Der Solarenergie-Förderverein Deutschland hat Zweifel, ob die vom Umweltministerium angekündigte kurzfristige Absenkung der Einspeisevergütung für Solarstrom BMU Stand: 20.01.2010 Eckpunkte der künftigen Photovoltaikvergütung im EEG überhaupt verfassungsgemäß ist.

Der Kernsatz in der Ankündigung des BMU lautet: "Die Förderung wird für alle Solaranlagen flexibel an die Marktentwicklung angepasst. Zielmarke für den jährlichen Ausbau sind jetzt 3.000 MW pro Jahr. (...)"

Diese Zielvorgabe bedeutet einen Wachstumsstopp für die Solarenergie in Deutschland. Wegen des Vorranges von Strom aus Erneuerbaren Energien im Erneuerbare-Energien-Gesetz bedeutet diese Zielvorgabe eine Verlängerung der konventionellen Stromerzeugung: Da der Ausbau der Solarenergie gebremst wird, muss die Bevölkerung die Gefährdung durch die Atomenergie länger ertragen und die Schädigung des Klimas nimmt stärker zu. Würde diese Zielvorgabe Gesetz, so könnte dieses Gesetz verfassungswidrig sein, weil es zu einer unnötigen Erhöhung der Gefahren für Leben und Gesundheit führt.

Außerdem ergeben sich möglicherweise weitere Verstöße gegen den Vertrauensschutz und gegen das Recht auf Eigentum:

Aus dem Wortlaut der Bestimmungen des EEG 2009 zur Degression [1] und außerdem aus der dazugehörigen Begründung [2] ergibt sich eindeutig, dass die Degressionsschritte jeweils zum Jahreswechsel erfolgen. Der nächste Degressionsschritt ist demnach bereits für den 31.12.1010 angekündigt.

Aus dem Wortlaut der Bestimmungen zum Gesetzeszweck ergibt sich als Gesetzeszweck unter anderem "die Weiterentwicklung der Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien" [3].

Dazu stichwortartig und keineswegs vollständig einige Überlegungen:

Die Weiterentwicklung der Technologie der photovoltaischen Stromerzeugung erfolgt in verschiedenen Produktionsketten, z.B. von der Siliziumgewinnung über die Solarmodulproduktion bis zur Dachmontage durch den deutschen Solarinstallateur oder von der Herstellung elektronischer Bauelemente bis zur Wechselrichtermontage in deutschen Betrieben oder der Entwicklung von Dach- und Fassadenelementen mit
photovoltaischer Beschichtung. Hier sind viele mittelständische Betriebe involviert.

Die Einspeisevergütung soll für die Unternehmen ein finanzieller Anreiz sein. Das kann sie aber nur, wenn sie lohnende Gewinne ermöglicht. Und mit diesen Gewinnen dürfen die Unternehmen rechnen, sonst wäre es kein Anreiz.

Im Vertrauen auf den Bestand der im EEG festgesetzten Degressionsschritte haben Unternehmen, die an der Weiterentwicklung der Technologie beteiligt sind, bereits nach Verkündung des EEG 2009 (31.10.2008) Investitionsentscheidungen getroffen, sind vertragliche Verpflichtungen eingegangen, haben bereits Ausgaben getätigt. Durch eine unerwartete zusätzliche und vorzeitige Degression würden die Finanzierungsberechnungen hinfällig und es ergäben sich erhebliche wirtschaftliche Schäden in allen genannten Produktionsketten.

Gleichermaßen haben Bürger im Vertrauen auf die gesetzlich zugesagte Höhe der Einspeisevergütung - für alle Anlagen mit Betriebsbeginn im Jahr 2010 - Investitionsentscheidungen zur Errichtung eigener Anlagen getroffen. Sie haben z.B. geeignete Flächen zur Errichtung von Solarstromanlagen gepachtet, haben sich durch Kauf- oder Werksverträge mit Installateuren gebunden und in vielerlei anderen Hinsichten festgelegt. Ihre Finanzierungsberechnungen wären ebenfalls hinfällig. Bereits die Ankündigung der beabsichtigten Absenkung durch das BMU hat viele Unternehmen der Solarbranche erheblich geschäftlich geschädigt, weil Käufer sich umentschließen und versuchen, bestehende Bestellungen zu stornieren. Das BMU verstößt bereits dadurch gegen den Gesetzeszweck eines gültigen Bundesgesetzes.


Sowohl gegenüber den Unternehmen als auch gegenüber den potentiellen Solaranlagenerrichtern würde eine zusätzliche Vergütungsabsenkung wie eine vermögensvermindernde, d.h. wie eine enteignungsähnliche Maßnahme wirken.

Zusammenfassung

Aus Gründen des Schutzes von Leben und Gesundheit, des Vertrauensschutzes, sowie aus Gründen des Eigentumsschutzes wäre die Verabschiedung der angekündigten Gesetzesänderung nach unserem Erachten grundgesetzwidrig.

Eine endgültige Entscheidung darüber kann allerdings nur das Bundesverfassungsgericht fällen.
Im Übrigen erbittet der SFV Kommentare und Ergänzungsvorschläge zu diesem Beitrag.

Fußnoten

[1] § 20 Abs. 1 EEG 2009

"Die Vergütungen und Boni nach §§ 23 bis 33 gelten unbeschadet des § 66 für Anlagen, die vor dem 1. Januar 2010 in Betrieb genommen wurden. Für Anlagen, die in den folgenden Kalenderjahren in Betrieb genommen wurden, SINKEN SIE JÄHRLICH degressiv nach Maßgabe der Absätze 2, 2a und 3. Die sich im jeweiligen Kalenderjahr nach Satz 2 errechnenden Vergütungen und Boni gelten für die gesamte Vergütungsdauer nach § 21."
Hervorhebung durch SFV


[2] Begründung zu § 20 Absatz 1 EEG 2009

"Absatz 1 regelt das Prinzip der Degression. Nach Absatz 1 sinken JEWEILS ZUM 31. DEZEMBER JEDEN JAHRES die Vergütungen und Boni für nach diesem Zeitpunkt neu in Betrieb genommene Generatoren um den in Absatz 2 festgelegten Prozentsatz. Die Vergütung ggf. zuzüglich Bonus für den in einer Anlage erzeugten Strom bleibt über den gesamten Vergütungszeitraum konstant. Aufgrund der Degression ist dieser Vergütungssatz jedoch für später in Betrieb genommene Generatoren niedriger als für früher in Betrieb genommene Generatoren, WENN ZWISCHEN DEN INBETRIEBNAHMEN EIN JAHRESWECHSEL LIEGT."
Hervorhebung durch SFV


[3] § 1 Abs. 1 EEG 2009 Zweck des Gesetzes

"Zweck dieses Gesetzes ist es, insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und DIE WEITERENTWICKLUNG VON TECHNOLOGIEN ZUR ERZEUGUNG VON STROM AUS ERNEUERBAREN ENERGIEN ZU FÖRDERN."
Hervorhebung durch SFV