"Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles!" - Goethe und die Politik

Zum 250. Geburtstag des Dichterfürsten gibt es auch für Umweltschützer Gründe, sich seiner zu erinnern. Schließlich hat dieser Goethe nicht nur in seiner Ästhetik das Prinzip des Natürlichen hochgehalten. Darüber hinaus hat er die Natur in ihren Erscheinungsformen und Bewegungsgesetzen Zeit seines Lebens intensiv studiert und dabei immer wieder geltend gemacht, daß Kulturen sich nicht gegen die Naturgeschichte zu Hochkulturen entwickeln können, sondern nur mit ihr. Insofern war Goethe ein früher Umweltschützer oder Ökologe. Gleichzeitig war Goethe aber auch ein früher Neuerer oder Modernisierer. Ohne seine unbedingte Orientierung am Prinzip des Machbaren wären weder der jugendliche Stürmer und Dränger noch der einflußreiche Weimarer Geheimrat und Künstlerphilosoph denkbar. Für Goethe stellte, etwas vereinfachend gesagt, das Denken in betriebswirtschaftlichen und in ökologischen Kategorien (noch) keinen Widerspruch dar.

"Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles!"1 - Keinesfalls ist dieser Satz, mit dem Gretchen der Verführungstechnik des Mephisto erliegt, ursprünglich als Kritik am materialistischen Mammon gemeint, als den wir ihn heute meistens zitieren. Der Satz konstatiert lediglich die Tatsache, daß nicht nur eine Volkswirtschaft, sondern auch die menschliche Psyche ökonomisch organisiert ist und entsprechend funktioniert. Unter dem Gesichtspunkt können wir Goethes Diktum auch als Gretchenfrage der Politik begreifen. Sie betrifft die Realisierungschancen von Reformprojekten und besagt, daß es zur breiten Durchsetzung von Veränderungen nicht ausreicht, daß sie 1. politisch vernünftig und 2. technisch machbar sind. Darüber hinaus ist es 3. notwendig, daß Veränderungen sich sowohl für die Gemeinschaft als auch für den einzelnen "rechnen".

Die Gretchenfrage der Energiepolitik: Wie halten wir es mit der Ökonomie?

Nirgendwo stellt sich die Gretchenfrage danach, wie wir’s mit der Ökonomie halten, im Augenblick so dringlich wie im Bereich der Energiepolitik. Aber nirgendwo ist das Verhältnis zur Ökonomie auch so prekär wie unter Umweltschützern. Während nämlich zumindest über die Zielmarken einer Energiewende - das politisch Vernünftige - weitgehend Einigkeit besteht (Reduzierung des Energieverbrauchs; nachhaltige Nutzung der Ressourcen; Umstellung von den fossilen und atomaren auf regenerative Energiequellen) und während auch die Machbarkeit der Energiewende auf der Basis von Pilotprojekten, weltweiter Umweltforschung sowie der Entwicklung und Erprobung neuer umweltfreundlicher Technologien zunehmend präziser belegt werden kann, ist die Frage nach einer geeigneten Politik zur Durchsetzung der Energiewende unter Umweltschützern nach wie vor strittig. Dabei ist "des Pudels Kern" eben die Frage nach der Ökonomie. Auf den Punkt gebracht, lautet sie:

Sollen wir bei der Energiewende auf den Wettbewerb im liberalisierten Energiemarkt setzen und durch politische Aufklärung bei Groß- und Kleinverbrauchern dafür werben, ihren Energiebedarf bei alternativen Anbietern zu decken? In diesem Fall verzichten wir auf das politische Instrument der Wirtschaftssteuerung und muten es der umweltschonenden Energiewirtschaft zu, sich ganz aus eigener Kraft gegen die Wirtschaftsmacht der etablierten Energieversorger zu behaupten. Oder sollen wir dafür eintreten, den von Bundeskanzler Schröder bei seinem Amtsantritt vollmundig angekündigten "Einstieg in eine zukunftsfähige Energieversorgung" durch eine ordnungspoltische Option zugunsten der regenerativen Energien einzulösen? In diesem Fall nehmen wir das Instrument der Wirtschaftssteuerung in Anspruch und belohnen den umweltpolitischen Nutzen, den der Einsatz erneuerbarer Energien unserer Gesellschaft und unserer Gattung bringt, mit einem ökonomischen Gegenwert oder Gewinn.

