Unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/energiepolitik/bjoern-lomborg-ueber-klimawandel-und-gescheiterte-klimapolitik-13580487.html?printPagedArticle=true findet sich ein Hetzartikel gegen die Erneuerbaren, der nicht unwidersprochen bleiben soll:

Zitat von Björn Lomborg: 'Es klingt wie ein schlechter Witz: Wir wissen, dass der Klimawandel ein Problem darstellt, doch traurigerweise versuchen wir weiterhin, ihn mit einer Lösung zu beheben, die immer wieder gescheitert ist. Getreu dem Sprichwort: „Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“'

Björn Lomborg spricht uns mit dieser Passage aus der Seele, denn bereits 20 Klimakonferenzen haben gezeigt, dass Klimakonferenzen zu keiner wirksamen Vereinbarung führen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass bei der 21. Konferenz mehr herauskommt. Eine wirksame Reduktion der CO2-Emissionen werden niemals alle teilnehmenden Politiker ihren nationalen Energiekonzernen zumuten. Dazu sind in vielen Staaten die Verquickungen zwischen Politik und Konzernen viel zu eng. Nach dem Einstimmigkeitsprinzip bestimmt dann der Staat mit den geringsten Klimaschutzambitionen das CO2-Minderungs-Schneckentempo.

Zu ergänzen ist noch (diese Information stammt aber nicht aus der FAZ sondern der taz) dass die Pariser Klimakonferenz unter anderem von der Fluggesellschaft Air France, dem Autokonzern Renault-Nissan und den Energiekonzernen EDF und Engie/GDF-Suez mit finanziert werden, die offenbar keine Sorge haben, dass es zu Beschlüssen kommen wird, die den CO2-Ausstoß wirksam mindern.

Insofern hat Björn Lomborg mit seiner Skepsis gegen Klimakonferenzen also Recht, doch seine weiteren Betrachtungen dienen keineswegs einem besseren Vorschlag. Sie stellen vielmehr eine Hetze dar gegen alles, was den Klimawandel noch bremsen könnte. Lomborg versucht, Politiker und ihre Wähler zu noch sinnloseren Programmen zu verleiten und verbreitet einen Fatalismus, der jeden Widerstand gegen den Klimawandel als sinnlos erscheinen lässt.

Es wundert uns nur, dass die FAZ, hinter der doch so mancher noch einen klugen Kopf vermutet, ihren Lesern solch eine irreführende Propaganda für Kohle, Öl und Gas zumutet.

Wir verzichten darauf, jede der zahlreichen Fehlaussagen zu kommentieren. Wenige Beispiele aus dem umfangreichen Lomborg-Pamphlet sollten genügen, um dessen Unseriosität zu illustrieren:

Lomborg schreibt: "Trotz des Hypes ist der Anteil der Solar- und Windenergie am Energiemix im Grunde verschwindend gering. Heute bezieht die Welt ungeachtet endloser Klimakonferenzen, guter Absichten und großzügiger Subventionen nur 0,4 Prozent ihrer Energie aus Solar- und Windkraftanlagen, so die IEA. In 25 Jahren werden erneuerbare Energien immer noch unbedeutend sein."

Unsere Antwort: Lomborg hat sich erheblich verkalkuliert: Nicht überall geht es so langsam voran. In Deutschland stieg der Anteil von Solar- und Windenergie an der Stromversorgung in den 4 Jahren von 2010 bis 2014 von 7,8% auf 14,4%. Das macht eine Zunahme von 6,6%, d.h. 1,65% jährlich. In 25 Jahren käme man dann bei Fortsetzung dieses Tempos auf 55,65% des Stromanteils. Dieses Beispiel zeigt, dass ein nationaler Alleingang mit Hilfe des Erneuerbaren Energien-Gesetzes ein erheblich schnelleres Wachstum der Erneuerbaren Energien bewirken kann als jede Klimakonferenz.

"Die Bundesbürger bezahlen nun etwa ein Viertel ihrer Strompreise für erneuerbare Energien" klagt Lomborg. Ja, erwartet Lomborg denn, dass es den Strom aus Erneuerbaren Energien umsonst gibt? Die Bundesbürger bezogen im Jahr 2014 Strom, der zu mehr als einem Viertel (27,3%) aus Erneuerbaren Energien stammte (hier sind im Gegensatz zum vorhergehenden Absatz noch Biomasse, Wasserkraft und Geothermie mit enthalten). Für den EE-Anteil von 27,3% bezahlten die Stromverbraucher nach Lomborg nur etwa 25%. Das ist doch eine großer Erfolg! Was ist daran verwerflich?

"Wenn es um das Klima geht, darf China nicht unerwähnt bleiben. In den vergangenen acht Jahren haben sich Chinas Emissionen nahezu verdoppelt, 2013 ging fast ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen auf Chinas Konto. China stößt doppelt so viel CO2 wie aus wie die Vereinigten Staaten, dreimal so viel wie die EU" beklagt Björn Lomborg. Was er dabei verschweigt, ist, dass China fast dreimal so viel Einwohner hat wie die gesamte EU.

Aber China ist nicht untätig im Klimaschutz. Im Großraum Peking darf z.B. ab 2020 keine Kohle mehr für Stromerzeugung und Heizung verwendet werden. Offenbar eine schreckliche Regelung für Lomborg, die er lieber mit Schweigen übergeht.

