Achtung: Der Erlass des Bauministeriums NRW wurde durch eine Änderung der BauO NRW zum 13.1.2012 aufgehoben.

§ 65 Abs. 2 Nr.3 BauO NRW

"Keine Baugenehmigung bedürfen ferner....
1. ...
2. ...
3. die mit Solaranlagen in, an und auf Dach-Außenwandflächen verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt des Gebäudes, ..."

Quelle: Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - Landesbauordnung (BauO NRW)

 

Am 20.09.2010 entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, dass eine gewerblich betriebene Solaranlage eine Nutzungsänderung eines im Außenbereich privilegierten Gebäudes darstellen kann und dann baugenehmigungspflichtig sei. Im konkreten Streitfall ging es darum, dass die Dachflächen einer bislang privilegiert genutzten Reithalle mit Photovoltaikmodulen bedeckt wurden, um den erzeugten Strom nicht im landwirtschaftlichen Betrieb selbst zu nutzen, sondern gegen ein monatliches Entgelt in das Netz eines Energieversorgers einzuspeisen. Eine solche Nutzungsänderung des Trägergebäudes (des Reitstalles) - so das OVG NRW - sei nicht von der Genehmigungsfreistellung des § 65 Abs. 1 Nr. 44 BauO NRW erfasst.

Auf Grund dieses Urteils befürchten nun viele Anlagenbetreiber in NRW, dass für ihre zunächst baugenehmigungsfrei errichtete Solaranlage im Innen- und Außenbereich nachträglich eine Genehmigung von der kommunalen Baubehörde eingefordert werden könnte. Auch der Bau neuer Solaranlagen könnte durch eine Baugenehmigungspflicht erschwert werden.

Das Bauministerium NRW wies deshalb in einem Erlass vom 13.10.2010 die oberen Bauaufsichtsbehörden an, wie zukünftig die Genehmigungsfreistellung von Solarstromanlagen zu handhaben sei.

Im Erlass stellte man zunächst klar, dass es auch nach dem Urteil des OVG keinen Anlass gäbe, die Vorschrift über genehmigungsfreie Vorhaben in der Landesbauordnung neu zu fassen. Allerdings stellte die oberste Bauaufsichtsbehörde fest, dass eine Nutzungsänderung der baulichen Anlage nur dann nicht vorläge, wenn die größere Menge des dort erzeugten Solarstroms für den Betrieb der baulichen Anlage selbst genutzt würde. Dabei spiele es keine Rolle, ob eine Photovoltaik Anlage zunächst den gesamten Strom ins öffentliche Netz einspeist und sodann der eigene Bedarf aus dem öffentlichen Netz gedeckt wird. Es komme vielmehr einzig auf die Differenz zwischen der gesamt erzeugten Strommenge und dem Energieeigenbedarf an. Liegt diese Differenz unter 50%, so liegt keine Nutzungsänderung vor.

Nun kann man aufgrund der dargestellten Berechnungsweise zwar davon ausgehen, dass für die Installation kleinerer Solarstromanlagen im innerstädtischen Bereich in der Regel keine Genehmigungspflicht entstehen kann.

Allerdings bleiben genügend Fälle, bei denen Investitionen in Solarstromanlagen durch eine nunmehr erforderliche Baugenehmigungspflicht unnötig erschwert werden. Stellt man nur auf den Strombedarf ab, dann könnte es bereits bei Solarstromanlagen ab 10 kWp (Jahresstromertrag ab ca. 9.000 kWh) in sparsamen Haushalten schwierig werden, mindestens die Hälfte des erzeugten Solarstroms rechnerisch selbst zu verbrauchen. Der Durchschnitts-Strombedarf eines Drei-Personen-Musterhaushaltes liegt bei 3.500 kWh. Vielleicht wollte das Bauministerium zukünftige Betreiber von Solarstromanlagen zunächst dazu motivieren, ihren Strombedarf anzukurbeln, um einer Baugenehmigungspflicht zu entkommen?
Wenn man ferner bedenkt, dass auf Grund der immer weiter absinkenden Vergütungen für Solarstrom in den letzten Monaten spürbar weniger Solarstromanlagen im Anlagenbereich bis 10 kWp, jedoch weitaus mehr von 10 - 100 kWp errichtet wurden, so wird einem die Dimension des neuen Erlasses des Bauministeriums NRW bewusst. Viele Solarstromanlagenbetreiber werden durch die derzeitigen Regelungen angehalten sein, bei der örtlichen Baubehörde vorzusprechen.

Zwar könnte nach Aussage von Rechtsanwältin Frau Dr. Bönning die zuständige Baubehörde in reinen Wohngebieten eine Befreiung und in allgemeinen Wohngebieten eine Ausnahme von der Baugenehmigungspflicht erteilen. Auch könnte eine Solarstromanlage im Außenbereich als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) eingestuft werden, so dass eine Baugenehmigung eher problemlos erteilt würde.

Trotzdem bleibt die Unsicherheit und die Erschwernis für Anlagenbetreiber. Es müssen also dringend weitere Fragen über den Erlass hinaus geklärt werden.