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Energiewendepolitik vom Kopf auf die Füße stellen

Wenn Deutschland so schnell wie möglich aus der fossilen und atomaren Energieversorgung aussteigen will, dann müsste ab sofort die Versorgung mit Strom aus Wind- und Solarenergie zum Normal- bzw. Regelfall erklärt werden. Die Versorgung mit Atom- oder Fossilstrom darf dann hingegen nur noch ein vorübergehender Notbehelf sein. Diese längst überfällige Entscheidung würde die an ihren inneren Widersprüchen krankende deutsche Energiewende-Politik endlich vom Kopf auf die Füße stellen. Dazu ein Blick auf einige wichtige Teilaspekte:

Die wichtigste Entscheidung bei einer solchen Umstellung wird sein, dass der Staat die Nachfrage nach Atom- und Fossilstrom durch entschlossene Besteuerung deutlich vermindert. Diese Besteuerung muss natürlich beim Erzeuger, d.h. vor der Einspeisung des Stroms in das Stromnetz geschehen, weil es nicht möglich ist, die verschiedenen Stromsorten im Netz getrennt voneinander zu übertragen um sie dann erst beim Verbraucher zu unterscheiden und unterschiedlich zu besteuern. Besteuerung also an der Quelle und bevor der Strom im Großhandel angeboten wird!

 

Struktur des zukünftigen Energiewendegesetzes

Welche ungeheure Vereinfachung sich aus der vorgeschlagenen Vertauschung von Regel und Ausnahme ergibt, zeigt sich dann bei eingehender Betrachtung weiterer Details.

269 Seiten Referentenentwurf EEG 2016 könnten ersatzlos eingestampft werden. Einen erheblichen Umfang wird lediglich die "Abwicklung der Altanlagen", d.h. die Übergangsbestimmungen einnehmen.

Für Neuanlagen würden zukünftig wenige Paragrafen genügen:

  • Eine unbedingte Privilegierung der erneuerbaren CO2-freien Energien im Außenbereich
  • Die Anschluss- und Netzausbaupflicht
  • Die Abnahme- und Vergütungspflicht
  • Eine Steuerbefreiung der Erneuerbaren Energien - befristet bis zum Abschluss der erfolgreichen Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien in Deutschland
  • Und ein Diskriminierungsverbot für CO2-freie Erneuerbare Energien

Die verhasste EEG-Umlage wird wegfallen weil die Einnahmen am Spotmarkt steigen werden und das EEG-Umlagekonto ausreichend füllen. Sollte sein Bestand einmal vorübergehend unter Null absinken, so kann es (gegenfinanziert durch die hohen CO2-Steuereinnahme) aus Steuermitteln aufgefüllt werden. Für Skeptiker folgt ein Excurs mit kurzer Begründung, der erläutert, warum die Erneuerbaren Energien bisher am Spotmarkt nicht genügend Einnahmen erzielten.

 

Die Forderung "Spotmarkt-Only" kann entfallen

Bis vor kurzem hat der SFV ein Verbot des Terminhandels und ein Verbot des vorgezogenen außerbörslichen Stromgroßhandels gefordert. Dieses Verbot lief unter dem Slogan "Spotmarkt Only" . Ein solches Verbot kann entfallen, wenn Fossil- und Atomstrom bereits an der Quelle mit einer engagierten CO2- und Brennelementesteuer verteuert werden. Terminhandel und vorgezogener außerbörslicher Handel haben dann sogar eine stabilisierende Funktion.


