Worum geht es bei der Bundestagswahl 2017

In drei Legislaturperioden - also 12 Jahre lang - hat die Vorsitzende der CDU, Dr. Angela Merkel als Bundeskanzlerin die Richtlinien der deutschen Politik bestimmt.
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) hat in dieser Zeit mit tiefer Enttäuschung den Niedergang der einst so erfolgreich begonnenen deutschen Energiewende beobachtet. Das weltweit bewunderte und höchst erfolgreiche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2000 und EEG 2004) wurde nach und nach zu Gunsten der konventionellen Energiewirtschaft durch immer weitere Zusätze und Ausnahmeregelungen unwirksam gemacht und in ein bürokratisches Monstrum verwandelt.

Gleichzeitig hat die Bundeskanzlerin sich gerne als "Klimakanzlerin" bezeichnen lassen.

Die Diskrepanz zwischen den negativen Folgen der Gesetze und ihrer positiven Präsentation in der Öffentlichkeit setzt sich im CDU-Wahlprogramm für die Energiewende fort. Es befasst sich nicht mit der Zukunft, sondern lobt angebliche Erfolge vergangener Entscheidungen. Die CDU bezeichnet es bereits siegesgewiss als „Regierungsprogramm 2017 -2021“. Man könnte daraus herleiten, dass die CDU bezüglich der Energiewende keinen Richtungswechsel plant, sondern ein "Weiter so!".

Die CDU als Regierungspartei im Faktencheck

Die hier zitierten CDU-Aussagen finden sich wörtlich in dem am 03.07.2017 beschlossenen "Regierungsprogramm 2017 - 2021" (Seite 21)

 

Nr. 1
CDU:
Der Umbau der Energieversorgung auf erneuerbare Energien ist in dieser Legislaturperiode erheblich vorangekommen.

Faktencheck

Die aussichtsreichsten Erneuerbaren Energien sind in Deutschland die Sonnen- und die Windenergie.

Dass die Windenergie in Bayern unter CSU-Führung bereits bei der Baugenehmigung ihrer Anlagen durch überzogene Abstandsregeln zur Wohnbebauung behindert wird (die sogenannte 10 H-Regel), ist bekannt. Die Bundes-CDU hat durch eine flankierende Änderung des Bundesbaugesetzes in § 249 Abs. 3 dazu die Hand gereicht: Bis zum 31.12.2015 durften die Bundesländer die Abstandsregeln verschärfen.
Doch trotz Ablaufs dieser Frist wollen jetzt auch noch die beiden Landesverbände der CDU in NRW und Schleswig-Holstein nach Übernahme der Regierungsverantwortung durch Ausweitung der Abstandsregeln auch in ihren Ländern die Zahl der Windanlagen weiter begrenzen.

Den meisten Lesern ist bekannt, dass in Gesamtdeutschland während der CDU-Regierungsverantwortung in der Zeit von 2009 bis 2013 das Zubautempo bei Solaranlagen stark abgebremst und in der gerade endenden Legislaturperiode sogar auf weniger als ein Viertel des Zubaus von 2006 bis 2010 verringert wurde.

Zubau bei Solarstromanlagen
Solar letzte Legislaturperiode

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Fazit:
Eine Grafik sagt mehr als 100 Worte.
Wir können nicht finden, dass der Ausbau der Solarenergie in dieser Legislaturperiode (2013 bis 2017) "erheblich vorangekommen" ist. Insbesondere nicht, wenn man mit dem jährlichen Zubau von 2006 bis 2010 vergleicht.

 

Nr. 2
CDU:
Wir haben einen verbindlichen Ausbaupfad geschaffen, der allen Beteiligten Planungssicherheit gibt.

Faktencheck
Der Ausbaupfad wurde ins Gesetz aufgenommen. Er gibt Planungssicherheit jedoch ausschließlich für den Weiterbestand der konventionellen Kraftwerke, keinesfalls aber für den Umstieg auf die Erneuerbaren Energien. Mit der hier erkennbaren Fehlplanung ist das Scheitern der Energiewende sogar unvermeidlich. Wir werden das anhand des folgenden Gesetzestextes eingehend begründen.

