Drei Monate Mieterstromgesetz - kein Zubau in Sicht

Mit dem am 25. Juli 2017 in Kraft getretenen Mieterstromgesetz hat die Bundesregierung wieder einmal eine wichtige Chance zur Beschleunigung der Energiewende verpasst: Die zahlreichen Dach- und Fassadenflächen auf Mietshäusern werden auch zukünftig nicht mit Solarstromanlagen belegt werden. Die Höhe der Mieterstromvergütung ist zu gering und die EEG-Umlagepflicht auf Drittversorgung mit EE-Strom bleibt als wirtschaftliche und bürokratische Investitionsbremse vollumfänglich bestehen. Im Gegensatz zu denjenigen, die den Solarstrom als Eigenerzeuger selbst verbrauchen können, müssen Mieter für Solarstrom weiterhin die volle EEG-Umlage zahlen. Diese Regelung ist ungerecht und investitionshemmend.

Hinzu kommen unverhältnismäßig hohe Degressionen der ermittelten Mieterstrom-Vergütungssätze, die zeitintensive Projekt-Planungsphasen bei Wohnungsbaugesellschaften und Gemeinschaftsanlagen vor kalkulatorische Probleme stellen.

Offensichtlich verfolgt die Bundesregierung weder das Ziel, die Energiewende schnellstmöglich voranzubringen, noch sollen alle Bürger an den Kostensenkungspotentialen der erneuerbaren Energien partizipieren. Das der Öffentlichkeit gebetsmühlenartig präsentierte Bekenntnis der Bundesregierung zu den Beschlüssen des Pariser Klimaschutzabkommen verkommt zur Worthülse.

Mehrere, dem Klimaschutz verbundene Nichtregierungs-Organisationen (u.a. das Bündnis Bürgerenergie e.V., die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, Die Freunde für Prokon e.V. und der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.) haben in einer gemeinsamen Stellungnahme davor gewarnt, dass das Gesetz in wesentlichen Teilen ein Investitions-Verhinderungsgesetz für Erneuerbare-Energien im Mieterstrombereich wird, wenn die klimapolitischen Fördernotwendigkeiten ebenso missachtet werden wie die Grundprinzipien der Gleichbehandlung von Mietern und Hauseigentümern. Wir berichteten bereits im Solarbrief 1/17, Seite 32 über diese Aktion.

Eine Nachfrage zur Annahme der Mieterstromregelung bei einigen Unternehmen ergab, dass zwar ein gesteigertes Interesse bestünde und angebotene Informationsveranstaltungen gut besucht würden. Konkrete Bauvorhaben würden allerdings nur sehr zögerlich auf den Weg gebracht werden. Das ist kein
Wunder, denn im „Förderpaket“ wird die zaghafte Vergütung mit einer Fülle grundsätzlicher Restriktionen und Ausschlussbedingungen unterfüttert. Nach Meldung der Bundesnetzagentur wurden nach Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes gerade einmal 18 Anlagen mit insgesamt 346 kW realisiert. [1]

Zusammenstellung der Voraussetzungen für eine Mieterstromförderung

Die im folgenden dargestellten Fördervoraussetzungen lesen sich wie ein einziger Schildbürgerstreich. Sie fügen sich nahtlos in die sonstige bürokratische Praxis des EEG. Wer das „Mieterstromgesetz“ sucht, wird im EEG und EnWG fündig. Da es sich um ein Artikelgesetz handelte, sind nur entsprechende Änderungen in die bestehende Gesetze eingefügt worden.

Um was geht es im Detail?
Förderberechtigt sind zunächst nur neu installierte Solarstrom-Mieterstromanlagen, die nach dem 24. Juli 2017 in Betrieb genommen wurden. Die Anlagen dürfen nicht größer als 100 kW und müssen in, an und auf Wohngebäuden installiert sein.
Der Anspruch besteht nur dann, wenn der Strom nicht durch ein öffentliches Netz geleitet und innerhalb des Gebäudes oder Nebengebäudes im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang verbraucht wird. Dabei muss mindestens 40 % der Fläche des Gebäudes zu Wohnzwecken genutzt
werden. Außerdem wurde ein Zubaudeckel von 500 MW / Jahr festgeschrieben.