Politikmodell 1: Energiewende über den liberalisierten Markt.

Die erste Politik entspricht im wesentlichen der nach der Aufhebung des Stromversorgungsmonopols gegebenen Situation. Der liberalisierte Energiemarkt läßt auch alternative Stromerzeuger zu und überläßt (im Prinzip) jedem Stromverbraucher die freie Wahl seines Energielieferanten. Unter solchen Rahmenbedingungen bleibt Umweltschützern auf der Ebene der institutionalisierten Politik gar keine andere Wahl: Sie können für die Notwendigkeit der Energiewende argumentieren. Sie können durch eigenes Handeln Zeichen setzen. Sie können die Nischen aufzeigen, die die deregulierte Stromwirtschaft für innovative ökologische Unternehmen eröffnet. Auf diese Weise können sie den "Einstieg in die Energiewende" unterstützen und befördern. Einklagen, geschweige kontrollieren können sie ihn aber nicht! Über den Erfolg oder Mißerfolg dieser Politik entscheidet einzig und allein das Verhalten einer Summe individueller Energieverbraucher. Nur unter der Voraussetzung, daß die große Mehrheit aller Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur einsieht, daß die Bevorzugung regenerativer Energieträger vernünftig und notwendig ist, sondern auch entsprechend handelt, wird aus dem "Einstieg" in diesem Fall mehr als ein symbolischer Akt.

Politikmodell 2: Energiewende über eine gezielte Marktsteuerung.

Die zweite Politik überläßt den "Einstieg in die Energiewende" nicht dem Markt und der Einsichtsfähigkeit der Verbraucher. Sie definiert ihn als wirtschaftspolitische Zielvorgabe und macht ihn dadurch einklagbar und kontrollierbar. Die Bevorzugung umweltschonender Energien ist unter solchen Rahmenbedingungen nicht eine Wahlmöglichkeit unter anderen, sondern Programm. Nach diesem Modell macht Umweltpolitik die Energiewende nicht nur schmackhaft, sondern "verkauft" sie. Und zwar ist das "Verkaufen" hierbei nicht nur bildlich im Sinne von Aufklärung und Argumentation gemeint, sondern auch wörtlich im Sinne der finanziellen Prämierung. Dieses Modell "belohnt" die Erzeugung und Nutzung umweltschonender Energien mit einem ökonomischen Vorteil und "bestraft" umgekehrt die Erzeugung und Nutzung umweltschädlicher Energien mit einem ökonomischen Nachteil. Über den Erfolg oder Mißerfolg einer solchen Politik entscheidet also nicht nur die ökologische Einstellung der Einzelverbraucher, sondern ebenso ihr ökonomisches Interesse.

Für Modell 1 spricht die Moral: "Geld stinkt."

Puristen unter den Umweltschützern halten den ersten Weg für den "saubersten". Er läßt Verbraucherinnen und Verbrauchern freie Wahl und wirkt allein auf der Basis substantieller Werte wie "Vernunft" und "Moral". Unterschwellig liegt dem die idealistische Auffassung zugrunde, daß "Geld stinkt" und finanzielle Interessen insofern irgendwie "anrüchig", also unmoralisch sind. Sicher erklärt sich die hohe Bedeutung, die in dieser Sichtweise die Moral spielt, aus der Tatsache, daß der Umweltschutzgedanke grundsätzlich von einer hochmoralischen Rationalität getragen wird. Schließlich bewertet er die Verantwortung für den Globus und für nachkommende Generationen höher als das Einzelinteresse an einem bequemen und sorgenfreien Leben in der Überflußgesellschaft.

Wenn wir außerdem bedenken, welche zerstörerischen Effekte "die brutale Dominanz der Ökonomie" (Ernst Ulrich von Weizsäcker) in der real praktizierten Energiepolitik bis heute gezeitigt hat und zeitigt, ist die kritische Einstellung zur Macht des Geldes auch in der Sache alles andere als abwegig. Schließlich steckt hinter der weltweiten Umweltzerstörung, die im Namen der Sicherung unseres Energiebedarfs bis heute betrieben wird, im wesentlichen das ökonomische Interesse von "global players" in Wirtschaft und Politik. Die Umwälzung riesiger Land-, Küsten- und Meeresgebiete durch die Erdölförderung, die Bewegung ungeheurer Landmassen durch den Abbau von Braun- und Steinkohle, die Gefährdung von Generationen durch Atommeiler und deren Abfallprodukte, die Störung von Klimazonen und Biosphäre durch das Abholzen des Regenwaldes, die Verseuchung unserer Atemluft durch gewaltige Mengen von Schadstoffemissionen - all das verdankt sich vor allem der Tatsache, daß mit Energie Geld, sehr viel Geld gemacht wird.