Ausbaupfad

 

Unsere Kritikpunkte:

  • Die im Ausbaupfad genannten Leistungen der Solar- und Windanlagen sind keine "gesicherten" Leistungen, d.h. sie können nicht bei Bedarf abgerufen werden, sondern nur wenn die Sonne ungetrübt scheint und der Wind lebhaft weht. Die Stromwirtschaft sowie der Solarenergie-Förderverein Deutschland und weitere fachkundige Vertreter der Erneuerbaren Energien haben wiederholt auf diesen Umstand hingewiesen. Man kann z.B. nicht mit 500 MW Solar- bzw. Windanlagen ein 500 MW Kohlekraftwerk ersetzen.
  • Besonders der Solarenergie-Förderverein Deutschland und weitere fachkundige Vertreter der Erneuerbaren Energien haben auch eine Lösung des Problems genannt: Man braucht erstens Stromspeicher um die Energieüberschüsse an sonnigen und windigen Tagen für Zeiten des Strommangels aufzubewahren.
  • Man braucht zweitens deutliche Stromüberschüsse, damit man sie für Zeiten des Mangels in den Speichern speichern kann.
  • Drittens braucht man einen Überschuss an Solar- und Windanlagen, um die zu speichernden Stromüberschüsse erst einmal zu erzeugen.
  • An kalten Wintertagen wird in der Elektrizitätsversorgung eine Leistung von über 80.000 MW verlangt. Geplant sind für die wichtigsten Erneuerbaren Energien Sonne und Wind jedoch nur unzureichende jährliche Zubauzahlen, z.B. 2.900 MW Zubau für Wind- oder 2.500 MW Zubau für Solaranlagen.
  • Die hier genannten Leistungsangaben von Wind- und Solaranlagen sind nicht nur "ungesichert", also nicht jederzeit abrufbar, sondern sie müssen auch im Zusammenhang mit ihren jährlichen Nutzungsgraden gesehen werden. Beispiele: Kohle- und Atomkraftwerke erreichen Nutzungsgrade der Größenordnung von 80%. Das heißt, 80% des Jahres können sie ihre volle Leistung liefern. Offshore-Windenergie jedoch nur 50%, Onshore-Windenergie nur 20% und Photovoltaik gar nur 10%.
    Ein Nutzungsgrad von 10% bei der Photovoltaik bedeutet natürlich nicht, dass eine PV-Anlage nur in einem Zehntel der Jahresstunden Solarstrom erzeugt. Es bedeutet vielmehr, dass eine PV-Anlage im Jahr nur so viel Solarstrom erzeugt, als wenn sie in 10% der Jahresstunden mit voller Leistung gelaufen wäre und den Rest der Zeit keinen Strom geliefert hätte.
  • Onshore-Windenergie hat einen Jahresnutzungsgrad von etwa 20% und Offshore-Windanlagen einen von knapp 50%. Bei einer Versorgung aus Wind- und Solaranlagen müssen diese zunächst einmal die dazugehörigen Stromspeicher auffüllen können. Zum Auffüllen ihrer Stromspeicher braucht man deshalb die doppelte Zahl von Offshore-Windanlagen, die fünffache Zahl von Onshore-Windanlagen und die zehnfache Zahl von PV-Anlagen.
  • Bei den bisherigen Erläuterungen sind die Energieverluste beim Speichern der Überschüsse noch nicht einmal berücksichtigt. Da diese (noch) bei über 50% liegen, verdoppelt sich noch einmal die notwendige Zahl der EE-Anlagen.
  • Die in den vergangenen Jahren errichteten Wind- und Solar-Anlagen müssen nach 20 Jahren durch Neuanlagen ersetzt werden. Die Tatsache, dass in den "Ausbaupfaden" nur ein "BRUTTO-ZUBAU" zugestanden wird, bedeutet, dass ab 2020 in manchen Jahren sogar mehr Altanlagen stillgelegt werden als neu hinzukommen. Die Gesamtleistung nimmt dann zeitweilig sogar noch ab.
  • Ein Speicher-Ausbaupfad wurde unbegreiflicher Weise überhaupt nicht geplant!

Fazit: Die Energiewende verlangt um Größenordnungen mehr Anstrenungen als die CDU bereit ist zu geben. Das was die CDU den Wählern anbietet, ist nicht mehr als ein potemkinsches Dorf, vor dem die Klimakanzlerin steht, und hinter dessen Kulissen sich das große NICHTS verbirgt.

