Schon knapp 30 Jahre ist es her, dass ein weltweiter Zusammenschluss von Experten erstmals davor warnte, die globale Erderwärmung keinesfalls über die 2 °C -Zielmarke klettern zu lassen. Ein darüber hinausgehender Anstieg würde nicht nur schwerwiegende Risiken für Mensch und Ökosysteme sondern auch unkalkulierbare, nicht-lineare Veränderungen auf unserem Planeten zur Folge haben. Die damalige Expertenrunde bestand aus Wissenschaftlern der Vereinten Nationen sowie aus Vertretern der Weltorganisation für Meteorologie und des Internationalen Wissenschaftsrates.

Kurze Zeit später, im Jahr 1992, wurde der erste Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro abgehalten - ein Meilenstein für globale Umweltthemen. 154 Staaten unterzeichneten dort die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Zwei Jahre später trat das multilaterale Übereinkommen in Kraft und weitere Vertragsländer sowie die EU als regionale Wirtschaftsorganisation folgten.

Die internationale Staatengemeinschaft war sich also einig, die weltweiten Klimaveränderungen als ernstzunehmendes Problem zu bewerten. Doch bedauerlicherweise passierte darüber hinaus wenig. Die meisten der 196 Staaten hinken heute beim Klimaschutz noch immer meilenweit hinterher. Wachstum und Konsum haben den Energiehunger und Ressourcenverbrauch eher erhöht als vermindert und die fossil-atomare Energiewirtschaft verdient weiterhin Milliarden. Zur Absicherung der Profite scharen die Energiekonzerne trickreich und intrigant Verbündete aus Politik und Gesellschaft um sich und manipulieren die öffentliche Meinung. Selbst vor der Leugnung des Klimawandels schrecken sie nicht zurück. Dabei wird die Ausbeutung und Zerstörung der Lebensgrundlagen auf unserem Planeten billigend in Kauf genommen.
Das Buch „The madhouse effect: How climate change denial is threatening our planet, destroying our politics, und driving us crazy“ des US-Amerikaners Michael E. Mann erscheint deshalb im Jahr 2016 zur rechten Zeit. Gemeinsam mit Tom Toles, ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Cartoonist der Washington Post, schuf er ein äußerst lehrreiches und satirisches Meisterwerk der Auseinandersetzung mit Klimawandel-Skeptikern und -Leugnern. Als Professor für Meteorologie und Direktor am Zentrum für Geowissenschaften („Earth System Science Center“) der Pennsylvania State University (USA) zählt Michael E. Mann zu den bedeutendsten Wissenschaftlern der Welt. In der Fachwelt gelten seine wissenschaftlichen Arbeiten als Pionierleistung. Michael E. Mann ist einer der Hauptautoren des 2001 erschienenen dritten Sachstandberichts des IPCC zur globalen Erwärmung.

Sein Hockeyschläger-Diagramm zur Temperaturentwicklung des letzten Jahrtausends machte ihn allerdings schon 1998 zur Zielscheibe der Klimaleugner und zum Angriffspunkt für jene, denen Klimaschutzmaßnahmen und staatliche Regulierungen ein Dorn im Auge waren. Warum? Das Diagramm zeigt den allmählichen, natürlichen Abkühlungstrend des Klimas, der mit der Industrialisierung in eine steile Erwärmung übergeht - ein untrüglicher Beleg für menschengemachte Klimaveränderungen. Nach Veröffentlichung des Diagramms musste sich Michael E. Mann massiven Diffamierungen und Diskreditierungen seiner wissenschaftlichen Arbeiten aussetzen. Selbst vor körperlichen Angriffen schreckten die mächtigen Interessengruppen der Fossilindustrie nicht zurück. Über diese Anfeindungen berichtet er in seinem Buch. Viele der historisch belegten Schilderungen könnten durchaus auch in einem spannenden Kriminalroman verarbeitet werden!

Alles Geschichte? Keinesfalls. Auch heute reißt die Propaganda der Profit-Hungrigen nicht ab. Ihre Lobbyisten sind heute noch ausgefeilter und perfider unterwegs.

Auch wenn es so unfassbar dumm und selbst entlarvend ist, trotz wissenschaftlicher Nachweise, trotz real spürbarer Klimaveränderungen und trotz regelmäßig auftretender katastrophaler Schadensereignisse den Klimawandel zu leugnen - wir müssen uns weiterhin mit den „Trumps“ und “AfD-lern“ dieser Welt auseinandersetzen. Verzögerungen beim Klimaschutz sind nicht mehr hinzunehmen.

Dem Buch von Mann und Toles, das seit diesem Jahr Dank der sorgsamer Übersetzung von Matthias Hüttmann und Herbert Eppel auch in deutscher Sprache erhältlich ist, sollte man sich allerdings nicht vorrangig aus thematischer Verantwortung widmen. Die Fülle der geschichtlichen Belege, die zahlreichen, in einfacher und in Teilen humoristischer Sprache zusammengestellten Argumentationshilfen und die bild- und cartoonreich dargestellten „Spielwiesen“ von Wirtschaft und Politik lassen das Buch auch zu einem Lesevergnügen werden. Zu schön wäre es, sich alle Informationen zu merken, um sie bei passender Gelegenheit Klimazweiflern und -leugnern an den Kopf werfen zu können. Vielleicht hilft es, Textstellen zu markieren, um schnell auf Argumente zuzugreifen. Mein Buch jedenfalls ist durchweg mit Textmarkern versehen. Und schenken Sie „Tollhauseffekt“ Ihren Freunden und Nachbarn. Es lohnt sich.