Am 1. Juli diesen Jahres trat die Marktstammdatenregisterverordnung (MaStRV) in Kraft. [1] Durch sie wird die Einrichtung eines umfassenden Registers zur Überwachung des Energiemarktes festgeschrieben.

Der zungenbrecherische Name der Verordnung ist Programm. Das in ihr geplante Marktstammdatenregister strotzt vor Komplexität und zentralen Steuermechanismen. ALLE auf dem Strom- und Gasmarkt relevanten Stammdaten von Erzeugungsanlagen und Anlagenbetreibern sollen in einem zentralen elektronischen Verzeichnis zusammengestellt werden. Ein Super-Register mit allem Drum und Dran. Dieses soll nicht nur öffentlich zugänglich sein, es soll auch vollständig digital funktionieren.

Der Daten-Input soll für alle Akteure im Energiemarkt verpflichtend sein. Einzutragen sind „Stammdaten“. Dazu gehören z.B. Standorte der Erzeugungsanlagen, Informationen zu den Betreibern, Förderansprüche für erzeugte Energiemengen und technisch relevante Einzelheiten. Bewegungsdaten wie Lastgänge und dergleichen sollen keinen Eingang in den Datenbestand finden.

Das alte EE-Anlagenregister sollte nach Willen des Gesetzgebers bereits im Sommer durch das Marktstammdatenregister ersetzt werden. Diesen Termin konnte man nicht halten. Auf der Homepage der BNetzA lesen Interessierte stattdessen seit längerem folgende unbestimmte Information: „Das Marktstammdatenregister befindet sich noch im Aufbau. Zurzeit können nur Strom- und Gasnetzbetreiber ihr Unternehmen im MaStR registrieren. Für alle anderen Marktakteure ist die Nutzung voraussichtlich ab Herbst 2017 möglich.“ [2]

Der Herbst kann in Zeiten des Klimawandels lange dauern. Zum 28. Fachgespräch der Clearingstelle EEG am 12.10.17 jedenfalls informierte die BNetzA nunmehr inoffiziell darüber, dass mit der Fertigstellung des Register in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen sei. Sowohl die komplexe Software-Entwicklung als auch die notwendigen Korrekturen der in Teilen mangelhaften Datengrundlagen würden noch weitere Wochen Nachbearbeitungszeit erforderlich machen. Bei ca. 50 % der bisher vorliegenden 2 Millionen Anlagendaten müssten Korrekturen durchgeführt und Fehler behoben werden. Erst dann könne das neue Register „scharf“ gestellt werden. Bis dahin sollen die Daten weiterhin im Anlagenregister bzw. im PV-Meldeportal eingetragen werden.

Doch die dort zur Verfügung gestellten Formulare zur Anmeldung von EE-Anlagen (ausgenommen PV-Anlagen, die weiterhin über das PV-Meldeportal eingetragen werden sollen) haben bereits viele Betreiber an den Rand der Verzweiflung getrieben. Nicht nur das pdf-Download funktioniert sehr unzuverlässig, auch die Eintrageoptionen sind missverständlich.

Es ist deshalb verständlich, dass die in der MaStRV und im EEG enthaltenen Rechtshinweise, Versäumnisse bei der Erfüllung der Registrierpflicht könnten zum Verlust der EEG-Förderung führen und ggf. sogar als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden, auf großen Widerspruch stoßen.

Formell verständlich sind Sanktionsregeln durchaus, denn kaum jemand wird freiwillig Datenbanken mit persönlichen Informationen zu privat getätigten Investitionen füttern. Das Super-Register kann in der Tat nur funktionieren, wenn nicht nur empfindliche sondern auch zentral kontrollierbare Daumenschrauben angelegt werden.

Warum brauchen wir dieses Super-Register überhaupt?

Seit Jahren bewarb die Bundesregierung das geplante Super-Register mit den Zauberworten der „Vereinfachung“ und „Transparenz“. Man postulierte, mit dem Marktstammdatenregister alles übersichtlicher und leichter nachvollziehbar machen zu können, denn mit der Umsetzung der Energiewende sei der Energiemarkt wesentlich differenzierter und vielfältiger geworden. Da die Erzeugungslandschaft mittlerweile durch eine sehr große Zahl von Klein- und Kleinstanlagen sehr unterschiedlicher Anlagenbetreibern enorm gewachsen sei, fehle ein umfassender Überblick über die einzelnen Akteure. Nun müsse Ordnung geschaffen werden, denn die Datenlage sei umfassend verbesserungswürdig. Außerdem sollte endlich „Jedermann“ auf das Register zugreifen können, um Infos zum Stand der Energiewende nachvollziehen zu können. [3]

Mit Sicherheit treffen diese Daten auf großes energie-, steuer- und bauplanrechtlich Interesse. In einem zentral organisierten Strommarkt ist eine umfassende Kenntnis über Daten dezentral betriebener Erzeugungsanlagen nachvollziehbar. Sie zeugt von dem Bestreben, einen nicht mehr aufzuhaltenden dezentralen Energiemarkt durch bürokratische Datenerfassungen bundesdeutsch zusammenzuhalten, verwalten und - so zeigt es die Intention des Gesetzgebers - einschränken zu können.

Es lebe die Transparenz?

