Im Frühsommer des letzten Jahres protestierten tausende Branchenvertreter und Freunde der Erneuerbaren Energien gegen die Umlagepflicht auf Eigenverbrauch. Leider blieb der Widerstand ohne Erfolg - die gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung der EEG-Umlage auf den Strom, der von den Erzeugern selbst verbraucht wird, ist bittere Realität geworden. Bürgerprojekte und private Investitionen werden massiv behindert.

Darüber hinaus haben noch immer viele Anlagenbetreiber die Detailregelungen zur EEG-Umlagepflicht nicht vollends verstanden. Und sie stehen damit keinesfalls allein da. Nach einem Jahr juristischer Fachgespräche, Rechtsdiskussionen und -empfehlungen sind noch lange nicht alle Formulierungen des § 61 EEG 2014 „EEG-Umlage für Letztverbraucher und Eigenversorger“ rechtssicher geklärt.

Die Clearingstelle EEG bemühte sich zügig, in einer Empfehlung 1 in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Teilaspekte rechtlich klarzustellen.

In einem weiteren Leitfaden 2, diesmal von der Bundesnetzagentur, soll für weitere Einzelfragen eine Rechtsklärung angestoßen werden. Um einen Eindruck über das umfassende Themenspektrum des § 61 EEG 2014 und dessen Klärungsbedarf zu vermitteln, hier ein Auszug der Fragestellungen:
• Was bedeutet „Eigenversorgung“ (§ 5 Nr. 12 EEG)
• Was ist eine “Stromerzeugungsanlage“? (i. S. v. § 61 EEG)
• Was bedeutet „unmittelbarer räumlicher Zusammenhangs“? (§ 61 EEG)
• Wie ist die Bestandsanlagenregelung in § 61 Abs. 3 und 4 EEG 2014 zu verstehen? (§ 61 (3) EEG)
• Was ist Kraftwerkseigenverbrauch? (§ 61 (2) Nr. 1 EEG)
• Was bedeutet „weder unmittelbar noch mittelbar an ein Netz angeschlossen“? (§ 61 (2) Nr. 2 EEG)

Und auch dieser noch bis Ende November in der Konsultation befindliche „Leitfaden“ wird keine Rechtssicherheit bieten. Er solle, so die Bundesnetzagentur vorsichtig, „betroffenen Unternehmen und Bürgern als Orientierungshilfe“ dienen, „um eine einheitliche Anwendungspraxis zu fördern und Rechtsunsicherheiten zu vermindern.“ Gerichtliche Auseinandersetzungen im Grundsatz und im Detail sind demnach nicht unwahrscheinlich. Unsere Kurz-Stellungnahme zum vorgelegten Leitfaden finden Sie unter http://www.sfv.de/artikel/stellungnahme_des_sfv_zur_konsultationsfassung_der_bundesnetzagentur_leitfaden_z.htm.

Ein solches Streitthema könnte unseres Erachtens die sogenannte doppelte EEG-Umlagepflicht auf Speicherstrom sein.

Worum geht es im Detail?

Speicher können zur Erhöhung des Eigenverbrauchs, zur Vergleichmäßigung der Lastflüsse (erzeugungsseitig: Pufferspeicher, verbraucherseitig: Vermeidung von Lastspitzen, Lastmanagement) und/oder zur Netzstützung (Spannungs- und Frequenzhaltung) genutzt werden.

Für gespeicherten Strom, der der Stabilisierung des Netzes dienen soll, muss gemäß § 60 Abs. 3 EEG 2014 keine EEG-Umlage gezahlt werden. Er ist von der von den im folgenden beschriebenen unsinnigen Belastungen nicht betroffen.

Die doppelte EEG-Umlagepflicht betrifft nur Betreiber von solchen Speichern, die zur Erhöhung des Eigenverbrauchs genutzt werden. Da Speicher bei der „Einspeicherung“ die Funktion eines Verbrauchers und bei der „Ausspeicherung“ die Funktion einer Stromerzeugungsanlage innewohnen würde, entstünde die doppelte EEG-Umlagepflicht - jeweils für ein- und ausgespeicherten Strom.

Diese, von Juristen des Bundeswirtschaftsministerium und der Bundesnetzagentur dargelegte Rechtsregel erscheint zunächst wie ein Schildbürgerstreich und ist für die wenigsten verständlich. Im folgenden soll der Versuch gestartet werden, die Rechtshintergründe und Bedingungen zu erläutern. Dass wir die Verfassungsmäßigkeit und Sinnhaftigkeit jeglicher EEG-Umlagepflicht für Strom aus Erneuerbaren Energien - ob vermindert, einfach oder doppelt - anzweifeln,
sei vorangestellt.

