Das Vorhaben

Es war Sommer 1994 als wir (die Familie Hufnagel) uns entschlossen, ein Haus zu bauen. Da ich als aktives SFV-Mitglied schon damals von der Notwendigkeit des Energiesparens und einer Wende hin zu einer Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien überzeugt war, sollte die neue Behausung möglichst wenig Energie verbrauchen. Von einem Plusenergiehaus hatte damals allerdings noch keiner gesprochen. Nach der Besichtigung vieler Ausstellungshäuser war klar: Holz ist unser Werkstoff für unser Haus, in dem wir wohnen wollen.

Die Planungs- und Genehmigungsphase

Damals diskutierte jeder Häuslebauer in meinem Bekanntenkreis die neue bayerische Bauordnung. Diese schrieb einen k-Wert für Gebäudehüllen vor, der letztlich aufgrund der besseren Isolierung unsere Gedanken vom massiven Holzhaus weg zu einem Haus in Holzständer - Bauweise lenkte. Das Dach wurde mit Holzfaserplatten gedämmt, die stehenden Wände wurden mit Isofloc ausgefüllt.

Da es rund um unser Dorf genügend Wald gibt, haben wir vorgesehen, dass ein Holz-Grundofen die Grundlast der Heizung tragen soll. Das Wohnen um den Ofen herum wurde in das Wohnkonzept integriert. Der Ofensetzer trug damals viele gute Ideen zum vernünftigen Heizen bei:

  • aufgrund der geringen Masse in den Wänden als Ausgleich schwere Baumaterialien, z.B. in den Böden
  • Ein Grundofen ist ein langsames Heizsystem, das kann nur mit einem schnellen Heizsystem ergänzt werden; somit keine Fußboden- oder Wandheizung, nur Heizkörper.

Für die Übergangszeit und die Spitzenlast im Winter (wenn wir mal nicht zu Hause sind) musste also noch eine Wärmequelle her. Rechnerisch haben wir eine Grundleistung von 3 - 4 kW ermittelt. Da diese möglichst effektiv erstellt werden sollte, haben wir ein Kleinst-BHKW installiert: Einen kleinen Einzylinder auf Heizöl, der wärmegeführt arbeitet ("Wärmeführt" bedeutet: Das BHKW springt nur dann an, wenn im Haus ein Wärmebedarf besteht, der nicht über den Grundofen gedeckt wird. Es erzeugt dann neben der Wärme auch Strom.). Der entstehende Strom wurde in erster Linie selbst genutzt, der im Überschuss produzierte Strom ins Netz eingespeist. Um den Strom optimal zu nutzen, ließen wir z.B. die Waschmaschine immer dann laufen, wenn das BHKW in Betrieb war (somit ein „Intelligenter“ Verbraucher). Eine spätere Umrüstung auf Rapsöl wurde nicht mehr durchgeführt, da es schon genug Probleme mit dem Verbrennen von Heizöl in einem Kleinst-Dieselmotor gab.

(Anm. des SFV: Die von Herwig Hufnagel beschriebene Teillösung der Heizungsfrage mit Restholz aus dem Wald sehen wir als vorübergehende Lösung an. Für massenhafte Nachahmung ist sie mengenmäßig nicht geeignet. Die langfristige Zielsetzung des SFV sieht Biomasse nur noch für stoffliche Nutzung vor - wie sie Herwig Hufnagel bereits jetzt schon - seiner Zeit voraus - durch die Verwendung von Holz statt Beton beim Hausbau vorbildlich umgesetzt hat. Fehlende Heizwärme soll - soweit die Wärmedämmung nicht ausreicht - nach Vorstellung des SFV später durch Wärmepumpen, vorzugsweise mit Strom aus Windenergie, erzeugt werden. Damit dies bald möglich wird, drängt der SFV auf beschleunigten Ausbau der Windenergie.)

