und Solar zusammen nur etwa 13% der Leistung der Großkraftwerke aus. Erkennbar ist auch, dass nach der besonders klimaschädlichen Braunkohle die Atomkraft bisher an zweiter Stelle rangierte.

2. Minimal- und Maximalwerte der Stromerzeugung

Tabelle 2 zeigt die 10 Stunden mit Maximalwerten der Stromerzeugung (Spalte: Gesamt), die im Zeitraum Juli 2010 bis Mai 2011 unter Berücksichtigung der Erneuerbaren Wind und Solar erreicht wurden. Die maximalen Lasten von ca. 66 bis 68 GW traten erwartungsgemäß im Winterhalbjahr auf.

Datum, Stunde fossil ges. Erneuerbare Gesamt
01.12.2010, 17 49.186,6 15.887,6 66.306,0
04.02.2011, 12 42.024,5 23.854,8 66.233,3
09.03.2011, 11 43.906,1 23.735,0 67.859,4
09.03.2011, 12 43.179,4 24.697,3 68.056,6
09.03.2011, 13 43.082,2 24.532,5 67.976,4
09.03.2011, 14 43.027,4 22.667,1 66.362,7
10.03.2011, 11 44.401,8 21.357,1 66.202,4
10.03.2011, 12 43.658,9 22.624,6 66.873,5
10.03.2011, 13 43.064,7 23.167,5 66.880,3
10.03.2011, 14 42.930,1 22.801,0 66.325,8

Tabelle 2: Stunden maximaler Gesamtlast der Großkraftwerke, (Angaben in MW)


Ohne Betrachtung kleinerer Kraftwerke liegt die Last im Winter bei knapp 70 GW. Die Erneuerbaren lieferten zu den Zeiten des Maximalbedarfs Beiträge zwischen 15 und 24,7 GW, somit knapp ein Viertel bis ein Drittel der Leistung der Großkraftwerke.

Es gab aber auch Tage im Betrachtungszeitraum, an denen die Erneuerbaren nur sehr geringe Beiträge lieferten. Die fossilen Kraftwerke liefen dann mit hoher Leistung.

Die nachfolgende Tabelle 3 zeigt die 10 Zeitpunkte der Minimalleistung der Erneuerbaren. Zu diesen Zeiten kam es zu einer hohen Beanspruchung der fossilen und atomaren Großkraftwerke. Eine nahezu vollständige Flaute der Erneuerbaren trat am 06. und 07.12.2010 ein. An diesen Tagen trugen die Erneuerbaren nur mit etwa 1 GW und damit sehr wenig zur Energieversorgung (knapp 60 GW Last) bei.

Datum, Stunde fossil ges. Erneuerbare Gesamt
06.12.2010, 11 56.419,1 1.525,8 58.822,5
06.12.2010, 12 56.502,7 1.398,6 58.502,7
06.12.2010, 13 56.474,7 1.320,3 58.430,0
06.12.2010, 14 56.616,9 1.057,2 58.355,7
06.12.2010, 15 56.183,4 852,3 57.710,1
06.12.2010, 16 56.144,6 871,5 58.026,5
06.12.2010, 17 56.308,9 961,0 58.567,7
06.12.2010, 18 56.212,2 988,2 58.195,7
07.12.2010, 17 56.527,2 1.091,8 58.754,4
07.12.2010, 18 56.598,3 1.254,5 58.636,8

Tabelle 3: Stunden maximaler fossile Last, alle Angaben in MW


Zur Illustration der Verteilung der ganz überwiegend fossilen Kraftwerksleistung an einem derartigen Wintertag zeigt die nachfolgende Abbildung 1 den Tagesgang der Energieversorgung am 06.12.2010.

