Manchmal in den vergangenen 20 Jahren haben wir uns über Besuche ausländischer Gruppen in der Aachener Geschäftsstelle gewundert. Noch heute erinnern fremdländische Geschenke - Fächer mit heroischen oder tänzerischen Figuren, ein Linoleumschnitt mit der Eule der Weisheit oder eine seltsam bestickte Tischdecke und manche andere Mitbringsel an die höflichen Gäste aus dem fernen Osten, die immer wieder wissen wollten, wie es in Aachen und später in Deutschland zur kostendeckenden Vergütung (KV) für Solarstrom kommen konnte. Ob sich diese Besuchergruppen über die sehr bescheidene und altmodische Ausstattung unserer Geschäftsräume gewundert haben, wissen wir nicht; aber dass sie sich für unsere Idee der KV brennend interessierten, war ihnen deutlich anzumerken. Immer wieder wollten sie genau wissen, aus welchen Bestandteilen die kostendeckende Vergütung besteht:

Heute gibt es in über 36 Ländern der Welt Gesetze, die zumindest Teile der Idee „Kostendeckende Vergütung“ enthalten.

Was uns in Deutschland mit seinem erfolgreichen EEG heute schon selbstverständlich scheint, war damals, als wir anfingen, eine Revolution. Stromversorger erklärten kühl, man möge doch den Solarstrom zum Heizen der Wohnung verwenden; sie würden ihn jedenfalls nicht abnehmen. Andere Stromversorger meinten, man könne gerne den Solarstrom in ihr Netz einspeisen, aber bezahlen würden sie dafür nichts. Und natürlich wollte schon gar keiner der Stromversorger einen höheren Preis für Solarstrom zahlen als für anderen Strom, und die übrigen Stromkunden mit den Mehrkosten zu belasten, erschien ihnen, so erklärten sie ganz entsetzt, undenkbar.

Das Modernste, was es damals gab, war das Stromeinspeisungsgesetz mit einer Vergütung von 17 Pf/kWh und etliche Zuschussprogramme, die den Bau von Solaranlagen mit einem Zuschuss belohnten, der aber üblicherweise im Spätsommer schon vergriffen war.

Als wir im Kreis der SFV-Mitglieder die Idee der KV zum ersten Mal besprachen - das muss im Jahr 1989 gewesen sein - gab es freundliche Skepsis; sehr freundlich gegenüber der Idee und sehr skeptisch gegenüber den Chancen der Umsetzung! Als wir es dann am 04.09.1989 wagten, unsere neue Idee dem Bundesministerium für Wirtschaft zu übersenden, erhielten wir nicht einmal eine Eingangsbestätigung, geschweige denn eine Antwort.

Wie es dann trotzdem dazu gekommen ist, dass die Idee der KV sich durchgesetzt hat, zuerst in Aachen, Freising (Prof. Ernst Schrimpff) und Hammelburg (Hans-Josef Fell), später in 40 Kommunen, dann in Deutschland und jetzt sogar bis nach China hin, ist eine lange und spannende Geschichte, die mit der Vereinsgeschichte des SFV eng verwoben ist. Ohne die Hilfe sehr mutiger Menschen, die teilweise sogar ihre berufliche Karriere aufs Spiel gesetzt haben, wäre die Idee sicher gescheitert. Hier eine namentliche Liste aufzustellen, wäre ungerecht gegenüber denjenigen, die ebenfalls - teilweise auch im Geheimen - mitgeholfen haben.

Erwähnen möchten wir aber zum Abschluss in großer Dankbarkeit zwei Männer, die ganz zu Beginn der kommunalen KV, dem sogenannten „Aachener Modell“, den Weg geebnet haben:

Wir denken an Dr. Heinrich Getz, damals CDU-Umweltdezernent in Aachen, dessen Einsatz in einem öffentlichen flammenden Appell für die KV gipfelte.

Wir denken besonders auch an Dr. Dieter Schulte-Janson von der Strompreisaufsicht in Düsseldorf. Von ihm stammt der Spruch: „Wenn der Himmel einstürzt, werden auch die Angsthasen erschlagen“, der angesichts der heraufziehenden Klimakatastrophe einen immer aktuelleren Bezug bekommt. Dr. Schulte-Janson stand damals nahezu alleine gegen die herrschende Meinung des NRW-Wirtschaftsministers Einert, der erklärt hatte, er werde nicht den „Bastel-Laden der Solarfreunde über den Strompreis finanzieren“. Zuerst ließ Dr. Schulte-Janson die Konformität des KV-Modells mit den bestehenden Gesetzen und Verordnungen gutachterlich nachweisen. Dann gab er unerschrocken - getreu seinem Wahlspruch - die Genehmigung zur Umlage der Mehrkosten einer KV für Solarstrom auf den Strompreis.

Seine offizielle Begründung wurde kurz darauf durch die Strompreisaufsichten der meisten Bundesländer übernommen und ebnete so die Bahn für den Siegeszug der kostendeckenden Einspeisevergütung.

Einspeisegesetze gibt es derzeit in:

Brasilien
China
Costa Rica
Dänemark
Deutschland
Estland
Frankreich
Griechenland
Indien (6 Provinzen)
Indonesien
Irland
Israel
Italien
Japan
Kanada (2 Provinzen)
Korea
Lettland
Litauen
Luxemburg
Nicaragua
Niederlande
Österreich
Portugal
Schweden
Schweiz
Slowakische Republik
Slowenien
Spanien
Sri Lanka
Thailand
Tschechische Republik
Türkei
Ungarn
Vereinigte Staaten von Amerika (Kalifornien, Washington)
Zypern

Quelle: Global Status Report 2005/2006 von REN21, Paris