Zur Zeit machen die transatlantischen Freihandelsverträge TTIP, CETA und TISA viele Schlagzeilen. Sie werden zwischen der Europäischen Union, nordamerikanischen Staaten und teilweise weiteren Vertragspartnern derzeit ausgehandelt. Dabei bedeutet:
TTIP = „Transatlantic Trade and Investment Partnership” zwischen den USA und der EU; die genauen Vertragsbedingungen werden seit 2013 verhandelt.

CETA = “Comprehensive Economic and Trade Agreement" zwischen Kanada und der EU. Die Verhandlungen zu CETA wurden 2014 abgeschlossen, aber der Vertrag bedarf u.a. noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments.

TISA = „Trade in Services Agreement” zwischen der EU, den nordamerikanischen und anderthalb Dutzend weiterer Staaten, über die Liberalisierung von Dienstleistungen. Die Verhandlungen finden seit 2012 in Genf statt.

Hauptkritikpunkte an diesen Abkommen sind erstens die strenge Geheimhaltung der Verhandlungen. Die Öffentlichkeit hat keinerlei Kontrolle über die Verhandlungen, und die Parlamente können lediglich am Ende des Prozesses ihre Zustimmung geben oder verweigern. Das meiste, was wir darüber wissen, kam durch gezielte Indiskretionen von Whistleblowern ans Licht (u.a. bei Wikileaks).

Zweitens ist es auch Gegenstand dieser Verträge, demokratische Prozeduren auszuhebeln. Kern der Vertragswerke ist der Investorenschutz. Danach kann ein Unternehmen, das in einem am jeweiligen Vertrag beteiligten Staat eine Investition tätigt, diesen Staat auf Schadenersatz verklagen, wenn der nachträglich Gesetze erlässt, die die Gewinne des Unternehmens beeinträchtigen. Beispiele solcher Maßnahmen sind die Sozialgesetzgebung oder die Einführung bzw. Erhöhung von Mindestlöhnen, oder die Verbesserung von Umwelt- oder Gesundheitsstandards. Z.B. verklagt der Zigarettenkonzern Philip Morris aufgrund eines solchen Freihandelsvertrags den Staat Australien, weil dort die Anbringung abschreckender Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln vorgeschrieben wurde. Die Abkommen sollen auch der Angleichung von Standards dienen, was in vielen Fällen zur Absenkung von europäischen Standards, z.B. beim Tierschutz, führen dürfte.

Drittens ist im Falle einer solchen Klage eines Konzerns gegen einen Staat nicht die übliche Gerichtsbarkeit zuständig, sondern es werden Schiedsgerichte etabliert, die aus von den Streitparteien ernannten Privatleuten bestehen und die wiederum geheim tagen.

Diese Aspekte tragen – neben den Grundfehlern der neoliberalen Wirtschaftsdoktrin – dazu bei, die Staaten zu entmündigen und ihre Bevölkerungen der Willkür großer Konzerne auszuliefern. Dies gilt nicht zuletzt auch auf dem Gebiet der Energiepolitik. Jede Maßnahme zur Förderung Erneuerbarer Energien kann von den Atom- und Fossil-Konzernen als Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbslage betrachtet und vor ein geheimes Schiedsgericht gebracht werden. Ein Beispiel hierfür sind die Klagen des schwedischen Konzerns Vattenfall gegen den deutschen Staat, einmal wegen Umweltauflagen beim Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg, und sodann infolge des Atomausstiegsbeschlusses von 2011. Beide Klagen beruhen auf dem „Energiecharta-Vertrag“, der eine ähnliche Schiedsgerichtsklausel enthält wie die jetzt zur Debatte stehenden transatlantischen Freihandelsverträge.

Gegen die neuen Verträge gibt es vor allem in Europa eine massive Protestbewegung. Eine „Selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative“ gegen TTIP und CETA hat inzwischen fast 3 Millionen Unterschriften erhalten (stop-ttip.org/de/). Am 10. Oktober findet in Berlin eine große Demonstration unter dem Motto „TTIP & CETA stoppen“ statt (ttip-demo.de/home). Nicht zuletzt um ehrgeizige Umweltstandards zu erhalten bzw. auszubauen, und um eine Energiewende gegen „Big Oil“ und „Big Coal“ überhaupt als Möglichkeit zu bewahren, ist es wichtig, dass diese Proteste Erfolg haben.

Der SFV ruft deshalb dazu auf, an der Demonstration in Berlin am 10. Oktober teilzunehmen.