Arbeitspapier zu einer neuen Gesetzgebung für die Wärmewende
Im Vergleich zur elektrischen Energieversorgung hat die Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärmeversorgung noch starken Nachholbedarf. Daher schlagen wir hier verschiedene Maßnahmen auf verschiedenen politischen Ebenen (Bund, Länder und Kommunen) zur Umsetzung der Wärmewende vor. Vor dem Hintergrund der drohenden Klimakatastrophe muss auch die Umsetzung und Finanzierung der Wärmewende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden.
Während die Finanzierung der elektrischen Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien als gesellschaftliche Aufgabe akzeptiert und gesetzlich geregelt ist, findet die Finanzierung der Wärmeversorgung derzeit im Wesentlichen auf individueller Basis statt und ist in weiten Bereichen unzureichend. Die Art und Weise, eine dementsprechend angemessene Finanzierung der Wärmewende zu erreichen, ist jedoch ein noch offener Diskussionspunkt.
1. Wärmewende
Ab 2030 darf die Wärmeerzeugung nur noch auf Basis von Erneuerbaren Energien betrieben werden. Außerdem dürfen alle Gebäude ab 2030 nicht mehr Energie als ein Haus verbrauchen, das nach dem Standard KFW55 gebaut würde. Verbräuche, die über dieser Norm liegen, werden mit einer Abgabe belegt. Bei Eigentümerwechseln von Grundstücken mit Gebäuden hat der Erwerber innerhalb eines Jahres diesen Standard auf eigene Kosten herzustellen. Für Maßnahmen, die einen solchen Standard erzielen, werden Fördermittel als Zuschuss zur Finanzierung der Maßnahme gewährt. Neubauten dürfen ab sofort nur noch mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Kommunen müssen bis Ende 2023 einen Rahmenplan zur Wärmenutzung für das gesamte Gebiet der Kommune erstellen und beschließen. Hinweis: Diese Planung soll unter anderem vorhandene und neue Wärmenetze enthalten.
1.1. Fördermaßnahmen im Gebäudebestand zur Wärmedämmung
Wärmedämmung von Gebäuden ist eine wichtige Vorbedingung für eine Wärmeversorgung mit Erneuerbaren Energien und muss daher noch viel schneller umgesetzt werden. Das gilt insbesondere für den Bestand von Gebäuden. Wenn ein Gebäude einen Endenergiebedarf hat, der den Standard für 2030 übersteigt, werden als Anreiz dafür dem Eigentümer oder Nutzer (z.B. Mieter) staatliche Abgaben und Steuern auf die zum Heizen und Lüften bezogene Energie erlassen. Beim Neubau oder der Modernisierung eines Hauses muss eine Klimagas- und Nachhaltigkeits-Bilanz der verwendeten Rohstoffe erfolgen.
1.2. Wärmenetze
Ab 2030 dürfen Wärmenetze ausschließlich mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Betreiber von bestehenden Wärmenetzen müssen bis Ende 2022 jeweils ein Konzept vorlegen, wie ihre Wärmenetze vollständig mit Erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Jedes Wärmenetz muss einen Wärmesaisonspeicher haben. Flächen dafür werden bereitgestellt. Die Flächennutzung für Saisonspeicher bekommt Vorrang. Enteignungen zum Gemeinwohl sind in dem Zusammenhang möglich.
Nutzern muss ermöglicht werden, Wärmeenergie in das Wärmenetz einzuspeisen, an das er angeschlossen ist. Diese Wärme kann beispielsweise aus Solarthermie-Anlagen oder aus Kraft-Wärmekopplungs-Anlagen stammen, oder Abwärme von Kühlanlagen, Industrie- oder Gewerbeprozessen sein. Die eingespeiste Wärmeenergie wird vom Betreiber des Wärmenetzes vergütet.
