10 Vorurteile gegenüber der Wärmewende
Erst Dämmen – dann noch Heizungsumbau. Das Geld bekomme ich zu Lebzeiten nicht mehr rein!
- Wie schnell sich Investitionen in die nachhaltige Wärmeversorgung des Hauses amortisieren, hängt nicht zuletzt von der Entwicklung der Energiepreise ab. Dass diese kräftige Sprünge machen können, hat sich 2022 im Rahmen der Gasknappheit nach dem russischen Angriffskrieg gezeigt. Das investierte Geld könnte also schneller wieder hereinkommen, als man heute ahnt. Im Übrigen: Selbst wenn ich nur noch ein Jahr in meinem Haus wohne, lohnt sich die Investition: Entweder profitieren meine Kinder von der verbesserten Dämmung, oder ich kann die Immobilie zu einem entsprechend höheren Preis wieder verkaufen.
Das neue GEG schränkt meine Freiheit zu weitreichend ein.
Ich will heizen, wie ich will!
- In einer liberalen Demokratie endet die Freiheit der Einzelnen, wenn die Freiheit anderer beeinträchtigt wird. Nach dem Klimaurteil des BVerfG gilt dies auch gegenüber Menschen in anderen Ländern und gegenüber kommenden Generationen. Es gibt daher keine Freiheit, das Klima zu ruinieren – wozu fossile Heizungen massiv beitragen, denn das Heizen und Kühlen von Gebäuden ist für 18 % der deutschlandweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Außerdem wird der Tag kommen, an dem sich alle freuen, kein Geld für importiertes Öl oder Gas zahlen zu müssen - und nicht von volatilen Märkten und Exportländern abhängig zu sein.
Nur Ökostrom betriebene Wärmepumpen machen für die Wärmewende Sinn
- Nein. Zwar ist es unverzichtbar, dass wir unser Energiesystem schnellstmöglich auf 100% Erneuerbare Energien umstellen. Doch uns fehlt schlichtweg die Zeit, diese Schritte einzeln nacheinander zu tun. Wir müssen nun an allen Strängen gleichzeitig ziehen: Wärmeversorgung umbauen sowie Erneuerbare Energien ausbauen. Eine durchschnittlich effiziente Wärmepumpe (COP 3-5) kann aus 1 kWh Strom ca. 3-5 kWh Wärme erzeugen. Mit der gleichen Menge Erdgas erzeugt eine Brennwertheizung nur etwa 1,8 kWh Wärme. Wärmepumpen sind also auch beim derzeitigen Strommix bereits sinnvoll einzusetzen.
Dämmstoffe benötigen bei Produktion und Recycling mehr Energie, als durch sie eingespart wird.
- Stimmt nicht. Dämmstoffe helfen, den Energiebedarf des Hauses drastisch zu reduzieren. So kann beispielsweise mit Hilfe einer nur 7 cm dicken Dämmung bei einer 30 cm dicken Ziegelwand der Heizenergieverlust um ca. 75 % reduziert werden. Die zur Produktion benötigte Energie unterscheidet sich je nach Dämmstoff. Bei nachwachsenden Dämmstoffen (z. B. Zellulose, Hanf oder Jute) beträgt die energetische Amortisationszeit gerade einmal 0,1 - 0,7 Monate. Bei energieaufwändigeren Produkten (z. B. der Spitzenreiter Calciumsilikat) hingegen bis zu 26 Monate. Dennoch ist bei einer durchschnittlichen Verweildauer am Gebäude von 30-50 Jahren die zur Produktion aufgewendete Energie schnell wieder eingespart.
Eine Wärmepumpe kann Bestandshäuser nicht ausreichend erwärmen.
- Die Effizienz einer Wärmepumpe hängt maßgeblich von der benötigten Vorlauftemperatur und der gewünschten Raumtemperatur ab. Durch energetische Dämmung, größere Heizkörper oder hydraulischen Abgleich kann die Vorlauftemperatur des Heizsystems reduziert und damit die Effizienz der Wärmepumpe gesteigert werden. Es ist also weniger die Frage, ob eine Wärmepumpe geeignet ist, sondern eher, wie effizient sie das zu betrachtende Gebäude beheizen kann. Im Zweifelsfall kann ein elektrischer Heizstab als Backup für besonders kalte Tage dienen.