Excurs zur bisher fehlerhaften Bestimmung der EEG-Umlage am day-ahead Spotmarkt

Der day-ahead Spotmarkt ist der Teil des Stromgroßhandels, der am Tag vor dem endgültigen Liefertermin an der regional zuständigen Strombörse stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt können endlich auch die Betreiber von Wind und Solaranlagen mit Hilfe der Wettervorhersage vorhersehen, wie viel Strom sie liefern können.
Kaufen können am Spotmarkt alle Großkunden und Endkundenversorger, die ihren Bedarf vorher noch nicht vollständig gedeckt haben.
Jeder Kaufinteressent hinterlegt verdeckt den Einkaufspreis, den er höchstens zu zahlen bereit ist. Der Börsenbetreiber ermittelt aus diesen Informationen einen einheitlichen Spotmarktpreis, der so niedrig ist, dass das gesamte EEG-Stromangebot verkauft werden kann.
Die Theorie besagt, dass der auf diese Weise erzielte Spotmarkt-Börsenpreis den wahren marktwirtschaftlichen Preis des EEG-Stromes für die jeweilige Viertelstunde angibt. Diese Theorie – man könnte fast von einem Axiom sprechen – liefert die Begründung dafür, dass alle über die "marktgerechten" Verkaufserlöse für EEG-Strom am Spotmarkt hinausgehenden Mehrkosten vom Stromverbraucher getragen werden sollen. Die noch fehlenden „Differenzkosten“ müssen von den Stromkunden in Deutschland durch eine Umlage auf den Strompreis, die "EEG-Umlage", aufgebracht werden.
Doch diese Begründung ist unlogisch! Das Axiom trifft nicht zu. Es würde nur gelten, wenn ALLE Stromnachfrager am Spotmarktgeschehen beteiligt wären. Doch das ist nicht der Fall: Am Spotmarkt nehmen nicht alle Stromkäufer teil und das hat folgenden Grund:
Auch vor dem day-ahead Spotmarkt findet bereits Stromgroßhandel statt. Am vorhergehenden Terminmarkt und im vorgezogenen außerbörslichen Handel bieten seit alters her die Erzeuger von Braunkohle-, Steinkohle- und Atomstrom bereits Monate vor dem endgültigen Liefertermin sogenannte Bandlieferungen als "baseload" (konstante Leistung rund um die Uhr) oder "peakload" (konstante Leistung an Werktagen von 08:00 bis 20:00 Uhr) "Bänder" an.
Stromkunden, die das Risiko eines Stromausfalls nicht eingehen wollen, kaufen vorab diese Bänder ein und verpflichten sich damit zur Abnahme der vereinbarten Strommenge. Diese Kunden fehlen dann am Spotmarkt. Fehlende Kunden bedeuten fehlende Nachfrage, und das führt zu einem geringeren Clearingpreis am Spotmarkt.

  • Zusammenfassung: Der derzeitige Spotmarkt, ergibt einen zu niedrigen Erlös für den Strom aus Erneuerbaren Energien, weil dort nicht alle Stromkäufer ihre Stromnachfrage decken. Das führt dazu, dass für die EEG-Umlage beim Endkunden derzeit mehr Geld eingesammelt wird, als zur Vergütung des eingespeisten EEG-Stroms benötigt wird.

Diese falsch berechnete (überhöhte) EEG-Umlage wird dann zusätzlich auch noch nur den "kleinen" Stromkunden aufgebürdet, während die "großen" Strom-Vielverbraucher sich befreien lassen können.

Die politische Bedeutung dieser Aussage ist brisant:

Seit 2010 zahlen die nicht privilegierten (nicht befreiten) Stromkunden in Deutschland aus zwei Gründen eine deutlich zu hohe EEG-Umlage.

  • Erstens, weil die atomaren und fossilen Kraftwerke ihren Strom vorab auch dann verkaufen dürfen, wenn eigentlich genügend Strom aus Sonne und Wind angeboten wird.
  • Zweitens weil die Großkunden sich befreien lassen können und ihr Anteil dann von den Kleinen mit getragen werden muss. Der zweite Mangel wurde bereits häufig kritisiert.

Der erst genannte Mangel ist erstaunlicher Weise kaum bekannt. Er stellt einen faktischen Verkaufsvorrang für Fossilstrom dar und ist im Lichte der Entscheidungen von Paris ein skandalöser Verstoß gegen den Klimaschutz!

 

Wie die CO2- und Brennelementebesteuerung die EEG-Umlage überflüssig machen würde

Die EEG-Umlage war nur notwendig, weil die Erlöse beim Verkauf des EE-Stroms am Spotmarkt nicht ausreichten.

Wenn die Verkaufspreise im vorgezogenen Stromhandel infolge der CO2- und Brennelementebesteuerung deutlich steigen, wird die Zahl der Käufer im vorgezogenen Stromhandel deutlich abnehmen. Das bedeutet aber auch, dass mehr Kaufinteressenten für den (nicht besteuerten) Strom aus Sonne oder Wind am Spotmarkt übrig bleiben. Die Zahl der Nachfrager am day-ahead Spotmarkt wird erheblich ansteigen, und mehr Nachfrager am Spotmarkt bedeuten höhere Spotmarktpreise, d.h. höhere Erlöse für EE-Strom.
Endlich kann Strom aus Erneuerbaren Energien am Spotmarkt kostendeckend verkauft werden und die EEG-Umlage kann entfallen - damit sind beide Mängel und viele weitere (hier nicht angesprochene) Probleme beim Verbrauch oder Verkauf von EEG-Strom beseitigt.