Stromerzeugungsdaten - Abbildung 1

Abbildung 1; zur Vergrößerung bitte auf die Graphik klicken

Gut zu erkennen ist, dass an diesem Tag die Braunkohle- und Atomkraftwerke praktisch konstant mit hoher Leistung gefahren wurden. Die Braunkohle hat mit etwa 16 bis17,4 GW zur Stromerzeugung beigetragen, die Atomkraftwerke mit gleichbleibend etwa 16,4 GW. Die Kohlekraftwerke wurden ebenfalls fast gleichmäßig zwischen 17,2 und 18,9 GW gefahren, die Gaskraftwerke zwischen 1,7 und 8,4 GW geregelt.

Die maximal aus Speichern bereitgestellte Leistung betrug an diesem Tag nur 1,3 GW. Die ansonsten so charakteristische Mittagsspitze der Last tritt an diesem Tag praktisch nicht auf.

Bedenkt man, dass auch mehrere Tage wie der 06.12.2010 mit Wind- und Solarflaute im Winter in Folge auftreten können, so lässt uns das die sehr großen Energiemengen erahnen, die zukünftig zur Überbrückung solcher Phasen bei einer vollständigen Erneuerbaren Versorgung gespeichert werden müssen.

3. Maximale Erneuerbare Energiebereitstellung

Im Gegensatz zum trüben und windarmen 06.12.2010 gab es aber auch Tage, an denen die klimaschädliche fossile Stromerzeugung aufgrund eines hohen Angebots an Erneuerbaren bereits spürbar gedrosselt werden konnte.

Da nachfolgende Tabelle 4 zeigt die 10 Werte mit der maximalen Erneuerbaren Leistung im Netz. Die Maximalwerte werden üblicherweise bei Tagen mit hohem Windanteil erreicht, jedoch ist aus den Aprilwerten erkennbar, dass auch die Solarenergie dieses sonnenreichen Frühlings sich im April schon spürbar bemerkbar machte.

Datum, Stunde fossil ges. Wind Solar Gesamt
05.02.2011, 12 32.576,9 22.178,9 4.009,2 59.215,8
05.02.2011, 13 32.346,7 21.909,6 4.515,6 59.216,6
05.02.2011, 14 32.443,0 21.572,5 4.264,0 58.636,5
07.04.2011, 12 36.214,7 14.799,0 10.866,5 63.299,4
07.04.2011, 13 36.252,4 15.120,2 10.713,4 63.155,8
07.04.2011, 14 36.263,6 15.860,8 9.935,3 62.948,3
08.04.2011, 12 35.701,5 14.653,2 10.965,9 62.034,8
08.04.2011, 13 34.285,9 15.709,9 11.529,0 62.270,5
08.04.2011, 14 32.097,0 16.577,5 11.220,0 60.779,9
08.04.2011, 15 31.918,0 17.432,7 9.845,5 59.945,5

Tabelle 4: Stunden maximale Erneuerbare Leistung, alle Angaben in MW

Zu erkennen ist, dass bei gutem Wind und hoher Sonneneinstrahlung die Erzeugung aus den Erneuerbaren sich der aller fossilen Kraftwerke bereits annähert. Bei weiterem Wachstum wird es hier demnächst häufiger zu einem „Überholen“ durch die Erneuerbaren kommen.

4. Beispiele von Tagesgängen mit hoher EE-Leistung

Samstag, 05.02.2011, war der Tag im Betrachtungszeitraum mit der höchsten tagesdurchschnittlichen Erneuerbaren Kraftwerksleistung (Abbildung 2). Maßgeblich wurde die regenerative Energie aus Wind bereitgestellt. An diesem Wochenendtag betrug die durchschnittliche Tageslast 54,7 GW. (Abbildung 2)
Aufgrund des starken Aufkommens standen zwischen knapp 14 und 22 GW allein aus Windenergie zur Verfügung. Kohle- und Gaskraftwerke waren vollständig heruntergeregelt, selbst Braunkohlekraftwerke mussten auf teilweise unter 10,5 GW abgeregelt werden. Die Atomkraftwerke wurden ebenfalls geregelt (zwischen etwa 14 und 18 GW). Die Solarenergie hat an diesem Wintertag um die Mttagszeit bereits mit bis zu 4,5 GW zur Versorgung beigetragen.

