Stromsteuergesetz (StromStG)

§1 Steuergegenstand, Steuergebiet

(1) Elektrischer Strom (Strom) der Position 2716 der Kombinierten Nomenklatur unterliegt im Steuergebiet der Stromsteuer. Steuergebiet ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Gebiet von Büsingen und ohne die Insel Helgoland. Die Stromsteuer ist eine Verbrauchssteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Kombinierte Nomenklatur im Sinne dieses Gesetzes ist die Warennomenklatur nach Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23.Juli 1987 (AB1. EG Nr. L 256 S. 1) in der Fassung des Anhangs zur Verordnung (EG) Nr. 2086/97 der Kommission vom 14.November 1997 (AB1. EG Nr. L 312 S. 1) und die bis zum 26. Oktober 1998 zu seiner Durchführung erlassenen Rechtvorschriften.

§ 2 Begriffsbestimmung

Im Sinne dieses Gestzes sind

1. Versorger: Stromversorger, die Strom an Letztverbraucher leisten

2. Eigenerzeuger: Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom mit einer Nennleistung von jeweils mehr als 0,7 Megawatt, soweit sie nicht Versorger im Sinne der Nummer 1 sind oder Anlagen in Schiffen, in Luftfahrzeugen oder Notstromaggregate betreiben.

3.Unternehmen des Produzierenden Gewerbes: Unternehmen des Bergbaus, des Verarbeitenden Gewerbes, des Baugewerbes, der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- oder Wasserversorgungswirtschaft, die einem entsprechenden Wirtschaftszweig der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes zuzuordnen sind.>

4. Unternehmen: Kleinste rechtlich selbständige Einheit, die aus handels- oder steuerrechtlichen Gründen Bücher führt und bilanziert.

5. Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft: Unternehmen, die einem entsprechenden Wirtschaftszweig im Abschnitt A (Land- und Forstwirtschaft) der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes zuzuordnen sind.

6. Unternehmen im Sinne der Nummer 5: Wirtschaftliche, finanzielle und rechtliche Einheit, die unter einheitlicher und selbständiger Führung steht.

7. Strom aus erneuerbaren Energieträgern: Strom, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse gewonnen wird, ausgenommen Strom aus Wasserkraftwerken, Deponiegas- oder Klärgasanlagen oder aus Anlagen, in denen der Strom aus Biomasse erzeugt wird, jeweils mit einer installierten Generatorleistung über 5 Megawatt.

§ 3 Steuertarif

Die Steuer beträgt 20,00 Deutsche Mark für eine Megawattstunde.

§ 4 Erlaubnis

(1) Wer als Versorger mit Sitz im Steuergebiet Letztverbraucher mit Strom versorgen oder als Eigenerzeuger Strom zum Selbstverbrauch entnehmen oder als Letztverbraucher Strom aus einem Gebiet außerhalb des Steuergebiets beziehen will, bedarf der Erlaubnis.

(2) Die Erlaubnis wird auf Antrag vom Hauptzollamt unter Widerrufsvorbehalt Personen erteilt, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen und gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Das Hauptzollamt kann nach Absatz 1 erlaubnispflichtige Versorger, Eigenerzeuger oder Letztverbraucher, die weder nach dem Handelsgesetzbuch noch nach der Abgabenordnung zur Führung von kaufmännischen Büchern oder zur Aufstellung von Jahresabschlüssen verpflichtet sind, von diesen Erfordernissen befreien, soweit Steuerbelange dadurch nicht gefährdet werden.

(3) Vor Erteilung der Erlaubnis ist Sicherheit für die voraussichtlich während zweier Monate entstehende Steuer zu leisten, wenn Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer nach dem Ermessen des Hauptzollamts erkennbar sind.

(4) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen nach Absatz 2 nicht mehr erfüllt ist oder eine angeforderte Sicherheit nicht geleistet wird.

(5) Bis zum 31.Dezember 1999 gilt die Erlaubnis widerruflich als erteilt.

§ 5 Entstehung der Steuer, Steuerschuldner

(1) Die Steuer entsteht dadurch, daß vom im Steuergebiet ansässigen Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird oder dadurch, daß der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnimmt. Bei Eigenerzeugern entsteht die Steuer mit der Entnahme von Strom zum Selbstverbrauch im Steuergebiet.

(2) Steuerschuldner ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 der Versorger und im Falle des Absatzes 1 Satz 2 der Eigenerzeuger.

§ 6 Widerrechtliche Entnahme von Strom

Die Steuer entsteht auch dadurch, daß widerrechtlich Strom aus dem Versorgungsnetz entnommen wird. Steuerschuldner ist, wer widerrechtlich Strom entnimmt.

§ 7 Leistung von Strom in das Steuergebiet

Bezieht ein Letztverbraucher Strom aus einem Gebiet außerhalb des Steuergebiets, entsteht die Steuer dadurch, daß der Strom durch den Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird. Steuerschuldner ist der Letztverbraucher.

