In der Welt am Sonntag (WamS) vom 26.06.2011 wurden die Leser mit einer konzentrierten Sammlung von Falschbehauptungen und Vorurteilen zur Solar- und Windenergie überschüttet, die im folgenden Beitrag aufgegriffen und richtig gestellt werden (gelb hinterlegt).

WamS: Die Deutschen glauben an die Sonnenenergie, sie soll auch in Zukunft stark subventioniert werden. Das gefährdet eine tatsächliche Energiewende - denn die Kraft der Sonne ist teuer und ineffektiv.

Der Tag, an dem Angela Merkel die Sonnenenergie nach Nordvorpommern brachte, begann trübe und wolkenverhangen. Die Bundeskanzlerin war trotz enger Terminlage in ihren Wahlkreis gefahren, um im Orte Grimmen an der Trebel den Bau des größten Solarparks von Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen. Dass sich die Sonne bei dem symbolträchtigen ersten Spatenstich im Oktober vergangenen Jahres partout nicht zeigen wollte, tat Merkels guter Laune ebenso wenig Abbruch wie die Tatsache, dass die 30 480 Solarmodule auf der 19 Hektar großen Fläche allesamt den Stempel "Made in China" tragen sollten.

SFV: Solarmodule liefern Leistung nicht nur, wenn die Sonne scheint, sondern auch, wenn der Himmel mit hellen Wolken bedeckt ist. Auch Solarmodule in China werden mit Werkzeugmaschinen "made in Germany" hergestellt.

 

WamS: „Der Solarpark ist eine Zukunftsinvestition", sagte die Regierungschefin unverdrossen und stach den rot lackierten Spaten in die bröckelige Tonerde: "Wir sind auf dem Weg in das Zeitalter erneuerbarer Energien."

Bei ihrer Unterstützung für die Solarwirtschaft weiß die Bundeskanzlerin die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Sonnenstrom ist die Wunschenergie Nummer eins für die Deutschen, das ergab in der vergangenen Woche eine Umfrage, die der Wirtschaftsverband führender Public-Relations-Agenturen in Deutschland (GPRA) mit den Marktforschern von TNS Emnid veröffentlichte. Danach messen 99 Prozent der Befragten "der Sonnenenergie eine besonders hohe Wichtigkeit für die zukünftige Energieversorgung in Deutschland" bei. Die Sonne sei "aus Sicht der Verbraucher die wichtigste Energiequelle der Zukunft - noch vor Wasserkraft und Windkraft", heißt es im Ergebnis der Umfrage. Weniger als die Hälfte der Befragten glaubten dagegen noch an eine wichtige Rolle der Kohlekraftwerke, nur ein Fünftel an Atomkraft. "Die deutsche Bevölkerung hat die Energiewende längst vollzogen und vertraut regenerativen Energiequellen", lautet das Fazit des GPRA-Präsidiummitglieds Uwe Kohrs. Angesichts der derzeit diskutierten Kürzungspläne für Solarsubventionen müssten "Politik und Energieversorger aufpassen, dass sie nicht alles Restvertrauen verspielen."

Wissenschaftler aber reiben sich verwundert die Augen angesichts solcher Vorstellungen über die Struktur der deutschen Energieversorgung. Atom- und Kohlekraftwerke decken heute noch drei Viertel des deutschen Strombedarfs. Solarmodule tragen tatsächlich erst drei Prozent zur Bedarfsdeckung bei.

SFV: "Erst" drei Prozent? Weiter unten im selben WAMS-Artikel kann man lesen: "Während die installierte Leistung der Solarmodule 2010 um 7500 Megawatt zunahm, wuchs die angeblich bevorzugte Windkraft lediglich um 1500 Megawatt."

Die Solarenergie wächst also derzeit schneller als die Windenergie. Daraus zieht die WAMS den Schluss, die Solarenergie dürfe nicht so schnell wachsen. Der SFV zieht daraus den umgekehrten Schluss, nämlich auch die Windenergie im Binnenland solle zukünftig so schnell wachsen wie im vergangenenen Jahr die Solarenergie.


 

WamS: Schon der Beitrag der Windenergie übertrifft den der Solaranlagen um ein Vielfaches - für einen Bruchteil der Kosten.

SFV: "Für einen Bruchteil der Kosten"? Der Preisunterschied zwischen Offshore-Windstrom und Solarstrom beträgt weniger als 30 Prozent. Und beim Offshore-Windstrom entstehen zusätzlich erhebliche Kosten für die Fernleitungsnetze von der Nordsee bis nach Süddeutschland.

 

WamS: Die Solarenergie kostet die Verbraucher Jahr für Jahr hohe Milliardenbeträge, verteuert den Klimaschutz, lässt sich nicht wirtschaftlich speichern und fällt in mehr als der Hälfte des Jahres fast komplett aus.

