„Reform“ hat seinen Wortursprung in den lateinischen Worten re = zurück und formatio = Gestaltung, Wiederherstellung. Spricht man in der Politik von einer Reform, weicht man im Verständnis allerdings oft von diesem Wortursprung ab. Man offeriert, Dinge in die Hand nehmen zu wollen, um Missstände zu beseitigen. In den seltensten Fällen beabsichtigt man, mit einer Reform Bewährtes wieder herzustellen. Öffentliche Regeln sollen weiterentwickelt, die Gemeinschaft in eine bessere Zukunft geführt werden. Soweit die Theorie.

Im Koalitionsvertrag von Schwarz/Rot liest man nun: „Die Koalition strebt eine schnelle und grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) an und legt sie bis Ostern 2014 vor mit dem Ziel einer Verabschiedung im Sommer 2014, um verlässliche Rahmenbedingungen in der Energiepolitik zu schaffen.“

Bei dieser hier beschriebenen Reform handelt es sich eindeutig um eine Reform dem Wortursprung nach. Das alte System soll erhalten, es soll wiederhergestellt werden. Hier auszugsweise einige wesentliche Eckpunkte der geplanten Reform, wie sie im Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 zu lesen sind:

  • „Die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes sind auf absehbare Zeit unverzichtbar.“
  • Um die Stabilität des Systems zu gewährleisten, werden wir zudem festlegen, dass Neuanlagen vom Netzbetreiber und von den Direktvermarktern ansteuerbar sein müssen. Spitzenlast kann bei neuen Anlagen im begrenzten Umfang (weniger als 5 % der Jahresarbeit) unentgeltlich abgeregelt werden, soweit dies die Kosten für den Netzausbau senkt und dazu beiträgt, negative Börsenstrompreise zu vermeiden.“
  • „[...] brauchen wir neben einem berechenbaren und verbindlichen Ausbaukorridor insbesondere mehr Kosteneffizienz durch Abbau von Überförderungen und Degression von Einspeisevergütungen.“
  • „Durch die Degression im EEG steigt der Anreiz zur Direktvermarktung. Für regelbare Erneuerbare Energien wird eine verpflichtende Direktvermarktung auf Basis der gleitenden Marktprämie eingeführt. Wir werden für Anlagen ab 5 MW die verpflichtende Direktvermarktung einführen und sehen hierfür eine auskömmliche gleitende Marktprämie für Neuanlagen vor. Bis 2017 soll dies für alle Anlagengrößen gelten. Die Einführung werden wir so gestalten, dass die mit dem EEG bestehende Vielfalt der Akteure erhalten bleibt.“
  • „Photovoltaik: Die jetzt geltende Regelung (u. a. atmender Deckel, Obergrenze) hat sich bewährt und wird beibehalten.“
  • „Wind an Land: Wir werden die Fördersätze senken (insbesondere bei windstarken Standorten), um Überförderungen abzubauen, und gleichzeitig durch eine Weiterentwicklung des Referenzertragsmodells dafür sorgen, dass bundesweit die guten Standorte auch zukünftig wirtschaftlich genutzt werden können.“

Die hier nur auszugsweise genannten Eckpunkte belegen deutlich, dass die angekündigte Reform des EEG nicht das Ziel verfolgt, den Ausbau der Erneuerbaren rasch und ungehindert voranzutreiben.

Im Gegenteil: Der Ausbau der Solarenergie soll begrenzt und Windenergie soll sich überhaupt nur noch - wenn überhaupt - an guten Standorten lohnen.

Außerdem wird der Bestand des fossilen System bekräftigt und Abregelmechanismen für Erneuerbare neu definiert. Man hält also, was man verspricht und liefert „verlässliche Rahmenbedingungen“. Für wen? Ja natürlich für die fossile Energiepolitik!
Angesichts des zunehmenden Klimawandels ist dieser Reformvorschlag unverantwortlich!

Wir setzen entgegen: Das EEG muss sowohl reformiert als auch weiterentwickelt werden: Die noch im EEG 2000 und EEG 2004 festgeschriebene kostendeckende Einspeisevergütung muss wiederhergestellt und neue energiewirtschaftliche Erkenntnisse wie die dringend notwendige Förderung von Speichertechnologien müssen umgesetzt werden.
Im Folgenden noch einmal unsere Forderungen kurz und bündig zusammengefasst :

Unsere Forderungen sind:

Grundsätzliches

1. Vorrangregelung der Erneuerbaren muss beibehalten werden
Der erzeugte EE-Strom muss weiterhin uneingeschränkt aufgenommen und an Stromverbraucher weitergeleitet werden. Ein kurzzeitiges Überangebot an EE-Strom im Netz kann in der Übergangszeit zur 100%-Versorgung noch die Notwendigkeit zur Abregelung der EE-Anlagen nach sich ziehen, da Kohle- und Atomkraftwerke nur begrenzt regelbar sind. Die Speicherung des EE-Stroms muss jedoch oberste Priorität haben und durch finanzielle Anreize unterstützt werden.
Abgeregelter Strom muss unaufgefordert und vollständig in Höhe der entgangenen Einspeisevergütung entschädigt werden. Die notwendigen technischen Einrichtungen gehören in den technischen und finanziellen Verantwortungsbereich des Netzbetreibers. Die Mehrkosten sind vom Netzbetreiber zu tragen.

2. Verfahrensfehler bei Ermittlung der EEG-Umlage korrigieren
Das Überangebot an EE-Strom im Stromnetz, verursacht durch schwer regelbare Grundkraftwerke, führt an der Strombörse zu negativen Strompreisen. Diese sogenannten Fehlallokationskosten werden derzeit noch der EEG-Umlage zugerechnet. Das muss dringend korrigiert werden.

3. Ausnahmeregelung für stromintensive Unternehmen beenden
Die Kosten für den Umbau unserer Energieversorgung auf Erneuerbare müssen von allen Stromkunden getragen werden, auch von stromintensiven Unternehmen.

4. Die Entwicklung des Strombörsenpreises gehört auf die Stromrechnung.
Die Senkungen der Börsen-Stromeinkaufspreise durch den Merit-Order-Effekt der Erneuerbaren Energien sollten auf allen Stromrechnungen ausgewiesen werden.

Zur Photovoltaik

5. Sowohl die Ausbaugrenze von 52 GW als auch der sogenannte „atmende Deckel“ müssen dringend abgeschafft werden.
Jede Zubaubegrenzung behindert den weiteren Ausbau von Produktionskapazitäten und notwendiger Infrastruktur. Die Investitionsbereitschaft wird nachhaltig gehemmt. Es kommt zum Zubau-Stillstand.

6. Rückkehr zum Prinzip der kostendeckenden Einspeisevergütung für Solarstrom.
Umfassende Investitionen benötigen Gewinnanreize. Betreibern von Solaranlagen muss nicht nur der Ersatz ihrer Aufwendungen sondern auch eine marktüblichen Rendite garantiert werden. Die Idee zur verpflichtenden Direktvermarktung des Stroms durch den Anlagenbetreiber ist praxisfern und als Angriff auf feste Einspeisetarife zu bewerten. Die Grundprinzipien des EEG - Abnahme, Weiterleitung und Vergütung des Stroms - müssen solange beibehalten werden, wie fossile und atomare Kraftwerke hochsubventioniert und von Haftungen für Folgeschäden freigestellt werden.

Zur Windenergie

7. Alle Investitionshemmnisse müssen beseitigt werden. Windanlagen müssen kostendeckend betrieben werden können und Zuschläge für Systemdienstleistungen erhalten
Windkraftanlagen müssen bundesweit und regional flächendeckend ausgebaut werden. Die Unterstützung der Netzstabilität, z.B. durch Lieferung von Blindleistung bzw. Spannungs- und Frequenzhaltung, muss zusätzlich vergütet werden.
Länderspezifische pauschale Abstandsregeln zu Wohngebäuden dienen nicht dem Schutz der Bewohner vor unzumutbaren Lärmimmissionen und bieten keinen Anreiz für die Windanlagenbauer, die Geräuschentwicklung zu minimieren.

Zur Bioenergie

8. Förderung der Stromerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen beenden
Der SFV hält die weitere Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen zur Strom-, Treibstoff- und Wärmeproduktion für einen Fehler. Die energetische Nutzung von Biomasse steht in direkter Flächenkonkurrenz zur Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, zur Versorgung mit biogenen Rohstoffen zur stofflichen Verwendung, zum Arten- und Naturschutz und zu wichtigen Klimaschutzmaßnahmen durch biogene CO2-Rückführung (z.B. CO2-Senken durch stoffliche Verwertung von Biomasse, Terra Preta, Maßnahmen zum Humusaufbau).

Neue Zielgröße definieren!

Wir appellieren an die Politik, die Chance wahrzunehmen, das in den vergangenen Jahren zum Papiertiger mutierte Erneuerbare-Energien-Gesetz wieder zu einem effektiven Förderinstrument umzugestalten. Zielgröße muss der schnellstmögliche Ausbau der Erneuerbaren Energien sein.