Stromerzeugungsdaten - Abbildung 2

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Der Tag mit dem höchsten mittleren Solarstromaufkommen im Betrachtungszeitraum war der 25.05.2011. Mit einem Tagesmittelwert von umgerechnet 4,5 GW und einem Spitzenwert von 12,7 GW wurde sehr viel Solarstrom erzeugt.

An diesem Werktag haben die Braunkohlekraftwerke durchgängig etwa 13,5 GW geleistet, während (aufgrund des Atom-Moratoriums und geplanter Wartungsarbeiten) die Atomkraftwerke mit nur 5,3 GW zur Erzeugung beitrugen. Die Steinkohle hatte mit 5 bis knapp 11 GW allerdings einen erheblichen Anteil.
Nahezu der komplette mittägliche Spitzenlastbedarf konnte an diesem Werktag durch die Solarenergie ausgeglichen werden (Abbildung 3).

Stromerzeugungsdaten - Abbildung 3

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Zum Vergleich folgt der Tagesgang am Wochenende Sa 07.05.2011, einem Tag mit ähnlich hoher Solarleistung wie am 25.05.2011 (Abbildung 4).

Stromerzeugungsdaten - Abbildung 4

Abbildung 4; zur Vergrößerung bitte auf die Graphik klicken


Die Gesamtlast ist am Wochenende etwas geringer, insbesondere Kohlekraftwerke werden daher geringer in Anspruch genommen. Auch an diesem Tag wurde praktisch die gesamte Spitzenlast zur Mittagszeit aus Solarenergie bestritten.

Die beiden Tagesgänge belegen eindrucksvoll, welchen Einfluss die Solarenergie auf die Stromerzeugung hat. Da sie zur Mittagszeit ihr Maximum erreicht, kompensiert sie damit die typische Mittagsspitze. Zu der Abdeckung dieser Lastspitze kommen insbesondere teure Kraftwerke zum Einsatz. Deren Einsatzdauer und Leistung geht aber mit zunehmendem Solarstromangebot zurück, mit der Wirkung, dass der Börsenpreis sinkt.

5. Entwicklung der Stromproduktion seit dem Atommoratorium nach Fukushima

Kurz nach dem Erdbeben und der anschließenden Atomkatastrophe von Fukushima am 11.03.2011 hat die Bundesregierung einen Betriebsstopp für die ältesten sieben deutschen AKW sowie den Reaktor Krümmel verfügt. Die mögliche Leistung der restlichen Atomkraftwerke hat sich seitdem von ca. 17 GW vor dem Betriebsstopp auf etwas unter 10 GW reduziert (Abbildung 5). Seit Anfang Mai 2011 befinden sich überdies AKW in geplanter Revision, die Leistung aus Atomkraft ist seitdem auf etwa 6-7 GW gesunken.
Die Braunkohlekraftwerke liegen ziemlich konstant bei ca. 15 bis 18 GW, während die Kohlekraftwerke vorrangig zur Lastregelung herangezogen werden. Insbesondere ist die Bedarfsreduktion an den Wochenenden in der Leistungskurve der Kohlekraftwerke erkennbar (Wochenzyklen).