Um den bundesdeutschen Zubau pro Jahr zu erfassen und den Zubaudeckel umzusetzen, muss der Investor bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) eine Anmeldung durchführen. Dazu stellt die BNetzA ein Formular „Eintragung der Zuordnung zur Veräußerungsform des Mieterstromzuschlags“ bereit, über den eine Registrierung zum Mieterstrom im Marktstammdatenregister erfolgt. Ebenso ist eine Meldung beim zuständigen Netzbetreiber erforderlich.

Formular der Bundesnetzagentur unter: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/DatenaustauschundMonitoring/MaStR/RegistrPVAnlagen/RegistrPVAnlagen_node.html

Der gelieferte Mieterstroms muss mit einer umfassenden Messtechnik nach Maßgabe des Messstellenbetriebsgesetzes erfasst werden.
Der Abschluss eines Mieterstromvertrags, unabhängig vom Mietvertrag des Wohngebäude, ist verpflichtend. Er darf allerdings nicht länger als 1 Jahr gelten.
Der vom Stromverkäufer angebotene Strom darf höchstens 90 Prozent des in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs kosten (§ 42a EnWG Abs. 4). Bei der Preisgestaltung sind damit Grenzen gesetzt. Schlussendlich - sollte ein Projekt zustande kommen, muss der Strom noch als „Mieterstrom, finanziert aus der EEG-Umlage“ auf der Stromrechnung gekennzeichnet werden.

Wer alle Voraussetzungen erfüllt, darf folgende marginale Förderung beanspruchen:

In Abhängigkeit zur Anlagengröße wird eine Vergütung für Mieterstrom gewährt. Dabei wird vom „anzulegenden Wert der Solarstromvergütung nach § 48 (2) EEG 2017“ 8,5 Ct/kWh abgezogen. Momentan beträgt die Vergütung 2,75 bis 3,8 Ct/kWh, (in Abhängigkeit zur Anlagengröße), sofern der jährliche Zubaudeckel noch nicht erreicht ist. Über den Stand unterrichtet die Bundesnetzagentur auf ihren Internetseiten. Außerdem unterliegt die Vergütung der monatlichen Degression (§ 49 EEG 2017).

Für den an Mieter gelieferten Strom wird - unabhängig von der Größe der Anlage - weiterhin die<b> volle EEG-Umlage</b> fällig. Im Jahr 2018 beträgt diese 6,79 Ct/kWh.

Das Mieterstromgesetz wird derzeit noch EU-rechtlich geprüft. Alle Vergütungen können deshalb nur unter Vorbehalt ausgezahlt werden.
(Nachtrag: Die Genehmigung der Europäische Kommission zur Förderung von Mieterstrom ist nach Angaben des BMWi am 20.11.2017 erfolgt.)

Fazit

Die zahlreichen Fördervoraussetzungen zeugen vom Bemühen der Bundesregierung, Investitionen in solare Mieterstromprojekte im Zaum zu halten. Außerdem war man bemüht, Verbraucher- und Mieterschutzregeln festzulegen, damit die Belastungen und Einschränkungen bei der Wahl des Stromanbieters gering gehalten werden. Das Ergebnis ist ein komplexes Regelwerk, das Investitionen eher erschwert und behindert. Schon jetzt zeigt sich, dass die Mieterstromvergütung - wenn überhaupt - nur sehr zögerlich angenommen wird.

Die größte Ungerechtigkeit - die Ungleichbehandlung bei der Erhebung der EEG-Umlage auf Eigen- und Drittversorgung mit Solarstrom - wurde im Mieterstromgesetz nicht beseitigt. Dabei wäre es nicht nur einfach sondern auch ein wichtiges Signal gewesen, eine der vielen bürokratischen Regeln im EEG aufzubrechen.

Quelle:
https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/ZahlenDatenInformationen/EEG_Registerdaten/EEG_Registerdaten_node.html