Sieht die CDU nicht, dass es hier produktive Arbeit für Millionen von Menschen gibt, die außerdem die Exportchancen Deutschlands gewaltig erhöht. Die Solar- und Windanlagen und die erforderlichen Speicher werden Klimaschäden vermeiden und - anders als der Export von Kriegswaffen - Menschenleben retten.
Noch fehlt es der CDU an Entschlossenheit, diese Chance zu ergreifen.

Hat die CDU Angst, neue Wege zu gehen?



 

Nr. 3
CDU:
Die EEG-Umlage haben wir stabilisiert.

Wir fragen uns, was diese Aussage im Zusammenhang eines Regierungsprogramms besagen soll. "Stabilisieren" klingt eigentlich positiv. Aber unerwünschte Entwicklungen - z.B. das ständige Ansteigen der EEG-Umlage - möchte man lieber nicht stabilisiert sehen.


Faktencheck

Entwicklung der EEG-Umlage für einen 3 Pers. Haushalt mit Jahresverbrauch von 3500 kWh laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft:

Jahr EEG-Umlage in Ct/kWh
2009 1,31
2010 2,05
2011 3,53
2012 3,59
2013 5,28
2014 6,24
2015 6,17
2016 6,35
2017 6,88

Was wurde hier nun stabilisiert? Der Anstieg oder der Endwert?

Soll vielleicht die Wahlaussage zum Ausdruck bringen, dass der Anstieg der EEG-Umlage gestoppt worden sei. Die EEG-Umlage wird in der Öffentlichkeit - an die sich das Regierungsprogramm richtet - irrtümlich als Gradmesser für die Mehrkosten angesehen, die die erneuerbaren Energien verursachen. Mit anderen Worten also: "Mehr Geld müssen (oder wollen) wir zukünftig für die Erneuerbaren Energien nicht mehr ausgeben." ???

Das CDU-Wahlprogramm geht mit keinem Wort darauf ein, dass die Klima- und Gesundheitsschäden durch fossile und atomare Energien, - wenn man sie überhaupt in Geldwert ausdrücken könnte - unsere Volkswirtschaft schon jetzt von Jahr zu Jahr schlimmer belasten und schließlich ins Unermessliche ansteigen werden, wenn die Energiewende nicht gelingt. Auch wird weder die wachsende Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen um die fossilen Energieträger erwähnt oder die Probleme der Aufnahme wachsender Zahln von Klimaflüchlingen. Der Spruch: "Wir schaffen das" ohne weitere Anstrengungen reicht nicht aus. Hier im CDU-Regierungsprogramm wäre Gelegenheit, den Grund zu nennen, warum wir die Herausforderung einer vollständigen Energiewende annehmen müssen.

 

Nr 4
CDU:
energieintensive Unternehmen (wurden) entlastet.

Faktencheck
Energieintensive Unternehmen wurden in der Tat bei der EEG-Umlage entlastet. Siehe: Merkblatt für stromkostenintensive Unternehmen 2017. Dies war ein Anreiz für einige Unternehmen zur Steigerung ihres Stromverbrauchs, um auch noch zu den begünstigten Unternehmen zu zählen!
Die Entlastung der Stromvielverbraucher führte außerdem dazu, dass statt ihrer die privaten Haushalte eine entsprechend höhere EEG-Umlage zahlen müssen.

 

Nr 5
CDU:
(Wir haben) die Voraussetzungen für den Ausbau der großen Übertragungsnetze bis 2023 geschaffen.

Faktencheck
Um den Bau der Fernübertragungsleitungen voranzutreiben, gab es bisher eine regierungsseitig zugesagte Eigenkapitalrendite von 9,05 Prozent, die ab 2019 auf immer noch beachtliche 6,91 Prozent herabgesetzt werden wird. Unter der Verlockung solch außergewöhnlich hoher Renditen sind die vier Gebietsmonopolisten Amprion, 50Hertz, TenneT und TransnetBW brennend daran interessiert, neue - auch aufwendige und sogar unnötige - Übertragungsleitungen zu errichten. Die Milliarden-Kosten dafür tragen die Stromkunden. Da Stromspeicher fehlen, können die Leitungen bei Schwachwind und bedecktem Himmel jedoch nur Strom aus fossilen Kraftwerken heranführen. Sie dienen dann dem Erhalt der fossilen Stromversorgung.

 

Nr 6
CDU:
Moderne Stromspeichertechnologien sind für den Erfolg der Energiewende von großer Bedeutung. Unsere Anstrengungen bei der Forschung und bei der Förderung setzen wir fort.

