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Stand: 01.09.1996 (überholt)

Die kostendeckende Vergütung (KV)

Weltweit modernstes Markteinführungsprogramm

Historische Entwicklung Fortschritte in der praktischen Umsetzung

Das Prinzip:
Kostendeckende Einspeisevergütung unterscheidet sich von allen bisher bekannten Förderprogrammen.
Nicht der Bau einer Solaranlage wird durch Zuschüsse unterstützt, sondern die Einspeisung von Solarstrom ins öffentliche Netz wird vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen vergütet. Betreiber von Solaranlagen erhalten nicht nur eine hohe Einspeisevergütung für ihren Solarstrom - das hat es schon früher gegeben, z.B. im schweizer Burgdorf und Steffisburg - sondern sie erhalten eine betriebswirtschaftlich voll kostendeckende Vergütung, die auch die Kapitalbeschaffungskosten und einen angemessenen Gewinn umfaßt (wie in der Elektrizitätswirtschaft üblich).
Die Vergütung wird für den Zeitraum von 20 Jahren vertraglich garantiert.
Die Vergütung bemißt sich nicht an den individuellen Kosten einer Solaranlage, sondern an den Kosten einer baujahrgleichen technisch optimierten Solaranlage. Individuelle Mehr oder Minderkosten, Verluste oder Gewinn betreffen den Betreiber alleine. Sie gehören zum unternehmerischen Risiko.
Nicht Steuermittel werden zur Finanzierung herangezogen, sondern die Stromgebühren. Die Stromgebühren werden nicht aufgrund freiwilliger Entscheidung einzelner Stromkunden nur für diese erhöht, sondern für alle Kunden gleichermaßen verbindlich.
Erst beim Zusammentreten aller dieser Voraussetzungen sprechen wir von kostendeckender Vergütung, auf Englisch: ,full cost rates".

Historisches:
Die Idee der kostendeckenden Vergütung in der oben genannten Zusammenstellung stammt vom Solarenergie Förderverein; Sie wurde erstmalig am 14.8.1989 durch den SFV telefonisch und am 4.9.89 schriftlich dem Bundeswirtschaftsministerium unterbreitet; fand dort aber keine Zustimmung. Der SFV organisierte daraufhin mit Hilfe privater Spender auf privater Basis ein Programm zur kostendeckenden Vergütung unter dem Stichwort SOLARPFENNIG.
Auf Antrag des Landes Baden-Württemberg wurde am 18.12.89 die Bundestarifordnung Elt in §11 durch folgenden Zusatz ergänzt:
Darüber hinausgehende vertragliche Vereinbarungen sind ebenfalls anzuerkennen (nämlich bei der Strompreisgenehmigung).
Dies machte den Weg frei für kommunale Lösungen.
Die Idee, ein Stadtwerk, welches die KV ablehnte, durch seine Eigner dennoch zur KV zu verpflichten, entstand ebenfalls im Solarenergie-Förderverein. Am 2.12.91 stellte Vereinsmitglied Jacek Lampka einen Bürgerantrag, der von 11 Aachener Umweltgruppen unterstützt wurde.
Der Strompreisreferent im NRW Wirtschaftsministerium, Dr. Schulte-Janson hatte seit der ersten Anfrage aus Aachen keinen Zweifel daran gelassen, daß er den Antrag eines Energieversorgers auf Strompreiserhöhung zugunsten kostendeckender Vergütung positiv bescheiden würde, falls er denn gestellt werde. "Oder wartet ihr noch auf eine Genehmigung der UNESCO?" Mit dieser seiner Auskunft setzte sich Dr. Schulte-Janson in Gegensatz zu nahezu allen Stellen im NRW-Wirtschaftsministerium, selbst in Gegensatz zu seinem Minister: ,Ich bin nicht bereit, den Bastelladen der Solarfreunde über den Strompreis zu finanzieren."
Ganz wesentlich ist es Dr. Schulte-Jansons Unbeirrbarkeit anzurechnen, daß die Aachener Solarfreunde den Mut nicht verloren.
Doch erst ein zustimmendes Rechtsgutachten des Göttinger Rechtsprofessors Ulrich Immenga im Auftrag des NRW-Wirtschaftsministeriums beseitigte schließlich endgültig die ministeriellen und die von den Aachener Stadtwerken STAWAG genährten amtlichen Zweifel an der Zulässigkeit der KV. Immenga hält eine Strompreiserhöhung von etwa 5% für genehmigungsfähig.