Der Weg weg vom Öl

Aus dem ersten „freien Geld“ hatten wir zwischenzeitlich im Jahr 2001 eine Photovoltaikanlage (PV) mit 2040 Wp in Betrieb genommen. Nachdem keine „Referenzanlagen“ in unserer Nähe existierten und wir keine reine Südlage hatten, waren wir uns auch gar nicht sicher, was die Anlage bringt. Die Händler meldeten bei einer Süd-West Ausrichtung mit 42° Dachneigung Bedenken an, umso erfreuter sind wir, dass in den ersten sieben Jahren ein jährlicher Schnitt von ca. 980 kWh/kWp erreicht wurde.
Im Laufe der Zeit haben wir uns zusammen mit dem Lieferanten des BHKW durch viele Betriebsprobleme durchgebissen. Ölwechsel und kleinere Reparaturen wurden von uns selbst durchgeführt, nach tausenden von Betriebsstunden haben wir auch einen neuen Motor installiert. Als dieser dann auch ausfiel, konnten wir ihn leider nicht mehr austauschen, da der Hersteller die kleine Serie aufgegeben hatte. Im April 2004 wurde die Maschine ausgebaut. Schade, wir hatten uns an das brummige Ding im Keller gewöhnt.

Nach allen Überlegungen über Wirkungsgrad und Effektivität stand fest: es ist besser, ganz weg vom Öl zu kommen.

Folgerichtig haben wir dann nach dem Ausbau des Heizöl-BHKW im April 2004 komplett auf Sonne umgesattelt. Zur PV gesellte sich eine 16m² Warmwasser-Kollektoranlage. Durch Nutzung des schon vorhandenen Wärmetauschers des ausgebauten BHKW kann die Anlage sowohl warmes Brauchwasser erzeugen als auch die Heizung bedienen. Trotz Aufstockung des Wasservorrats (Pufferspeicher) reichte aber die gespeicherte Wärme im Winter nicht ganz, zumal auch unsere Kinder größer wurden, in ihren Zimmern spielten und diese somit nicht mehr nur auf Nachtabsenktemperatur beheizt werden konnten.
So wurde dann im November 2006 eine kleine Wärmepumpe mit max. 1,8 kWel Leistungsaufnahme installiert. Da der Garten sowieso noch nicht fertig hergerichtet war, störte das Vergraben der 150 m Erdwärmekollektorleitung wenig. Inzwischen ist schon wieder alles grün im Garten.

Der Einbau der Wärmepumpe treibt natürlich den Stromverbrauch in die Höhe. Wir versuchen allerdings z.B. durch Energiesparlampen, sparsam mit Strom umzugehen. Auch der Bezug von grünen Strom ist für uns eine Selbstverständlichkeit.

Weitere Maßnahmen:

1. Intelligente Verbraucher
Für das Einrichten und die Organisation im Haushalt ist meist die Frau zuständig. Deshalb haben wir bereits beim Kauf von Haushaltsgeräten immer auf den Energieverbrauch geachtet. Außerdem werden alle Verbraucher bei Nichtnutzung komplett vom Netz genommen (Ausstecken oder Steckerleiste mit Schalter). Der Energieverbrauch ist möglichst in Zeiten gelegt, in denen im Haus Energie produziert wird; damals durch das BHKW, heute durch die PV-Anlage und den Warmwasser-Kollektor. Energiesparlampen, Zwangsentlüftung statt ständig offenstehendes Fenster sind eine Selbstverständlichkeit geworden.

2. Regenwasser
Die Nutzung von Regenwasser wurde auch bereits beim Bau mit integriert. Eine Pumpe fördert das Wasser der Zisterne zu den Entnahmestellen im Hauswirtschaftsraum, zur Waschmaschine und zu den Toiletten. Ein zusätzlicher Wärmetauscher im Boilerkreislauf bereitet das Regenwasser auf, so kann warmes Regenwasser zum Putzen und für die Waschmaschine verwendet werden.