Faktencheck
Ohne Stromspeicher ist kein Umstieg auf die wetterabhängigen Erneuerbaren Energien möglich. Der zögerliche Ausbau von Speichern ist deshalb der bedrückendste Engpass bei der Umstellung der Energieversorgung. Es fehlen Speicherleistungen von mindestens 80.000 MW und Speicherkapazitäten in der Größenordnung von einigen hundert Terawattstunden.

Wie wenig sich die CDU in den vergangenen drei Legislaturperioden um diese wichtige Angelegenheit gekümmert hat, ergibt sich z.B. aus dem von ihr veranlassten "Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2017)" Dieses Gesetz umfasst 172 Paragrafen sowie 4 Anlagen. Für Dutzende von unwichtigen Regelungen gab es eigene Paragrafen. Die Stromspeicherung wurde jedoch offenbar als so unwichtig angesehen, dass in keiner Überschrift der Paragrafen und Anlagen das Wort "Speicher" auch nur vorkommt.

Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages demonstriert in einer ausführlichen Stellungnahme umfangreiches Nichtwissen zum Thema Speicher.

Das bisweilen erwähnte KfW-Speicherförderprogramm sowie einige weitere Speicherförderpramme auf Länderebene sind - verglichen mit der benötigten Speichermenge - weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch ist eine Steigerung hier nicht absehbar.

Es ist somit reiner Hohn, wenn die CDU erklärt, ihre "Anstrengungen" zur Forschung und Förderung der Stromspeicherung fortsetzen zu wollen. D.h. sie will hier weiter nichts tun.

 

Nr 7
CDU:
Deutschland muss eine einheitliche Strompreiszone bleiben.

Faktencheck
Es ist erstaunlich, dass die CDU, die prinzipiell auf marktwirtschaftlichen Wettbewerb setzt, im Fall der Strompreise das Gegenteil tut, indem sie den Wettbewerb zwischen den Anbietern deutschlandweit ausschalten will. Sie verspielt damit die Möglichkeit, in einem regionalen Preiswettbewerb die preissenkende Wirkung von zusätzlichen EE-Anlagen und Stromspeichern zu nutzen.

 

Nr 8
CDU:
Der beschleunigte Netzausbau und die Beseitigung von Engpässen haben für uns oberste Priorität. Dadurch reduzieren wir in erheblichem Umfang Kosten.

Faktencheck
Hier werden falsche Prioritäten gesetzt!
Oberste Priorität hat für die CDU bedauerlicherweise nicht die Bekämpfung des Klimawandels sondern der beschleunigte Netzausbau, der - wie weiter oben unter Nr. 5 ersichtlich - der Erhaltung des fossilen Kraftwerksparks dient. Offensichtlich verzögert die CDU den Ausbau der Erneuerbaren Energien und will (oder muss oder darf) - da Stromspeicher fehlen - die fossilen Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von mindestens 80.000 MW für Zeiten ohne Wind und Sonne weiterhin ständig betriebsbereit halten.

Das führt zu einer kostentreibenden Doppelausstattung der deutschen Stromversorgung mit zwei Versorgungssystemen, die nicht einmal miteinander kompatibel sind. Wie dadurch Kosten reduziert werden sollen, ist nicht erfindlich.

 

Nr 9
CDU:
Es dürfen keine Nachteile für Grundstückseigentümer, Investitionen und Arbeitsplätze entstehen.

Faktencheck

  • Nachteile für Grundstückseigentümer ergeben sich schon jetzt durch Teilenteignung ihrer Grundstücke zum Zweck des Netzausbaus.
  • Weitere Nachteile für Grundstückseigentümer ergeben sich durch die Erschwerung der Baugenehmigungen für Wind- oder Solaranlagen auf ökologisch bestens geeigneten eigenen Grundstücken.
  • Nachteile für Investitionen ergeben sich durch vertraglich mit dem Direktvermarkter vereinbarte entschädigungslose Abregelung von Windanlagen und Solar-Freiflächenanlagen.
  • Nachteile für Arbeitsplätze ergaben sich durch den Verlust von über 80.000 Arbeitsplätzen im deutschen Solarinstallations-Handwerk aufgrund der Einschränkung des jährlichen Zubautempos von über 7.000 MW auf höchstens 2.500 MW.

 

Weitere Fragen zum Thema

bitte unter zentrale@sfv.de nachfragen.