Stromerzeugungsdaten - Abbildung 5

Abbildung 5; zur Vergrößerung bitte auf die Graphik klicken


Die gesamte erzeugte Leistung ist jahreszeitlich bedingt um ca. 10 GW gesunken. Die Reduktion entspricht erwartungsgemäß in etwa dem in den Sommermonaten geringeren Gesamtbedarf.
Die CO2-Emissionen 3 der Großkraftwerke liegen, das belegt Abbildung 5, in diesem Jahr nicht wesentlich über denen des Vorjahres. Deutlich an der Kurve CO2Ae11 (Jahr 2011) ist allerdings erkennbar, wie sie Ende März auf hohem Niveau (im Vergleich zum Vorjahr) verbleiben, während ein Teil der AKW im gleichen Zeitraum abgeschaltet wurde. Dank des sehr sonnigen Frühjahrs nähern sich jedoch die Kurven aus 2010 und 2011 wieder an. Zu erwarten ist jedoch, dass im Herbst dieses Jahres mit dem typischen Wiederanstieg des Energiebedarfs nach der endgültigen Abschaltung von acht alten Atommeilern verstärkt auf fossile Kraftwerke zurückgegriffen wird mit der Folge, dass im Winterhalbjahr die CO2-Emissionen deutlich über denen des vergangenen Winters liegen dürften.

6. Sonnen- und Windenergieschwankungen können auf mittlere Sicht nicht mehr durch Abregeln fossiler Kraftwerke ausgeglichen werden.

Die nachfolgende Abbildung 6 bezieht sich auf einen Extremfall: sonniger Sonntag im Frühling. Die aus Sonnenenergie bereitgestellte Leistung erreicht Werte nahe der Maximalwerte, die fossilen und atomaren Kraftwerke müssen wegen der geringeren Leistungsnachfrage an Sonntagen entsprechend gedrosselt werden.

Stromerzeugungsdaten - Abbildung 6

Abbildung 6; zur Vergrößerung bitte auf die Graphik klicken


Deutlich erkennbar ist, wie bereits vor 9 Uhr morgens (mit ansteigender Leistung der Solaranlagen) die Leistung der fossilen Kraftwerke zurückgenommen werden muss. Die Abregelung beträgt zwischen 8:30 und 14:30 Uhr ca. 3,1 GW. Von einer Mittags-Spitze kann in diesem Extremfall keine Rede sein, hier ist im Gegenteil eine Mittags-Delle erkennbar.

Die Grafik belegt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, dass für die zu erwartenden Werte aus Erneuerbaren Energien – neben Wind auch Solarenergie – exakte Prognosen erstellt werden, die es erlauben, den immer kleiner werdenden fossilen Kraftwerkspark entsprechend zu planen. Deutlich wird an der Grafik aber auch, dass im zukünftigen Netz mit wesentlich höheren Anteilen an Erneuerbaren Energien der Anteil an Stromspeichern drastisch erhöht werden muss, damit nicht Erneuerbare abgeregelt und damit CO2-arme Energie verschenkt wird.

7. Schlussfolgerungen

Die vorgenannten Auswertungen lassen sich wie folgt interpretieren:
(a) Die am Netz angeschlossene Solarerzeugungskapazität reduziert deutlich den Spitzenlastbedarf, an sonnigen Tagen sogar fast vollständig. Teure Spitzenlastkraftwerke kommen daher seltener zum Einsatz. Durch den Merit-Order-Effekt sinkt der Börsenstrompreis.

(b) Die konventionelle Stromwirtschaft nutzt zur Regelung der Leistung im Netz vorrangig Kohle- und Gaskraftwerke. Die besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke laufen in der erkennbaren Tendenz mit konstant hoher Leistung und werden nur in seltenen Fällen gedrosselt (wenn die Regelkapazität von Kohle- und Gaskraftwerken erschöpft ist). Die Tatsache, dass zunächst Gaskraftwerke, dann Kohlekraftwerke und zuletzt Atom- und Braunkohlekraftwerke abgeregelt werden, wenn ein hohes Angebot an Erneuerbaren Energien besteht, ist nicht nur in den guten Regeleigenschaften des Energieträgers Gas begründet. Vielmehr wird deutlich, dass die besonders klimaschädliche Braunkohle offensichtlich trotz des Emissionshandels immer noch vorrangig verfeuert wird. Ein weiteres Argument für die Nichtgenehmigung neuer Braunkohlekraftwerke.

