1. Verkehrswende

 

Die Umstellung unserer Gesellschaft auf eine zukunftsfähige Mobilität fordert grundlegende Veränderungen unseres Mobilitätsverhaltens und unserer Verkehrsmittel. Wir brauchen mehr Mobilität für alle und dabei weniger Verkehr. Alle Menschen, egal welchen Alters und Einkommens, müssen einen guten Zugang zu Mobilität haben. Das erfordert eine Umstellung von der Individualmobilität auf öffentliche Verkehrsmittel und Sharing Konzepte. Gleichzeitig müssen alle Fahrzeuge mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Diese Transformation muss schnell eingeleitet werden, um unsere Lebensgrundlagen zu schützen und das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.

Der motorisierte Individualverkehr benötigt für Herstellung und Betrieb die meisten Ressourcen an Material, Energie und Fläche. Daher soll die Gesetzgebung insgesamt darauf abzielen, diesen zugunsten von nichtmotorisiertem Verkehr (also insbesondere Fahrradfahren) und öffentlichem Verkehr (Busse, Bahnen) zu reduzieren.

Ab 2030 dürfen nur noch Fahrzeuge mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Dazu gehört Strom aus Erneuerbaren Energien oder Brennstoffe, die nachweislich erneuerbar und möglichst regional erzeugt wurden. Beispiele dafür sind Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien, mit erneuerbarem Strom gewonnene Brennstoffe wie Methanol oder aus biogenen Reststoffen erzeugte Brennstoffe. Aufgrund der hohen Kosten gegenüber rein elektrischen Antriebsystemen erwarten und empfehlen wir keinen signifikanten Anteil an Antrieben mit Wasserstoff außer bei wenigen nicht substituierbaren Anwendungen.

Ab Ende 2024 dürfen nur noch Fahrzeuge für solche Antriebe verkauft werden.

Steuerliche Aspekte werden noch gesondert behandelt.

 

1.1. Radverkehr

Fahrradwege sind auszubauen, dazu gehören auch Radschnellwege. Fahrradinfrastruktur soll Vorrang bekommen gegenüber dem motorisierten Individualverkehr, z.B. beim Wegfall von Parkplätzen zu Gunsten von Radwegen. Die Qualität der Radwege soll verbessert werden und wird in einem neuen bundeseinheitlichen Standard festgelegt.

Kommunen müssen bis Ende 2022 ein Radwegekonzept vorlegen, das eine vollständige Dekarbonisierung des Verkehrs unterstützt. Sie müssen sich dazu mit benachbarten Kommunen abstimmen.

Fahrräder dürfen grundsätzlich kostenlos im öffentlichen Nahverkehr mitgenommen werden. In allen Zügen des Fernverkehrs muss die Fahrradmitnahme auch ohne Reservierung ermöglicht werden, indem entsprechende Transportkapazitäten geschaffen werden.

 

1.2.  Öffentlicher Personen-Nahverkehr

Der öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV) wird nach Möglichkeit kostenlos (mindestens aber solidarisch und überregional, z.B. 365-Euro-Ticket) für jeden angeboten. Kommunen sind dafür von Land- und Bund zu unterstützen.

Betreiber von ÖPNV müssen bis Ende 2022 jeweils ein Konzept vorlegen, wie ihr ÖPNV bis 2030 vollständig mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll.

 

1.3.  Bahnverkehr

Betreiber von Eisenbahnen müssen bis Ende 2022 jeweils ein Konzept vorlegen, wie ihr Verkehr bis 2030 vollständig mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll.

Um steigende Passagierzahlen zu bewältigen, müssen Bahnstrecken ausgebaut werden. Dazu sind Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und ggf. zu vereinheitlichen. Der Gemeinwohlnutzen von neuen Bahnlinien oder deren Ausbau ist klarzustellen.

 

1.4.  Güterverkehr

Güter gehören auf die Bahn, insbesondere im Langstreckenverkehr, denn der Ressourcen-, Flächen- und Energiebedarf ist dabei deutlich niedriger als beim Lastkraftwagentransport.

Eine erhebliche Reduktion nicht-notwendiger Transportverkehre ist anzustreben, jedoch geht eine gesetzliche Lösung dieser Aufgabe über die hier angestrebte Energiegesetzgebung hinaus. Eine Verlagerung des Gütertransports von der Straße auf die Schiene benötigt einen Ausbau des Schienennetzes (siehe auch Kapitel Bahnverkehr).

 

1.5. Individualverkehr

Aufgrund der deutlich besseren Energiebilanz sind direktbetriebene Elektroautos gegenüber Fahrzeugen mit erneuerbar erzeugten Brennstoffen zu bevorzugen.

Deshalb muss die Ladeinfrastruktur für Elektroautos zeitnah bedarfsgerecht ausgebaut werden und die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.

 

1.5.1.  Ladeinfrastruktur

Eigentümer von gewerblich genutzten Gebäuden müssen, abhängig von der Zahl der in dem Gebäude arbeitenden oder lebenden Personen, eine Mindestanzahl an Lademöglichkeiten für Elektroautos zur Verfügung stellen.

