Gliederung

"Energiewende" - eine Mogelpackung

Mitte August (15.8.12) hat BundesUmweltminister Peter Altmaier (CDU) die Inbetriebnahme zweier großer Braunkohlekraftwerksblöcke in Neurath als „herausragenden Beitrag zum Gelingen der Energiewende“ bezeichnet und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unterstrich dabei die „Bedeutung der rheinischen Braunkohle für die Energiewende“. Es ist kaum zu glauben; innerhalb der großen Volksparteien bezeichnet das Wort "Energiewende" inzwischen den Ersatz der Atomenergie durch die CO2-intensivste der fossilen Energien, die Braunkohle. Energiewende als Rolle rückwärts. Ein dramatischer Beleg für Konzeptlosigkeit!
Der Begriff Energiewende wird zur Mogelpackung und dient vornehmlich der Wählertäuschung.

Diesen Beitrag schreibe ich als Geschäftsführer des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV). Der SFV will - wie viele andere Organisationen auch - einen Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien weltweit erreichen, und das nicht nur im Strombereich, sondern auch im Verkehrs- und Wärmebereich und noch dazu so schnell wie möglich.

100 Prozent EE weltweit - Warum haben wir unsere Ziele so weit gesteckt?

Der SFV ist ein Umweltschutzverein und fühlt sich den Mitmenschen und den nachkommenden Generationen
verpfl ichtet. Wir sind ein Verein mit einem sehr hohen Anteil von Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern, die auf Grund ihrer Vorbildung Fachfragen der Energiepolitik beurteilen können. Sie bestätigen, dass ein rascher Umstieg auf moderne ressourcensparende Energietechniken möglich ist und sogar erhebliche volkswirtschaftliche Vorteile bringt.
Die Naturwissenschaftler im SFV halten die Gefahren, die sich aus der ständigen Vermehrung von Radioaktivität und aus den fortgesetzten Emissionen von CO2 ergeben, für höchst reale Gefahren, die das Überleben der Menschheit ernsthaft gefährden.
Den Widerstand der Energiewirtschaft und der von ihr beratenen Politiker gegen eine Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien sehen wir als eigennütziges Festklammern an längst überholten
technischen Verfahren an, das sich zunehmend als gemeingefährlich erweist. Insbesondere haben wir kein Verständnis dafür, dass von der Politik nicht alles getan wird, diese Gefährdung auf dem schnellsten Wege zu beenden.

Besteht Aussicht, durch nationale Anstrengungen einzelner Staaten das globale Problem des Klimawandels zu lösen?

Vor zehn Jahren konnte man noch der Überzeugung sein, das globale Problem des Klimawandels könne nur durch globales gemeinsames Handeln bewältigt werden. Eine isolierte nationale Anstrengung könne keinen Erfolg haben. Doch die vergangenen 10 Jahre haben bereits das Gegenteil bewiesen - leider hat es nur kaum jemand wahrgenommen: Durch eine gewinnversprechende Einspeisevergütung für Solarstrom in Deutschland und Spanien und die daraus entstandene Massennachfrage und Massenproduktion hat sich der globale Solarmodulpreis fast um den Faktor 10, der Preis für komplette Solaranlagen etwa um den Faktor 5 verringert.

Um die Speichertechnik allerdings hat man sich leider nicht gekümmert.

Bei entsprechenden Fortschritten in der Speichertechnik wäre in wenigen Jahren weltweit der Strom aus Solarstromanlagen mit Speicherbatterien preiswerter gewesen als Strom aus Dieselgeneratoren oder neuen
Kohlekraftwerken. Und damit hätten wir den entscheidenden Durchbruch erreicht.

Das solare Desaster - und seine Ursachen

Heute nun - bereits das Ende des fossilen Zeitalters dicht vor Augen - stehen wir vor einem Scherbenhaufen der bisherigen Erneuerbare-Energien-Politik:
Der Umweltminister mahnt, der Ausbau der Onshore-Windenergie verlaufe zu rasch und würde zu Überkapazitäten führen. Tatsächlich erzeugt Windenergie derzeit aber nur etwa ein Zehntel des Stromverbrauchs (nicht des Energieverbrauchs). Nach dem neuen EEG 2012 II soll die Vergütung der Solarenergie abrupt gebremst und beim Erreichen von 52 GW neu überdacht werden. Solarfabriken und Solarinstallationsfirmen werden reihenweise in die Insolvenz getrieben, und immer mehr Politiker denken öffentlich über die Beendigung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nach.
Es ist wichtig, dass wir die Ursachen für dieses Desaster klar analysieren und benennen, um eine
Wiederholung zu vermeiden.

Lassen Sie es mich kurz und unverblümt sagen: Hauptursache ist die Konzeptionslosigkeit der Solarbranche
und etlicher ihr nahestehender Politiker sowie des Umweltministeriums.
Die ersten Fehler liegen weit zurück: Der frühere Umweltminister Jürgen Trittin (1998 bis 2005) war Anhänger
der Idee, durch internationale Verhandlungen und durch Emissionshandel den Kohlendioxidausstoß weltweit Schritt für Schritt zu reduzieren.
Heute weiß jeder, wozu die Klimaschutzkonferenzen letztlich geführt haben: zu praktisch nichts. Sie haben
uns nur Zeit und Geld gekostet. Dass aber ein entschlossener Ausbau der nationalen Solar- oder Windenergie globale Wirkungen haben könnte, konnten sich Trittin und seine Nachfolger bis zum heutigen Tage offenbar nicht vorstellen. Eine Unterstützung der neuen Solartechnik und des neuen EEG kam für sie deshalb höchstens dann in Frage, wenn sie nichts zusätzlich kosten würde.

Die erste Zielstudie des BMU zum Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde deshalb ausdrücklich mit dem Auftrag erstellt, dass die Kosten niedrig bleiben müssten. Wunschgemäß gingen die Studien dann von einem sehr langsamen Ausbau aus. Der SFV war damals die einzige Institution, die öffentlich gegen diese halbherzige und entmutigende Vorgehensweise protestierte http://www.sfv.de/lokal/mails/wvf/zuwachsz.htm .
Heute sehen wir die schlimmen Folgen. Die Tatsache, dass die Solarenergie etwa zehn mal so schnell gewachsen ist, wie in der Zielstudie angenommen, führt dazu, dass die plangläubigen Bürokraten nicht nur im Umweltministerium empört von einer "Überförderung" von "Wildwuchs" und dergleichen sprechen und alles daran setzen, das Wachstum der Photovoltaik zu stoppen.
Der SFV hat bereits damals einen Ausbau der Solar- und Windenergie so schnell wie möglich gefordert, um damit die fossilen und atomaren Energien zu ersetzen - und wurde seitdem zu weiteren Konsultationen nicht mehr hinzugezogen. Der Branchenverband der Solarenergie, BSW-Solar, dagegen half willig mit, den vorhersehbaren Zuwachs klein zu reden. Wichtigstes Ziel war, es sollten keine Besorgnisse wegen zu hoher Kosten aufkommen.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die kostendeckende Einspeisevergütung für Solarstrom (ursprünglich ein Vorschlag des SFV) führte dann, wie gesagt, zu einem rasanten Ausbautempo der Solarenergie, fast 10 mal soschnell wie die Studie des BMU vorhergesehen hatte. Und nun geriet die Branche in Erklärungsnot, denn ihr fehlte ein überzeugendes Konzept. Weder konnte sie begründen, warum man so schnell so viele Solaranlagen benötigt, noch wie man diese Solaranlagen in technischer Sicht mit dem jetzigen Energieversorgungssystem koppeln sollte. Genau in diese Bresche schlug dann die Neidkampagne der Energiewirtschaft.
Wer nicht weiß, wofür man die Solarenergie benötigt und keine Vorbereitungen getroffen hat, sie technisch in das Energiesystem zu integrieren, der findet natürlich auch keine plausible Entschuldigung dafür, dass arme Stromkunden für das schnelle Wachstum solcher „kaum benötigten“ Technik auch noch Geld bezahlen müssen. Das eigentliche Ziel 100 Prozent Erneuerbare Energien gerät bereits damals immer weiter aus dem Blickfeld.

