Rufmord am Elektroauto
Die deutschen Autohersteller setzen alles daran, die Weiterentwicklung des batteriegetriebenen Elektroautos zu verzögern. Immer wieder erscheinen Beiträge in den Medien, die man getrost unter die Rubrik "Rufmord am batterie-elektrischen Auto" einordnen könnte.
Dazu als Beispiel ein Zitat aus einem Artikel im SPIEGEL
Nach dem Dieselskandal fordern Politiker den schnellen Umstieg auf Elektroautos. Doch die Modelle sind nicht alltagstauglich - und schon gar nicht umweltfreundlich.
Von Christian Wüst
Das Auto der Zukunft hat ein Problem: Es gibt keinen Tank, nur einen sperrigen Stromspeicher, der einige Doppelzentner wiegt und gerade mal so viel Energie bunkert wie ein paar Petroleumflaschen.
Das Auto der Zukunft hat auch keinen Tankstutzen. Es zieht seine Nahrung aus einem Kabel. Und das geht etwa so schnell wie die Befüllung eines Kanisters mit einer Arztspritze.
Man kann sagen, dass das Elektroauto eine Zumutung ist. Aber das traut sich kaum noch jemand. Denn das Elektroauto hat auch einen segensreichen Mangel: keinen Auspuff. Es soll als eine Art ökologischer Rettungswagen dienen, der Ausweg aus der Dieselkrise - und könnte so zu einem beherrschenden Wahlkampfthema werden...
In diesem Stil geht es dann noch weiter.
Kern der Vorwürfe
Die Herstellung der Antriebsbatterie sei das gravierendste Umweltproblem des Elektroautos, denn die sei extrem energieaufwendig, heißt es dann.
Die Energie zur Batterie-Herstellung stamme vorwiegend aus Kohlestrom mit hohen CO2-Emissionen. Die produzierten Batterien enthielten deshalb eine außergewöhnlich hohe "CO2-Schuld" schon bevor sie überhaupt zum Einsatz kommen.
Bis dann ein Elektroauto durch abgasfreies Fahren die CO2-Schuld seiner Batterie durch Nichtverbrauch von Diesel oder Benzin wieder ausgeglichen habe, müsse es weit über 100.000 km zurücklegen.
Kommentar des Solarenergie-Fördervereins Deutschland e.V.(SFV):
Es geht hier um mehr als nur um E-Autos. Es geht generell um die Frage, ob die Umstellung auf Wind- und Sonnenenergie sowie die Entwicklung der dazugehörigen Stromspeicher überhaupt einen Beitrag zum Klimaschutz darstellt.
Der Vorwurf gegen die Herstellung der Elektrospeicher könnte genau so gegen die Herstellung von Solaranlagen oder Windräder erhoben werden. Die Herstellung dieser Anlagen kostete zunächst Energie, die in der Anfangszeit der Entwicklung hauptsächlich aus Kohle- und Atomstrom stammte und die Emissionen an CO2 noch erhöhte. Doch je mehr Solar- und Windstrom in den folgenden Jahren im Strom-Mix enthalten sein werden und je mehr fossile Kraftwerke dann auch tatsächlich abgeschaltet werden können, desto geringer wird der CO2-Ausstoß bei der zukünftigen Produktion von Solarzellen, Windanlagen oder eben auch bei der Produktion von Batterien sein.
Elon Musk, der Tesla-Chef hat diesen Blick in die Zukunft spektakulär vorweggenommen. Seine Giga-Batteriefabrik in Nevada soll ausschließlich mit Strom aus Solarzellen arbeiten, also gar kein CO2 mehr emittieren.
Ausführliche und interessante Informationen zur Giga-Factory mit erhellenden Fotos finden sich unter
https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_Gigafactory
Auch in anderen Ländern und Kontinenten plant Elon Musk solche Giga-Batteriefabriken. Und andere Unternehmer wollen folgen.
So lässt sich der weitere Verlauf bereits voraussehen. Massennachfrage nach Batterien wird die Massenproduktion vorantreiben. Die Massenproduktion wird die Produktionserfahrungen wachsen lassen und die Kosten zum Sinken bringen. Wer eine klima- und gesundheitsfreundliche Alternative zum Diesel oder Benzinantrieb sucht, und wer erkannt hat, dass auch die Umstellung der Stromversorgung auf Solar- und Windenergie auf Stromspeicher angewiesen ist, wird sich als Käufer eines Elektroautos gerne an der preissenkenden Massennachfrage beteiligen.