Mit Schweigen übergeht Lomborg generell alle positiven Entwicklungen, wie die nationale Vorreiterrollen bei der Einführung der Erneuerbaren Energien oder die Divest-Bewegung, bei der immer mehr Geldanleger und Kapitalgeber, Banken, Versicherungsgesellschaften, kirchliche Institutionen, Kommunen, Hochschulen und sogar der norwegische staatliche Pensionsfonds den fossilen Konzernen ihr Kapital entziehen, um sie auf diese Weise daran zu hindern, die fossilen Lagerstätten weiter auszubeuten. Diese Entwicklungen erwähnt Björn Lomborg generell nicht, sondern versucht, durch Schwarzmalerei die Aussichtslosigkeit und Unabänderlichkeit des Klimawandels in die Gemüter "einzupflanzen".

Makaber und verantwortungslos sind Lomborgs Zahlenspiele mit den zu erwartenden Todeszahlen. So schreibt er wörtlich: "Der Klimawandel ist außerdem nicht unsere einzige Herausforderung. Die Armen sind mit viel wichtigeren Problemen konfrontiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass die Erderwärmung jährlich zu 141.000 Toten führt, im Jahr 2050 sogar zu 250.000 Toten. Doch diese Zahl verblasst gegenüber den 7 Millionen Menschen, die derzeit pro Jahr an Luftverschmutzung sterben, den 800 Millionen, die Hunger leiden, und den 2,5 Milliarden, die in Armut ohne sauberes Wasser und sanitäre Anlagen leben."

Warum denkt Lomborg nicht über die Ursachen nach? 7 Millionen würden jährlich an Luftverschmutzung sterben...

Und woher kommt diese Luftverschmutzung? Nun, die wird zum großen Teil verursacht durch den Abbau von fossilen Brennstoffen oder durch Abbau von Kernbrennstoffen und sie wird auch durch die Verbrennungsprodukte dieser Stoffe verursacht!!! Auch die Krebsfälle aufgrund radioaktiver Verschmutzung kann man dazu addieren.

Der Klimawandel hat längst begonnen und die von Lomborg genannten 800 Millionen, die Hunger leiden sowie die 2,5 Milliarden, die ohne sauberes Wasser leben, sind sicherlich ebenfalls zu einem großen Teil Opfer des Klimawandels, der ausbleibenden Regenfälle oder der Überschwemmungen oder der Versalzung ihrer Felder durch Anstieg des Meeresspiegels. Ganz Kalifornien ächzt unter der mehrjährigen Dürre, in Afrika und Asien trocknen große Binnenseen aus. Schon das alleine müsste genügen, möglichst schnell auf die Erneuerbaren Energien Wind- und Sonnenenergie umzusteigen. Und vielleicht sollte sich Herr Lomburg auch daran erinnern, dass Millionen von Kriegsopfern auf Kriege um die Energieressourcen zurückzuführen sind und dass uns weitere Verteilungskriege bevorstehen könnten.

Abschließend schreibt Lomborg: "Die Erderwärmung ist Realität, und sie ist ein Problem. Bei der Pariser Klimakonferenz sollten wir aufhören, zu erwarten, dass alle einer politischen Linie folgen, die ihren wirtschaftlichen Interessen direkt zuwiderläuft. Stattdessen sollten wir anfangen, in die Erforschung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien zu investieren, um diese so günstig zu machen, dass sie fossile Brennstoffe im Wettbewerb hinter sich lassen."

Diese Aussage zeigt, dass Lomborg keine Vorstellung davon hat, wie Fortschritte in bereits eingeführten Techniken erzielt werden. Eine Solarstromtechnik, die an sonnigen Tagen (z.B. am 21. April 2015 http://www.sma.de/unternehmen/pv-leistung-in-deutschland.html) bereits 28 Gigawatt (entspricht der Leistung von 28 Atomkraftwerksblocks) ins deutsche Stromnetz einspeisen konnte, und die pro kWh weniger kostet als Strom aus der Steckdose, konnte diese Leistung nur erbringen, weil im jahrelangen Wechselspiel zwischen Fabrikationserfahrungen und firmengestützter Forschung immer weitere technische und preisliche Fortschritte erkämpft wurden. Die Betreiber der erfolgreichen Solarmodulfabriken brauchen Lomborgs Belehrungen nicht. Die Solartechnik muss nicht auf den Stand einer staatlich geförderten Grundlagenforschung zurückgesetzt werden.

Hier gilt es eher, Speicher massenhaft zu installieren, um Betriebserfahrungen zu sammeln, wie man künftige mittägliche Solarüberschüsse für den Abend und die Nacht verfügbar machen kann.

Wie weit Stromspeicher bereits technisch entwickelt sind, demonstriert die Firma Tesla mit ihrem fünfsitzigen Luxuswagen (dem Tesla S), der mit Batterieantrieb auf 200 km/h kommt und der mit einer Batterieladung über 500 km weit fahren kann. Jetzt kommt es darauf an, solche Batterien durch Massenproduktion billiger zu machen. Dafür ist eine Markteinführung das geeignete Mittel.

Doch von Technikentwicklung und Markteinführung hat Lomborg anscheinend keine Ahnung, oder verwendet er seine Kenntnisse gezielt zu Fehlinformationen, mit denen er den Widerstand gegen den Klimawandel zu sabotieren sucht?



Björn Lomborg: dänischer Politikwissenschaftler
siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B8rn_Lomborg#Kontroversen