Anstatt deutlich zu machen, welche großartigen Chancen das unvermutete schnelle Wachstum der Solarenergie bedeutete und wie man diese Chancen nutzen sollte, machte der Solar-Lobbyverband gegenüber dem damaligen Umweltminister Röttgen dann zu guter Letzt den scheinbar großherzigen Vorschlag, die Einspeisevergütung für Solarstrom noch einmal außerplanmäßig herabzusetzen, um die von den eigenen Mitgliedsfirmen jährlich installierte Menge an Solaranlagen durch Drosselung der Kapitalzufuhr etwa zu halbieren und damit die angeblich übermäßige Belastung der Stromkunden zu verringern.
Mit diesem unsinnigen Zugeständnis erweckte er den Eindruck eines kollektiven Schuldbewusstseins und brachte auch noch seine Kunden, die Solaranlagenbetreiber, als „Abzocker“ in Misskredit. Und außerdem
rechtfertigte er nachträglich die Neidkampagne der Solargegner.

Ein betrüblicher Fall von argumentativem und von wirtschaftlichem Selbstmord einer ganzen Branche aus Konzeptionslosigkeit.

Kann man die Kosten des Umstiegs auf die Erneuerbaren Energien durch Verlangsamung des Umstieges vermindern?

Der Haupteinwand, mit dem wir uns seitdem immer wieder auseinandersetzen müssen, lautet, der Umstieg auf die Erneuerbaren Energien würde zu teuer und deswegen müsse er verlangsamt werden.
Dieser Einwand wird von den Führungsgremien aller Bundestags-Parteien (außer den Linken) geteilt. Zu seiner Widerlegung folgende Hinweise:

  • Die Ausgaben zur Umstellung auf Erneuerbare Energien belasten die Volkswirtschaft nicht, denn sie sind - anders als die Kosten für Erdöl, Erdgas und Kohle - keine Konsumkosten sondern sind im wesentlichen hervorragend angelegte Investitionen, die einmal getätigt, sich im Laufe der folgenden Jahre durch vielerlei Vorteile bezahlt machen: Nahezu kostenlose Verfügbarkeit von Energiemengen, wachsende Erfahrungen in moderner Energietechnik, Zurückgewinnen der Technologieführerschaft bei Solarenergie, Windenergie und Speichertechnik, Schaffung neuer Arbeitsplätze im Mittelstand, verminderte Importabhängigkeit von Erdöl, Erdgas und Steinkohle, Erhöhung der Versorgungssicherheit.
  • Die Kosten des Umstieges auf EE müssen natürlich bezahlt werden. So oder so. Billiger werden sie nicht, wenn man langsamer macht. Aber man kann sie beliebig teurer machen. Die teuerste Version hat die Bundesregierung selbst gewählt. Durch die von ihr vorgesehene Halbierung der jährlichen Zubaurate wird etwa die Hälfte der Installationsfirmen in die Insolvenz getrieben. Die dortgetätigten Investitionen in Montagefahrzeuge, Montagegeräte, Montagewerkzeuge sowie die Ausbildung des Personals gehen damit verloren und müssen beim nächsten Anlauf später noch einmal getätigt werden. Der Verlust der Technologieführerschaft in drei Zukunftstechniken (Solarenergie, Windenergie und Speichertechnik) ist im volkswirtschaftlichem Wettbewerb kaum wieder gut zu machen.
  • Andererseits vermindern sich durch einen raschen Umstieg die Lasten des Klimawandels. Die sind um Größenordnungen höher als die Kosten des Umstiegs, denn sie bestehen unter anderem in einem dauerhaften Verlust an Lebensqualität und steigenden Verlusten an Menschenleben. Sie lassen sich nicht in Cent pro Kilowattstunde beziffern. Schon der Versuch ist zynisch. Wie will man denn z.B. den Wert Tausender Menschenleben in Cent pro kWh ausdrücken?

Ich komme damit zur entscheidenden Schlussfolgerung: Je langsamer die Umstellung auf Erneuerbare Energien erfolgt, desto ungebremster schreiten der Klimawandel und die Erschöpfung der konventionellen
Energieressourcen voran. Jede Verzögerung in der Energiewende vermehrt somit das Ausmaß der Klimaschäden und der Ressourcenerschöpfung.
ALLE MAßNAHMEN ZUR BESCHRÄNKUNG DES AUSBAUTEMPOS DER ERNEUERBAREN ENERGIEN SIND SOMIT GROBE FEHLENTSCHEIDUNGEN.

Grundsätze für das Markteinführungskonzept des SFV

Hier geht es zunächst nur um Grundsätze. Mehr ins Detail gehende Bestimmungen werden wir weiter unten in einem gesonderten Kapitel zusammenfassen.

Wir empfehlen Änderungen der Rahmenbedingungen, die so geartet sind, dass richtiges Verhalten sich wirtschaftlich deutlich lohnt. Außerdem fordern wir, dass gemeingefährliches Verhalten verboten wird (z.B. keine Genehmigung für den Neubau von Atom- oder Braunkohle- oder Steinkohlekraftwerken).

Außerdem verlangen wir eine klare und eindeutige Regelung für den absehbar immer häufiger werdenden Fall, dass neue EE-Anlagen ans Netz gehen, obwohl die existierenden Fossil-Kraftwerke noch nicht das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreicht haben. Das ist die Frontlinie, an der der zukünftige Kampf zwischen alten und neuen Energien stattfinden wird, an der sich entscheidet, wer zukünftig die Stromversorgung durchführt. Hier von den Erneuerbaren Energien eine "Marktintegration" zu verlangen und sich darauf zu verlassen, dass sie auf Grund des günstigeren Kilowattstundenpreises (wegen der "Grid-Parity") die fossilen Kraftwerke vom Markt verdrängen würden, ist unrealistisch.
Eine Vorrangregel ohne Wenn und Aber muss garantieren, dass nicht die Betreiber der Solaranlagen, die dies als Häuslebesitzer nebenberuflich durchführen, auf einem unübersichtlichen Strommarkt gegen die alten Energien mit ihrer perfekten Marktorganisation antreten müssen.

