Die neue rot-grüne Regierungskoalition in NRW hat unter anderem vereinbart, den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung in NRW von 10 auf 25 Prozent anzuheben
Zugegeben, bei KWK wird die gleiche Menge Energie mit 30 oder 40 Prozent weniger Brennstoff erzeugt. Aber ist dies eine Überlebensstrategie?
Robinson Crusoe's Meinung zur KWK
Befragen wir den berühmten Überlebenskünstler Robinson Crusoe:
Er wird durch einen Sturm auf eine menschenleere Insel verschlagen. Unter den geretteten Nahrungsmitteln finden sich mehrere Säcke mit Kartoffeln. Wenn Robinson Crusoe seine Kartoffelvorräte aufgegessen hat - gleichgültig wie sparsam er lebt - wird er letztlich verhungern. Robinson hat zwei Möglichkeiten:
Entweder: Er wartet auf das rettende Schiff. Tag für Tag hält er Ausschau, damit er ggf. ein Feuer als Notsignal anzünden kann. Die Kartoffeln verbraucht er so sparsam wie möglich.
Oder: Robinson verlässt sich nicht darauf, dass ein Schiff zufällig in die Nähe der entlegenen Insel gerät. Er pflanzt die Kartoffeln sofort als Saatkartoffeln ein und behält nur einen kleinen Notvorrat für die Zeit bis zur Kartoffelernte.
Das Beispiel zeigt uns: Nur wer auf Hilfe von außen hoffen kann, auf ein rettendes Schiff, auf die technische Reife der Kernfusion oder auf ein anderes Wunder, wird den Verbrauch seiner begrenzten Vorräte an fossilen Energien fortsetzen. Wer keine Hilfe erwarten kann, kümmert sich energisch um die Umstellung seiner Energie- oder Nahrungsversorgung auf ein anderes Prinzip.
Diese Überlegungen zugrunde gelegt, ist der beschlossene weitere Ausbau der fossilen KWK eine Fehlentscheidung.
* Volkswirtschaftlich gesehen: Eine Verschwendung von finanziellen Ressourcen. Die vorhandenen finanziellen Mittel würden besser in den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Speichertechniken gesteckt.
* Die erhoffte bessere Ausnutzung der fossilen Brennstoffe ist fraglich. Denn Strom und Wärme werden zu unterschiedlichen Zeiten gebraucht. Strom wird zunehmend dann gebraucht, wenn weniger Wind weht, also im Sommer, weil dann die Windenergie ausfällt. Wärme dagegen wird dann gebraucht, wenn es kalt und windig ist.
* Ausbau der KWK vor einer Wärmedämmung der Wohnungen führt zu einer unnötigen Überdimensionierung der KWK-Anlagen sowie der Fern- und Nahwärmenetze.
* Handelspolitisch gesehen: Fortsetzung der Abhängigkeit von Energieimporten.
* Ökologisch gesehen: Lediglich eine Verlangsamung, aber keine Beendigung des CO2-Anstiegs in der Atmosphäre.
* Energiepolitisch: Ein Zementieren der fossilen Kraftwerkstechnik. Neue KWK-Anlagen haben eine Lebensdauer bis zu 40 Jahren. In nicht allzuferner Zukunft werden die Betreiber der dann noch nicht abgeschriebenen fossilen KWK-Anlagen - aus wirtschaftlichen Gründen - die vehementesten Gegner eines weiteren Ausbaus der Erneuerbaren Energien sein.
* Psychologisch: Demonstration der Mutlosigkeit, des mangelnden Vertrauens in das Potential der Erneuerbaren Energien.
Fazit: Fossile Kraft-Wärme-Kopplung verzögert die Energiewende.
Nachtrag vom 30.07.2012
KWK-Anlagen und Brennstoffzellen-Anlagen mit schneller Regelbarkeit und den Brennstoffen Methan oder Methanol lassen sich ggf. mit synthetisch hergestellten Überschüssen aus Erneuerbaren Energien ("Power to Gas" oder "Power to Liquid") betreiben. Gegen solche Anlagen hat der SFV keine Einwände. Siehe dazu http://www.sfv.de/artikel/ausgestaltung_des_zukuenftigen_konventionellen_kraftwerksparks_-_differenziert.htm