Nicht nur alle Akteure des Energiemarktes, sondern auch Behörden (wie z.B. die Finanzbehörden) und die interessierte Öffentlichkeit sollen künftig Zugang zu Daten wie Standort (Ort, Straße, Geodaten) vorherige Nutzung der Fläche (z.B. Ackerland), Inbetriebnahmezeitpunkt, Repowering, Anschlusspunkt und jeweilige Stromnetzebene, zu technischen Grunddaten (z.B. Leistung der EE-Anlage, Nabenhöhe und Rotordurchmesser bei Windrädern), Einsatzstoffen und Prämien bei Biomasseanlagen, zur Fernsteuerbarkeit der Anlagen, zur Eigenversorgung, zum Windenergie-Referenzertrag usw. erhalten.

Der Ausbau des Strom- und Gasmarktes soll für Alle „erlebbar“ gemacht werden. Nicht nur die eigenen energiewirtschaftlichen Stammdaten sondern auch die der Anlagenbetreiber in umliegenden Netzregionen sollen eingesehen werden dürfen. Energiewirtschaftliche Laien erhalten Zugang zu umfassenden internen Informationen. Kaum einer wird daraus schlussfolgern können, ob die Energiewende auf einem guten Weg ist, die EEG-Umlage zur Finanzierung der Anlagen richtig bemessen, die EE-Anlagen im Stromnetz des Wohnumfeldes korrekt eingebunden wurden oder die verordnete Fernsteuerungen von Anlagen sinnvoll und notwendig waren.

In keinem anderem Wirtschaftsbereich wird per Gesetz eine umfängliche Offenlegung interner Strukturen gefordert und Dateilinformationen der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Hintergründe zur Infrastruktur bleiben in den Händen der Unternehmen. Zu Recht! Eine Störung des Geschäftsbetriebes z.B. durch Sabotage an Stromversorgungsleitungen und Anschlusspunkten möchte niemand riskieren.

Selbst der Wunsch der Bundesregierung, mit größtmöglicher Transparenz die Akzeptanz von EE-Anlagen zu erhöhen, ist verklärt. In den letzten Jahren sind die Bürokratie-Bestimmungen zur Meldung von Anlagen, zum Steuerrecht und zur EEG-Umlagepflicht so exorbitant angewachsen, dass viele Investoren immer weniger Interesse an Stromerzeugungsanlagen zeigen. Statt mehr Daten, mehr Bürokratie und Überwachung verbreitet sich der bei Betreibern eher der Wunsch nach Autarkie und Loslösung aus dem System!

Dass nun im Falle der EE-Anlagenbetreiber Informationen zu privaten Investitionen öffentlich zur Schau getragen werden sollen, ist pikant. Für PV-Anlagenbetreiber heißt das zum Beispiel, dass alle Hintergründe zur Solaranlage (Standort, Leistung, Anschlusspunkt, Eigenversorgung, Speicher usw.) für Jedermann zugänglich werden. Bagatellgrenzen gibt es nicht.

Selbst alle Altanlagen sollen bis spätestens Sommer 2019 eingetragen werden. Dass vertrauliche Daten der Investoren wie z.B. Vor- und Nachname des Betreibers der Öffentlichkeit nicht bekannt werden sollen, ist in Zeiten von Internet und digitalen Telefonbüchern mit Rückwärtssuche fast lächerlich. Werbeprofis werden Wege aufgezeigt, gezielt Werbung an ökologisch interessiertes Publikum zu adressieren.

Eine Anfrage des SFV bei den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ergab leider, dass man sich dort dieser Gefährdung noch nicht bewusst ist. Man schrieb, dass „nicht alle Daten aus dem Register veröffentlicht und damit für jeden zugänglich gemacht werden würden. So gehören personenbezogene Daten gemäß § 15 Absatz 1 Nummer 1 MaStRV zu den Daten, die von der Veröffentlichung ausgenommen sind. Eine Rückführung auf einzelne Personen wird damit verhindert.“

Personengebundene Daten betreffen nach unserer Kenntnis allerdings nur Name,Telefon-Nummer und E-Mail-Adresse des Anlagenbetreibers. Insofern konnten die von uns eingeräumten Bedenken nicht beseitigt werden. Möglicherweise müsste sich mal wieder die Zahl der besorgten Rückfragen bei den Bundes- oder Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit erhöhen, um Bewegung zu erzeugen. [4]


Weiterer Beitrag: Folgen bei Meldeverstöße


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Quellen:

[1] Marktstammdatenregisterverordnung: [link: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/DatenaustauschundMonitoring/
MaStR/MaStR_node.html;jsessionid=A25A309F28D5AED6A38618C33D59167B#doc514816bodyText1 ]

[2] Homepage der Bundesnetzagentur: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/DatenaustauschundMonitoring/MaStR/MaStR_node.html

[3] Referentenentwurf des BMWi zum MaStRV, [link: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/V/verordnung-ueber-die-
registrierung-energiewirtschaftlicher-daten-referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=4]

[4] Kontakt: Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Husarenstr. 30, 53117 Bonn,Tel: 0228-
997799-0, Fax: 0228-997799-550, E-Mail-Anschrift: poststelle@bfdi.bund.de, Die Zentrale der BfDI ist Montag bis Donnerstag
von 8:30 – 12:00 Uhr und von 12:45 - 16:45 Uhr, am Freitag von 8:30 - 12:00 Uhr und von 12:45 - 15:15 Uhr erreichbar.