Bundeskanzlerin Angela Merkel ist promovierte Atomphysikerin und bestimmt die Richtlinien der Politik. Weiß sie, was sie tut?
Längst ist Deutschland nicht mehr Vorreiter bei Klimaschutz und Erneuerbaren Energien. Der neue Referentenentwurf für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2016) wird den Ausbau der Erneuerbaren Energien noch mehr verkomplizieren und behindern als seine letzten drei Vorgänger. Eigeninitiative engagierter Bürger wird in Bürokratie erstickt. Wer zum Beispiel künftig ein Windrad bauen will, soll sich in einem aufwendigen Ausschreibungsverfahren mit genehmigungsreifen Unterlagen bewerben müssen und riskiert die Ablehnung. Die Zunahme neuer Anlagen wird damit noch stärker gedeckelt, so der Plan. Wenn er umgesetzt wird, dauert der Ausstieg aus Atom und Kohle noch 200 Jahre. Damit sabotiert das Wirtschaftsministerium die Versprechen, die Deutschland auf der Klimakonferenz in Paris gemacht hat: Die rasche Dekarbonisierung der Wirtschaft.
Wie schnell der Zubau neuer Anlagen bei betreiberfreundlichen Rahmenbedingungen wachsen könnte, haben die Jahre 2008 bis 2010 bei der Solarenergie gezeigt: Damals ging die jährlich zusätzlich installierte Leistung um 1,9 GW, dann um 3,9 GW und schließlich 7,4 GW in die Höhe. Als die Bundesregierung dann aber die ursprünglich zugesagten Investitionsanreize radikal senkte, endete der Solarboom und weit über 60.000 Solar-Arbeitsplätze in Deutschland gingen verloren.
Was nötig wäre, damit Deutschland seine Klimaschutzverpflichtungen einhalten kann, wäre eine ernstgemeinte Förderung der Erneuerbaren Energien in jeglicher Hinsicht. Dazu gehört nicht nur der rasche Ausbau neuer Wind- und Photovoltaikanlagen, sondern auch die massive Förderung von Stromspeichern. Die Bundesregierung beklagt zwar deren Fehlen tut aber nichts für ihren Aufbau.
Darüber hinaus müssten neu hinzukommende Solar- und Windanlagen durch Einbau speichergestützter Zusatzeinrichtungen dazu befähigt werden, einen Beitrag zur Spannungs- und Frequenzstabilisierung zu leisten, damit vollständiger Verzicht auf konventionelle Stromerzeuger mit rotierenden Generatoren (sogenannte Must-Run-Kraftwerke) möglich wird. Technisch ist das kein Problem - doch es fehlt der politische Wille.
Die Bundesregierung schürt Ängste, die Energiewende könnte zu teuer werden. Gleichzeitig treibt sie selbst die Kosten unnötig in die Höhe. Diese Kosten fasst sie in der sogenannten EEG-Umlage zusammen und bürdet sie nicht den Stromvielverbrauchern, sondern den kleinen Stromkunden auf. Auf den meisten Stromrechnungen wird dann fast gehässig auf die EEG-Umlage hingewiesen.
Z.B. erlaubt die Bundesregierung den Betrieb von Atom- und Braunkohlekraftwerken in Zeiten mit genügend Wind- und Solarstrom und lässt stattdessen Wind- und Solaranlagen abschalten. Die Ausgleichszahlungen für den nicht produzierten grünen Strom verteuern die EEG-Umlage.
Auch die Aufteilung des Stromgroßhandels in verschiedene Märkte trägt dazu bei, dass die EEG-Umlage unnötig teuer wird. Großkunden decken ihren Strombedarf nämlich in der Regel langfristig rund um die Uhr am Terminmarkt, an dem die Erneuerbaren nicht teilnehmen können, weil sie Liefermengen rund um die Uhr nicht garantieren können. Am Spotmarkt fehlen die Großkunden dann. Fehlende Nachfrage lässt am Spotmarkt die Preise sinken; bei starkem Wind- oder Sonnenstromangebot manchmal sogar ins Negative. Multipliziert mit den hohen EE-Strommengen, die gerade in diesen Stunden vergütet werden müssen ergeben sich dann deftige Ausgleichszahlungen, die die EEG-Umlage weiter aufblähen. So wird die EEG-Umlage zweckentfremdet und politisch missbraucht.
Diese wenigen Beispiele sind symptomatisch dafür, wie die Interessen der konventionellen Energiewirtschaft das Regierungshandeln bestimmen. Wie lange lässt sich das die Bevölkerung noch gefallen?