EEG-Umlage auf einspeicherten Strom

Speicher sollen EEG-Umlage-rechtlich zunächst als Verbraucher eingestuft werden. Für jede Kilowattstunde eingespeicherter Strom soll damit die EEG-Umlage fällig werden, da der Strom beim Einspeichern „letztverbraucht“ sei. Wenn der Speicherbetreiber personenidentisch mit dem EE-Anlagenbetreiber ist, können unter gewissen Umständen Befreiungen von der EEG-Umlagepflicht gelten gemacht werden (Punkt 1 der nachfolgenden Übersicht zur EEG-Umlagepflicht]
 

(1) Keine EEG-Umlage auf Eigenverbrauch nach § 61 (2) und (3) EEG 2014 für

• Vollversorger, die keinen zusätzlichen Strombezug aus dem öffentlichen Netz benötigen
• Betreiber von Anlagen bis 10 kWp für max. 10 MWh Eigenverbrauch (Bagatellgrenze), die den Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage selbst verbrauchen
• Betreiber von Anlagen, die bereits vor dem 1.8.2014 den Strom eigenverbraucht haben
• Betreiber von Inselanlagen, die weder mittelbar noch unmittelbar mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden sind
• Eigenversorgungen aus Speichern mit max. 10 kW, in die ausschließlich Strom aus EE eingespeichert wurde
• Kraftwerkseigenverbrauch
• für Bestandsanlagen nach § 61 (3) EEG 2014

(2) Verminderte EEG-Umlage

• Alle Betreiber von EE-Anlagen oder Speichern nach § 5 Nr. 1 EEG 2014, die den erzeugten Strom selbst verbrauchen und nicht den o.g. Ausnahme-Regelungen von § 61 (2) und (3) EEG 2014 unterliegen.

(3) 100 % EEG-Umlage auf Eigenverbrauch

• Betreiber von EE-Anlagen, die EE-Strom an Dritte weitergeben, die nicht Anlagenbetreiber sind,
• für Eigenversorger, die der Meldepflicht nach § 74 bis zum 31.5. des Folgejahres nicht nachkommen

Alle Angaben ohne Gewähr auf Vollständigkeit


 

Sobald allerdings die Leistung der EE-Anlage 10 kW überschreitet und der Strombedarf des Letztverbrauchers größer als 10 MWh ist bzw. Dritte mit EE-Strom versorgt werden, wird auf den eingespeicherten Solarstrom die verminderte bzw. bei Verbrauch durch Dritte sogar die volle EEG-Umlage fällig.

EEG-Umlage auf ausgespeicherten Strom

Sobald der Strom den Speicher verlässt, also ausgespeichert wird, passiert folgendes. Der EE-Strom verlässt nach § 5 Nr. 1 EEG 2014 eine Anlage und wird wiederholt der Prüfung nach §61 EEG 2014 unterzogen, ob eine EEG-Umlage fällig wird.

Nach § 5 „Begriffsbestimmungen“ Nr. 1 EEG 2014 gilt: „Anlage“ [ist] jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas; als Anlage gelten auch Einrichtungen, die zwischengespeicherte Energie, die ausschließlich aus erneuerbaren Energien oder Grubengas stammt, aufnehmen und in elektrische Energie umwandeln, [...]“

Die Anlage „Speicher“ darf ausschließlich mit EE-Strom versorgt werden. Das „Ausspeichern“ des EE-Stroms soll als Ergebnis eines neuen Erzeugungsvorgang gewertet werden, da beim Speichern die in anderer Form zwischengespeicherte Energie in elektrische Energie zurückgewandelt wird. Damit läge es auf der Hand, dass nunmehr auch für jede Kilowattstunde Strom, die den über 10 kW großen Speicher verlässt, noch einmal (!) eine EEG-Umlage gezahlt werden müsste.

Nun wird in Speicher über 10 kW zur Steigerung des Eigenverbrauchs noch recht selten investiert. Die hohen Investitionskosten der Speichertechnik stehen in aller Regel in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zum finanziellen Vorteil des Eigenverbrauchs. Somit ist es nicht verwunderlich, dass von einem öffentlichen Protest zur doppelten Abzocke auf Kosten der Speichertechnik bisher wenig zu hören war. Nur wenige Speicherhersteller und Solarinstallateure schlugen bisher Alarm.

Die vier Übertragungsnetzbetreiber jedenfalls, die für das Führen des EEG-Umlagekontos grundzuständig sind, bestehen auf der Forderung der doppelten Umlagepflicht. Bereits vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Regelung auf unterschiedlichen Ausgangsgrößen gestützt werden muss. Die verminderte EEG-Umlage nach § 61 (1) EEG 2014 wäre nicht in allen Fällen Berechnungsgrundlage. Wenn der Betreiber der EE-Anlage nicht mit dem Betreiber der Speicher-Anlage personenidentisch ist und/oder ein Dritter (z.B. Mieter) im Gebäude (teilweise) versorgt werden muss, würde die volle EEG-Umlage - jeweils auf den ein- und/oder ausgespeicherten Strom - fällig werden.

Messkonzept fragwürdig

Wie das entsprechende Messkonzept zur exakten Erfassung des ein- und ausgespeicherten Stroms aussehen muss, ist mehr als ungewiss. Die bisher in der Praxis angewandten Anlagen- und Messkonzepte für Anlagen mit Speichern, die vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb des VDE (FNN) a aufgestellt wurden, basieren noch auf den Regelungen des EEG 2012 und sind für Speicher über 10 kW so nicht anwendbar. Eine differenzierte Erfassung des ein- und ausgespeicherten Stroms war da noch nicht vorgesehen.

