Auf dem Gelände der Zeche Anna im rheinischen Alsdorf ist im vergangenen Jahr ein spannendes Museum eröffnet worden, das ein innovatives Konzept verfolgt. Bereits seit sich in den 80er Jahren das Ende des Steinkohlebergbaus im Aachener Revier abzeichnete, gab es hier Pläne, die Gebäude der Zechenanlage zu retten und für ein Bergbaumuseum zu nutzen. Herausgekommen ist nun aber eine Ausstellung, welche die alte und die neue Energiewelt gleichermaßen thematisiert. Dem Museum wurde der Name „Energeticon“ gegeben.

Man betritt das Museum durch das Gebäude der alten Schmiede. Zunächst gelangt man in Räume, die mit den verschiedensten Energieträgern vertraut machen. Am Anfang steht die Sonne, deren Energieeinstrahlung nicht nur für die regenerativen Energien, sondern letztlich auch für die fossilen Energierohstoffe verantwortlich ist. Sonnenaktivität ist im ersten Raum in akustische Sequenzen übertragen, während man unter einer großen leuchtenden Projektion der Sonnenoberfläche steht. Im nächsten Raum führt u.a. eine große Panorama-Filmprojektion die verschiedenen Energieformen und ihre Nutzung dynamisch vor Augen.
Von dieser modernen museumsdidaktischen Einstimmung geht es zunächst in die Vergangenheit des Energiesystems. Die Bergleute, die hier in den 90er Jahren ihre Jobs verloren haben, haben minutiös Stollenanlagen nachgebaut, in denen man einen Eindruck von der schwierigen Tätigkeit unter Tage bekommt. Hier werden auch die Entwicklungen beim Stollenbau und bei den Abbaumethoden gezeigt, die den Steinkohlebergbau im Laufe der Jahrzehnte zu einem immer weniger arbeitsintensiven, dafür selbst immer mehr Energie verbrauchenden Geschäft machten. Für die verbleibenden Bergleute blieb die Arbeit unter Tage aber eine starke körperliche Belastung, so erzählen die ehemaligen Kumpel, die teilweise die Führungen durchs Museum leiten.
Am Ende dieser Stollenerkundungen landet man im Untergeschoss der Waschkaue, wo die Körbe für die Kleidung und Habseligkeiten der Kumpel noch malerisch unter der Decke hängen. Hier gibt es eine umfangreiche Fotodokumentation über den Bergbaubetrieb, die u.a. auch an große Grubenunglücke mit vielen Toten erinnert. Daneben sind Alltagsgegenstände aus dem Leben der Bergmanns-Familien ausgestellt.

Es folgt der Übertritt in die Zukunft der Energietechnik. Interaktive Stationen, die die Ressourcen und den Verbrauch fossiler Energien in den verschiedenen Weltregionen und damit die Endlichkeit des fossilen Systems veranschaulichen, werden von Berichten über den Klimawandel aus dem Mund von Betroffenen aus aller Welt flankiert. Damit wird übergeleitet in einen Raum, in dem direkt mit Energie experimentiert werden kann. Man setzt sich auf ein Karussell, das man mit einem pedalgetriebenen Propeller selbst antreiben kann. Betrachtet sich durch eine Infrarot-Kamera. Produziert kurbelnd Blitzentladungen. Usw., usw. – Schließlich gelangt man in den letzten Raum, der ausschließlich den Erneuerbaren Energien gewidmet ist. Auch hier ist vieles interaktiv: Ein Föhn demonstriert die unterschiedlichen Wirkungsgrade verschiedener Windrad-Modelle. Ein kleines Pumpspeicher-Modell wird mit einer Handpumpe betrieben. Große Touchscreens geben interaktiv Auskunft über diverse Aspekte der verschiedenen regenerativen Energietechniken. Ein Höhepunkt der Ausstellung ist die Station, wo Besucher auf sechs Fahrrad-Heimtrainern (jeder für eine fossile oder regenerative Energieart) die Strom-Lastkurve eines Tages strampelnd befriedigen müssen – Sturm und bewölkten Himmel inklusive.

Alles in Allem handelt es sich beim Energeticon um ein frisches museumsdidaktisches Konzept, die Energiewende anschaulich zu machen, deren Notwendigkeit nicht in Frage gestellt wird. Alles wird ergänzt durch große Exponate im Außenbereich, die teils von der Grube Anna stammen; aber auch die gewaltige Schaufel eines Braunkohlebaggers oder das Rotorblatt eines modernen Windrads sind hier zu bestaunen. Im alten Fördermaschinenhaus finden außerdem Kulturveranstaltungen und Tagungen statt.
Dem Energeticon kommt zugute, dass es in einer Gegend mit reicher energietechnischer Geschichte steht – im nahegelegenen Braunkohletagebau kann man auch heute noch die immensen ökologischen und gesellschaftlichen Kosten begutachten, welche das fossile Energiesystem verursacht. Erstaunlich ist, dass die Atomenergie in der Ausstellung praktisch keine Rolle spielt, obwohl doch mit der ehemaligen Kernforschungsanlage Jülich, die den gescheiterten Kugelhaufen-Hochtemperaturreaktor erprobt hat, ein Exponent dieses Irrwegs der Energietechnik ebenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft liegt. Aber die Gegenüberstellung von fossiler Vergangenheit und regenerativer Zukunft funktioniert auch so.

Seit Mitte Juni hat der SFV (neben verschiedensten anderen Akteuren) im Energeticon einen kleinen Informationsstand eingerichtet. Dort können Interessenten sich nun auch über die nötigen Schritte zur Beschleunigung der Energiewende informieren.
Eigendarstellung des Energeticon: http://www.energeticon.de/web/