3. Wintergarten
Der Glasanbau als Teil der Wohnzimmer-Außenwand wurde mit speziellem Lichtfallen-Glas errichtet (dieses ist heute Standard). Die Wärmestrahlung kann ins Gebäude rein, aber nicht mehr hinaus. Der schwere Bodenbelag (Porphyr) nimmt tagsüber viel Sonnenwärme auf, die nachts wieder an die Raumluft abgegeben wird.

4. Die Mobilität
Auch auf diesem Gebiet sind wir nicht untätig geblieben. So haben wir unser benzinbetriebenes Kleinfahrzeug verkauft und im September 1999 ein Twike – Elektromobil erstanden, es sollte schließlich das sparsamste Serienfahrzeug sein. Das twike habe ich gerne gefahren, war stolz darauf, etwas Innovatives und Zukunftsweisendes voranbringen zu können. Allerdings ließ die Qualität wichtigster Bauteile sehr zu wünschen übrig, und so nahm das Elektromobil im September 2004 ein Unfallende.
Busse und Bahn haben dann das Zweitfahrzeug ersetzt. Eine schwierige Zeit: ich bin oft zu spät gekommen oder stand oft im Regen, denn die hiesige Infrastruktur gibt da nicht viel her, außerdem fahren außerhalb der Schulzeit viele Buslinien nicht. So habe ich mich sehr gefreut, durch den Kauf eines gebrauchten Elektroautos ERK im November 2005 die einst gewohnte Mobilität wiederzuerlangen. Mit diesem Fahrzeug bin ich bis heute pannenfrei und immer pünktlich unterwegs.

Die CO2-Abrechnung

Herwig Hufnagel - CO2-Bilanz

(Vergrößerung der Graphik durch Anklicken)


Wir haben alle Jahre unseren Energieverbrauch protokolliert. Wie viel Strom brauchen wir monatlich fürs Haus? Wie viel Sprit haben wir verfahren? Wann kamen die Kinder zur Welt? Was benötigten die E-Autos an Strom aus der Steckdose? Was wurde wann an der Heizung geändert?

Die Welt hat sich in dieser Zeit vielseitig weiterentwickelt und bot neue Möglichkeiten. Wir wollten es wissen: Hatten unsere Anstrengungen auch wirklich einen Effekt? Erzeugen wir mit unserer Lebensweise heute mehr oder weniger CO2 als früher?

Durch Anlegen einer Tabelle und eine Internet-Recherche bezüglich der entsprechenden CO2-Belastungen oder CO2-Einsparungen haben wir bilanziert: Strombezug Haus, Strom für die Heizung (Wärmepumpe), Lieferung Strom aus BHKW-Heizung, Lieferung Strom PV, Kraftstoffverbrauch der Autos, Strombezug Auto.

Wir haben für jede verbrauchte kWh Strom 500g minus, für jede erzeugte kWh PV plus 500g CO2 auf unser Umweltkonto geschrieben. Die Grafik zeigt die Ergebnisse.

Feststellungen:

Erschreckend ist, dass gerade in der Betriebszeit des BHKW die CO2-Produktion im Haus (1) (siehe im Diagramm!) besonders intensiv war. Der selbsterzeugte Strom hat die Bilanz nicht wirklich verbessert (2). Finanziell war es jedoch eine ertragreiche Zeit, wir haben uns bis zur Liberalisierung des Strommarktes unbewusst zu den „Verdienern durch CO2 Emission“ gesellt. Nach der Liberalisierung brachen die Vergütungen für eingespeisten Strom stark ein (von HT 0,12 /NT 0,06 DM/kWh herunter auf HT 0,08 /NT 0,04 DM/kWh). Nur die Gebühren stiegen in diesem Zeitraum von 50,40 DM/Jahr für einen Drehstromzähler auf einen festen Leistungspreis von 46,017 €/Jahr zuzüglich einem Verrechnungspreis von 43,560 €/Jahr.

Der Bezug von grünem EWS-Strom (3) veränderte unsere Gedanken sehr. Die bis dahin verschmähte Wärmepumpe zur Gebäudeheizung wurde dadurch erst möglich.