So gesehen, stinkt Geld tatsächlich. Es verdirbt den Charakter derer, die mit ihm spekulieren, und vernutzt als Spekulationsmasse dabei die Natur. Als anonyme Macht hat Geld zweifellos eine korrumptive Wirkung. - Aber folgt daraus wirklich notwendig, daß eine moralisch "saubere" Ökologie nur mit idealistischem Verzicht auf jeden ökonomischen Gewinn zu haben ist?

Für Modell 2 spricht die Raison: "Nur wenn die Energiewende sich auch bezahlt macht, mach’ ich mit!"

Fakt ist: Immer mehr Menschen halten den Umweltschutz für wichtig. Immer mehr meinen, daß wir zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen unsere Energiewirtschaft verändern müssen. Immer mehr räumen ein, daß dazu sowohl vom Einzelnen als auch von der Gemeinschaft Opfer gebracht werden müssen.

Aber Fakt ist ebenso: Im tatsächlichen Verhalten der Menschen hält sich die Opferbereitschaft in Grenzen. Weil die umweltfreundlichen Energien teurer sind als die umweltbelastenden Energien, zieht die Masse der Energieverbraucher nicht mit. Der zur Zeit einsetzende Run zu den Billigstromanbietern zeigt dies überdeutlich. Da vermag auch die Mahnung, daß der Kauf von Billigstrom auch nur wieder die Position der konventionellen, also dreckigen Energie stärke, nicht viel. Viele Menschen wollen halt den Strom so billig wie möglich kaufen. Ganz in Übereinstimmung mit Gretchens Klage über die unwiderstehliche Macht des Goldes dominiert bei ihnen das ökonomische Kalkül das moralisch-ökologische Gewissen. Unter der Voraussetzung sind aber die erneuerbaren Energien auf dem freien Markt zur Zeit nicht wettbewerbsfähig. So kommt ihre Verbreitung nur langsam voran und steckt die "solare Weltrevolution" (Franz Alt) in einer strukturellen Zwickmühle: Solange die Solar- und andere umweltschonende Energien nicht massenhaft genutzt werden, bleiben sie teuer. Aber solange sie teuer bleiben, nutzt die Masse sie nicht. Dabei stützt sie sich vor allem auf folgendes Argument: Ich sehe nicht ein, daß ich für mein vernünftiges, der Gemeinschaft nützliches Verhalten persönlich draufzahlen soll! Nur "wenn die Energiewende sich rechnet, bin ich dabei.2

Warum eigentlich nicht? Plädoyer für eine positive Öko-Bilanz.

Ist denn aber der Gedanke, daß man mit umweltfreundlichemVerhalten auch einen ökonomischen Vorteil erzielen könnte, tatsächlich so abwegig? Geld verdienen müssen wir schließlich alle. Auch die Idealisten unter uns, die nicht nur willens sind, in ihrem eigenen Verhalten mit der Energiewende ernst zu machen, sondern außerdem dazu bereit, für den Erhalt der Umwelt auch ein pekuniäres Scherflein beizutragen, müssen das Geld, das sie so draufzahlen, irgendwie verdienen. Sicher macht es dabei einen Unterschied ums Ganze, ob das Geld mit ökologisch fragwürdigen oder ökologisch unbedenklichen Tätigkeiten verdient wird. Ist es dann aber nicht ebenso wünschenswert, daß wir auch bei der privaten und geschäftlichen Geldanlage die Möglichkeit haben, in ökologisch vernünftige Projekte zu investieren und damit einen ökonomischen Gewinn zu erzielen? Wäre die Rendite, die wir für die Anschaffung einer Solaranlage diesem Denkspiel zufolge einfahren könnten, nicht allemal besser legitimiert als die Rendite, die wir durch den Erwerb von Aktien eines Energiekonzerns möglicherweise erwirtschaften?