Die neuerdings von Umweltminister Peter Altmaier gewählte Darstellung, es gäbe bereits Überkapazitäten bei Wind- und Solarenergie, ist genau die falsche Sichtweise, verrät deutlich seine Absicht, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu stoppen. Wer den Umstieg will, würde nicht von Überkapazitäten bei Wind- und Solarenergie sprechen, sondern davon sprechen, dass die zunehmend auftretenden bisher noch ungenutzten Leistungsspitzen dringend nach Speicherung verlangen. Die abzubauenden Überkapazitäten liegen auf Seiten der fossilen Kraftwerke!

Wir verwahren uns dagegen, dass der Umweltminister, zu dessen Aufgabe die aktive Bekämpfung des Klimawandels gehört, neue Braunkohlekraftwerke einweiht und die Erfolge der Solar- und Windanlagenbetreiber herabwürdigt. Sein öffentliches Auftreten empfinden wir als Sabotage am Klimaschutz. Wer eine neue Technik durch Fördermaßnahmen in Gang bringen will, bzw. soll, muss das Vertrauen der Akteure erringen. Und an erster Stelle steht damit die Forderung, dass die von ihm zu vertretenden gesetzlichen Markteinführungsbedingungen verlässlich sind.

So schnell wie möglich umsteigen - oder Überförderung verhindern?

Das Tempo des Umstiegs schreiben wir nicht vor, denn das planwirtschaftliche Beharren auf einem Zeitplan stellt eine unnötige Nebenbedingung dar, die zusätzlichen Verwaltungsaufwand benötigt und den Akteuren die Arbeit erschwert.

Der Begriff "Überförderung" besagt, dass ein Förderprogramm mehr erreicht als beabsichtigt ist. Da wir einen vollständigen Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien aus Klimaschutzgründen so schnell wie möglich für dringend geboten halten, kann es aus unserer Sicht definitionsgemäß keine Überförderung geben.

Damit der EE-Ausbau "so schnell wie möglich" vorangeht, genügt es nicht, wenn Solar- und Windenergie plus Speicher preisgünstiger sind als neue Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke (Grid-Parity). Nehmen wir einmal an, der Strom stammte zu 30 Prozent aus EE-Anlagen und 70 Prozent aus K-Kraftwerken. Wenn es dann keine zusätzlichen Anreize zum Bau von mehr von EE-Anlagen gäbe, müsste man warten bis alle K-Kraftwerke von alleine an ihre Altersgrenze kommen und dann durch neue EE-Anlagen ersetzt werden. Das dauert dann immer noch etwa 40 Jahre! Die Vorstellung, man müsse nur die Grid-Parity (einschließlich Speicherkosten) erreichen, genügt nicht.

Für diejenigen, die sich Gedanken dazu machen wollen, was geschieht, wenn alle fossilen und atomaren Energien durch Erneuerbare Energien ersetzt sind, folgende Überlegungen:
Sollten nach einer endgültigen Ablösung der fossilen und atomaren Energien immer noch mehr Erneuerbare Energie hinzukommen, so kann damit der strategische Vorrat an Energie beliebig vergrößert werden (Power to Liquid) und damit gleichzeitig der Atmosphäre aktiv CO2 entzogen werden.

Energiesteuer und Energiegeld

Auf jeden Fall muss der Staat rechtzeitig durch zusätzliche Besteuerung (nicht der Erzeugung sondern des Endverbrauchs) aller (auch der Erneuerbaren) Energien dafür sorgen, dass ein Überfluss an billiger Energie nicht zur rascheren Ausbeutung der Bodenschätze führt, indem diese in billige Grundstoffe umgewandelt werden. Über diese Thematik informieren wir in gesonderten Beiträgen unter den Stichworten Energiesteuer und Energiegeld.

Welche Technologien sind besonders als Nachfolger für Fossil- und Atomenergie geeignet

In unserem Konzept rechnen wir mit einem raschen Ausbau von Solarenergie und Onshore-Windenergie. Das bei weitem höchste Ausbautempo hat bisher die Photovoltaik (Stromerzeugung mit Solarzellen, "PV-Anlagen") nachgewiesen (7,5 GW Neuinstallationen im Jahr 2011), gefolgt von der Onshore-Windenergie. Der Grund dafür ist leicht erklärt.
Großen Einfluss auf das Ausbautempo haben die zukünftigen Anlagenbetreiber, die die Investitionen in Auftrag geben müssen. Mangelnde Motivation auf ihrer Seite kann den Ausbau erheblich verlangsamen. Siehe dazu die Erfahrungen mit dem Ausbau der Offshore-Windenergie. Dagegen zeigten die Besitzer von Hausdächern und windhöffigen Grundstücken eine hohe Motivation. Diese Gruppe wird durch keine Rücksichtnahme auf eigene fossile Kraftwerke gebremst. Sie reagiert daher besonders dankbar auf Gewinnanreize.

Wie weiter oben ausführlich erläutert, bringt ein hohes Ausbautempo erhebliche volkswirtschaftliche Vorteile und vermindert die Klimaschäden. Tempo ist deshalb wichtiger als Preisgünstigkeit.
Wenn Aussicht besteht, durch höhere Gewinnanreize das Ausbautempo zu beschleunigen, so darf damit nicht gezögert werden. Wir denken dabei besonders an die Solarenergie auf den Dächern und an den Fassaden in den Großstädten.

Sind Energiebereitstellungtechniken aus fluktuierenden Energien geeignet für eine Industrienation?

Eine Gegenüberstellung dreier verschiedener Konzepte

Konzept 1:
Bei der Diskussion der Frage, wie eine Industrienation mit fluktuierenden Energien bedarfsgerecht versorgt werden kann, stößt man häufig auf die Ansicht, dies wäre eine Aufgabe für das sogenannte "Demand Side Management" (Stromverbilligung bei Überschuss, Stromverteuerung bei Mangel). Der Bedarf soll sich also stärker auf das Angebot einstellen. Wir halten das für einen Lösungsansatz, der nur einen kleinen Teil, nicht aber die gesamte Aufgabe lösen kann. Er befreit uns keinesfalls von der Notwendigkeit, konzeptionell eine Lösung für eine bedarfsgerechte Versorgung zu finden. Es geht immerhin um die Versorgung einer nicht ganz kleinen Industrienation im internationalen Wettbewerb. Da würde die Notwendigkeit, bei der Planung der Produktion zusätzlich auch noch das Wetter zu berücksichtigen, zu erheblichen Mehrkosten führen.

