Zu den Erneuerbaren Energien gehören einige, die zentralisiert unter der Regie der Stromversorger betrieben werden könnten, z.B. Gezeitenkraftwerke oder Off-Shore-Windparks. Kein Privatmann kann sie bauen und betreiben. Die Energiewirtschaft betrachtet sie deshalb nicht als Konkurrenz und hat gegen diese Techniken wenig einzuwenden.
Damit kein Missverständnis entsteht, auch der SFV hat keine grundsätzlichen Einwände gegen diese Techniken, doch das Potential der Offshore-Anlagen und der Gezeitenkraftwerke bedarf der Ergänzung durch Anlagen an Land. Die Stromwirtschaft jedoch benutzt die Gezeitenkraftwerke für eine Werbekampagne gegen die Erneuerbaren Energien an Land. Und die Stromkunden müssen die millionenschweren Fernsehspots bezahlen. Und natürlich nehmen die Fernsehsender dieses mühelos verdiente Geld gerne entgegen.

Die E.ON-Fernsehwerbung für Gezeitenkraftwerke: „Man sieht es nicht, man hört es nicht“. Wir können ergänzen: Und es gibt es nicht, jedenfalls (noch) nicht in Deutschland. Wo sollte man es auch aufstellen? Die Ostsee hat keine Gezeiten (keine Flut, keine Ebbe). Und die deutsche Nordseeküste? Seit 1991 ist das gesamte norddeutsche Wattenmeer als Biosphärenreservat der UNESCO ausgeschrieben und steht somit unter internationalem Schutz. Sollen vielleicht die Seehunde in den Strömungen zwischen den Inseln mit den Unterwasser-Rotoren spielen? Weiter draußen im tieferen Meer lohnt es sich technisch nicht. Dort ist die Strömungsgeschwindigkeit viel zu gering. Ein großes Potential ist an den deutschen Küsten also nicht zu erwarten. Warum dann die ständig wiederholte Werbung im Fernsehen?

Stattdessen gibt es aber auf dem deutschen Festland weit über zwanzigtausend Windräder und jeder kann sie sehen - und das Rauschen der mächtigen Flügel hören, wenn er nur dicht genug herangeht und der Wind kräftig weht. Diese Anlagen erzeugen - nicht nur im Fernsehspot, sondern in der Realität - tatsächlich Strom, wie z.B. im Januar, als der Windstromanteil im öffentlichen Netz etwa 21 Prozent betrug.

Damit wären wir bei der Windenergie an Land, eine der dezentralen Techniken, die vorwiegend nicht von der Stromwirtschaft sondern von Privatleuten betrieben werden und deshalb als Konkurrenz angesehen werden.

Soll der Spruch "Man sieht es nicht, man hört es nicht" wieder die alten Vorurteile gegen die Windenergie aufwärmen?

Das weitere Ausbaupotential dieser Technik ist noch riesig: 100 Prozent des deutschen Strombedarfs, ja sogar das Doppelte oder Dreifache sind möglich, je nachdem, ob man Windanlagen in Windparks auf nur 16% oder 32% oder gar 50% der deutschen Landwirtschaftsflächen nutzen würde. Letztlich ist das nur eine Frage der Akzeptanz. Die Kosten jedenfalls sind nicht mehr das Problem, nachdem Vattenfall mitgeteilt hat, dass die Windenergie im vergangenen Jahr zur Stabilisierung der Stromkosten beigetragen hat.
Dazu kommen noch Solarstromanlagen auf Hausdächern, Fassaden und Lärmschutzwänden. Dort ist Platz genug für Solaranlagen, die weitere 50 Prozent des deutschen Strombedarfs decken können.
Es dürfte deutlich geworden sein, warum die Energiewirtschaft die dezentralen Erneuerbaren Energien nicht will. Sogar die Bundesregierung hat sich beeindrucken lassen und bereits 2004 die Einspeisebedingungen im EEG für die Kleinwasserkraft und die Windenergie im Binnenland drastisch verschlechtert. Im EEG-Neuentwurf soll nun auch noch die Einspeisevergütung für Solarstrom verringert werden. Die Bundesregierung lässt die engagiertesten Vorkämpfer für die Energiewende im Stich.