Sie haben vielleicht keine Aktien, sondern nur ein Bankkonto: Wissen Sie eigentlich, was die Banken und Sparkassen mit dem darauf liegenden Guthaben anfangen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht und ich habe kein besonders gutes Gefühl dabei.
Banken, Sparkassen, Versicherungen, Rentenfonds, Stiftungen, Kommunen, Universitäten und Privatpersonen investieren ihr Kapital in Unternehmen, die möglichst hohe Gewinne versprechen. Ethische Überlegungen spielen dabei kaum mit. So werden auch Unternehmen gestützt, die mit der Nutzung von fossilen Energien ihr Geld verdienen und sich an der Ruinierung des Weltklimas beteiligen. Das galt bisher als todsicheres Geschäftsmodell, denn der Energiehunger steigt weltweit, und die Verfügungsrechte über Kohle, Erdöl und Erdgas, die noch unter der Erd- oder Meeresoberfläche vermutet werden, werden sogar mit militärischer Macht gesichert.
Angst vor dem Klimawandel? Diejenigen, die in das Spiel um den großen Geld- und Machtgewinn verwickelt sind, interessiert alles Übrige nur am Rande. Wer ausschließlich im Abwägen von finanziellem Gewinn oder Verlust befangen ist, lässt sich nur noch ansprechen, wenn ihm ein Risiko vor Augen geführt wird, das zu seinen Begrifflichkeiten passt. Dass eine Spekulationsblase platzen kann dieses Risiko leuchtet jedem Börsenspekulanten sofort ein, und davor hat er echt Angst. Und deshalb hört er wenigstens einmal hin!
Damit kommen wir zur Kohlenstoff-Spekulationsblase: Die derzeitige Bewertung der Fossilunternehmen ergibt sich aus der Vorstellung, dass alle bekannten und vermuteten fossilen Bodenschätze noch gefördert und energetisch genutzt werden. Wem allerdings bewusst ist, dass jede weitere Tonne Kohle die Klimakatastrophe noch verschlimmert und dass die fossilen Ressourcen deshalb in der Erde bleiben müssen, der erkennt, dass die fossilen Unternehmen völlig überbewertet sind. Immer häufiger wird öffentlich eine administrative Beschränkung der Kohle- und Ölförderung diskutiert. Dies führt dazu, dass die Gewinnaussichten von einigen ernüchterten Analysten geringer eingeschätzt werden. Vorsichtige Anleger werden ihr Kapital abziehen. Damit sinkt der Aktienkurs. Das alarmiert andere Anleger; sie überprüfen die Gewinnaussichten und ziehen möglichst solange die Papiere noch einen guten Wert darstellen - ebenfalls ihr Kapital ab.
Wenn sich Käufer für die abgestoßenen Papiere finden, so werden sie natürlich weniger dafür bezahlen, als die Papiere noch kurz zuvor gekostet haben.
So kommt es zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsbewegung. In der Kybernetik spricht man von einer positiven Rückkopplung. Von Stunde zu Stunde sind die Papiere weniger wert. Für die Anleger heißt es dann: Rette sich wer kann. Kommunen, die an den fossilen Unternehmen beteiligt sind, werden in den Strudel gerissen. Staaten, die ihre Banken retten wollen, bekommen Probleme. Die Ratingagenturen werden mit ihren Abwertungen kaum noch mitkommen. Am Ende ist das Kapital nicht irgendwo anders, sondern es ist einfach weg.
So könnte die "Kohlenstoffblase" platzen.
Bei der Weltwirtschaftskrise 1929/1930 haben manche Verlierer, die nicht schnell genug reagiert hatten, die Tapeten ihrer Zimmer mit Aktien beklebt.
Auch ein Vergleich mit der geplatzten Immobilienblase im August 2007 liegt nahe, doch die Angriffe auf die aufgeblähte "Kohlenstoffblase" kommen diesmal von zwei Seiten - einmal von denjenigen, die um ihre Gewinne fürchten, andererseits von der ethisch motivierten "Divestment-Bewegung", die durch einen Ausstieg aus allen fossilen Beteiligungen die Welt vor der Klimakatastrophe retten will. Diese Zangenbewegung könnte sich als unwiderstehlich erweisen. Die einstimmige Entscheidung des norwegischen Parlaments vom 6. Juni 2015, dass der norwegische Rentenfond (der zweitgrößte der Welt) alle Anteile von Firmen verkaufen soll, die mit mehr als 30 % an Kohlenutzungen beteiligt sind, liefert einen Vorgeschmack davon, was noch geschehen kann. Weitere Beispiele für Rückzug aus Kohle und Öl: Die Rockefeller-Stiftung, die Städte Münster, Bochum, Dortmund und Stuttgart.
Sie als Leser unserer Beiträge können hier persönlich tätig werden. Sprechen Sie eine der Oppositionsparteien im Stadt- oder Gemeinderat an, man möge sich vom Kämmerer mitteilen lassen, wieviele Aktien von einem der großen fossilen oder atomaren Stromversorgungskonzernen noch im Besitz der Stadt- oder Gemeinde sind, und wann man gedenke, sie wegen des vorhersehbaren Wertverlustes zu verkaufen.
Und vergessen Sie nicht die Alternative, den schnellen Aufbau der Erneuerbaren Energien und ihrer Speicher. Erst mit einer ausreichenden Menge von Energiespeichern können Wind- und Sonnenenergie die Atom- und Fossilenergien vollständig ersetzen.
Notwendigkeit einer EE Produktions- Infrastruktur
Haben Sie einmal über die Größenordnung der Aufgabe nachgedacht? In Deutschland ersetzen wir bisher erst etwa 20% unseres Strombedarfs mit Solar- und Windstrom. Das geschieht hauptsächlich in den Zeiten, in denen die Sonne scheint und der Wind weht. Noch völlig ungedeckt sind die Zeiten ohne Wind und Sonne. Der Solar- und Windstrom für diese Mangelzeiten muss zukünftig zu Zeiten des Solar- und Wind-Überschusses gepeichert werden. Beim Speichern geht allerdings Energie verloren. Und außerdem müssen wir nicht nur an die Stromerzeugung denken, sondern auch an die Wärmeversorgung und den Verkehr zu Land, zu Wasser und schließlich auch in der Luft. Wir brauchen deshalb nicht nur 4 mal so viel Strom aus Solar- und Windanlagen sondern eher 10 mal so viel. Hinzu kommt die Tatsache, dass uns für Zeiten ohne Wind und Sonne noch Stromspeicher mit einer Gesamtleistung von etwa 80 Gigawatt (GW) fehlen. Ein GW ist immerhin die Leistung eines Atomkraftwerksblocks! Was wir also zuerst einmal ganz dringend brauchen, sind Fabrikanlagen zur Herstellung von Solar-, Wind- und insbesondere zur Herstellung von Stromspeicher-Anlagen (aber keinesfalls von Pumpspeicheranlagen, für die geomorphologisch der Platz nicht ausreicht). Auf dem Weltmarkt sieht es nicht viel anders aus. Auch in anderen Ländern wird die Nachfrage nach EE-Anlagen und Speichern explodieren, wenn man die Klimabeschlüsse von Paris umsetzt.
Deshalb unser dringender Appell: Wenn Sie Ihr Geld in Wertpapieren anlegen wollen, suchen Sie Fabriken zur Herstellung von Speicher-, Wind- und Solaranlagen! Die Produktions- und Erhaltungs-Infrastruktur der Erneuerbaren Energien muss so schnell wie möglich aufgebaut werden.