Konzept 2:
Nach dem bisherigen EEG sollte die bedarfsgerechte Versorgung in der Weise umgesetzt werden, dass Sonne und Wind, wenn sie wetterbedingt zur Verfügung stehen, genutzt werden, um fossile Energie zu ersetzen. Wenn sie nicht zur Verfügungs stehen, sollten weiterhin die fossilen Energien die Versorgung gewährleisten. Und wenn zu viel Erneuerbare zur Verfügung stehen, sollten sie abgeregelt werden. Dieses Konzept ist längst an seine Grenzen gestoßen. Weiterer Ausbau der Solar- und Windenergie führt an sonnigen, bzw. an windigen Tagen in manchen Regionen zunehmend zur Abregelung, so dass sich dort die Investitionen in Wind- und Solarenergie energiewirtschaftlich immer weniger lohnen. Ein Ausbau der Fernübertragungsnetze - wie von den Übertragungsnetzbetreibern gefordert - kann daran nur wenig ändern, denn auch der vollkommenste Netzausbau kann die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, dass die Sonne (einer der beiden wichtigsten zukünftigen Energielieferanten) in ganz Europa nachts nicht scheint und ihre Höchstleistung nur um die Mittagszeit anbietet.


Konzept 3:
Das Konzept des SFV sieht eine bedarfsgerechte lückenlose Versorgung ausschließlich mit Erneuerbaren Energien vor. Hierzu muss das bisherige EEG von Ballast befreit und um die Technik der Energiespeicherung erweitert werden.
Den oft gehörten Einwand, Speicher seien zu teuer und man müsse deshalb noch auf ihren Ausbau warten, halten wir für einen folgenschweren Irrtum. Das Fehlen von Speichern verlangsamt schon jetzt zunehmend den
Ausbau der Solarenergie und widerspricht den eingangs vorgenommenen konzeptionellen Überlegungen, die wir deshalb, noch einmal etwas anders formuliert, wiederholen: Ein hohes Ausbautempo bietet große
volkswirtschaftliche Vorteile und vermindert außerdem die Klimaschäden und ist deshalb erheblich wichtiger als Preisgünstigkeit einzelner Komponenten. Außerdem werden Speicher auch nicht dadurch billiger, dass
man tatenlos auf sie wartet (oder auf die Autoindustrie verweist, die ebenfalls auf billige Speicher wartet.
Die wirkungsvollste Möglichkeit zur Kostensenkung einer bereits in kleinem Umfang eingesetzten Technik ist die (bereits bei der PV erprobte) Schrittfolge: Anreiz der Massennachfrage, Massenproduktion, Erfahrungsgewinn in der Produktion, Verfahrensverbeserungen, Kostensenkungen.

Versorgung einer Industrienation mit Erneuerbaren Energien erfordert Speicher

Energiespeicher kosten Geld. Diese Tatsache und die gute Verfügbarkeit von Kohle, Erdöl und Erdgas haben dazu geführt, dass in der Stromversorgung Stromspeicher eher nur ein Nischendasein geführt haben.
Doch die Notwendigkeit, aus Klimaschutzgründen und wegen des Zuendegehens der fossilen Vorräte auf fluktuierende Erneuerbare Energien wie Sonne und Wind auszuweichen, führt Stromspeicher immer stärker in den Mittelpunkt des Interesses.

Auch die konventionelle Energiewirtschaft hat erkannt, dass ein vollständiger Umstieg auf die Erneuerbaren Energien nur möglich ist, wenn die dabei entstehenden Angebotslücken mit gespeichertem EE-Strom ausgefüllt werden. Das aber versucht sie zu verhindern, indem sie den Ausbau der Fernübertragungs-Stromnetze als angebliche Problemlösung anbietet. Speicher seien teurer als Netzausbau heißt es. Dieser Satz hat in der politischen Diskussion inzwischen den Stellenwert eines Lehrsatzes erreicht. Dennoch ist er falsch! Schon die Voraussetzung stimmt nicht, denn ein Vergleich zwischen Speicher und Netzausbau wäre nur dann sinnvoll, wenn beide das Gleiche bewirken würden. Doch das tun sie nicht. Netzausbau kann eine räumliche Verschiebung des Stromverbrauchs bewirken, aber das hilft nichts, wenn in ganz Europa nachts keine Sonne scheint. Nur Speicher ermöglichen eine zeitliche Verschiebung des Solarstroms in den Abend und in die Nacht.

Zwei Sorten von Speichern

Zwei Sorten von Speichern werden erforderlich. Die Differenzierung lässt sich gut am Beispiel der Solarenergie erklären (für die Windenergie gelten ähnliche Überlegungen).

1. Pufferspeicher
Pufferspeicher zur Vergleichmäßigung der angebotenen Leistung nehmen die Leistungsspitzen auf und füllen damit am Abend und in der Nacht die Leistungslücken. Sie machen Solarstrom durch Verminderung der Leistungsspitzen auf 30 Prozent der Nennleistung (Peakleistung) transportfähig. Pufferspeicher kommen an jedem Tag mit guter Solareinstrahlung zum Einsatz, das bedeutet eine hohe Zahl von Speicherbeladungen und -Entladungen (Speicherzyklen). Bei jedem Zyklus geht Energie verloren. Deshalb benötigen Pufferspeicher eine hohe Zyklenfestigkeit und einen guten Zyklenwirkungsgrad.

2. Langzeitspeicher
Langzeitspeicher konservieren die Leistungsüberschüsse, die über den aktuellen Strombedarf hinausgehen und machen sie für die Zeiten verfügbar, in denen weder die Solar- noch die Windleistung zur direkten
Energieversorgung ausreicht. Langzeitspeicher müssen viel Energie auf kleinem Raum unterbringen, da sie sonst unverhältnismäßig groß würden. Die höchsten Speicherdichten erreicht man derzeit durch chemische Speicher. Da diese Speicherung nur wenige Male im Jahr eingesetzt wird, kann der Zyklenwirkungsgrad ruhig schlechter sein. Das Anlegen eines strategischen Vorrats von EE-Methan und EE-Methanol ("Power to Gas" und "Power to Liquid") aus Leistungsüberschüssen gehört zur Daseinsvorsorge. (Vielleicht eine Aufgabe für Stadtwerke?).

Bevor solche Leistungsüberschüsse entstehen und genutzt werden können, werden allerdings in der Paxis Solar- und Windanlagen vorzeitig abgeregelt, da sich die in Deutschland eingesetzten Grundlastkraftwerke allesamt nicht in ihrer Leistung bis auf Null herunterregeln lassen.
Zu Zeitpunkten, an denen noch konventionelle Kraftwerke Strom erzeugen, kann man streng genommen nicht von EE-Leistungsüberschüssen sprechen. Somit erfolgt derzeit die Produktion von Power to Gas oder Power to Liquid noch nicht aus EE-Überschussstrom sondern sozusagen "übungshalber" und zur weiteren Verbesserung des Verfahrens. Der Ersatz der Grundlastkraftwerke durch rasch regelbare Gaskraftwerke muss deshalb vorangetrieben werden.