Abwärme von Industrie- und Gewerbebetrieben muss genutzt werden. Zuschuss-Varianten: Netzbetreiber, die Vorlauftemperaturen schrittweise herabsetzen, können dafür Zuschüsse erhalten. Laufende Verträge dazu dürfen vorzeitig angepasst werden. Für die Errichtung neuer Nahwärmenetze mit Erneuerbaren Energien werden Zuschüsse gewährt. Pro gelieferte Wärmemenge erhält der Betreiber des Netzes eine Vergütung. Sie soll so bemessen sein, dass sie einen hinreichenden Anreiz für den Betreiber zur Investition und für die Nutzer zum Anschluss bietet. Wärmeenergie aus einem Saisonspeicher wird zusätzlich gesondert vergütet. Gebietsmonopole sind bei Wärmenetzen unwirksam, wenn ein zweiter Betreiber ein Wärmenetz ausschließlich mit Erneuerbaren Energien betreibt.
1.3. Individuelle Wärmeerzeugung
1.3.1
Nichtelektrische Wärmeerzeuger dürfen ab 2030 ausschließlich mit nachweislich Erneuerbarem Brennstoff betrieben werden. Beispiele dafür sind aus erneuerbarem Strom gewonnene Brennstoffe wie Wasserstoff, Methanol, biogene Reststoffe. Holzpellets und Holzhackschnitzel dürfen nur noch aus Reststoffen gewonnen werden und benötigen einen entsprechenden Herkunftsnachweis. Ab Ende 2022 dürfen nur noch solche Wärmeerzeuger verkauft und installiert werden.
1.3.2
Um maximale Ausbauquoten von erneuerbaren Energien in Mehrfamiliengebäuden zu erhalten und damit lokale Energieversorger mit neuen Geschäftsmodellen im Markt bestehen können, sind angepasste Rahmenbedingungen und neue gesetzliche Vorgaben notwendig. Durch die neuen Modelle entstehen völlig neue Perspektiven im Bereich Heizung/Kühlung in den Mehrfamiliengebäuden. So unterstützen Energieflatrates der Immobilien-Hausverwaltungen (Strom für E-Fahrzeuge, Haushaltsstrom und geeignete Heizungen) die Wärmewende im Gebäude-Bestand. Strom-Überflüsse fließen kostenfrei an den lokalen Energieversorger, der diesen EE-Strom im Winter zu 2/3 an die Stromerzeugerinnen ohne Bezahlung zurückliefert. Für dieses Modell sind neue gesetzliche Rahmenbedingungen und Förderprogramme zu erstellen, damit in jedem Gebäude immer die maximale Ökostromleistung installiert und genutzt wird.
1.4. Öffentliche und gewerblich genutzte Gebäude
Eigentümer von gewerblich genutzten oder öffentlichen Gebäuden sowie von Gebäuden mit einer Grundfläche von mehr als 500 m2 (insbesondere Mietwohngebäude) müssen bis Ende 2024 jeweils ein Konzept vorlegen, wie ihre Gebäude vollständig mit Erneuerbaren Energien beheizt werden sollen.
1.5. Sektorkopplung
1.5.1. Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen
Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) dürfen nur noch mit nachweislich Erneuerbarem Brennstoff betrieben werden. Beispiele dafür sind aus erneuerbarem Strom gewonnene Brennstoffe wie Wasserstoff, Methanol, biogene Reststoffe.
KWK-Anlagen sind stromgeführt zu betreiben, um fluktuierenden Wind- und Solarstrom ausgleichen zu können. Dazu enthalten sie geeignete Wärmespeicher und es wird ein entsprechender extra Bonus bei der Einspeisung des Stroms gezahlt. Rein wärmegeführte KWK-Anlagen werden nicht gefördert.
1.5.2. Wärmepumpen
Neue Wärmepumpen und andere elektrische Heizungen müssen stromnetzkompatibel betrieben werden können. Sie sollen bis zu 6 h pro Tag am Stück vom Stromnetz getrennt sein können, um lokale Netzüberlastung durch Lastverschiebung vermeiden zu können. Dazu könnte z.B. ein Wärmespeicher vorhanden sein, die Gebäudemasse mit guter Wärmedämmung Wärme vorhalten oder andere erneuerbare Wärmequellen genutzt werden (multivalente Wärmeerzeugung).