Eigentümer von privaten Stellplätzen (z.B. Tiefgaragen) müssen Nutzern der Stellplätze eine Lademöglichkeit zur Verfügung stellen. Dafür dürfen sie eine angemessene Miete oder eine Beteiligung an den Kosten verlangen.

Eigentümer von öffentlichen Stellplätzen (z.B. Parkhäusern) müssen einen Mindestanteil aller Stellplätze mit Lademöglichkeiten zur Verfügung stellen. Dieser Anteil steigt bis 2030 auf 50% der angebotenen Stellplätze. Sie müssen für Elektrofahrzeuge eine vergünstigte Parkgebühr anbieten. Die Kosten für Ladeinfrastruktur und Parkgebühr-Vergünstigung dürfen sie über die Parkgebühr für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ausgleichen. Für die Abrechnung entgeltlicher Ladeleistungen wird ein einheitliches Abrechnungssystem vorgeschrieben. Dabei sind die Energiepreise begrenzt, um Wucher zu vermeiden.

Ähnlich wie beim Anschluss von Erneuerbaren Strom-Einspeisern steht der Netzbetreiber in der Pflicht, einen Netzanschluss zum Laden von Elektrofahrzeugen zur Verfügung zu stellen. Er muss ggf. das Stromnetz entsprechend unverzüglich ausbauen. Allerdings kann ein intelligentes Lademanagement, das beschränkte Netzkapazitäten nach Bedarf verteilt, akzeptiert werden.

Bis 2030 wird keine zusätzliche Steuer auf elektrischen Strom zum Laden von Elektrofahrzeugen erhoben. Neue Elektrofahrzeuge sowie Ladeboxen und -Stationen werden nur noch mit der Möglichkeit des bi-direktionalen Leistungstransfers (Elektrofahrzeuge können auch ins Netz entladen) zugelassen. Dazu werden die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Für die Erbringung von Systemdienstleistungen für das Stromnetz mit Batterien von Elektrofahrzeugen werden im Vergleich zu stationären Speichern extra Vergütungen gezahlt.

 

1.5.2.           Dienstwagen

Das Dienstwagenprivileg fällt ab Ende 2024 weg.

 

1.5.3.           Anreiz für kleine Fahrzeuge

Für Fahrzeughersteller sind Anreize zu setzen, die Flottenbaugröße und -Gewicht der verkauften Fahrzeuge zu reduzieren, um damit Ressourcen und Umweltverschmutzung bei Herstellung und Betrieb (z.B. Reifenabrieb, Energieverbrauch, Emissionen) einzusparen. Bestehende Fehlanreize, die zu einer größeren Flottenbaugröße oder –Gewicht führen, werden abgeschafft. Ein Beispiel dafür sind die Flottenemissionen, welche vom Flottengewicht der Fahrzeuge eines Herstellers abhängen.

 

1.5.4.           Car-Sharing

Car-Sharing reduziert den Ressourcenverbrauch und entlastet Verkehrsflächen (wenn es die Nutzung von Privatfahrzeugen ersetzt), da weniger Fahrzeuge pro Person vorhanden sein müssen.

Daher soll Car-Sharing unterstützt werden, z.B. durch bedarfsgerechte finanzielle Anreize (So ist beispielsweise Car-Sharing auf dem Land derzeit unrentabel).

 

1.6.       Schiffsverkehr

Reedereien müssen bis Ende 2022 jeweils ein Konzept vorlegen, wie ihre Schiffe bis spätestens 2030 vollständig mit Erneuerbaren Energien betrieben werden.

Überseehäfen werden verpflichtet, bis 2030 kontinuierlich ansteigende wirksame Hafengebühren für Schiffe zu erheben, die mit nicht-erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden.

 

1.7.       Flugverkehr

Fluggesellschaften müssen bis Ende 2023 jeweils ein Konzept vorlegen, wie alle ihre Flugzeuge bis spätestens 2030 vollständig mit Erneuerbaren Energien betrieben werden können. .

Ab Ende 2024 dürfen Inlandsflüge nur noch emissionsfrei (z.B. mit Elektroantrieb) stattfinden.

Es soll darauf hingearbeitet werden, dass auch internationale Flüge ausschließlich mit Erneuerbaren Energien betrieben werden.

In hohen Luftschichten (über 7 km Höhe) dürfen ab 2030 keine Emissionen ausgeschieden werden (z.B. durch Nutzung eines rein elektrischen Antriebs).

Flughäfen werden verpflichtet, bis 2030 kontinuierlich ansteigende wirksame Flughafennutzungsgebühren für Flugzeuge zu erheben, die mit nicht-erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden.

Zur sofortigen Reduktion von Treibhausgasen wird eine Steuer auf alle Flugkraftstoffe fossilen Ursprungs erhoben und bestehende Steuerprivilegien abgeschafft.

 

1.8.       Infrastruktur

Ab Ende 2022 werden keine neuen Projekte mehr zum Bau von Autobahnen und Schnellstraßen beschlossen. Noch nicht angefangene neue Bauprojekte sollen nach Möglichkeit nicht mehr realisiert werden.

In der Regel werden bestehende Straßen erhalten. Freiwerdende Haushaltsmittel werden im Sinne des Arbeitspapiers zur Energiegesetzgebung wo immer möglich genutzt.