Grundlastkraftwerke erzwingen vorzeitige Abregelungen von Solar- und Windanlagen

Im (europäischen) Stromverbundnetz gilt aus physikalischen Gründen die eiserne Regel, dass immer und jederzeit die aus den vielen Kraftwerken - und auch aus den Solarstrom-Anlagen (Photovoltaik- bzw. PV-Anlagen) - ins Stromnetz eingespeiste elektrische Leistung genau der elektrischen Leistung entsprechen muss, die zum selben Zeitpunkt von den Millionen von Verbrauchern entnommen wird. Wäre das nicht der Fall, so käme es zu erheblichen Frequenz- und Spannungsschwankungen, unter denen die Verbrauchsgeräte leiden würden.
Man kann das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch einfach in einer Grafik darstellen. Auf der x-Achse wird die Uhrzeit dargestellt, in y-Richtung die Summe der jeweils eingespeisten, sowie die Summe der entnommenen elektrischen Leistungen (Bild 1).
Letztere, d.h. der Stromverbrauch in Deutschland wird durch die sogenannte "Lastkurve" dargestellt. Sie ist um die Mittagszeit am höchsten, unter anderem deshalb, weil einerseits Industrie und Gewerbe weiterarbeiten und außerdem in den Haushalten das Mittagessen bereitet wird. Die Lastkurve hat deshalb um die Mittagszeit (manchmal auch noch abends) einen Buckel. In früheren Zeiten, bevor Solarstrom in nennenswertem Umfang ins Stromnetz eingespeist wurde, oder auch heute noch an trüben Tagen, mussten und müssen deswegen mittags zusätzliche Kraftwerke (Spitzenlastkraftwerke) eingeschaltet werden und den noch fehlenden Strom zur Ergänzung ins Netz einspeisen.
Ergänzend noch eine Preisinformation: Strom aus Spitzenlastkraftwerken ist teuer und wenn er benötigt wird, erhalten nach den Regeln der Strombörse auch alle anderen konventionellen Stromlieferer den Spitzenlast-Strompreis (Merit Order Effekt), womit sich der Strompreis deutlich erhöht.

Die erfreuliche Tatsache, dass in den letzten zwei Jahren an sonnigen Tagen zufälligerweise die PV-Anlagen diese Aufgabe übernommen und die Mittagslastspitze der Sommerlastkurve weitgehend ausgeglichen haben (und damit den Börsenstrompreis gesenkt haben), wird sich bei weiterer Zunahme der Zahl von PV-Anlagen leider in ihr Gegenteil verkehren.
Während die PV-Anlagen bisher eher noch die schnell regelbaren Spitzenlastkraftwerke arbeitslos machten, wird es bei weiterem Zubau neuer PV-Anlagen bald gar nicht mehr genügend schnell regelbare Kraftwerke geben, die zukünftig die rasch wechselnde Differenz (Residuallast) zwischen Stromverbrauch und fluktuierendem PV-Angebot ausgleichen könnten.

Bild 1: Lastkurve, Solarleistung und Residuallast

Wenn weitere, neue PV-Anlagen installiert würden, würde die bisherige flache Schönwetter-Solarleistungskurve (in Form einer "Glockenkurve") nicht in die Breite, sondern nur in die Höhe wachsen, so dass sie bei vollem Sonnenschein schon fast die Lastkurve erreicht.


In einer Folge von fünf Grafiken soll nun ausführlich dargestellt werden, was dann vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang geschehen würde.

Um es nicht zu sehr zu verkomplizieren, nehmen wir dabei an, dass Windstille herrscht. In diesem Fall müssen die konventionellen Kraftwerke bis kurz vor Sonnenaufgang die gesamte benötigte Leistung bereitstellen, um sie dann mit Rücksicht auf die rasch zunehmende Solareinspeisung besonders rasch zurückzuregeln.
Die anderen Erneuerbaren Energien, auch die Wasserkraft und die Biomasse (deren Ausbaupotentiale bedeutend geringer sind als das der Sonnenenergie) bleiben zur Vereinfachung der Überlegungen außer Betracht.

Bild 2:   5:30 Uhr - Konventionelle Kraftwerke im Morgengrauen eines sonnigen Tages


Der konventionelle Kraftwerkspark trug bis 5:30 Uhr alleine die volle Last. Der lange zweifarbige Pfeil in Bild 2 stellt die Summe aller in Anspruch genommenen konventionellen Kraftwerksleistungen dar.

Er muss seine Länge zu jeder Zeit dem Abstand zwischen der blauen Lastkurve und der roten Solar-Glockenkurve anpassen. Tagsüber wird er also seine Länge schnell reduzieren müssen. Leider lassen sich aber nicht alle konventionellen Wärmekraftwerke schnell genug in ihrer Leistung herunter- oder am Nachmittag wieder heraufregeln. Der Pfeil besteht deshalb aus zwei Anteilen, einem in der Länge unveränderbaren schwarzen Teil und einem längenveränderbaren hellgrauen Teil.

Zur Vereinfachung der Überlegungen unterscheiden wir bei den vielen verschiedenen konventionellen Kraftwerken nur zwischen genügend schnell regelbarer und NICHT genügend schnell regelbarer konventioneller Kraftwerksleistung. Zur nicht schnell genug regelbaren Kraftwerksleistung gehört mehr als die Hälfte der Grundlast-Kraftwerksleistung. Im Interesse besserer Anschaulichkeit haben wir hier ausnahmsweise die schneller regelbare Kraftwerksleistung am unteren Pfeilende in Hellgrau eingezeichnet.

Bild 3:   8:30 Uhr - Bis jetzt wurde bereits die Hälfte der abregelbaren Leistung abgeregelt


Während die Sonne immer höher steigt, nimmt die PV-Leistung rasch zu. Gleichzeitig werden die regelbaren konventionellen Kraftwerke immer weiter zurückgefahren.

Bild 4: Etwa um 9.00 Uhr ist die Grenze der Abregelbarkeit erreicht

Die Residuallast wird nur noch von dem nicht abregelbaren Leistungsanteil der Grundlastkraftwerke geliefert.
Die eingespeiste Solarleistung wird aber nach 9 Uhr rasch weiter zunehmen und damit wäre das Gleichgewicht zwischen eingespeisten und entnommenen Leistungen gestört. Dem regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber bleibt jetzt nur noch die Möglichkeit, statt der nicht weiter abregelbaren Grundlastkraftwerke die Solarenergie abzuregeln. Er hat für diesen Verstoß gegen den Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien sogar die gesetzliche Genehmigung („Einspeisemanagement“ §§ 6 und 11 EEG 2012).

