Zur Zeit erleben wir in der Öffentlichkeit eine Großoffensive zur Sicherung der Braunkohle-Verstromung. RWE im festen Bündnis mit der Bundesregierung, dem Deutschen Industrie und Handelstag und dem Bündnis der energieintensiven Industrien schickt sich an, die benötigten weiteren Braunkohlegruben zu sichern (Hambacher Wald) und sich die Fernübertragungsleitungen zum zukünftigen Verkauf des Braunkohlestroms von Staats wegen bauen zu lassen.

Zur angeblichen Notwendigkeit der Fernübertragungsleitungen gibt es ein Erklärvideo des Deutschen Industrie und Handelstages

Im Deutschlandfunk wurde gestern berichtet:
Bund und Länder wollen den Ausbau der Stromnetze zügig voranbringen.

Zu diesem leidigen Thema eine Stellungnahme des Solarenergie-Fördervereins Deutschland.

Zwei Stromerzeugungssysteme stehen im erbitterten Konkurrenzkampf: Auf der einen Seite die Großkonzerne mit ihren Braunkohlekraftwerken und auf der anderen Seite Solar- und Windkraftwerke zum großen Teil in Bürgerhand.

Es ist jedoch nicht Sympathie oder Ablehnung für verschiedene Unternehmensformen, die uns hier Partei ergreifen lässt, sondern es sind die Folgen der unterschiedlichen Stromerzeugungs-Techniken für Umwelt und Klima. Auf der einen Seite zerstören die fossilen Braunkohlekraftwerke das Klima und damit die Lebensgrundlagen der gesamten Menschheit und auf der anderen Seite gibt es mit Sonne, Wind und Energiespeichern eine klimafreundliche Variante der Stromerzeugung.

Der Hitzesommer 2018 hat noch einmal bestätigt, was die Klimawissenschaft schon seit fast 40 Jahren betont, dass das Klima durch das alte Fossil-System auf das höchste gefährdet ist. Unser Überleben und das unserer Kinder und Enkel ist ebenfalls gefährdet. Es bleibt inzwischen nur noch wenig Zeit, die fossilen Kraftwerke abzuschalten. Gelingt ihre Abschaltung nicht, so wird der Klimawandel sie sozusagen eigenhändig in einer furchtbaren Naturkatastrophe mitsamt uns und mitsamt ihren Betreibern "abschalten" (Nur die Betreiber und die meisten "Energiepolitiker" glauben das noch nicht.) Eine verzweifelte Situation!

Die Braunkohle-Betreiber sehen die Gefahr nicht, die von ihren Anlagen ausgeht und es geht ihnen ausschließlich ums politische Überleben im öffentlichen Meinungsstreit. So kam ihnen schon vor Jahren eine Argumentation in den Sinn, die in dreister Verdrehung der Wahrheit den guten Willen und die Uninformiertheit vieler Klimafreunde für die Zwecke der klimaschädigenden Braunkohle einspannte. Eine genial perfide Idee, die sie trotz aller sachlicher Mängel mit stupender Beharrlichkeit immer wieder in Umlauf bringen.

Erst müssten die Fernübertragungsleitungen ausgebaut sein, dann erst könne die Energiewende gelingen.

Diesmal ist sich der DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. nicht zu schade dafür, diese Falschbehauptungen zu verbreiten.
Nicht nur in dem oben erwähnten Erklärvideo, sondern auch in einem schriftlichen Beitrag: Der Netzausbau sei die Achillesferse der Energiewende. Der Ausbau der Windkraft und Photovoltaik (PV) sei in Deutschland gut vorangekommen. Der für den Wechsel auf erneuerbare Stromquellen ebenfalls erforderliche Ausbau der Stromnetze stocke allerdings. Schon jetzt gäbe es erhebliche Engpässe im Stromnetz – insbesondere bei der weiträumigen Übertragung von Strom. Vor allem die Verbindungen zwischen dem windreicheren Norden und Osten zu wichtigen Industriestandorten in Süddeutschland müssten ausgebaut werden.

An diesen Behauptungen stimmt nahezu nichts.
Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik ist schon lange nicht mehr gut vorangekommen. Er wurde seit 2010 immer brutaler ausgebremst. Siehe dazu die folgende Grafik
Zubau von PV 2006 bis 2017

 
Oder erinnern Sie sich daran, dass die Bundesregierung mit Ihren EEG-Verhinderungsgesetzen es zu einem Verlust von fast 100.000 Arbeitsplätzen in der Solar- und Windbranche gebracht hat.

Ein Ausbau der weiträumigen Stromleitungen zwischen dem windreichen Norden und den wichtigen Industriestandorten in Süddeutschland sei für den Wechsel auf erneuerbare Stromquellen notwendig. Auch diese Behauptung des DIHT stimmt nicht.

Bereits die naheliegende Frage, wer denn an die wichtigen Industriestandorten in Süddeutschland den Strom liefern werde, wenn in Mitteleuropa nur wenig Wind weht und wenn es dunkel ist, führt zu hilflosen Antworten.
Liebe Leser, scheuen Sie sich nicht, diese Frage immer und immer wieder zu stellen.


Die einzigen, die die Fernleitungen wirklich dringend brauchen, sind die Großkraftwerke, weil sie viel mehr Leistung erzeugen, als die Verbraucher in der Umgebung ihnen abkaufen können. Die Großkraftwerke - insbesondere die Braunkohlekraftwerke - wollen ihren Strom natürlich verkaufen und dafür sind sie auf die Fernübertragungsleitungen angewiesen. Aber eine Energiewende zu Wind- und Solarenergie ist das nun wirklich nicht.

Wir wiederholen jetzt geduldig zum x-ten Male: Wir brauchen keine neuen Fernübertragungsleitungen, sondern wir brauchen Energiespeicher überall im Lande. Und wir brauchen Solar- und Windanlagen überall im Lande und ganz besonders in der Nähe der Stromverbraucher. Dann können wir die Stromleitungen so kurz wie möglich halten und die Leitungsverluste so gering wie möglich und die Gefahr von Orkan-Schäden oder Terrorakten an den Stromleitungen vermindern. Wir brauchen eine dezentral organisierte Stromversorgung mit Langzeitspeichern überall im Lande.

Langzeitspeicher erhöhen die Sicherheit der Stromversorgung: Sie werden geschaltet wie Unterbrechungsfreie Notstromerzeugungsanlagen (NSA). Und so kann unsere Stromversorgung zu einer der sichersten und klimafreundlichsten Stromversorgungen der Welt werden.

Aber vorher müssen wir die dem Netzausbau-Wahnsinn verfallenen "Energiepolitiker" zur Vernunft oder zum Rücktritt bringen. Packen wir es an!