Bedenkt man, dass eingespeicherter Gleichstrom in Gleichstrom-Speichern (DC) mit der in Deutschland vertriebenen Zählertechnik für Wechselstrom nicht zu erfassen ist, wird die Absurdität der aktuellen gesetzlichen EEG-Umlagepflicht deutlich. Wenn bereits die gesetzlichen Regelungen bei Gleichstromspeichern an Grenzen stoßen, wie rechtlich fragwürdig wäre dann eine ungleiche EEG-Umlagebelastung von ein- und ausgespeicherten Strom bei Wechselstromspeichern.

Ein naheliegender Lösungsansatz zur Neuinterpretation der EEG-Umlagepflicht bei Speichern ergäbe sich tatsächlich über den Leistungsbegriffs.

Bei der Photovoltaik - anders als bei Biogasanlagen - wird die Leistung der Solarmodule als Grundlage für alle EEG-rechtlichen Regelungen angenommen. Würde man die von einer installierten PV-Anlage aus dem Wechselrichter unmittelbar in das Wechselstromnetz abgebbare Höchstleistung als „installierte Leistung“ anrechnen, so ergäbe das eine funktionierende Rechtslösung 3.

Der von den Solarmodulen erzeugte Gleichstrom könnte in einem Gleichstromspeicher (DC-Speicher) zunächst zwischengespeichert und bedarfsgerecht an den Wechselrichter abgegeben werden. Was bei einer PV-Anlage schon auf der DC-Seite an solarer Strahlungsenergie für den Verbrauch verwendet oder zur Zwischenspeicherung vorläufig entnommen wird, senkt allein die Einspeisungsleistung. Die Ausgangsleistung des Wechselrichters würde als Leistung der Anlage gelten und die EEG-Umlagepflicht auf EE-Strom im Eigenverbrauch dürfte, wenn überhaupt, nur einmal eingefordert werden dürfen - nämlich nur für den Strom, den der Anlagenbetreiber im Haus tatsächlich selbst verbraucht. Wer allerdings Wechselstrom-Speicher nutzt, müsste nach der derzeitigen Rechtslage weiterhin mit dieser doppelten EE-Umlagepflicht rechnen.

Leider wurde die moderne Rechtsinterpretation des Leistungsbegriffs bis heute weder vom BMWi, der Clearingstelle EEG oder anderen Rechtsinstitutionen übernommen.

Wenig Trost bietet da der Hinweis der Clearingstelle EEG, dass zumindest eine EEG-rechtliche Zusammenlegung der Leistung der PV-Anlage und des Speichers nicht zulässig wäre. Sowohl für EE-Anlagen als auch für die „Anlage“ Speicher gelten die Befreiungsregeln, wie z.B. die 10 kW-Grenze nach § 61 Abs. 2 Nr. 4 EEG 2014. Grund dafür sei, dass es keine gleichartige Anlagen seien.

Wie geht es weiter?

Ob die doppelte EEG-Umlagepflicht von den Machern des EEG 2014 schlichtweg übersehen wurde oder als trojanisches Pferd „überraschen“ sollte, bleibt offen. Einen Hoffnungsballon jedenfalls ließ Dr. Guido Wustlich zum 22. Fachgespräch der Clearingstelle EEG, bei dem der SFV anwesend war, steigen. Er kündigte an, dass die bevorstehende EEG-Novelle 2016 das Speicher-Umlageproblem lösen würde. Auf Grund der unmöglichen Erfassung des in Gleichstromspeichern ein- und ausgespeicherten Stroms wäre dies - auch rückwirkend - zwingend erforderlich.
Wichtig ist nun, in der Öffentlichkeit umfassend Kritik zu üben. Unsere Stellungnahme zur Konsultationsfassung des BNetzA-Leitfadens zum Eigenverbrauch 2 enthält wichtige Aspekte. Dort haben wir auch noch einmal darauf hingewiesen, dass die grundsätzliche Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch noch immer aussteht.

Würde bei der nächsten EEG-Novelle die rechtlich fragwürdige EEG-Umlageerhebung nicht gelöst werden, blieben nicht nur der Ausbau der Photovoltaik, sondern auch Investitionen in größere Stromspeicher zur Erhöhung des Eigenverbrauchs dauerhaft behindert.


Quellen:

[1] Empfehlung 2014/31 der Clearingstelle EEG , Informationen unter http://www.sfv.de/artikel/eeg-umlagepflicht_auf_eigenverbrauch_-_rechtsklaerung_in_teilbereichen.htm
[2] BNetzA: Leitfaden zur Ei­gen­ver­sor­gung - Entwurf zur Kon­sul­ta­ti­on:
http://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/Eigenversorgung/Eigenversorgung-node.html
[3] http://www.sfv.de/artikel/ac_statt_dc_.htm
[4] FNN-Hinweis: „Anschluss und Betrieb von Speichern am Niederspannungsnetz“ vom Juni 2014 unter
https://www.vde.com/de/fnn/arbeitsgebiete/Documents/FNN_Speicher_2014-06.pdf