Bild 5: Nach 9:00 Uhr - Solaranlagen werden abgeregelt

Eine wichtige Erkenntnis: Die Abregelung von Sonnen- (und Wind-) einspeisung mit Rücksicht auf die Grundlastkraftwerke erfolgt lange, bevor die Erneuerbaren Energien den Strombedarf aller Verbraucher
decken - also anders als allgemein angenommen - weit vor dem Erreichen der Lastkurve!
Grund dafür sind die konventionellen Kraftwerke, die nicht schnell genug ihre Leistung auf Null herunterregeln können, insbesondere die Grundlastkraftwerke. Die Grundlastkraftwerke verhindern somit das Erzeugen von EE-Überschüssen an sonnigen oder windigen Tagen.


Bild 6: Die Bewegung des schwarzen Pfeils nach rechts überstreicht und markiert einen (rot eingefärbten) Bereich ausschließlich für nicht abregelbare Grundlastkraftwerksleistung

Erneuerbare Energien können nur in dem darunter verbleibenden „grünen“ Bereich Leistung in das Stromnetz einspeisen. Beim Eindringen in den roten Bereich werden alle solaren Leistungsspitzen gekappt. Gleiches
gilt auch für Wind-Leistungsspitzen. Besonders hoch sind die Verluste, wenn Sonnen- und Windenergie gleichzeitig ihre Leistung zur Einspeisung ins Stromnetz anbieten.

Die im Kraftwerkspark vorhandenen Grundlastkraftwerke erzwingen also eine vorzeitige Abregelung von Solar- und Windleistung, bevor überhaupt der aktuelle Leistungsbedarf der Lastkurve gedeckt wurde. Jeder weitere
Ausbau von Photovoltaik und Windenergie verliert dadurch seine Attraktivität, weil der Löwenanteil der theoretisch gewinnbaren Energie abgeregelt wird. Den finanziellen Ausgaben für die Errichtung der neuen
Anlagen stehen dann nahezu keine nutzbaren Energieerträge mehr gegenüber.

Wie können die Solar- (und Wind-) Überschüsse zur Produktion von EE-Methan oder EE-Methanol genutzt werden?

"Abregeln" bedeutet, die Solar- oder Windanlage kann den Strom nicht ins Stromnetz einspeisen. Abgeregelte Energie kann deshalb nicht mehr durch das Stromnetz zu einer Produktionsanlage für EE-Methan oder EE-Methanol weitergeleitet werden. Eine Verarbeitung der angebotenen Energie zu nutzbarem EE-Methan oder EE-Methanol müsste im Falle der Abregelung also direkt bei der Solaranlage erfolgen. Das aber ist wegen der Kompliziertheit der EE-Methan- oder Methanol-Produktionsanlagen so gut wie ausgeschlossen.

Diese Erkenntnis hat sich in der Umweltbewegung noch nicht durchgesetzt.
Dort geht die Mehrheit von zwei Irrtümern aus: Einmal, die Herstellung von EE-Methan oder EE-Methanol könne direkt bei den EE-Anlagen erfolgen. Und zum anderen, man könne generell mit dem Speicherbau abwarten, bis die Solar- und Windleistung die Lastkurve übersteigt.

Wichtig ist die Erkenntnis, dass wir nicht warten können, bis ungepufferte PV Leistung die Sommerlastkurve erreicht oder gar übersteigt, sondern schon erheblich früher für Abhilfe sorgen müssen.
Die im EEG 2012 II vorgesehene "Lösung", den weiteren Ausbau der Solarenergie beim Erreichen von 52 GW vollständig einzustellen, ist im Sinne des Klimaschutzes nicht akzeptabel.

Viele Experten glauben, die Einführung von Speichern habe noch viel Zeit, weil der Abstand der Solar- und Windleistung zur Lastkurve noch groß ist. Doch sie täuschen sich. Entscheidend ist nicht der Abstand bis
zur Lastkurve, sondern der Abstand zum roten Bereich. Zwei Maßnahmen sind deshalb voranzutreiben:

1. Die Grenze zwischen dem grünen und dem roten Bereich (Bild 6) muss nach oben verschoben werden. Der rote Bereich, der den Grundlastkraftwerken vorbehalten ist, ist zu verringern. Dazu müssen Grundlastkraftwerke durch Kraftwerke ersetzt werden, die rasch bis auf Null abregelbar sind und die bei weiterem Umbau der Stromwirtschaft auch mit Power to Gas oder Power to Liquid Brennstoffen (EE-Methan oder EE-Methanol) betrieben werden können.

2. Der noch nicht ausgefüllte grüne Leistungsbereich ist so weit wie möglich – auch in den Nachtstunden (in Bild 6 also auch in die Breite gehend) – unter Verwendung von Pufferspeichern mit Solarenergie (oder an
windigen Tagen mit Windenergie) aufzufüllen.

PV-Betreiber installieren die fehlenden Speicher selbst

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) hat ein Programm entwickelt, bei dem die motiviertesten Akteure mit einem zugkräftigen Anreiz dazu gebracht werden, genau so viele dezentrale Speicher zu
installieren, wie notwendig sind, damit der Ausbau der Photovoltaik nicht mehr gebremst zu werden braucht. Stromspeicher im Zusammenhang mit PV-Anlagen wurden bisher nur diskutiert mit dem Ziel, einen möglichst hohen Anteil der geernteten Solarstrommenge für den Eigenverbrauch der Betreiber auch in den Abend- und Nachtstunden verfügbar zu machen. Ziel war dabei die Selbstversorgung der einzelnen Haushalte nach sonnigen Tagen. Der jetzt vom SFV vorgelegte Vorschlag geht jedoch deutlich weiter. Ziel ist nicht nur die Selbstversorgung, sondern die vollständige Versorgung von ganz Deutschland nach sonnigen Tagen möglichst rund um die Uhr mit Solarstrom (an windigen Tagen mit Windstrom). Die dahinterstehende Idee ist einfach und folgerichtig: Wenn die Stromwirtschaft nicht in der Lage ist, die Pufferspeicher zur Glättung
der Mittagsleistungsspitze rechtzeitig bereit zu stellen, so helfen sich die PV-Betreiber selbst und der Staat erlässt dazu die richtigen Rahmenbedingungen.
Um den Speicherausbau im richtigen Größenverhältnis an den PV-Ausbau zu koppeln, wird ein Pufferspeicher in jede neue PV-Anlage integriert. So wird zu jeder neuen PV-Anlage automatisch gleich der notwendige Speicher mit installiert und das Problem ist gelöst.

Für die Integration in die PV-Anlage sprechen außerdem folgende technische Gründe:
Transport des Solarstroms zu einem entfernten Speicher würde extra Gleichstromleitungen oder zweimalige Umformung DC/AC AC/DC erforderlich machen.
Die teuersten Stromleitungen sind die zwischen PV-Anlage und Pufferspeicher, weil sie für die ungeglätteten Solarspitzenströme ausgelegt werden müssen, die fast zehnmal so hoch sind wie der Durchschnittsstrom. Sie sollten so kurz wie möglich gehalten werden.
Autonome Regelmechanismen („Schwarmintelligenz“) nach sinnvollen Kriterien ersparen ein Einspeisemanagement des Netzbetreibers.
Schließlich gibt es noch eine klimatechnisch und exportwirtschaftlich zu begrüßende globale Wirkung: PV-Anlagen mit Pufferspeicher können auch zum Modell für Entwicklungsländer gerade im Sonnengürtel der Erde werden.

Unser Vorschlag sieht an Sonnentagen eine gleichmäßige Einspeisung möglichst rund um die Uhr vor. Wir schlagen eine Einspeiseobergrenze von 0,3 der Peakleistung der PV-Anlagen vor. Bei dieser Einspeiseobergrenze füllt der Überschuss eines ertragreichen Sonnentages die folgende nächtliche Lücke. Das Verhältnis der Einspeiseobergrenze zur Peakleistung der PV-Anlage = 0,3 haben wir durch Versuche herausgefunden. Auf gleiche Weise haben wir herausgefunden, dass die notwendige Speicherkapazität bei 3 kWh pro kWp liegt (Verluste sind hier nicht mitgerechnet).

Bild 7: Einspeiseobergrenze und Speicherbedarf

Eine auf diese Weise technisch veränderte Solaranlage mit Netzeinspeisung stellt mit ihrer veränderten Ausgangsleistung (ihrem veränderten "Tagesgang") einen neuen Anlagentyp dar. In sehr sonnigen Wochen werden solche PV-Anlagen rund um die Uhr eine gleichmäßige Einspeisung durchführen.
Wenn die Speicherladung nicht für die ganze Nacht ausreicht, kann man die Anlagen so programmieren, dass sie die Einspeisung aus dem Speicher vorzugsweise in den Abendstunden vornehmen, womit eine Abdeckung der abendlichen Last(verbrauchs)spitze unterstützt wird. An Tagen mit einer Solarstrahlung unter 30 Prozent der Höchstleistung wird der Speicher nicht genutzt, wodurch sich seine Lebensdauer verlängert.

Für sich alleine genommen ist eine PV-Anlage, die an sonnigen Tagen rund um die Uhr die gleiche Leistung einspeist (wie ein nicht regelbares Grundlastkraftwerk), wenig interessant, aber beim Zusammenwirken mit dem schon bestehenden Bestand von ungepufferten Solaranlagen zeigt sich der Vorteil dieser Konstruktionsänderung (Bild 8, rechter Teil).

Bild 8: Vergleich der Einspeiseleistungskurven bei gleichem PV-Zubau, links ohne, rechts mit Pufferspeicher

Rechtes Bild: Die Gesamtleistung beim kombinierten Einsatz von alten PV-Anlagen ohne und neuen PV-Anlagen mit Pufferspeichern entspricht etwa dem Verlauf der Sommerlastkurve.


In technischer Hinsicht müssen die PV-Anlagen mit zusätzlichen Elementen ausgestattet werden. Insbesondere mit einer Speicherbatterie und einem Einspeiseobergrenz-Regler.

Die Batterie - im Zusammenwirken mit einer autonom gesteuerten Elektronik - einem Netzstabilisierungsregler - ermöglicht eine weitere Systemdienstleistung, nämlich Netzstützung: Sogar nachts kann sie mehrere Minuten lang zusätzliche Leistung in das Stromnetz einspeisen. Die Signale des Netzstabilisierungsrechners korrigieren die jeweilige Einstellung des Einspeiseobergrenzreglers. Sie haben drei Aufgaben:

  • Wenn die Batterie leer ist, bewirken sie durch eine sanfte Drosselung der Einspeisung (bei schwachem Sonnenschein sogar bis auf Null), dass zunächst die Batterie wieder eine Mindestbeladung erhält.
  • Sie drosseln die Einspeisung schlagartig, wenn dies der Netzstabilität dienlich ist.
  • Sie erhöhen die Einspeisung schlagartig, wenn dies der Netzstabilität dienlich ist. Eine zusätzliche Leistungseinspeisung über die 0,3 Peak hinaus ist jedoch nur unter Beachtung der örtlichen Netzspannung zulässig - auch diese Einschränkung beachtet der Netzstabilisierungsregler selbständig.

Ziel ist eine von Signalen des Netzbetreibers unabhängige, d.h. autonome Stützung der lokalen Netzspannung sowie der europaweiten Netzfrequenz.

Ein mögliches Blockschaltbild zeigt Bild 9. Details werden im Beitrag http://www.sfv.de/artikel/speicherausbau.htm näher erläutert.

Bild 9: PV-Anlage mit Pufferspeicher, Einspeiseobergrenz-Regler und Netzstabilisierungsregler


Die hier aufgeführen Maßnahmen werden dazu führen, dass geglätteter Solarstrom an sonnigen Tagen aus den Nieder- und Mittelspannungsnetzen bis in die Hochspannungsnetze fließen kann. Dort können die
geglätteten Solarstrom- und Windstromlieferungen in der energieintensiven Industrie genutzt werden. Verbleibende EE-Überschüsse können dann zu EE-Methan und EE-Methanol verarbeitet werden. Siehe Bild 10 und Bild 11.

Bild 10: Gepufferter Solarstrom fließt bis ins Hochspannungsnetz

Der Solartstrom versorgt an sonnigen Tagen die energieintensive Industrie. Und wenn dann noch Überschüsse bleiben, werden Sie zur Erzeugung von EE-Methan und EE-Methanol genutzt.


Bild 11: Ablaufplan für Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien

Erst wenn die Überschüsse aus Solar- und Windstromnutzung nach Glättung durch Pufferspeicher bis in die Hochspannungsebene weitergeleitet werden, können sie dort zu EE-Methan oder EE-Methanol verarbeitet werden.
Erst wenn ein ausreichender strategischer Vorrat an EE-Methan und EE-Methanol vorhanden ist, ist der Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien erfolgreich beendet.

Gesetzliche Bestimmungen zur Einführung von PV-Pufferspeichern

1. Reduzierung der Einspeiseleistung auf 30 Prozent der Peakleistung befreit von der Verpflichtung zur Teilnahme am Einspeisemanagement

Absatz 1
Solarstromanlagen, deren Einspeisewirkleistung am Verknüpfungspunkt mit dem aufnahmepflichtigen Netz durch eine technische Einrichtung auf 30 Prozent der Peakleistung reduziert ist, werden von der Verpflichtung zur Teilnahme am Einspeisemanagement (nach §§ 6 und 11 EEG 2012) befreit.

Absatz 2
Die verpflichtende Reduzierung der Einspeiseleistung auf 0,3 der Peakleistung gilt für den gesamten aus diesen Anlagen in das Versorgungsnetz eingespeisten Strom einschließlich zwischengespeicherten Solarstroms.

Absatz 3
Zusätzlich zum Zweck der Netzstabilisierung eingespeister Strom unterliegt nicht der Reduzierung nach den Abs.1 u. 2

 

2. Speicherbereitstellungsvergütung

Absatz 1
Für die Integration eines Pufferspeichers in eine auf 0,3 der Peakleistung leistungsreduzierte PV-Anlage wird eine jährliche Speicherbereitstellungsvergü-tung durch den regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) gezahlt.

Absatz 2
Die Laufzeit der Speicherbereitstellungsvergütung beträgt 20 volle Kalenderjahre gerechnet vom Zeitpunkt der Speicherinstallation an.
Zusätzlich wird vor Beginn des ersten vollen Kalenderjahres für jeden vollen Monat nach dem 28.Februar je ein Zehntel der in Absatz 3 genannten Speicherbereitstellungsvergütung gezahlt.

Absatz 3
Die Speicherbereitstellungsvergütung beträgt jährlich 80 Euro für eine Speicherkapazität von 1 kWh. Eine nachträgliche Erweiterung des Speichers in Schritten von 1 kWh ist zulässig und wird ebenfalls nach Absatz 2 berechnet.
Der Anlagenbetreiber darf maximal 3 kWh Speicherkapazität pro installierter kWp-Peakleistung geltend machen.

Absatz 4
Der Anlagenbetreiber muss dazu die Kapazität seines Batteriesatzes nachweisen.können.

 

3. Stabilisierungsbonus bei aktiver Teilnahme an der Netzstabilisierung

Absatz 1
Die Integration einer zertifizierbaren Einrichtung zur autonomen Stabilisierung der lokalen Netzspannung sowie zur autonomen Beteiligung an der Frequenzstabilisierung in eine batteriegepufferte PV-Anlage wird mit einem jährlichen Stabilisierungsbonus von 10 Euro pro kWp installierter PV-Leistung durch den aufnahmepflichtigen
Verteilnetzbetreiber vergütet.

Evtl. lokale Netzspannung stabilisieren per powerline communication

Absatz 2
Die Laufzeit des Stabilisierungsbonus beträgt 20 volle Kalenderjahre gerechnet vom Zeitpunkt der Installation der Stabilisierungseinrichtung an. Zusätzlich wird vor Beginn des ersten vollen Kalenderjahres für jeden vollen Monat nach dem 28.Februar je ein Zehntel des in Absatz 1 genannten Stabilisierungsbonus gezahlt.

 

4. Freiwilliger Speichereinsatz vor dem Verpflichtungstermin wird belohnt („Sprinterbonus“)

Absatz 1
Die Speicherbereitstellungsvergütung wird auch für PV-Anlagen mit einem Inbetriebnahmedatum vor dem 01.01.2017 gewährt, wenn die Reduzierung der Einspeiseleistung auf 0,3 der Peakleistung und der Einsatz der Speicherbatterie vor diesem Datum vorgenommen wurde. Die jährliche Speicherbereitstellungsvergütung erhöht sich dann um 50 Cent/kWp für jeden vollen Monat vorgezogenen Speichereinsatz.

Absatz 2
Der Stabilisierungsbonus wird auch für PV-Anlagen mit einem Inbetriebnahmedatum vor dem 01.01.2017 gewährt, wenn eine Speicherbatterie sowie eine Einrichtung zur autonomen Stabilisierung der lokalen Netzspannung sowie zur autonomen Beteiligung an der Frequenzstabilisierung installiert wurden.

 

5. Degression der Speicherbereitstellungsvergütung

Für jedes volle Kalenderjahr, welches das Inbetriebnahmedatum später als der 31.12.2017 liegt, vermindert sich die jährliche Speicherbereitstellungsvergütung technologieabhängig für die gesamte Vergütungsdauer um 5 bis 15 Prozent.

 

6. Eigenverbrauch oder Eigenvermarktung

Eigenverbrauch des Solarstroms ist zulässig, wird aber nicht zusätzlich vergütet.

 

7. Integration von Pufferspeichern in PV-Anlagen befreit Netzbetreiber nicht von ihrer Verantwortung für eigene Stromspeicherung

§ 9 (1) EEG: Netzbetreiber sind auf Verlangen der Einspeisewilligen verpflichtet, unverzüglich ihre Netze entspechend dem Stand der Technik zu optimieren, zu verstärken und auszubauen ODER STROMSPEICHER ZU INTEGRIEREN, um die Abnahme, Übertragung und Verteilung des Stroms aus Erneuerbaren Energien oder Grubengas sicherzustellen.

Ferner § 3 Nr. 7 EEG: "Netz" (ist) die Gesamtheit der miteinander verbundenen technischen Einrichtungen zur Abnahme, Übertragung, Verteilung UND SPEICHERUNGS von Elektrizität für die allgemeine Versorgung.

(nachträgliche Einfügung in Großschrift)

 

8. Berücksichtigung des räumlichen Mehrbedarfs für Speicherbatterien in den Baugesetzen.

Pro 10 qm Dach- sowie nutzbare Fassadenfläche muss Speicherplatz für 3 kWh bauseitig vorgesehen werden. Der Kühlbedarf der Speicher ist zu berücksichtigen.

Diskussionsvorschlag für weitere gesetzliche Regelungen

In Anbetracht der Tatsache, dass mehrfach eine grundlegende Überarbeitung des EEG vorgeschlagen wurde, folgen hier einige noch nicht ausdiskutierte Diskussionsvorschläge:

9. Verteilnetzbetreiber müssen Ausbaubedarf für EE-Sammelnetze dokumentieren

Damit die Verteilnetzbetreiber die notwendigen Ausgaben für den Ausbau des Verteil- bzw. EE-Sammel-Stromnetzes durch die Bundesnetzagentur genehmigt erhalten, müssen sie den Zuwachs an EE-Anlagen bis zu einer EE-Vollversorgung in ihrem Versorgungsgebiet vorausschauend dokumentieren.

 

10. Standortvergütungsanreiz

In Gebieten, in denen die Dichte an EE-Anlagen noch nicht dem bundesweiten Durchschnitt entspricht, gibt es einen zusätzlichen Standortvergütungsanreiz (z.B. für PV in Großstädten oder für Windanlagen in Süddeutschland). Der Standortvergütungsanreiz kann mit einer Vorankündigunsfrist von einem Jahr jährlich zum 15. Dezember geändert werden.

 

11. keine Befreiung von der EEG-Umlage

Die Einspeisevergütungen sind ohne Ausnahme auf jeden Stromverbrauch umzulegen.


 

12. Korrekte Information der Verbraucher

Auf den Stromrechnungen für die Endverbraucher ist die EEG-Umlage durch die Gesamtmenge des eingespeisten EE-Stroms zu dividieren und der so ermittelte EE-Durchschnittspreis mitzuteilen.

 

13. Ordnungsrecht verbietet Neubau klimaschädlicher Kraftwerke

Neubauten von Atom-, Öl- und Kohlekraftwerken werden nicht mehr genehmigt.


 

14. Anschlusspflicht

Netzbetreiber müssen alle EE-Anlagen anschließen

 

15. Vorrang für EE

Netzbetreiber müssen eingespeisten EE-Strom vorrangig gegenüber Strom aus fossilen und atomaren Anlagen abnehmen und weiterleiten