(c) Die Reduktion der Leistung aus den Atomkraftwerken seit Fukushima ist deutlich sichtbar. Während dies im Frühjahr durch den jahreszeitlich geringer werdenden Bedarf kompensiert wurde, stellt sich die Frage, welche Erzeugungskapazität im Herbst 2011 zur Deckung des dann wieder steigenden Bedarfs aktiviert wird. Es werden vermutlich klimaschädliche fossile Kraftwerke oder Stromimporte sein.

(d) Nach dem Atomausstiegskonzept der Bundesregierung sollen die ältesten Meiler nicht wieder in Betrieb gehen. Wenn Deutschland seine CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung nicht anheben, sondern weiter reduzieren will, dann ist der zügige und beschleunigte Zubau Erneuerbarer Energien unausweichlich, damit nicht statt der Atomkraftwerke verstärkt bestehende oder neue fossile Kraftwerke laufen.

(e) Kurzzeit-Stromspeicher – insbesondere im Zusammenhang mit einem weiteren Zubau an Photovoltaik-Anlagen – können einen Ausgleich in der Tagesnachfrage, insbesondere zur Reduktion der zweiten Tagesspitze in den Abendstunden bewirken. Sie führen auch dazu, dass die Niederspannungsnetze, in die die Photovoltaik vorwiegend einspeist, geringer belastet werden und damit ein höherer solarer Zubau erfolgen kann.

(f) Zur Sicherstellung einer Erneuerbaren Stromversorgung auch an windarmen, trüben Wintertagen sind mittel- bis langfristig Speicher in erheblicher Größe und mit hoher Ausspeicherleistung erforderlich. Würde man diese Stromspeicher in Norwegen oder in den Alpen installieren, so müssten sie mit teuren Stromleitungen erheblicher Übertragungskapazität angeschlossen werden - ein weiteres Argument für dezentrale Speicher in Verbrauchernähe.

Fußnoten

1. Da der Bezug der Daten in Tabellenform (XLS) nur gegen eine nicht unerhebliche Gebühr möglich ist und diese Gebühr im Fall einer Veröffentlichung von Auswerte-Ergebnissen noch deutlich höher ist, haben wir die Daten tageweise einzeln heruntergeladen und selbst zu Tabellen aggregiert.

2. Für die Datenqualität bzw. Verlässlichkeit der auf www.transparency.eex.com publizierten Daten kann der SFV keine Gewähr übernehmen, jedoch ergibt die Umrechnung der Leistungswerte auf die Gesamterzeugung plausible Gesamtwerte

3. Die CO2-Äquvalente der fossilen Kraftwerke wurden anhand typischer Literaturwerte für unterschiedliche Kraftwerkstypen berechnet. Dabei sind folgende (niedrige) Emissionswerte pro erzeugte elektrische kWh angesetzt worden: Braunkohle: 980g, Steinkohle 790g, Gas 410g, Öl 890g. In der Realität dürften die realen Emissionen höher sein, da speziell bei der die Stromerzeugung dominierenden Braunkohle noch viele alte, besonders ineffiziente Kraftwerke gibt. Für die Auswertung kommt es uns jedoch primär nicht auf absolute Werte sondern auf das Verhältnis zum Vorjahr an.

Quellen

(1) Die Daten werden für die konventionellen Kraftwerke unter dem Link http://www.transparency.eex.com/de/freiwillige-veroeffentlichungen-marktteilnehmer/stromerzeugung/tatsaechliche-produktion nach Kraftwerkstypen sortiert bereitgestellt und zeigen stundenweise nach Energieträgern getrennt die erzeugte elektrische Leistung.

(2) Unter dem Link http://www.transparency.eex.com/de/daten_uebertragungsnetzbetreiber/stromerzeugung/tatsaechliche-produktion-wind sind die Windeinspeisewerte abrufbar, die für die Solarenergie unter dem Link http://www.transparency.eex.com/de/daten_uebertragungsnetzbetreiber/stromerzeugung/tatsaechliche-produktion-solar.