Wie wird kostendeckende Einspeisevergütung eingeführt
Die Kommunen als Eigentümer der Stadtwerke können einen Beschluß fassen, der ihr Stadtwerk zur KV verpflichtet. Falls sie Strom von einem regionalen oder überregionalen EVU beziehen, können sie KV in den Konzessionsvertrag aufnehmen.
Nachdem die Entscheidung getroffen ist, muß das EVU mit den Einspeisern entsprechende Verträge abschließen.
Wenn dann die ersten Kosten entstanden sind oder aufgrund einer realitätsnahen Prognose absehbar sind, kann das EVU bei der Strompreisaufsicht einen Antrag auf Strompreis-erhöhung stellen. BTO Elt §11 Satz 4 bestimmt, daß die Kosten aus Einspeise-Verträgen von der Preisaufsicht auch dann anzuerkennen sind, wenn sie über die beim aufnehmenden EVU auch längerfristig eingesparten Kosten hinausgehen.

Was sagen die Länder?

Obwohl die rechtliche Grundlage für die KV eine Bundesverordnung ist, gibt es Unterschiede:

Baden-Württemberg: Die Strombeschaffungspreise der EVU dürfen zugunsten von KV um bis zu 3% erhöht werden. Bei den Stromverkaufspreisen macht das etwa 1% aus.
Die Grundsätze sollen nach drei Jahren überprüft werden. Bis dahin abgeschlossene Lieferverträge zwischen Solarstromlieferant und EVU sowie evtl. genehmigte Strompreiserhöhungen genießen Vertrauensschutz.
Der Landtag forderte die Vertreter des Landes in den Aufsichtsgremien der EVU auf, darauf hinzuwirken, daß eine Solarstromvergütung nach dem Aachener Modell erfolgt.

Bayern: Der Wirtschaftsminister hat eine Umlegung der Mehrkosten bei KV auf die Tarifabnehmer bis zu 0,15 Pf/kWh für genehmigungsfähig erklärt. Dies engt den Spielraum der Kommunen jedoch erheblich ein, da dies nur einer Strompreiserhöhung von ca. 0,6% entspricht.

Hessen: Das Ministerium für Umwelt, Energie und Bundesangelegenheiten hat KV für zulässig erklärt. Eine Obergrenze für Strompreisanhebungen wurde ausdrücklich offen gelassen.

Niedersachsen: Eine Vereinbarung über eine ,freiwillig erhöhte Einspeisevergütung wird akzeptiert, wenn die Erhöhung des Strompreises bei einer Umlage auf alle Tarif- und Sonderkunden unter 1% bleibt.

Nordrhein-Westfalen: Die EVU dürfen die Mehrkosten aus KV bis zu einer Strompreiserhöhung von 1% auf den Strompreis umlegen. Auch Sondertarifkunden sind zu belasten. Keine der erneuerbaren Energien (Sonne, Wind; Wasser, Biomasse) darf so bevorzugt werden, daß mehr als die Hälfte aller Mehrausgaben auf sie entfällt. Auch Altanlagen können in NRW die KV erhalten.

Rheinland-Pfalz: Wirtschaftsminister Brüderle hat am 19.6.95 in einer Antwort auf eine Anfrage im Landtag die KV für nicht genehmigungsfähig erklärt, da sie dem Grundsatz der elektrizitätswirtschaftlich rationellen Betriebsführung widerspreche. Minister Brüderle scheint die Bundestarifordnung Elektrizität nicht gelesen zu haben. Der SFV hat sich deshalb an den Landtag gewandt.

Schleswig-Holstein: Die Grundsätze der Strompreisaufsicht lehnen sich in etwa an die aus NRW an.

Was sagt die Bundesregierung?

Die Aufsicht über die Strompreise ist Ländersache. Insofern ist die Wertung durch die Bundesregierung nur zweitrangig von Interesse. Ministerialrat Cronenberg im BMWi, III B 1 ist ein entschiedener Gegner der KV. Seine Argumente entsprechen etwa denjenigen der Vereinigung der Deutschen Elektrizitätswerke. C. versuchte bereits mehrfach, die Strompreis- und Kartell-Aufsichten der Bundesländer auf eine gemeinsame Abwehrfront einzuschwören.

Wo gibt es bereits die KV?

Wo es überall KV gibt, entnehmen Sie der Übersichtskarte auf der letzten Umschlagseite. Eine ausführlichere, stets aktualisierte Darstellung gibt das SFV-Info 146.

Bundesgesetz für KV

Ein Bundesgesetz könnte auch in Deutschland die Einführung der KV wesentlich beschleunigen. Der Solarenergie-Förderverein steht auf dem Standpunkt, daß kostendeckende Vergütung für Solaranlagen durch ein Ergänzungsgesetz zum Stromeinspeisungsgesetz bundesweit verbindlich werden muß. Dazu hat der Verein einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet. SFV-Info 106. Informationen zu Detailfragen beim Solarenergie-Förderverein.