Der VZBV (1) fordert kurzfristig eine radikale Absenkung der Einspeisevergütung für Solarenergie (2). Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), der beginnend ab Juli eine Reduzierung zwischen 11 und 16 % einführen möchte (3), wird diese unerwartete Schützenhilfe sicher freuen. Sie ist aber sachlich nicht begründet.

Die Einspeisevergütung nach dem EEG (4) ist ein geniales Konzept: Die Stromkunden drängen seit Jahren in jeder Umfrage mit weit überwiegender Mehrheit auf die Ausweitung der Solarenergienutzung (und bestätigen, hierfür auch einen geringfügig höheren Strompreis in Kauf zu nehmen). - Und mehr als "geringfügig" kann man den individuellen Aufpreis für die Einspeisevergütung nun wirklich guten Gewissens nicht nennen.

Die Einspeisevergütung unterstützt die Anlagenbetreiber dabei, den Wunsch der Stromkunden in die Realität umzusetzen. Die steigende Zahl potenzieller Anlagenbetreiber erhöht die Nachfrage nach EE-Anlagen und sorgt damit (im Übrigen ohne jeden Cent staatlicher Ausgaben) in Deutschland bei einigen tausend kleinen und mittelständischen Installateuren für Arbeit. Außerdem regt sie die Hersteller der Anlagen weltweit zur Ausweitung von Produktion und Entwicklung an - was auch wieder zielgenau dem o.g. Interesse der Stromkunden entspricht.

Argumentationsstruktur des VZBV

Die Förderung von Solarstrom müsse kurzfristig um 30 % sinken, verkündet Holger Krawinkel, Fachbereichsleiter Bauen, Energie, Umwelt des VZBV seit Mitte Januar allenthalben. Und untermauert diese Forderung mit Verweis auf ein achtseitiges "Hintergrundpapier" (5).

Selbst auf den dritten und vierten Blick in dieses "Hintergrundpapier" kann der (dem VZBV durchaus zugeneigte) Leser bestenfalls mutmaßen, welches die grundlegenden Annahmen des (ungenannten) Autors und welches seine darauf basierenden Bewertungen sind. Vier detaillierte "Forderungen des Verbraucherzentrale Bundesverbandes" sind zwar unter einer eigenen Überschrift zusammengefasst - doch woraus sich diese ableiten sollen, bleibt dem Leser verborgen.

Die folgende Analyse soll möglichst sachlich die Argumentationsstruktur des VZBV aufzeigen und diskutieren. Sie kann aber (aufgrund der inhaltlichen und strukturellen Mängel des "Hintergrundpapiers") nicht für sich in Anspruch nehmen, die Intention des Autors tatsächlich zu treffen.

Das "Hintergrundpapier" enthält zwei voneinander unabhängige Argumentationslinien für die Kürzung der aktuellen Förderung der Photovoltaik nach dem EEG:

  1. Die Verbraucher können die Kosten nicht mehr tragen,
  2. die Anlagenbetreiber verdienen unangemessen und
  3. weitere Aussagen ohne erkennbaren Zusammenhang.

Verbraucher können die Kosten nicht mehr tragen?

Grundlage der Argumentation des VZBV ist der Verweis auf angeblich aufgrund einer falschen Prognose berechnete Vergütungssätze nach dem EEG. Der VZBV berechnet anhand einer eigenen Schätzung der in 2009 installierten Photovoltaikleistung und eines eigenen Ansatzes für den "Wert des Solarstroms" die gegenüber der Prognose entstehenden Mehrkosten und bewertet diese als für den Verbraucher "nicht tragbar".

Einerseits geht die Berechnung der Mehrkosten, aus der der VZBV seine Forderungen ableitet, in mehrfacher Hinsicht von falschen Grundlagen aus:

  • Die Vergütungssätze wurden und werden nicht aufgrund von Prognosen berechnet
  • die Schätzung des VZBV zur in 2009 installierten Leistung erscheint völlig willkürlich und
  • der Ansatz für den "Wert des Solarstroms" ist offensichtlich fehlerhaft.

Andererseits ist die Bezeichnung als "nicht tragbar" selbst auf Grundlage der vom VZBV (fehlerhaft) berechneten Mehrkosten absurd.

Prognose zum EEG

Der VZBV zitiert mit Bezug auf die im Sommer 2008 für die Festlegung der Förderbedingungen für Solarstrom amtlich prognostizierten Zubauzahlen: "die EEG-Mittelfristprognose des BDEW ... (geht) von folgenden jährlichen PV-Zubauraten ... (aus): 2009: 682 MW, 2010: 706 MW, 2011: 623 MW, 2012: 642 MW, 2013: 675 MW." und setzt dem eine eigene Prognose entgegen: "Nun zeigt sich, dass der tatsächliche Zubau um ein vielfaches höher liegen dürfte. ... Der Zubau 2009 wird in Deutschland bei rund 3.000 MW liegen."

Die amtlichen Prognosen waren zwar offensichtlich falsch - aber die eigene Prognose des VZBV scheint völlig "aus der Luft gegriffen".

Amtliche Prognosen
Richtig ist, dass der Zubau der Photovoltaik in 2009 sicher deutlich über der Prognose (6) des BDEW (7) gelegen hat: Der BDEW scheint eine im Dezember 2005 veröffentlichte BMU-Prognose (8) fortzuschreiben - mit denselben bereits damals haarsträubend falschen Annahmen.(9) Letztlich ist aber diese Diskussion über überholte Prognosen - insbesondere im Kontext der Argumentation des VZBV - irrelevant: Denn die Vergütungssätze nach dem EEG wurden keineswegs entsprechend dieser Prognose berechnet, sondern unabhängig davon im politischen Meinungsstreit ausgehandelt.

Aktuelle Zahlen
Die Bundesnetzagentur (10) meldet für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 30.09.2009 eine installierte Leistung von rund 1471 MW. Für das letzte Quartal 2009 liegen noch keine Werte vor, im Vergleichszeitraum des Vorjahrs werden 869 MW angesetzt.(11) Eine Fortschreibung der Vorjahreswerte im letzten Quartal entspräche einer Steigerung um fast 80 % gegenüber dem Durchschnitt der ersten drei Quartale. Damit ergäbe sich für 2009 insgesamt eine Prognose zur installierten Leistung von rund 2350 MW.

Prognose des VZBV
Die Argumentation des VZBV beruht offenbar auf der Annahme, im letzten Quartal 2009 habe die installierte Leistung gut 1500 MW (Differenz aus Gesamtprognose 3000 MW und installierter Leistung in den ersten drei Quartalen) betragen. Der VZBV nimmt also gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr noch einmal eine Steigerung um gut 70 % an - und gegenüber dem Durchschnitt der ersten drei Quartale um rund 205 %. Eine sachliche Grundlage für diese Annahme nennt der VZBV nicht - aber selbst wenn diese Prognose zuträfe, würde sie die Forderung des VZBV nicht stützen.

Wert des Solarstroms

Der VZBV setzt zur Berechnung der Mehrkosten als "Wert des Solarstroms" einen "Börsenpreis" für Strom an. Dieser Ansatz erscheint auf den ersten unbefangenen Blick plausibel, er ist aber tatsächlich offenbar willkürlich so gewählt, dass sich das gewünschte Ergebnis ergibt:

Es gibt auf dem Strommarkt keinen einheitlichen, allgemein akzeptierten Wert für "den Börsenpreis". "Börsenpreis" ist vielmehr ein Gattungsbegriff: Es gibt auf dem Strommarkt je nach Anwendungszweck unterschiedliche Börsenpreise für Stunden- und Blockgebote, für Liefertage, Lieferstunden, Marktgebiete, für Futures- und Optionsgeschäfte und zu diesen jeweils statistische Größen wie Durchschnitte, gewichtete Durchschnitte und Maximalwerte.(12) Welchen dieser Werte der VZBV wählt - und warum - ist nicht ersichtlich.

Kein aus Börsenpreisen berechneter Wert kann den Umstand berücksichtigen, dass Solarstrom verbrauchsnah in das Netz eingespeist wird, also nicht nur keine Durchleitungskosten durch Hoch- und Mittelspannungsnetze verursacht, sondern diese - weil dort weniger Strom angefordert werden muss - für die lokalen Energieversorger sogar vermindert. Plausibler als jeder Börsenpreis erscheint stattdessen der Ansatz der - im "Hintergrundpapier" mit einer Höhe von 24 Cent/kWh genannten - Stromkosten für den privaten Verbraucher als "Wert des Solarstroms".

Kein aus Börsenpreisen für "Graustrom" (13) berechneter Durchschnittswert (und auch kein stundenunabhängiger Verbraucherpreis) kann spezifische Vorteile des Solarstroms berücksichtigen: Solarstrom wird nicht gleichmäßig, sondern vorwiegend um die Mittagszeit eingespeist - zu einem Zeitpunkt, an dem auch der Strombedarf im täglichen Lastgang und die (stundenspezifischen) Börsenpreise ihren jeweils höchsten Wert erreichen.(14) Jeder "Wert", der beispielsweise auch den (billigen) "Nachtstrom" umfasst, setzt offensichtlich für Solarstrom einen zu niedrigen Betrag an, da die Sonne - von vielen Kritikern der Photovoltaik in anderem Kontext immer wieder zu Recht betont - nachts nicht scheint.

Zuletzt berücksichtigt kein aus Börsenpreisen für "Graustrom" berechneter Wert (und wiederum auch kein stundenunabhängiger Verbraucherpreis) die geldwerten (aber schwerer zu beziffernden) Vorteile des Solarstroms durch Vermeidung von Umweltschäden und deren Folgekosten.

Mehrkosten aus 2009?

Der VZBV behauptet, "für alle in 2009 neu installierten Solarstromanlagen müssen die deutschen Stromverbraucher in den nächsten 20 Jahren über 14 Milliarden Euro Mehrkosten bezahlen." - Abgesehen vom Zahlenwert ist zunächst korrekt: Die Förderung der Erneuerbaren Energien geht nach dem EEG hauptsächlich zu Lasten der privaten Verbraucher, da energieintensive Betriebe weitgehend freigestellt sind.

Der astronomisch hoch erscheinende Zahlenwert von 14 Mrd Euro ist gemäß der Formel aus Anlage 2 des "Hintergrundpapiers" die Differenz aus der über 20 Jahre summierten Einspeisevergütung, die für den eingespeisten Solarstrom aus den 2009 installierten Anlagen zu zahlen wäre, und dem angesetzten "Wert" dieses Stroms. Mit einem wie oben korrigierten "Wert des Solarstroms" sinkt die Prognose der Mehrkosten nach der Berechnung des VZBV bereits um mehr als die Hälfte:

Setzt man (aus den obigen Zahlen der Bundesnetzagentur) in der Berechnung des VZBV die in 2009 installierte Leistung mit 2350 MW an, ergibt sich zunächst eine um gut 20 % geringere Menge an zu vergütendem Strom. Setzt man weiter den "Wert des Solarstroms" beispielsweise mit 24 Cent/kWh an, sinken die Differenzkosten je kWh auf 15 Cent/kWh, also auf rund die Hälfte des vom VZBV angesetzten Werts. Mit der Formel aus dem "Hintergrundpapier" ergeben sich dann anstelle 14,58 Mrd Euro (nur) noch "Mehrkosten" von 6,35 Mrd Euro - die, wie gesagt, den Tagesgang des Solarstroms wie des Stromverbrauchs und die geldwerten Vorteile des Solarstroms gegenüber konventionell erzeugtem Strom (zu Lasten des Solarstroms) noch nicht einmal berücksichtigen.

Die vom VZBV beifallheischend zuvor so lautstark (und unwidersprochen) kritisierten falschen Prognosen der Zubauzahlen gehen übrigens (insoweit völlig korrekt) in diese Berechnung in keiner Weise mehr ein. Sie sind - wie bereits gesagt - in diesem Kontext irrelevant.

Mehrkosten sind zu hoch?

Der VZBV behauptet, ohne radikale Absenkung der Einspeisevergütung stiegen "die gegenwärtigen und zukünftigen Kosten für die Verbraucher in nicht mehr tragbare Dimensionen". Im Hinblick weder auf die gegenwärtigen, noch auf die zukünftigen Kosten liefert das "Hintergrundpapier" hierfür einen Beleg. Grundlage der Behauptung des VZBV scheint ein alter statistischer "Trick" - und die Überinterpretation von dessen Ergebnis zu sein.

Gegenwärtige Kosten für die Verbraucher
Zu den gegenwärtigen Kosten für die Verbraucher kommt der VZBV zu der Aussage: "Die für 2009 kalkulierte EEG-Umlage wird voraussichtlich um etwa 0,2 Cent/kWh erhöht werden müssen." Für einen durchschnittlichen deutschen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3891 kWh (15) ergäbe das eine zusätzliche Belastung von rund 7,78 Euro pro Jahr. - Das soll eine für den Verbraucher "nicht mehr tragbare Dimension" sein?

Aus dem "Hintergrundpapier" geht zudem zwar nicht hervor, wie der VZBV die "untragbare" Erhöhung von 0,2 Cent/kWh berechnet - aber sie soll doch vermutlich auf den in Anlage 2 berechneten "Mehrkosten" beruhen. - Setzt man diese wie oben deutlich reduziert an, wird wohl auch die Erhöhung der EEG-Umlage gegenüber der Berechnung des VZBV deutlich geringer ausfallen - und vielleicht sogar in eine aus Sicht des VZBV "tragbare Dimension" sinken ...

Zukünftige Kosten für die Verbraucher
Zu den zukünftigen Kosten für die Verbraucher - ohne die geforderte Absenkung der Einspeisevergütung - findet sich in dem "Hintergrundpapier" überhaupt keine Zahlenangabe, die die pauschal behaupteten "untragbaren Dimensionen" stützen könnte.

Statistischer "Trick"
Das (RWE-nahe, aber selbstverständlich absolut neutrale) RWI (16) hat vor drei Jahren die Summierung der insgesamt von allen Verbrauchern gemeinsam durch die Einspeisevergütung über die Jahre aufzubringenden Beträge in die Diskussion um die Förderung der Photovoltaik eingeführt.(17) Sinn und Unsinn dieser volkswirtschaftlich summierenden Betrachtung als solche - ebenso wie die daraus zu ziehenden Schlüsse - sind heftig umstritten.

Der VZBV bezieht seine Beurteilung "untragbare Dimensionen" nicht auf die von den einzelnen Verbrauchern aufzubringenden Beträge, sondern - wie in der Sicht des RWI - auf die Summierung über alle Verbraucher und alle Anlagen über die Laufzeit der Förderung. Unabhängig davon, ob die Sicht des RWI überhaupt irgendwo sinnvoll ist: In dem vom VZBV betrachteten Kontext - nämlich der "Tragbarkeit" für die einzelnen Verbraucher - ist sie offensichtlich Unsinn. Denn für den Verbraucher ist nicht die Summierung, sondern nur der individuell zu zahlende Betrag relevant.

Anlagenbetreiber verdienen unangemessen?

Der VZBV behauptet, man könnte "in Deutschland Solarstrom zum 'Steckdosenpreis' produzieren" und schließt daraus, selbst bei einer Kürzung der Einspeisevergütung "um 30 Prozent zum 1. Juli 2010" erwirtschafte der Anlagenbetreiber eine "angemessene" Eigenkapitalrendite. Der VZBV springt damit auf den populären, vom RWI gestarteten Zug der "goldene-Nasen-Debatte" gegenüber Betreibern von Photovoltaikanlagen auf: Wenn ab Juli 30 % weniger ausreichen, erhalten die Anlagenbetreiber ja derzeit offenbar diesen Betrag ungerechtfertigt!

Die Argumentation des VZBV beruht auf einer eigenen Prognose der Preise für installierte Photovoltaikanlagen, einer eigenen Berechnung der erforderlichen Einspeisevergütung und Betrachtungen zur erforderlichen Eigenkapitalrendite für Anlagenbetreiber.

Schon die Preisprognose des VZBV scheint im Wesentlichen willkürlich, die Berechnung der Einspeisevergütung unvollständig und die Betrachtung zur Eigenkapitalrendite basiert auf dem sprichwörtlichen Vergleich "von Äpfeln und Birnen". Die Forderung des VZBV nach Kürzung der Vergütung ist jedenfalls in dieser Weise nicht zu begründen.

Prognose der Anlagenpreise

Der VZBV geht von der Annahme aus, die Solarinstallateure könnten dem Endkunden in "2010 erstmals fertig installierte Solarstromanlagen zu Preisen um 2.200 Euro pro Kilowatt anbieten" und führt als Beleg eigene Prognosen über die sinkenden Kosten für Solarmodule ins Feld.

Der im Auftrag des BSW (18) repräsentativ ermittelte "Preisindex Photovoltaik" (19) dokumentiert für das letzte Quartal 2009 einen Wert von 3135 Euro/kWp und im letzten Quartal ein Absinken um rund 160 Euro/kWp oder rund 5 %. Eine Fortschreibung dieser Entwicklung in 2010 ergäbe rund 3000 Euro/kWp im ersten, 2850 Euro/kWp im zweiten, 2700 Euro/kWp im dritten und 2550 Euro/kWp im vierten Quartal 2010.

Die Berechnungen des VZBV ergeben dagegen in der Prognose einen Preisverfall auf rund 70 % des Werts aus Ende 2009. Da der VZBV zudem die Absenkung der Einspeisevergütung zum 1. Juli fordert, scheint er diesen Wert für das Ende des zweiten Quartals 2010 vorherzusagen. Gegenüber der dokumentierten bisherigen Preisentwicklung erscheint ein derartiger Verfall weder realistisch noch - im Sinne einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung der Hersteller von Solarzellen - wünschenswert.

Erforderliche Einspeisevergütung

Der VZBV argumentiert, mit dem sinkenden Einkaufspreis für Solarmodule könne auch die Einspeisevergütung für die Anlagenbetreiber in gleichem Maß - nämlich um die prognostizierten 30 % - sinken. Auch hier scheint der Ansatz zunächst plausibel. Bei näherem Hinsehen lässt er aber wesentliche Kostenanteile außer Acht.

Soweit aus dem "Hintergrundpapier" ersichtlich, scheint der VZBV bei dieser Betrachtung insbesondere die laufenden Kosten des Anlagenbetreiber, die über die reine Installation der Anlage hinausgehen - wie Planung, Landpacht, Finanzierung und Versicherung - nicht zu berücksichtigen: Diese Kosten sind nach Angabe des Bunds der Energieverbraucher (20) nicht gesunken, sondern gestiegen.(21) Auf welcher Grundlage der VZBV dagegen diese Kostenanteile für irrelevant ansieht, ist nicht ersichtlich.

Eigenkapitalrendite der Anlagenbetreiber

Der VZBV zitiert den BSW mit der Aussage, beim Kauf einer Photovoltaikanlage in 2009 zu Preisen von rund 4000 Euro/kWp habe der Käufer von einer "rund 6-prozentigen Rendite" ausgehen können. Der VZBV vergleicht die erzielbare Rendite mit derjenigen vergleichbarer Bundesanleihen und bewertet sie vor diesem Hintergrund als "ausreichend". Die zugrunde liegende Argumentation ist aber wiederum fehlerhaft.

Die Schätzung einer sechsprozentigen Rendite stammt zwar aus dem "Photovoltaik-Preismonitor" des BSW. (22) Allerdings "verschätzt" sich der VZBV auch hier wieder zugunsten seiner Argumentation: Eine sechsprozentige Rendite ist nicht "rund doppelt so hoch" wie die vergleichbarer Bundesanleihen, sondern um rund die Hälfte. (23)

Die vom BSW angesetzte Rendite bezieht sich (da sich anderes kaum sinnvoll auf einen einfachen Nenner bringen lässt) auf den rechnerisch einfachsten Fall: Die Installation einer Photovoltaikanlage auf eigener Fläche, ohne Kreditaufnahme und ohne laufende Kosten - insoweit tatsächlich mit einer Bundesanleihe vergleichbar. Die Vergleichbarkeit dieser beiden "Anlagemodelle" endet aber in der Realität, in der der Betreiber einer Solaranlage - im Gegensatz zum Käufer einer Bundesanleihe - teils erheblichen individuellen Aufwand (bis hin zum Risiko von Rechtsstreitigkeiten mit der Elektrizitätswirtschaft) betreibt, ein individuelles finanzielles Risiko eingeht, zudem ein gesellschaftliches Bedürfnis befriedigt und hierfür auch eine entsprechend höhere Rendite erzielen darf - und muss.

Weitere Gründe für ein Absenken der Einspeisevergütung

Das "Hintergrundpapier" enthält darüber hinaus einen ganzen Strauß an Aussagen, die wohl die Forderung des VZBV nach einem kurzfristig radikalen Absenken der Einspeisevergütung stützen sollen:

1. Die gegenwärtigen Kosten für die Verbraucher stehen in keinem vernünftigen Verhältnis

  • zum Nutzen der Förderung und
  • zu den Kosten anderer Klimaschutzmaßnahmen.

2. Ohne die geforderte Absenkung stünden die zukünftigen Kosten für die Verbraucher in keinem vernünftigen Verhältnis

  • zum Nutzen der Förderung und
  • zu den Kosten anderer Klimaschutzmaßnahmen.

3. Solarstrom wird durch die staatlich induzierte Förderung künstlich teuer gehalten.
4. Dies (der "künstlich teure Solarstrom") behindert den weltweiten Durchbruch (der Photovoltaik).
5. Klimaschutz-Technologien können sich weltweit nur verbreiten, wenn sie ohne Subventionen auskommen.