§ 8 Steueranmeldung, Fälligkeit der Steuer

(1) Der Steuerschuldner hat für Strom, für den die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung).

(2) Der Steuerschuldner kann zwischen monatlicher und jährlicher Steueranmeldung wählen. Das Wahlrecht kann nur für jeweils ein Kalenderjahr ausgeübt werden. Es ist durch eine Erklärung auszuüben, die spätestens am 31.Dezember des Vorjahres beim Hauptzollamt eingegangen sein muß. Wird die Erklärung nicht rechtzeitig abgegeben, ist die Steuer jährlich anzumelden und zu entrichten.

(3) Bei monatlicher Anmeldung ist die Steuer für jeden Kalendermonat (Veranlagungsmonat) bis zum 15. Kalendertag des folgenden Kalendermonats anzumelden und bis zum 25. Kalendertag dieses Kalendermonats an das Hauptzollamt zu entrichten.

(4) Bei jährlicher Anmeldung ist die Steuer für jedes Kalenderjahr (Veranlagungsjahr) bis zum 31.Mai des folgenden Kalenderjahres anzumelden und unter Anrechnung der geleisteten monatlichen Vorauszahlungen nach Absatz 7 bis zum 25. Juni dieses Kalenderjahres an das Hauptzollamt zu entrichten.

(5) Scheidet ein Steuerschuldner während des Veranlagungsjahres aus der Steuerpflicht aus, ist die Höhe der zu entrichtenden Steuer bis zum Ablauf des fünften Kalendermonats, der dem Ende der Steuerpflicht folgt, anzumelden. Ein sich unter Anrechnung der geleisteten monatlichen Vorauszahlungen nach Absatz 7 ergebender Restbetrag ist bis zum 25. Kalendertag des Folgemonats an das Hauptzollamt zu zahlen.

(6) Bei jährlicher Anmeldung sind auf die Steuerschuld monatliche Vorauszahlungen zu leisten. Die Höhe der monatlichen Vorauszahlungen wird durch das Hauptzollamt festgesetzt und beträgt ein Zwölftel der Steuer, die im vorletzten dem Veranlagungsjahr vorhergehenden Kalenderjahr entstanden ist. Dabei kann die Vorauszahlung um einen Prozentsatz erhöht oder ermäßigt werden, der vom Bundesministerium der Finanzen ermittelt und im Bundesanzeiger bekanntgemacht wird. Das Hauptzollamt kann die monatlichen Vorauszahlungen abweichend festsetzen, wenn die Summe der vom Steuerschuldner zu leistenden Vorauszahlungen erheblich von der zu erwartenden Jahressteuerschuld abweichen würde.

(7) Die Vorauszahlungen für den einzelnen Kalendermonat sind jeweils bis zum 25. Kalendertag des folgenden Kalendermonats an das Hauptzollamt zu entrichten.

(8) Wird die Lieferung von Strom ohne Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 vorgenommen oder wird Strom ohne Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 zum Selbstverbrauch oder widerrechtlich nach § 6 entnommen oder zweckwidrig nach § 9 Abs. 5 verbraucht, hat der Steuerschuldner unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Die Steuer ist sofort zu entrichten.

§ 9 Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen

(1) Strom ist von der Steuer befreit,

1. wenn er aus erneuerbaren Energieträgern im Sinne des § 2 Nr. 7 erzeugt wird und

a) von Eigenerzeugern als Letztverbraucher oder

b) von Letztverbrauchern aus einem ausschließlich aus solchen Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechenden Leitung

entnommen wird.

2. wenn er vom Letztverbraucher zur Stromerzeugung entnommen wird.

(2) Strom unterliegt einem ermäßigten Steuersatz von 10,00 Deutsche Mark für eine Megawattstunde, wenn er

1. zum Betrieb von Nachtspeicherheizungen, die vor dem 01.April 1999 installiert worden sind, oder

2. für den Fahrbetrieb im Schienenbahnenverkehr mit Ausnahme der betriebsinternen Werkverkehre und Bergbahnen oder im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen entnommen wird und er nicht gemäß Absatz 1 von der Steuer befreit ist.

(3) Strom unterliegt einem ermäßigten Steuersatz von 4,00 Deutsche Mark für eine Megawattstunde, ausgenommen in den Fällen des Absatz 2, soweit er von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft als Letztverbraucher über die Verbrauchmenge von 50 Megawattstunden im Kalenderjahr hinaus für betriebliche Zwecke entnommen wird und er nicht nach Absatz 1 von der Steuer befreit ist.

(4) Wer von der Steuer befreiten oder nach Absatz 3 oder Absatz 2 Nummer 2 begünstigten Strom entnehmen will, bedarf der Erlaubnis. § 4 Abs. 2 und 4 gilt sinngemäß.