SFV: Der Solarstrombedarf eines durchschnittlichen Haushaltes lässt sich in wiederaufladbaren Batterien speichern, die weniger Platz benötigen als zwei Kühlschränke.

Es ist kurzsichtig und bequem, wenn die WAMS beklagt, dass die Speicherung noch unwirtschaftlich sei und es dabei bewenden lässt. Der Solarenergie-Förderverein Deutschland fordert bereits seit Jahren spezielle Markteinführungsprogramme für dezentrale Stromspeicherung in den Haushalten.


 

WamS: Auch industriepolitisch ist die Solarförderung ein gewaltiger Schuss in den Ofen: Bereits mehr als 70 Prozent der in diesem Jahr in Deutschland verbauten Solarmodule stammen aus Asien.

SFV: Nahezu 100 Prozent der in Deutschland verbauten Solarmodule werden durch deutsche Handwerker installiert. Und auf den Export deutscher Werkzeugmaschinen zur Produktion von Solaranlagen nach China haben wir schon weiter oben hingewiesen.

 

WamS: Die Nachteile der solaren Energieversorgung im schattigen Deutschland sind aus wissenschaftlicher Sicht so eklatant, dass der Sachverständigenrat für Umweltfragen, ein hochkarätiges Beratergremium der Bundesregierung, dazu rät, den Ausbau der Fotovoltaik nicht mehr weiter zu forcieren, sondern im Gegenteil in sehr engen Grenzen zu halten. Der Flensburger Umweltwissenschaftler Olav Hohmeyer, ein Mitglied des Sachverständigenrats, fordert, die derzeitige solare Ausbaurate um mindestens 85 Prozent zurückzuschrauben, auf nur noch 500 bis 1000 Megawatt pro Jahr. Dabei ist der Sachverständigenrat durchaus kein natürlicher Feind erneuerbarer Energien: In anderen Gutachten zeigt das Professorengremium Wege auf, wie Ökostrom bis 2050 den kompletten deutschen Energiebedarf decken kann, verzichtet dabei aber lieber auf ein Übermaß an Sonnenenergie.

SFV: Hier beruft sich die WAMS auf einen Appell von Wissenschaftlern aus dem Dezember des vergangenen Jahres, auf den der SFV bereits am 19.12.2010 geantwortet hat. http://www.sfv.de/artikel/sfv-stellungnahme_zum_appell_zur_rettung_des_eeg.htm

 

WamS: Die Forscher stehen mit ihrer Meinung nicht allein. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) sagt wegen des "Hype um die Fotovoltaik" in Deutschland einen "weiter anschwellenden Kosten-Tsunami" voraus. Das RWI, das zu den renommiertesten deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten gehört,

SFV: - und teilweise durch den Stromkonzern RWE finanziert wird -

 

schlägt angesichts der deutschen Defizite bei Stromspeichern, Stromleitungen und der mangelhaften Vernetzung mit den europäischen Nachbarn deshalb sogar ein mehrjähriges Moratorium für erneuerbare Energien vor, um "die Förderanreize für diesen Zeitraum auszusetzen". Auch der unabhängige Energieexperte Sven Bode vom Arrhenius Institut für Energie- und Klimapolitik in Hamburg stellt offen die Frage, "ob die Förderung der Fotovoltaik nicht bereits heute vollständig eingestellt werden sollte".

SFV: Sven Bode weist nach, dass die Einspeisungen von Solarstrom dazu führen, dass um die Mittagszeit an sonnigen Tagen der Börsenstrompreis sinkt und die konventionellen Kraftwerke dadurch weniger Geld verdienen. Damit macht sich die Photovoltaik natürlich bei den Stromversorgern besonders unbeliebt. Hier geht es schlicht um einen Interessenkonflikt.

 

WamS: Doch danach sieht es ganz und gar nicht aus: Die Fraktionen der Regierungsparteien wollen sich morgen über die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes verständigen und dabei auch die Vergütungssätze für die unterschiedlichen Ökostrom-Arten festschreiben. Schon jetzt ist absehbar, dass es zu keinen nennenswerten Abstrichen bei den Solarsubventionen kommen wird. Vorgesehen ist im derzeitigen Gesetzentwurf lediglich, dass die Einspeisevergütung um jeweils drei bis vier Prozentpunkte sinkt, wenn der Grenzwert von 3500 Megawatt um 1000 Megawatt überschritten wird. Dass dies ausreicht, die solare Kostenexplosion zu beenden, glaubt kaum ein Marktbeobachter.

SFV: Tatsächlich ist aufgrund der bisherigen Vergütungsabsenkungen die Errichtung neuer Solarstromanlagen im Vergleich zu den Vorjahresmonaten (leider) erheblich zurückgegangen.