Dem Verständnis dieser Aussagen - und damit einer sachlichen Auseinandersetzung - stehen allzuviele offene Fragen entgegen:

  • Was wäre nach Ansicht des VZBV ein "vernünftiges" Kosten-Nutzen-Verhältnis? (und warum?)
  • Was ist nach Ansicht des VZBV der "Nutzen" der Förderung? (und wie ist dieser in Euro zu bewerten?)
  • Welche "anderen Klimaschutzmaßnahmen" meint der VZBV? (vielleicht den Weiterbetrieb alter "CO2-freier" Atomkraftwerke?)
  • Welcher "Preis" von Solarstrom ist nach Ansicht des VZBV "künstlich teuer"? (Verbraucherpreis? Börsenpreis? Erzeugerkosten? Einspeisevergütung?)
  • Was versteht der VZBV unter "weltweitem Durchbruch" der Photovoltaik und unter "weltweiter Verbreitung" einer Klimaschutz-Technologie?
  • Welchen "Subventionsbegriff" legt der VZBV zugrunde? (den Kampfbegriff des SPIEGEL synonym zu "Förderung"? oder wie im Gesetz: "öffentliche Gelder an einzelne Unternehmen ohne Gegenleistung (24)?

In der (im "Hintergrundpapier") vorliegenden Form kann man dieses abstruse Sammelsurium nur als Meinungsäußerung ohne jede sachliche Grundlage kopfschüttelnd im Raum stehen lassen.

Fazit

Das vorliegende "Hintergrundpapier" kombiniert wild - wenn auch offenbar absichtsvoll - zusammenhanglose Zahlenwerte, schätzt zielgerichtet jeweils ungünstig für die Photovoltaik und bedient billige, von der Elektrizitätswirtschaft geschürte Ressentiments, um den Forderungskatalog zu untermauern. Es drängt sich die Frage auf, welcher "verwirrte Geist" da bloß in die Verbraucherschützer gefahren ist.

Fußnoten

1. Verbraucherzentrale Bundesverband

2. Pressemeldung des VZBV vom 12.01.2010: "Förderungsbedingungen von Solarstrom über das Erneuerbare-Energien-Gesetz anpassen"

3. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes

4. Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG)

5. VZBV (Hrsg.): "Die künftige Förderung von Solarstrom über das Erneuerbare-Energien-Gesetz"

6. Pressemitteilung des BDEW: "EEG-Mittelfristprognose bis 2014 (Stand, 22.04.2008)"

7. Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

8. BMU-Studie "Ausbau Erneuerbarer Energien im Stromsektor bis zum Jahr 2020 - Vergütungszahlungen und Differenzkosten durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz"

9. SFV-Stellungnahme vom 29.03.2006: "BMU veröffentlicht lähmende Prognosen zu Zuwachsraten bei Sonnen- und Windenergie im Binnenland"

10. Bundesnetzagentur

11. Pressemeldung der Bundesnetzagentur vom 30.10.2009: "Verguetungssaetze fuer Photovoltaikanlagen"

12. European Energy Exchange AG (Hrsg.): "Einführung in den Börsenhandel an der EEX auf Xetra und Eurex", Leipzig 2007

13. Ökostrom-Lexikon: "Graustrom" - Strom nicht bekannter Herkunft

14. siehe beispielsweise Quaschning, V.: Systemtechnik einer klimaverträglichen Elektrizitätsversorgung in Deutschland für das 21. Jahrhundert, VDI-Verlag Düsseldorf 2000, 5.3.2 - Analyse heutiger Lastgänge

15. aus: Wikipedia, Strombedarf in Deutschland

16. Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI)

17. Frondel, M. et.al.: Photovoltaik - Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, RWI-Positionen 18, 25.04.2007

18. Bundesverband Solarwirtschaft (BSW)

19. aus: BSW - Preisindex Photovoltaik

20. Bund der Energieverbraucher

21. aus: Bund der Energieverbraucher: "Höhe der Einspeisevergütung"

22. Pressemeldung des BSW vom 24.02.2009: "Gesunkene Preise machen Solarstromanlagen für Verbraucher attraktiv"

23. aktuelle Rendite für Bundesanleihen mit 20-jähriger Laufzeit: 3,99 %, aus: Deutsche Finanzagentur (Hrsg.): "Kurse/Renditen börsennotierter Bundeswertpapiere vom 02.02.10"

24. beispielsweise in § 264 (7) StGB