Viel spricht für die Annahme, daß die Bereitschaft der Menschen zu umweltfreundlichen Investitionen qualitativ und quantitativ erheblich wachsen wird, wenn sie auf diese Weise ihr Geld ebenso rentabel anlegen könnten wie in einem Investmentfonds oder auf dem Aktienmarkt. So gesehen, läßt die Energiewende nicht nur deswegen auf sich warten, weil sie von den Energiekonzernen blockiert wird und unsere Regierung eine halbherzige Energiepolitik betreibt. Vielmehr verdankt sich die Verzögerung zum Teil auch der Tatsache, daß Umweltbewegung und Umweltverbände sich aufgrund moralischer Bedenken zu sehr zieren, für die aktive politische Subventionierung der erneuerbaren Energien und für die Einklagung einer positiven Öko-Bilanz einzutreten.

Im Rahmen einer solchen Öko-Bilanz würde der ökonomische Ertrag einer Wirtschaft sich nicht allein aus Produktionskosten, Marktpreis und Umschlagmenge errechnen, sondern würde außerdem an seinem ökologischen Schaden bzw. Nutzen bemessen. Je höher der ökologische Nutzen, desto höher auch der ökonomische Ertrag. Unter den gegenwärtigen Voraussetzungen wird im gesamtgesellschaftlichen Mittel mit der Energie unterm Strich umso mehr Geld verdient, je weniger man bei ihrer Erzeugung Rücksicht auf die Belange der Umwelt nimmt und je mehr man von ihr verbraucht. Die Kosten dieser Rücksichtslosigkeiten werden auf uns alle abgewälzt. Die Gewinne wandern in die Taschen der großen Bosse und share holder. Wäre es da nicht weitaus sinnvoller, wenn der schonende Umgang mit den natürlichen Ressourcen und die Vermeidung von Umweltbelastungen prämiert würden - und zwar sowohl auf der Erzeuger- als auch auf der Verbraucherseite? In der Tat spricht doch alles dafür, den unwiderruflichen Verbrauch von Ressourcen und öffentlichen Gütern als Quelle für die Prämierung umweltschonenden Verhaltens zu nutzen. Nur so würde die Öko-Bilanz wirklich stimmen und einer positiven ökologischen Bilanz eine ebenso positive ökonomische entsprechen.

Das Ökonomie-Tabu der Umweltbewegung ist überholt. - In einer solchen Situation tun Sachlichkeit und Vernunft not.

Immer noch argumentieren die Gegner der "kostendeckenden Vergütung" gerne mit moralischen Attacken auf die unlautere Absicht, die sie darin sehen, daß alternative Energieerzeuger überhaupt Anspruch auf öffentliche Geldtöpfe erheben. Aus der Tatsache, daß die Erzeuger von Solar- oder Windstrom für die Veräußerung ihres Stromes an eine Gemeinschaft von dieser die Rückerstattung der ihnen bei der Stromerzeugung entstandenen Kosten verlangen, leiten sie ab, den Erzeugern ginge es gar nicht um die Umwelt, sondern lediglich darum, Geld zu machen. So absurd eine solche Argumentation, sachlich und politisch betrachtet, auch ist (vgl. hierzu den Artikel "Ihr verfolgt doch nur Eure Interessen!" in: Solarbrief 4/98, S. 25-27) weil sie mit dem sensiblen Verhältnis der Umweltschützer zum Geld spielt, trifft sie deren politische Moral an einem besonders schmerzhaften Punkt. Möglicherweise liegt darin ein weiterer Grund dafür, daß Umweltschützer selbst nicht gerne vom Geld sprechen und Begriffe wie "ökonomischen Nutzen", "Profit" und "Gewinn" mit einer Art von Tabu belegen.

