Leitsatz:

Zu den Voraussetzungen des Anspruchs des Einspeisewilligen gegen den Netzbetreiber aus § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Halbs. 1 EEG (2004) auf Ausbau des Netzes.

Dieser Anspruch setzt nicht voraus, dass die Anlage anschlussfertig errichtet ist. Daher handelt es sich bei einer entsprechenden Klage, wenn die Anlage noch nicht anschlussfertig errichtet ist, nicht um eine - mangels Entstehung des Anspruchs - unzulässige Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 ZPO (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 12. Juli 2006 - VIII ZR 235/04, NJW-RR 2006, 1485).

Einspeisewilliger im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 EEG (2004) ist derjenige, der zwar noch nicht wie der Anlagenbetreiber (§ 3 Abs. 3 EEG (2004)) eine Anlage zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien betreibt, dies jedoch beabsichtigt, insbesondere Strom aus der Anlage in das Stromnetz einspeisen will. Das gilt auch für denjenigen, der die Errichtung und den Betrieb der von ihm geplanten Anlage einem Dritten, namentlich einer noch zu gründenden Gesellschaft überlassen will, wenn er bereits im Besitz einer Baugenehmigung ist und sich das Grundstück für die Errichtung und den Betrieb der Anlage, sofern er nicht selbst dessen Eigentümer ist, durch Vertrag mit dem Eigentümer gesichert hat.

Wird eine Anlage zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien an eine Station eines bestehenden Netzes angeschlossen und wird aus diesem Anlass von der betreffenden Station eine neue Leitung zu einer anderen Netzstation errichtet, so handelt es sich bei der Errichtung der neuen Leitung um eine Maßnahme des Netzausbaus im Sinne des § 4 Abs. 2 EEG (2004), für die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 EEG (2004) der Netzbetreiber die Kosten zu tragen hat, und nicht um eine Maßnahme des Netzanschlusses, für die gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 EEG (2004) der Anlagenbetreiber kostenpflichtig ist.

Rechtsgebiete: EEG (2004), ZPO

Vorschriften: EEG (2004) § 4 Abs. 2 Satz 1
EEG (2004) § 4 Abs. 2 Satz 2
EEG (2004) § 13
ZPO § 259

Verfahrensgang: LG Münster 2 O 60/04 vom 21.10.2004
OLG Hamm 22 U 195/04 vom 28.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

VIII ZR 288/05

Verkündet am:
18. Juli 2007

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers und Dr. Frellesen, die Richterin Hermanns und den Richter Dr. Koch

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. November 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Im Mai beziehungsweise Juni 2003 erteilte der Bürgermeister der Stadt C. der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 sowie den Klägern zu 2 und 3 jeweils eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Windenergieanlage des Typs E. mit einer Nennleistung von 600 kW auf Grundstücken im Südosten der Stadt. Die Beklagte betreibt im Gebiet der Stadt C. das örtliche Stromnetz.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 forderte die Beklagte nach ergebnislosem Schriftwechsel mit Schreiben vom 30. Juni 2003 auf, bis zum 30. September 2003 ihr Stromnetz zum Zwecke des Anschlusses der geplanten Windenergieanlage auszubauen. Am 7. Juli 2003 schloss die Klägerin zu 1 mit dem Ehemann ihrer Rechtsvorgängerin einen Nutzungsvertrag über das diesem gehörende Grundstück, auf dem nunmehr sie die Windenergieanlage errichten will. Die Stadt C. erklärte sich am 7. November 2003 mit dem Bauherrenwechsel einverstanden. Der Betrieb der geplanten Anlage soll durch eine noch zu gründende Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG) erfolgen, deren Komplementärin die Klägerin zu 1 werden soll. Mit Anwaltsschreiben vom 11. November 2003 verlangte die Klägerin zu 1 von der Beklagten, bis zum 25. November 2003 mitzuteilen, dass die Anlage an einer näher bezeichneten Trafostation an das Stromnetz angeschlossen werden könne.

Die Kläger zu 2 und 3 forderten die Beklagte nach fruchtlosen Verhandlungen mit einem gemeinsamen Anwaltsschreiben vom 18. Dezember 2003 unter Fristsetzung zum 31. Dezember 2003 auf anzuerkennen, dass die von ihnen projektierten Windenergieanlagen an einer bestimmten Trafo- beziehungsweise Maststation an das Stromnetz angeschlossen werden könnten.