Auffällig ist, dass sich in den autoindustrie-freundlichen Medien keine Kritik an der Verwendung von Wasserstoff als Treibstoff für Automobile findet. Über die Motivation für diese Zurückhaltun kann man nur spekulieren. Möglicherweise möchten einige der Autohersteller ihre Erfahrung bei der Herstellung von immer ausgefeilteren Verbrennungsmotoren auch zur Herstellung von Wasserstoffverbrennungsmotoren umsetzen. Vielleicht nutzen die Medien aber auch nur jede Gelegenheit, den batterieelektrischen Fahrzeugantrieb als die gefährlichste Konkurrenz für den Verbrennungsantrieb zu diskreditieren.
Reichweitenvergleich und Nachtankmöglichkeiten
Die Reichweite eines vollgetankten Wasserstoffautos ist derzeit n o c h deutlich höher (etwa zwei- bis viermal höher) als die eines vollgetankten batterie-elektrisch angetriebenen Fahrzeuges, doch wird dieser Unterschied sich bei weiterer Verbesserung der Batteriekapazitäten stetig verringern. Es wird voraussichtlich nicht mehr lange dauern, bis bei den Elektro-Autos eine Batteriefüllung für eine ganztägige Fahrstrecke reicht. Der Fahrer kann dann in seiner Schlafenszeit die Batterie an jedem - von der Straße aus erreichbaren - Stromanschluss wieder auftanken. Bei Wasserstoffautos ist dagegen die Zahl der möglichen Tankstellen noch sehr gering, sie dürfte bei etwa 50 liegen. Hingegen wird der Tankvorgang auch auf lange Sicht noch schneller ablaufen als beim Elektroauto.
Vor- und Nachteile bei der Verwendung von Wasserstoff als Automobil-Treibstoff
Die nachfolgend genannten Wirkungsgrade beruhen auf groben Schätzungen.
Wasserstoff lässt sich entweder direkt als Treibstoff in Verbrennungsmotoren einsetzen (Variante 1).
Wasserstoff lässt sich aber auch in mitgeführten Brennstoffzellen zu elektrischer Energie umformen und dann direkt oder auf dem Umweg über eine nicht besonders große aufladbare Antriebsbatterie zum Antrieb der Elektromotoren nutzen (Variante 2).
In beiden Fällen gehen vorab bei der Erzeugung des Wasserstoffs etwa 20% der elektrischen Energie verloren. Weitere 10% werden zur Kompression und Befüllung des Fahrzeugtanks verwendet.
In Variante 1 muss man dann die typischen Wirkungsgrad-Verluste von Verbrennungsmaschinen bedenken, die je nach Geschwindigkeitsprofil und Auslastung bei über 60% liegen. Ferner entfällt die Möglichkeit, beim Stop and Go im Stadtverkehr oder in Gefällstrecken Energie zurückzugewinnen (zu rekuperieren). Schließlich sind die vergleichsweise teuren Produktionskosten von Verbrennungsmotoren zu berücksichtigen.
In Variante 2 addieren sich zu den Erzeugungs- und Befüllungsverlusten für den Fahrzeugtank noch die Verluste in den Brennstoffzellen und in den aufladbaren Batterien und schließlich die Verluste in den Elektromotoren.
Wasserstoff lässt sich aber auch in Brennstoffzellen zu elektrischer Energie umformen, dann in aufladbaren Batterien speichern und schließlich in Elektromotoren für den Fahrzeugvortrieb nutzen.
Zusammengefasst: Der Energieverbrauch beim Wasserstoff-Auto wird auf Grund der hier aufgezählten Verluste erheblich höher liegen als beim Elektroauto.
Soll man jetzt noch ein angeblich "modernes" Benzin- oder Dieselauto kaufen?
Wasserstoff- oder batteriegetriebenes Auto, darüber kann man sich noch streiten. Wer sich jetzt aber - trotz aller Warnungen - immer noch für ein Benzin- oder Dieselauto entscheidet, entscheidet sich für eine Technik, die mit Sicherheit in wenigen Jahren völlig überholt sein wird. Angesichts der steigenden Klimaschäden werden kommende Regierungen alles daran setzen, den Verbrauch von fossilen Treibstoffen zu verringern. vielleicht durch Rationierung, vielleicht durch zusätzliche Besteuerung, vielleicht sogar durch Verbote.
Wer sich jedoch für ein Elektroauto entscheidet, nimmt mit diesem Fahrzeug aktiv an der Energiewende teil. Sein Antriebsstrom mag derzeit noch die Hälfte (oder nachts und bei Windstille sogar fast ausschließlich) Fossil- und Atomstrom enthalten, aber die Stromversorgung wird auf Solar- und Windstrom umgestellt. So vermindern sich seine fahrbedingten CO2-Emissionen in entsprechender Weise. Er nimmt von Monat zu Monat an der Umstellung der Stromversorgung teil, obwohl er keinen Neuwagen mehr kauft.