Anstatt die Erkenntnisse der Klimawissenschaftler ernst zu nehmen und den Pariser Klimabeschlüssen Taten folgen zu lassen, hat Deutschland eine weitere Chance in der Stromwende verwirkt. Unter dem Deckmantel dringend notwendig werdender Koordination, Kontrolle und zunehmender Komplexität wurde das EEG 2017 fest in die Hände von Bürokraten gegeben. Formelle Zwänge sollen den Ausbau der Erneuerbaren ausbremsen.

Fördereinschränkungen und daran gekoppelte Verwaltungsnotwendigkeiten überragen reale Notwendigkeiten. Die Bürokratie wird über die Daseinsvorsorge gestellt.

Das EEG wächst in seiner Komplexität fast unkontrolliert. Nach weniger als drei Jahren entstand aus dem bürokratischen „Glanzstück“ EEG 2014 ein noch ausgereifteres System der Einschränkungen, Genehmigungen, Anträgen und Verpflichtungen. Weder Investoren noch Netzbetreiber können hier noch sichere Erkenntnisse zu grundlegenden Zusammenhängen finden.

Frei nach dem Motto „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ quälten sich viele in den letzten Monaten des Jahres 2016 erneut durch den Paragrafen-Dschungel des EEG 2017. Es galt, die wirtschaftliche Fortführung des Betriebs einer Solaranlage auszuloten oder die Finanzierungsgrundlagen neuer Investitionen unter dem EEG 2017 zu verstehen. Nur wenige Tage vor Jahresende beschloss der Bundestag dann erneute Änderungen am noch nicht in Kraft getretenen Gesetz. Die Arbeit begann in Teilen neu, die Unklarheit erklomm einen weiteren Höhepunkt:

Einige Vertreter der Solarbranche versetzten die Änderungen bei der Handhabung des „atmenden Deckels“ und der praxisnäheren Berechnung der Vergütung gar in Aufbruchstimmung. Sie postulierten, dass sich Photovoltaik bald wieder lohnen würde, da die schlechten Zubau-Ergebnisse im zweiten Halbjahr 2016 bei den Vergütungsfestlegungen ab Februar 2017 eingerechnet werden würden und damit leicht ansteigen könnten. Dann gäbe es wieder attraktive Projektrenditen, die das Interesse an der Solarenergie in den nächsten Monaten steigern würden. Diese Seifenblase platzte wie jede Illusion rasch. Das erhoffte neue solare Ausbauwunder bleibt aus - die Vergütungen blieben eingefroren. Da halfen auch keine Schönrechner oder Durchhalte-Rufer.

Wie sollte es auch? Die Randbedingungen bleiben sowieso wie gehabt: Der Zubau der Photovoltaik wird auf 2,4 GW pro Jahr und der Windkraft (onshore) auf 2,8 GW pro Jahr gedeckelt. Bei diesem Ausbautempo wird die Vollversorgung mit Strom aus Erneuerbaren Energien selbst in hundert Jahren nicht zu schaffen sein.
In unseren Veröffentlichungen zu den letzten EEG-Novellierungen der Jahre 2009, 2012 und 2014 waren wir regelmäßig bemüht, wichtige Änderungen darzustellen. Da mit großer Sicherheit unsere Leser noch nicht einmal die letzten gesetzlichen Regeln verinnerlicht haben, macht ein Info-Update kaum Sinn.

Viele von Ihnen, die sich noch immer aus Überzeugung und Idealismus den Erneuerbaren zugewandt fühlen, werden sich mit Paragrafen zu Ausschreibungsbedingungen bei Wind-, Biomasse-, Solar- und technologieneutrale Anlagen, über Direktvermarkungs- und Einspeiseförderwege, über Messtellenanforderungen und Zubaudeckel möglicherweise sowieso nicht mehr detailliert auseinandersetzen wollen oder können. Es ist eine Mär, dass Gesetze für die Bürger geschrieben sind! Dieses jedenfalls mit Sicherheit nicht!

Beim Verständnis einiger grundlegender Regelungen des EEG 2017 können wir noch weiterhelfen, doch schon lange nicht mehr bei allen Details. Antworten findet man oft nur noch in seitenschweren Leitfäden oder Rechtsempfehlungen. Aber auch diese sind unter Juristen nicht selten umstritten.

Dass der Gesetzgeber einhält, was er verspricht, kann man in den Grundsätzen des Gesetzes (§ 2 EEG 2017) nachlesen. Denn auf diese beziehen sich die nachfolgenden, größtenteils einschränkend wirkenden 102 Paragrafen und mehreren Dutzend Unter-Paragrafen des EEG 2017:

• Erneuerbare Energien sollen in das Energieversorgungssystem integriert werden. (SFV: Offensichtlich gemeint ist die Integration in das fossile Energiesystem. Die Folgen u.a. Abregelung von EE-Anlagen, Fernleitungsbau)

• Strom aus Erneuerbaren Energien [..] soll zum Zweck der Marktintegration direkt vermarktet werden. (SFV: Investitionsrisiken steigen, Anlagenbetreiber sollen die Pflichten eines Stromlieferanten übernehmen.)

• Die Höhe der Zahlungen [..] soll durch Ausschreibungen ermittelt werden [..] . (SFV: Planungssicherheit sinkt, Bürokratie steigt, Ausbaugrenzen werden kontrolliert.)

• Die Kosten für Strom aus Erneuerbaren Energien [..] sollen gering gehalten [..] und angemessen verteilt werden. (SFV: Die Folge: EEG-Umlage-Verteilung als Glanzstück der Ungerechtigkeit und Bürokratie. )

Was für ein Wahnsinn! Die Welt ist auf dem Weg in die Klimakatastrophe und in Deutschland beschäftigt sich die fossile alte Welt mitsamt ihren regelwütigen Bürokraten um Kontroll-Mechanismen und Hürden. Dabei könnte das EEG in seinen Grundprinzipien ein effektives Instrument für den Ausbau der Erneuerbaren im Stromsektor bleiben: Durch Streichung entbehrlicher Bestimmungen, insbesondere des „atmenden Deckels“, aller Bestimmungen zur Ausschreibung, zur Belastung von selbst erzeugtem Strom mit der EEG-Umlage oder mit Bruchteilen davon, die Streichung der Einschränkungen bei der Auswahl von geeigneten Ausbaugebieten und Gebäuden, zum Messstellenbetrieb und zur Direktvermarktung und viele mehr.