Das 10 kV-Stromnetz der Beklagten ist im Bereich der betreffenden Stationen, die jeweils in unmittelbarer Nähe der geplanten Windenergieanlagen liegen, ohne kostenaufwendigen Ausbau zur Aufnahme des Stroms aus den Anlagen technisch nicht geeignet. Deswegen bot die Beklagte den Klägern im Verlauf der Verhandlungen an, die Anlagen an das - jeweils etwa zehn Kilometer entfernte - Schalthaus Nord anzuschließen, das hierfür ohne Netzausbau technisch geeignet ist. Dies lehnten die Kläger wegen der erheblich höheren Anschlusskosten ab und forderten die Beklagte auf, ihrerseits eine neue Leitung von den genannten Stationen zu dem Schalthaus Nord zu errichten.

In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten begehrt, ihr Netz in der Weise auszubauen, dass ein Anschluss der projektierten Windenergieanlagen an die 10 kV-Maststation "P. - G. " (Kläger zu 1 und 3) beziehungsweise an die 10 kV-Trafostation "L. - B. " (Kläger zu 2) möglich ist, und die Anlagen an diese Netzstationen anzuschließen, sobald sie errichtet sind. Weiter haben die Kläger die Feststellung beantragt, dass die Beklagte der Klägerin zu 1 ab dem 1. Oktober 2003 und den Klägern zu 2 und 3 ab dem 11. März 2004 dem Grunde nach zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der sich daraus ergebe, dass die Beklagte den Anschluss der projektierten Windkraftanlagen an den bezeichneten Netzstationen verweigert habe.

Das Landgericht (LG Münster ZNER 2004, 403) hat der Klage mit diesen Anträgen stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 2 seine Rechte aus der Baugenehmigung an die Ö. GmbH & Co. KG abgetreten und dieser durch Nutzungsvertrag das Recht eingeräumt, auf dem ihm gehörenden Grundstück eine Windkraftanlage zu errichten und zu betreiben. Nach dem Vertrag sind sich die Beteiligten "einig, dass vor Baubeginn ein Investor in das Projekt eintritt, auf den dann sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag übergehen werden". Die Kläger haben wegen dieser Entwicklung beantragt, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Verurteilung der Beklagten zum Netzausbau und zum Netzanschluss sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nicht mehr gegenüber dem Kläger zu 2, sondern gegenüber der Ö. GmbH & Co. KG bestehe. Die Beklagte hat angeboten, die geplanten Windenergieanlagen an das diesen wesentlich näher als das Schalthaus Nord gelegene Schalthaus Süd anzuschließen, dessen Ausbau sie zwecks Anbindung eines überregionalen Übertragungsnetzes beabsichtigt. Im Hinblick hierauf haben die Kläger hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr Netz so auszubauen, dass ein Anschluss der projektierten Windenergieanlagen an das Schalthaus Süd möglich ist, und die Anlagen an dieses Schalthaus anzuschließen, sobald sie errichtet sind.

Das Berufungsgericht (OLG Hamm ZNER 2005, 325) hat die Berufung der Beklagten gemäß dem Hauptantrag der Kläger sowie mit der weiteren Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht auf die Verweigerung des Netzanschlusses der projektierten Windenergieanlagen, sondern auf die Verweigerung des Netzausbaus bezieht. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die bezüglich des Klägers zu 2 erfolgte Umstellung der Klageanträge sei gemäß § 265 ZPO zulässig.

Den Klägern zu 1 und 3 sowie der Ö. GmbH & Co. KG stehe gegen die Beklagte gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 EEG jeweils ein Anspruch auf einen Ausbau ihres Netzes zu, durch den ein Anschluss der projektierten Anlagen an die genannten 10 kV-Stationen ermöglicht werde. Die in § 4 Abs. 2 Satz 3 EEG vorausgesetzten Genehmigungen lägen vor. Sämtliche Kläger seien als Einspeisewillige im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 EEG anzusehen. Das gelte auch für die Klägerin zu 1 und die Ö. GmbH & Co. KG, da auch für deren Anlagen eine Inbetriebnahme ...