Die Kältemittel von Wärmepumpen sind immer umweltschädlich.
- Wegen technischer Vorteile wurden bisher viele synthetische Kältemittel verwendet, die sogenannten Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW). Diese weisen eine sehr hohe Klimaschädlichkeit auf, wenn sie in die Umwelt gelangen - z. B. R134a mit einem CO₂-Äquivalent von 1430. Das bedeutet, 1 kg R134a verursacht in der Atmosphäre eine klimaschädliche Wirkung wie 1430 kg CO₂. Doch es gibt auch natürliche Kältemittel, die deutlich umweltfreundlicher sind: Beispielsweise Propan (R290) mit einem CO₂-Äquivalent von nur 3. Sogar CO₂ selbst kann als Kältemittel verwendet werden. Das Umweltzeichen “der Blaue Engel” berücksichtigt diese Kriterien übrigens auch.
Man kann nix Dümmeres machen, als mit Strom zu heizen
- Dieses Argument galt lange Zeit als richtig, als noch ausschließlich fossile Energien zur Stromerzeugung genutzt und zur Wärmeerzeugung Radiatoren oder Heizstäbe eingesetzt wurden. Durch den Einsatz von Wärmepumpen ändert sich aufgrund der gesteigerten Effizienz jedoch der gewonnene Nutzen. Es ist inzwischen einfacher, Erneuerbaren Strom zu erzeugen als grüne Kraftstoffe. So macht es auch Sinn, den Energieträger beim Heizen auf (grünen) Strom umzustellen. Jedoch wird durch die Elektrifizierung nicht nur des Wärmesektors, sondern auch der Mobilität, unser Strombedarf signifikant steigen – also höchste Zeit, die Erneuerbaren weiter auszubauen.
Wärmepumpen sind zu laut!
- Nicht alle Wärmepumpen produzieren überhaupt Geräusche. Denn es gibt verschiedene Arten von Wärmepumpen. Die, die durch ihr Gebläse den Ruf haben, zu laut zu sein, sind Luftwärmepumpen. Mit Hilfe eines Ventilators saugen sie Außenluft an, die sie als Wärmequelle nutzen. Es gibt hingegen auch Wärmepumpen, die ihre Wärme aus dem Erdreich ziehen. Luftwärmepumpen können (z. B. während der Nacht) auch im schallreduzierten Betrieb gefahren werden. Übrigens: Die meisten Luftwärmepumpen haben laut Herstellerangaben 35 bis 50 Dezibel im Normalbetrieb. Durchschnittliche Autos erreichen Schallemissionen von 73 bis 75 Dezibel. Das ist ein Vielfaches so laut wie Wärmepumpen!
Die Wärmewende ist für sozial Schwache nicht leistbar
- Nichts tun kommt uns am Ende noch teurer! Leider sind es insbesondere die sozial schwächeren Menschen, die unter den Folgen des Klimawandels – insbesondere im globalen Süden – am meisten leiden. Aber auch in Deutschland müssen einkommensschwache Personen einen besonders großen Teil ihres geringen Einkommens für Energie aufbringen, denn sie leben oft in ungedämmten Häusern mit veralteten Heizsystemen. Umso wichtiger, dass die Wärmewende zügig umgesetzt wird und auch sinnvolle Umverteilungsmechanismen etabliert werden.
Die Wärmewende ist viel zu teuer
- Autobahnen sind auch viel zu teuer. Trotzdem bauen wir sie, denn viele wollen sie, um schnell ans Ziel zu kommen - obwohl der motorisierte Individualverkehr keineswegs zukunftsfähig ist und die Klimakrise noch weiter anheizt. Wenn wir den Klimawandel ernsthaft begrenzen wollen, braucht es dringend eine Wärmewende. Langfristig werden wir so die Investitionen - im Gegensatz zu den Autobahnen - durch geringere laufende Kosten wieder einsparen und haben die Chance, zukünftige Kosten - z. B. Schäden durch Extremwetterereignisse - zu vermeiden. Nichts kommt uns teurer, als auf Klimaschutz zu verzichten.