(5) Der Inhaber der Erlaubnis nach Absatz 4 darf den steuerbegünstigt entnommenen Strom nur zu dem in der Erlaubnis genannten Zweck verbrauchen. Die Steuer entsteht für Strom, der zu anderen als in der Erlaubnis genannten Zwecken verbraucht wird, nach dem Steuersatz des § 3. Besteht die Steuerbegünstigung in einer Steuerermäßigung, gilt Satz 2 nur für den ermäßigten Teil der Steuer. Steuerschuldner ist der Eralubnisinhaber. Für Strom, der zum Betrieb von Nachtspeicherheizungen nach Absatz 2 Nr. 1 entnommen wird, gelten die Sätze 1 bis 4 sinngemäß.

§ 10 Erlaß, Erstattung oder Vergütung

(1) Auf Antrag wird die Steuer für Strom, für die ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne von § 2 Nr. 3 als Eigenerzeuger (§5 Abs. 2) oder als Letztverbraucher (§7) Steuerschuldner geworden oder mit der das Unternehmen als Letztverbraucher belastet ist, nach Maßgabe des Absatzes 2 erlassen, erstattet oder vergütet, soweit die Steuer im Kalenderjahr den Betrag von 1000 Deutsche Mark übersteigt. Erlaß-, erstattungs- oder vergütungsberechtigt ist das Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, das den Strom zu betrieblichen Zwecken entnommen hat.

(2) Der Erlaß, die Erstattung oder die Vergütung wird nur insoweit gewährt, als die Stromsteuer im Kalenderjahr das 1,2-fache des Betrages übersteigt, um den sich für das Unternehmen der Arbeitgeberanteil an den Rentenversicherungsbeiträgen durch Senkung der Beitragssätze (§ 1 Beitragssatzgesetz 1999 vom 19. Dezember 1998. BGBl. I S. 3843. 3848) bei entsprechender Anwendung der abgesenkten Beitragssätze im gleichen Zeitraum des Jahres 1998 vermindert hätte.

§ 11 Ermächtigungen

Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Durchführung des Gesetzes durch Rechtsverordnung

1. zur Sicherung des Steueraufkommens und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Regelungen zur Ermittlung der steuerrelevanten Strommengen zu erlassen und dabei aus Vereinfachungsgründen Mengenschätzungen durch den Steuerpflichtigen zuzulassen, soweit eine genaue Ermittlung nur mit unvertretbaren Aufwand möglich ist;

2. zur Sicherung des Steueraufkommens und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung das Erlaubnisverfahren nach §§ 4 und 9 Abs. 4 einschließlich des Verfahrens der Sicherheitsleistung näher zu regeln und dabei die Erlaubnis allgemein zu erteilen, wenn Steuerbelange nicht entgegenstehen;

3. zur Sicherung des Steueraufkommens und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Regelungen zur Durchführung der Steuerbegünstigungen nach § 9 zu erlassen; dabei kann es statt der Steuerbefreiung eine Entlastung durch Erlaß, Erstattung oder Vergütung der Stromsteuer anordnen und das dafür erforderliche Verfahren regeln;

4. zur Steuervereinfachung vorzusehen, daß Unternehmen, Betriebe und Personen, die Strom an ihre Mieter, Pächter oder vergleichbare Vertragspartner leisten, sowie derjenige, der im Rahmen eines Vertragsverhältnisses für einen anderen eine Anlage zur Stromerzeugung betreibt, nicht als Versorger gelten.

5. zur Sicherung des Steueraufkommens und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Regelungen zur Durchführung des § 10, insbesondere über das Verfahren bei Erlaß, Erstattung oder Vergütung zu erlassen. Dabei kann es zur Verwaltungsvereinfachung anordnen, daß der Anspruch auf Erlaß, Erstattung oder Vergütung der Steuer innerhalb bestimmter Fristen geltend zu machen ist;

6. Verfahrensvorschriften zu § 8 zu erlassen, insbesondere zur Steueranmeldung, Berechnung, Entrichtung der Steuer und Festsetzung der monatlichen Vorauszahlungen bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit;

7. die nach § 1 Abs. 2 anzuwendende Fassung der Kombinierten Nomenklatur neu zu bestimmen und den Wortlaut des Gesetzes an die geänderte Nomenklatur anzupassen, soweit sich hieraus steuerliche Änderungen nicht ergeben;

8. zur Umsetzung der einer Truppe sowie einem zivilen Gefolge (ausländische Streitkräfte) oder den Mitgliedern einer Truppe oder eines zivilen Gefolges sowie den Angehörigen dieser Personen (Mitglieder der ausländischen Streitkräfte) nach Artikel XI des NATO-Truppenstatuts (BGBl. 1961 II S. 1183, 1190) und den Artikeln 65 bis 67 des Zusatzabkommens (BGBI. 1961 II S. 1183, 1218) gewährten Steuerentlastungen Bestimmungen, insbesondere zum Verfahren, zu erlassen.

§ 12 Erlaß von Rechtverordnungen, Verwaltungsvorschriften

(1) Rechtsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigungen erlassen werden, bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen erläßt die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen.