Infos zur Mitgliederversammlung 2009

Die energiepolitische Lage und unsere Aktivitäten

Im Rückblick auf das Vereinsjahr 2008/2009 überragt ein Ereignis in seiner energiepolitischen Bedeutung alle übrigen: Die Bundestagswahl, die denjenigen Parteien zur Macht verholfen hat, die die Laufzeit der Atomkraftwerke verlängern wollen. Das Wahlergebnis spiegelt das immer noch fehlende Vertrauen der Bevölkerung in das Potential der Erneuerbaren Energien wider.

Zwar wünscht sich eine deutliche Mehrheit eine Versorgung aus Erneuerbaren Energien, aber dass die Erneuerbaren die konventionellen Energien vollständig ersetzen können, hält die Mehrheit weiterhin nicht für realistisch und gibt ihre Stimme lieber denjenigen, die die Atomenergie vorsichtshalber als Brückentechnologie weiterführen wollen. Die Verunsicherungstaktik der konventionellen Stromwirtschaft ("Stromlücke") trägt hier Früchte: Man will ja nicht plötzlich im Dunklen stehen.

Es war deshalb genau richtig, dass unsere Hauptanstrengungen auch im vergangenen Vereinsjahr darauf gerichtet war, das Vertrauen in das Potential der Erneuerbaren Energien zu stärken. Unser Faltblatt "100% Erneuerbare Energien sind möglich" haben wir inzwischen in einer Stückzahl von 411.000 Stück drucken lassen und auf verschiedenen Wegen verteilt.

Über 25 Vorträge zum Thema 100 % wurden nach unserer Zählung im letzten Vereinsjahr gehalten. Auf unserer Internetseite unter dem Link "Vorträge und Aktionen" kann man sich informieren, wo die nächsten Vorträge in Deutschland - auch von Nichtangehörigen des SFV - zum Thema 100 % gehalten werden.

Unser Energiewenderechner im Internet wurde neu gestaltet und weiterhin verbessert. Unser Ziel ist es, das Potenzial der Erneuerbaren Energien in Deutschland Entscheidungsträgern und der interessierten Öffentlichkeit aufzuzeigen. Die Anwender sollen an Schiebereglern die Einstellungen vornehmen und das Ergebnis direkt ablesen können. Er ist nun so weit entwickelt, dass die neueste Version bei der Mitgliederversammlung vorgestellt werden kann.

In der öffentlichen Diskussion um Fragen der Energiewende bezogen wir Stellung und konnten häufig aufgrund unserer langjährigen Erfahrung auf verborgene Mängel und Nachteile hinweisen, die sich dem Erstbetrachter nicht sofort erschließen. Deutlich wird dies immer wieder bei solchen Themen wie energetische Nutzung der Biomasse, Emissionshandel, Desertec (Stromversorgung aus der Wüste), Energie in Bürgerhand, Grid-Parity, Merit-Order-Effekt, Ökostromhandel. In etwa vierzig Rund- oder Betreibermails haben wir diese Themen angesprochen und im Internet sind unsere Beiträge zu diesen Themen ausführlich dokumentiert.

Auf kommunalem Gebiet haben wir uns für die Ausweisung neuer Windvorrangsgebiete eingesetzt und in Aachen unsere Erfahrungen mit der unsachlichen und irreführenden Argumentation vieler Windkraftgegner gesammelt. Nicht zuletzt auch unseren Anstrengungen ist es zu verdanken, dass die neue schwarz-grüne Koalition im Stadtparlament neue Windvorrangsgebiete ausweisen will, was in den vergangenen Jahren unter Rot-Grün nicht gelungen war.

Global denken - national handeln

Zum besseren Verständnis unserer Vereinsarbeit erläutern wir nachstehend, wie wir den globalen Klimawandel ohne internationale Vereinbarungen, alleine durch nationales Handeln eindämmen können: Aus Gründen der politischen Durchsetzbarkeit legen wir den Schwerpunkt unserer Arbeit auf Deutschland, bedenken dabei aber stets die globalen Auswirkungen. Ein erfolgreiches rasches Voranschreiten der Energiewende in einem hochindustrialisierten und dicht besiedelten Land wie Deutschland würde nicht nur technische und wirtschaftliche Hilfe für die globale Energiewende bereitstellen, sondern auch argumentativ wichtige Impulse

Dazu einige Beispiele:

  • Alle Erneuerbaren Energien haben ihre besonderen Stärken und Vorzüge, die auch global benötigt werden. Wir fordern deshalb im nationalen Rahmen eine technologieabhängige gewinnbringende Einspeisevergütung für alle Erneuerbaren Energien. Ziel ist eine gegenüber dem bisherigen Erneuerbaren-Energien-Gesetz noch gesteigerte Erhöhung der Nachfrage und damit ein wirtschaftlicher Anreiz zum Bau weiterer nationaler und internationaler Produktionsstätten. Die Ausweitung der Massenproduktion verbessert und verbilligt die Techniken durch Wettbewerb und Erfahrung und schafft so die Voraussetzung für die nationale, insbesondere aber auch für die globale Anwendung in weniger kapitalkräftigen Ländern.
  • Bei einer vollständigen Umstellung auf Erneuerbare Energien tritt die Frage der Energiespeicherung stärker als bisher in den Vordergrund. Der Speicherbedarf kann erheblich vermindert werden, wenn unterschiedliche Techniken - Wind- und Solarenergie, Wasserkraft, Geothermie und Bioenergie - sich zeitlich weitgehend ergänzen und überlappen. Dies gilt sowohl für Deutschland als auch global gesehen. Deshalb kann auf die Photovoltaik - derzeit noch die teuerste der Erneuerbaren Energien - nicht verzichtet werden. Wir fordern eine Verbesserung der Einspeisevergütung für Solarstrom - insbesondere für Anlagen bis 5 kWp.
  • Auch angesichts des wachsenden Energiebedarfs weltweit kann auf das riesige Potential der Photovoltaik nicht verzichtet werden. Das gilt sowohl für Deutschland, wo die Photovoltaik allein an und auf Gebäuden sowie Lärmschutzwänden im jährlichen Durchschnitt fast die Hälfte des jetzigen Strombedarfs erzeugen könnte. Das gilt aber auch global, insbesondere in den südlichen Entwicklungsländern, wo die PV die klimabelastenden Dieselgeneratoren ablösen muss.
  • Photovoltaik ist die jüngste der Erneuerbaren Energien und muss möglichst rasch den Entwicklungsvorsprung der anderen Erneuerbaren Energien aufholen. Sie benötigt deshalb besondere staatliche Unterstützung bei der Markteinführung.
  • Beim Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien sehen wir das größte Potential in der Erzeugung von elektrischem Strom. Zur Sicherstellung einer ununterbrochenen Versorgung erwarten wir global einen wachsenden Bedarf an Stromspeichern. Ein deutsches Gesetz zur Schaffung von Anreizen für den Ausbau dezentraler Stromspeicher durch jeden Bürger, ließe sich auch auf internationale Ebene übertragen. Und die Verbilligung von Batteriespeichern durch Massenproduktion wird sich auch global auswirken.
  • Energieeffizienz: Sollen wir tatenlos darauf warten, dass die steigenden Energiepreise Energieeffizienz erzwingen? Die Monopol- und Krisengewinne der Energiekonzerne würden derweilen ins Unermessliche steigen und gleichzeitig den Anreiz bieten, diesen Zustand der Verknappung möglichst lange auszudehnen. Wir fordern deshalb eine finanzielle Beteiligung des Produktionsfaktors Energie an den Gemeinschaftsaufgaben durch eine zügige Verlagerung der Steuerlast von den Personalkosten zu den Energiekosten. Höhere Energiesteuern zur Entlastung des Faktors Arbeit (z.B. durch Absenkung des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben) würden wieder angemessene Rahmenbedingungen für zukunftswichtige personalintensive Branchen wie z.B. Arbeitsplätze im Erziehungs-, Ausbildungs- und Sozialbereich schaffen, und den vermeintlichen Zwang zu ständigem Wirtschaftswachstum beseitigen. Zur sozialen Abfederung könnte z.B. ein monatliches Energiegeld dienen. Eine solche Regelung könnte für andere Industriestaaten beispielgebend werden, wenn sich erste nationale Erfolge einstellen.

Bei der Abschätzung von Energieerträgen bei der energetischen Biomassenutzung sind wir darauf gestoßen, dass 21 Prozent der deutschen Erdöleinfuhren stofflich verwendet werden - Erzeugung von Kunststoffen bis zur Kohlefaser, Textilien, Schmiermittel und vieles mehr. Bei einer Abkehr vom Erdöl braucht unsere Wirtschaft Ersatz für diese Grundstoffe. Diesen Ersatz können weder Wind- noch Solaranlagen liefern, sondern allenfalls die Biomasse. Wir fühlen uns deshalb darin bestätigt, stoffliche Nutzung von Biomasse der energetischen Nutzung vorzuziehen. Dazu gibt es einen Vorstandsbeschluss, der auf unserer Internetseite unter dem Datum vom 23.05.09 zu finden ist.
Dezentralisierung der Speichertechnik: Als Anreiz fordern wir ein Gesetz, wonach der Strompreis für Endverbraucher jederzeit das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wiederspiegelt. Jeder Anschlussnehmer in Deutschland soll das Recht haben, Strom zu beliebigen Zeiten gegen eine dem Strompreis entsprechende Vergütung ins Netz einzuspeisen.
In fast 1000 Beiträgen auf unserer Internetseite machen wir Interessenten mit unseren Vorschlägen bekannt. Dass unsere Beiträge im Internet durchaus wahrgenommen und weiter verlinkt werden, zeigt sich bei der Google-Suche. Wer z.B. die beiden Stichworte "Arbeitsplätze" und "Gerechtigkeit" eingibt, findet unseren SFV-Beitrag unter den ersten Einträgen. Unser Vorschlag eines "Energiegeldes" findet sich ebenfalls bei Google ganz vorne. Und es zeigt sich, dass er auch von anderen Organisationen fast wörtlich übernommen wurde.

Beratung von Solaranlagenbetreibern

Neben der politischen Arbeit, die das Ziel verfolgt, die Rahmenbedingungen in unserem Sinne zu verbessern, sehen wir die Betreiberberatung als wichtige Aufgabe an. Hier liegt unser Schwerpunkt weiterhin bei Problemen mit dem Netzbetreiber. Offensichtlich soll die Zahl der dezentralen Stromerzeuger durch "Abschreckung" möglichst klein gehalten werden. Täglich gehen Anrufe bei uns ein, in denen potentielle Anlagenbetreiber um Rat nachfragen. Manchmal sind die Verstöße der Netzbetreiber gegen das EEG so offensichtlich, dass sie vom Netzbetreiber nach Hinweis auf die Rechtslage abgestellt werden. In den übrigen Fällen bleibt uns nur, die Betreiber an Fachanwälte für Energierecht zu verweisen.

Mit einem nichtständigen Vertreter sind wir in der Clearingstelle EEG vertreten. Dort besteht der Wille, die berechtigten Interessen der Anlagenbetreiber gegen Angriffe durch die Stromnetzbetreiber zu schützen. Allerdings ist angesichts der Verkomplizierung des EEG davon auszugehen, dass die Zahl der Streitfälle zunehmen wird, so dass auch eine gut organisierte Clearingstelle nur einen geringen Anteil der Fälle wird abarbeiten können. Unsere immer noch aufrecht erhaltene Forderung nach Zahlung einer Bereitstellungsgebühr bei Nichtanschluss einer fertiggestellten Anlage zeigt sich somit weiterhin als vordringlich.

Solarbriefe

Im Vereinsjahr sind vier Solarbriefe (4/08 bis 3/09) erschienen.

Ertragsdatenbank für Solarstromanlagen

Der SFV betreibt die weitaus größte öffentliche Datenbank mit Erträgen von über 10.000 Solarstromanlagen. Die statistischen Auswertungen dieser Erträge werden auch von der Arbeitsgruppe Statistik des BMU genutzt. Sie geben Anlagenbetreibern einen ungeschminkten Anhalt darüber, wieviel Strom man in den verschiedenen PLZ-Bereichen und in den verschiedenen Monaten aus Solaranlagen gewinnen konnte.

Mitgliederzahlen (Stand 21.10.2009)

Die Vorjahresstände zeigen das kontinuierliche Anwachsen des Vereins:
Persönliche Mitglieder: 2589 (In den Vorjahren 2402, 2273, 2232, 2194, 2076, 2010, 2147, 2040, 1738, 1597)
Fördermitglieder: 265 (210, 205, 192, 179, 171, 160, 155, 150, 106, 78)

Vereinsziel für das Jahr 2009/2010

Die Überzeugung von der Notwendigkeit und der Realisierbarkeit einer Energieautonomie auf der Basis von 100 % Erneuerbaren Energien in der Öffentlichkeit weiter verfestigen und auf die entsprechenden Änderungen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen hinwirken.

Politische Forderungen für das neue Vereinsjahr

  • Erneuerbare Energien verbrauchsnah in allen Regionen bereitstellen, Solaranlagen nicht nur im sonnenreicheren Süden, Windanlagen nicht nur im Küstenbereich und auf See! Nutzung der Sonnenenergie an allen Gebäuden - Sonnenwärme aus Solarthermie und Solarstrom aus Photovoltaikanlagen;
  • Keine Genehmigungen für neue fossil oder nuklear betriebene Kraftwerke;
  • Abschaffung aller Privilegien für die Erschließung neuer Braunkohlegruben, Erdöl- und Erdgasfelder sowie den Abbau von Kernbrennstoffen;
  • Schnellstmöglicher Ausstieg aus dem Emissionshandel;
  • Ein Gesetz zur konsequenten Liberalisierung des Stromhandels und Berücksichtigung des marktwirtschaftlichen Preises bis zum letzten Anschlussnehmer soll die Stromspeicherkapazitäten bundesweit vergrößern;
  • Nicht der HANDEL mit "grünem Strom", sondern die ERZEUGUNG von Strom aus Erneuerbaren Energien muss vorangetrieben werden;
  • Gewinnbringende (mehr als kostendeckende) Einspeisevergütung im EEG. Zur Vermeidung von Missverständnissen: Die Vergütung soll (unabhängig von den möglichen Gewinnen der Hersteller) den Betreibern der Anlagen Gewinne ermöglichen, die denen in der Energiewirtschaft entsprechen. Damit soll die Nachfrage nach neuen Anlagen schneller steigen als bisher;
  • Beseitigung der administrativen und gesetzlichen Hemmnisse für den Ausbau der Windenergie im Binnenland;
  • Verstaatlichung der Strom- und Gasnetze;
  • Verpflichtung für die Netzbetreiber zur Erschließung weiterer Regionen mit hohem Potential Erneuerbarer Energien durch Neubau von Transportleitungen;
  • Verpflichtung der Netzbetreiber zum Erstellen der Anschlussleitungen für Anlagen zur Nutzung der Erneuerbaren Energien;
  • Verpflichtung der Netzbetreiber zur Zahlung einer Bereitstellungsgebühr für betriebsfertige Anlagen der Erneuerbaren Energien, deren Strom - aus welchen Gründen auch immer - nicht abgenommen werden kann;
  • Baupflicht für Neubauten und Nachrüstpflicht für Altbauten bei Besitzerwechsel zur Vollwärmedämmung und zur Errichtung von Solaranlagen (Photovoltaik oder Solarthermie);
  • Der Schutz von Solaranlagenbetreibern gegenüber nachträglicher - nicht vorhersehbarer - Verschattung muss gesetzlich geregelt werden;
  • Wir fordern eine Haftungsbegrenzung für Schäden, die von Anlagen Erneuerbarer Energien am öffentlichen Netz verursacht werden, entsprechend der Haftungsbegrenzung für die Stromwirtschaft;
  • Durch eine Anhebung der Energiepreise kann die häufig beschworene Energieeffizienz gesteigert werden. Wir fordern - und dies gilt nicht nur für das EEG - jede Ausnahme bei der Besteuerung des Energieverbrauchs bei den energieintensiven Betrieben aufzuheben.

23 Jahre Unabhängigkeit - Dank an Mitglieder und Spender!

Unser Verein nimmt seit nunmehr 23 Jahren eine wichtige Funktion in der Energie- und Wirtschaftspolitik als Vordenker und Mitinitiator ein, indem er Grundsatzprobleme anpackt, sie leicht verständlich aufarbeitet und in die öffentliche Diskussion hineinträgt. Wir können stolz darauf sein. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe verlangt finanzielle und geistige Unabhängigkeit, die auf die treue Unterstützung von mehr als 2500 Mitgliedern zurückgeht und für die der Vorstand ausdrücklich dankt!

Der bisherige Vorstand bittet Sie um Entlastung und der sich zur Wahl stellende neue Vorstand bittet um Beauftragung für das nächste Vereinsjahr!