 

WamS: Der Wirtschaftsflügel der Unionsfraktion im Bundestag ist dabei schon bereit, die richtigen Konsequenzen zu ziehen: Er will den Fotovoltaik-Zubau in Deutschland - wie in anderen Ländern längst üblich - durch einen festen "Ausgabendeckel" begrenzen. Thomas Bareiß, der die Energiepolitik der CDU/CSU-Fraktion koordiniert, will mit dieser Forderung auch in die Koalitionsgespräche im Bundestag gehen, denn: "Was sich hier abzeichnet, ergibt energiewirtschaftlich keinen Sinn und ist sozialpolitisch verantwortungslos."

Doch Bareiß hat Zweifel, ob sich die Position des Wirtschaftsflügels der Union in den Koalitions- und Fraktionsgesprächen noch durchsetzen wird. Auch die anderen Wirtschaftspolitiker der Fraktion glauben nicht, dass sie bei der eigenen Parteiführung und beim Koalitionspartner FDP durchdringen.
Warum die Bundesregierung den Subventionsirrsinn jetzt nicht beendet, ist offensichtlich. Zu groß ist die Sorge der Partei- und Regierungsspitzen, vor den anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen vom ökologischen Mainstream der Bevölkerung abgestraft zu werden. Nach außen hin wolle die Bundesregierung nach der Abschaltung der Kernkraftwerke eben nicht nur als "Ausstiegspartei" wahrgenommen werden, formuliert es ein hoher Beamter des Bundeswirtschaftsministeriums: "Ebenso wichtig ist es zu zeigen, dass man auch in etwas einsteigt." Und die Kappung von Solarsubventionen - wie sinnvoll sie inhaltlich auch immer sein mag - "passt da eben nicht ins Bild".

Folge dieses politischen Populismus dürfte sein, dass auch in den kommenden Jahren jeweils mehr als die Hälfte der vom Verbraucher zu zahlenden Ökostrom-Milliarden an die Solarindustrie fließen wird - und hier wiederum zum weitaus größten Teil an die asiatischen Modul- und Zellen-Hersteller.

SFV: Eine nüchterne und vorurteilslose Betrachtung zeigt, dass das Geld der Stromkunden natürlich und selbstverständlich dorthin fließen muss, wo die meisten Stromerzeugungsanlagen errichtet werden und das ist derzeit die Photovoltaik. Was soll daran verwerflich sein?

 

WamS: Während die Solarlobby in der Öffentlichkeit behauptet, die Bundesregierung würde bei ihrer Energiewende die Windkraft bevorzugen, sprechen die Zahlen eine völlig andere Sprache: Nach der offiziellen Statistik des Bundesumweltministeriums wurden im vergangenen Jahr rund 19,5 Milliarden Euro für die Errichtung von Fotovoltaik-Anlagen in Deutschland ausgegeben, jedoch nur 2,5 Milliarden für die deutlich ergiebigere Windkraft. Während die installierte Leistung der Solarmodule 2010 um 7500 Megawatt zunahm, wuchs die angeblich bevorzugte Windkraft lediglich um 1500 Megawatt. Ein Missverhältnis, das sich nach den Zubauprognosen in diesem Jahr weiter verfestigen dürfte.

SFV: Nicht die Windkraft im Allgemeinen, sondern nur die Winkraft auf hoher See (offshore) wird durch die Einspeisevergütung bevorzugt. Der Strom aus Offshore-Windanlagen wird mehr als doppelt so hoch vergütet, nämlich mit fast 20 cent/kWh wie Strom aus neuen Windkraftanlagen an Land.

 

WamS: In ihrem<i> "Energiekonzept"</i> hatte sich die Bundesregierung im vergangenen Jahr noch das Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 von heute 17 auf dann 30 Prozent zu erhöhen. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima und der Abschaltung mehrerer deutscher Atomkraftwerke wurde der zu erreichende Ökostrom-Anteil jetzt auf "mindestens 35 Prozent" heraufgesetzt. So steht es im Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das Ende kommender Woche vom Bundestag in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden soll. Doch viele Ökonomen und nicht wenige Bundestagsabgeordnete fragen sich inzwischen, wie die beschleunigte "Energiewende" innerhalb von zehn Jahren gelingen soll, wenn die Förderpolitik für Ökostrom dem luxuriösen Motto<i> "Vom Teuersten das Meiste"</i> folgt. Müsste man angesichts des Zeitdrucks und der knappen Mittel nicht die effizientesten Techniken am stärksten fördern?

SFV: Hier stimmt der Solarenergie-Förderverein Deutschland vollständig zu: Die Solarenergie weist derzeit das schnellste Wachstum und die stärkste Preissenkung auf. Ihr folgt die Windenergie an Land. Diese beiden Technologien treiben die Energiewende am effizientesten voran. Sie gilt es deshalb am stärksten zu fördern.