Der Ersatz des Benzinmotors durch einen Elektroantrieb (4) für die Mobilität ist nicht nur für uns Landeier, sondern für fast alle Zweitwagen möglich. Der Ausstoß von CO2 sinkt bei Verwendung von regenerativem Strom für Mobilität von umweltbelastenden 190 g/km auf klimafreundliche 5 g/km (z.B. unser ERK). Gerade die Fahrzeugflotte der Zweitwagen legt oft Fahrten im Kurzstreckenbereich zurück.
In einer Stadtwohnung können allerdings die öffentlichen Verkehrsmittel als Autoersatz wahrscheinlich am besten geeignet sein.

Die Erfassung des Einsparpotentials der Warmwasser-Kollektoren (5) war schwierig, da im Solarkreislauf kein Wärmemengenzähler installiert ist. Wir haben die Betriebsstunden der Solarkreis-Umwälzpumpe auf eine ungefähre Wärmelieferung hochgerechnet.

Von über 500 kg CO2/Monat für einen 2-Personen- Haushalt 1996 auf ca. 107 kg CO2/Monat für einen 4-Personen- Haushalt 2008. Damit haben wir das ambitionierte Ziel der Regierung „80% Rest CO2 im Jahre 2020“ bereits heute mit „20% Rest CO2“ erreicht.

Weitere geplante Schritte:

Gerade bauen wir eine kleine Beschattungsanlage für den Wintergarten. Die Schattenspender bestehen aus 8 Stück PV-Modulen zu 130 W, dazwischen ist Markisenstoff gespannt. Nun können wir mit der verschiebbaren Solaranlage die Sonne im Winter in den Wintergarten durchlassen, im Sommer abhalten. Auch die durch Wind und Wetter belastete Westwand ist nun geschützt.

Die nächsten Schritte werden sein:

  • Vergrößerung der PV-Dachanlage
  • Ersatz des Diesel-getriebenen Erst-Fahrzeugs durch ein großes Elektroauto.
  • Betreiben einer Bürgersolaranlage

Wir wollen mit unserem Beispiel Mut machen und zeigen, dass es schon heute jedermann möglich ist, seine persönliche CO2-Bilanz spürbar zu senken. Beginnend mit kleinen Schritten wie dem konsequenten Nutzen von Stromsparmöglichkeiten über gute Gebäudedämmung und sparsame Heizung bis hin zur Verwendung und Erzeugung regenerativer Energien. Die Verwendung von alternativen Antriebsarten (z.B. Elektrofahrzeuge aller Art) schränkt den Einzelnen in seiner Mobilität nicht ein.
Wir möchten betonen, ein „ganz normaler Haushalt“ zu sein, der wie alle anderen wirtschaftlich handeln muss. Auf Fernseher, Computer und Zweitwagen haben wir nicht verzichtet. Alle Investitionen haben sich mehr oder weniger durch niedrigere Unterhaltskosten gerechnet. So wurde z.B. der Mehrpreis des BHKW durch Stromeigennutzung und Stromverkauf finanziert, die beiden PV-Anlagen sind durch die Vergütung nach EEG gesichert.

Beispiel BHKW: Mehrkosten 3800 DM, eingesetzte Energie 8000 l Öl, dabei ca. 47.000 kWh Wärme erzeugt. Ca. 9000 kWh Strom wurden verkauft (Erlös ca. 900 DM), 16 000 kWh Strom selbst verbraucht (3600 DM weniger Einkauf). 8 000 kWh sind da wohl zum Schornstein raus, aber auch dies wurde durch den finanziellen Vorteil der Stromnutzung getragen.

Unterm Strich: Erneuerbare Energien und Energiesparen lohnen sich. Auch für unsere Kinder (11 + 12 Jahre) ist der sparsame und bewusste Umgang mit Energie normaler Alltag.

Ein herzliches Danke an Alfons Schulte, der uns mit Rat und Tat während der Erstellung dieses Artikels geholfen und beraten hat. Einen Dank auch an den gesamten SFV, der wie ein bester Freund bei allen Energiefragen immer hilft.