Wieder was zum Solarstrom: das hat mit dem epochalen Beschluss der Bundesregierung zu tun. Ich konnte die letzten Nächte kaum schlafen, weil ich so aufgewühlt war. Die Regierung hat eben ein „Solarenergieschrumpfungsgesetz“ beschlossen, nämlich das geplante Einstampfen des jährlichen Aufbaus der Photovoltaik. Als Solarfreund ist das für mich natürlich ein Schlag ins Gesicht. Der Vorschlag zur Neugestaltung der Solarvergütung ist aber auch aus ordnungspolitischer Sicht schmerzhaft: die planwirtschaftlichen Elemente kommen von einem FDP Minister, vom Genossen Rösler. Der hat sich nämlich mit der Idee des jährlichen Abbaus gegen den Marktwirtschaftler Röttgen durchgesetzt. Der Mehrjahresplan des weisen FDP-Wirtschaftslenkers sieht vor, die Photovoltaik solle in den nächsten Jahren jährlich heftig schrumpfen. Hier die Zahlen: im Jahr 2011 wurden in Deutschland ungefähr 7.5 Gigawatt an PV zugebaut. Im Jahr 2012 soll es nur noch die Hälfte sein und ab 2014 sollen diese rund 3 Gigawatt jedes Jahr nochmals um 0.4 Gigawatt schrumpfen. Soll heißen: im Jahr 2019 sollen demnach in Deutschland nur noch rund 0.5 Gigawatt dazu gebaut werden. Das wären also weniger als 10% des Jahres 2011!

In Sachen Postwachstumsgesellschaft kann man hier nur „Chapeau“ rufen. Endlich macht eine Regierung Ernst mit "weniger". Zwei Dinge sind besonders spektakulär: die Politik gibt ein Mengenziel vor mit ehrgeizigen Reduktionsschritten und dazu noch einen genauen Zeitplan. Zynisch könnte man sagen, das sei prima für die Branche. Handwerker, Projektentwickler und Modulhersteller können sich sauber auf den rasanten Abbau von Aufträgen und Jobs in Deutschland einstellen. Zum Vergleich: die Steinkohlesubventionen werden in Deutschland seit Jahrzehnten verlängert und jahrelang nur schrittweise abgebaut aus sozialpolitischen Gründen. Auch abgeschaltete Atomkraftwerke brauchen jahrzehntelang noch Personal und der Staat schafft Stellen bei der Entsorgung. Die Photovoltaik- Branche dagegen muss brachial flexibel sein: im Gesetz war eine Absenkung der Einspeisevergütung – also der Grundlage für jede Anlagenplanung - im Juli vorgesehen. Dann sprachen Rösler und Röttgen vom Vorziehen einer einmaligen Sonderkürzung in den April. Letzte Woche haben sie nun verkündet, eine außerplanmäßige Kürzung werde bereits am 9. März stattfinden. Und warum? Um uns Stromkunden angeblich vor zu hohen Stromkosten zu schützen.

Wie sich der Ausbau der Photovoltaik wirklich auf den Strompreis auswirkt, darüber lässt sich streiten. Auch ist heute nicht klar, wie heftig der erlebte Preisverfall der Module weitergeht. Aber selbst Kritiker des rasanten PV-Aufbaus der letzten Jahre müssen heute zugeben, dass uns die PV wahrscheinlich doch nicht die Haare vom Kopf frisst. Die bereits im Gesetz geplanten Absenkungen hätten bereits im Jahre 2013 zu einem Gleichziehen der Vergütungen mit Off-Shore-Wind und Biogas geführt. Auf dem Dach kann PV-Strom bereits heute mit dem Haushaltsstrompreis konkurrieren. PV bedeutet also heute schon eine echte energiepolitische Revolution. Und hier wird es absurd. Dezentraler, selbstproduzierter PV-Strom in regionalen Netzen ist vergleichbar mit der Revolution, die der PC und das Internet gebracht hatten. Ist es vorstellbar, dass im Jahre 1995 jemand vorgeschlagen hätte, den Verkauf von Computern in Privathaushalten heftig runter zufahren, weil wir sonst in neue Leitungen investieren müssten und das alte Telefonnetz dafür nicht ausgelegt sei? Ist es vorstellbar, dass die Regierung in dieser Zeit den Verkauf von Handys erschwert hätte, weil die Kosten der Privathaushalte durch mobiles Telefonieren explodierten? Nein, das ist unvorstellbar. So ist auch das staatliche Abwürgen der PV als Schlüsseltechnologie des 21sten Jahrhunderts eigentlich unvorstellbar. Und erfreulicherweise wird der 10 Jahresplan dieser Bundesregierung auch in der Mülltonne der Geschichte landen. Ein Trost bleibt nämlich: die Sonne in ihrem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf.


Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors
Quelle: http://oekosex.eu