Der politischen und moralischen Notwendigkeit einer Energiewende hilft eine solche Haltung freilich herzlich wenig! Was nützt es schließlich der Umwelt, wenn wir unsere Hände nicht mit Geldgeschäften beschmutzen, dafür aber den Preis zahlen, daß die ökologische Wende nur schleppend aus den Startblöcken kommt? Was nützt es unserem umweltpolitischen Gewissen, wenn wir unseren idealistischen Prinzipien treu bleiben und auf öffentliche Subventionen verzichten, dafür aber der Gesellschaft, in der wir leben, die ökologische Erneuerung schuldig bleiben? Und ist es nicht geradezu so, daß wir uns der moralischen und politischen Verantwortung für den Erhalt unserer Lebenswelt entziehen, wenn wir uns zu deren Durchsetzung nur auf den freien Markt verlassen? Schließlich sind unter dessen Voraussetzung die marktbeherrschenden Positionen längst vergeben und befinden alternative Energieversorgungsprojekte sich bestenfalls in der Position des "interessanten Mitbewerbers". In einer solchen Situation tun Sachlichkeit und Vernunft not. Beide gebieten es, die ökonomische Dimension der Energiewende bei unseren politischen Vorschlägen und Konzepten in anderer Weise zu behandeln, als wir dies in der Vergangenheit getan haben. Im Interesse eines realpolitischen Quantensprungs der Energiewende vom vorbildlichen Verhalten Einzelner in ein gesamtgesellschaftliches Projekt sollten wir die wirtschaftliche Seite des Umweltschutzes nicht mehr länger unter dem Gesichtspunkt der Kosten behandeln, sondern unter dem Gesichtspunkt des Gewinns. Umweltschonende, ökologische Produktion ist langfristig gesehen die ökonomischste Form der Produktion. Also muß sie auch einen entsprechenden Gewinn abwerfen. Und zwar schon jetzt! Nur mit solchen Argumenten und Forderungen kommt der Umweltschutzgedanke aus der Defensive. Schließlich geht es bei der Energiewende auch in nicht-ökonomischer Hinsicht nicht nur um eine Marotte einiger Weniger oder unser persönliches Interesse. Auf der Agenda steht vielmehr eine - hier ist der pathetische Ausdruck nicht übertrieben - epochale Weichenstellung. Sie betrifft die Möglichkeit des Lebens und Wirtschaftens der nach uns kommenden Generationen. Sie betrifft die Selbsterneuerungsfähigkeit der Natur, den Ressourcenhaushalt unserer Umwelt und die Bewohnbarkeit unserer Welt.

Allein für das Erreichen eines dieser Ziele dürfte uns eigentlich kein Preis zu hoch sein! Warum, in Teufels Namen, tun wir so g’schamig, wenn wir den Gedanken einer Öko-Rendite für eine regenerative Energieversorgung auch nur aussprechen? Warum, um alles in der Welt, tun wir uns mit der Forderung nach einem ökologischen Wirtschaftsförderungsplan so schwer?

Von der kostendeckenden Vergütung zur Öko-Rendite.

Solange das Prinzip der "kostendeckenden Vergütung" erneuerbarer Energien keine Gesetzeskraft hat und je und je mit Stromversorgungsgesellschaften und Kommunen ausgehandelt werden muß, fördert es den Mut zur Energiewende nur bedingt. Wir sollten es deswegen um das Prinzip einer "Öko-Rendite" oder "prämierenden Vergütung" erweitern. Ein solches Prinzip motiviert Verbraucherinnen und Verbraucher und entspricht dem ökologischen und sozialen Wert ihres Verhaltens.

Solange das Projekt der "Ökosteuer" nur zögerlich betrieben und nicht verbindlich auf die Finanzierung der Energiewende festgelegt wird, bringt es die Umweltmoral von Erzeugerinnen und Verbrauchern nicht sonderlich auf die Sprünge. Wir sollten deswegen offensiver als bisher für die Subventionierung energiepolitischer Wendeprojekte und die Besteuerung der Vernutzung öffentlicher Güter eintreten.

Solange die "Öffnung des Strommarktes" alternativen Stromerzeugern den Zugang zum Netz zwar der Form nach erschließt, ihn aber aufgrund der "Durchleitungsgebühren" gleich wieder versperrt, bewegt sie in Bezug auf die ökologische Qualität unserer Energiewirtschaft nicht viel. Wir sollten uns deswegen für die Ersetzung des Prinzips der Markt-Effizienz durch das Prinzip der Öko-Effizienz einsetzen und uns für die staatliche Prämierung umweltfreundlicher Energieeinspeisungen stark machen.

Wie sagte doch Goethe:

Wie sich Verdienst und Glück verketten
Das fällt den Toren niemals ein,
Wenn sie den Stein der Weisen hätten,
Der Weise mangelte dem Stein. 3

1 Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Eine Tragödie. In: Goethes Werke. Band III. Hamburger Ausgabe. Hrsg.von Erich Trunz. München: C.H. Beck 1981,

2 Wolfgang Michal: Mit der Sonne muß man rechnen. In: Die Zeit. Nr. 31

3 Goethe, Faust, ebd., S. 158.vom 29.7.1999 Seite 90