Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,

Sie werden namentlich auf Seite 16 und 17 des Solarbriefs 3/10 genannt. Gemäß Bundestagsprotokoll haben Sie am 06.05.2010 dem Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zugestimmt. Diese Gesetzesänderung verfolgt das Ziel, die Stromkunden durch eine Absenkung der Solarstromvergütung vor einem Anstieg des Strompreises zu schützen.

Dazu soll der Zuwachs der Photovoltaik für die kommenden Jahre auf einen jährlich gleichbleibenden Neubau von etwa 3,5 Gigawatt verringert werden. Das ist etwa halb so viel, wie in den vergangenen 12 Monaten bis Juni 2010 in Deutschland installiert wurde.

Als gemeinnütziger Umweltschutzverein, der sich speziell mit Energiepolitik befasst, sind wir über diese Entscheidung entsetzt, denn sie wird nicht zu einer Entlastung, sondern sogar zu einer erheblichen Mehrbelastung der Stromkunden führen, die ja gleichzeitig Steuerzahler sind. Und außerdem verzögert sie entscheidend den Umstieg auf die Erneuerbaren Energien.

Sie ersticken eine 20-jährige Entwicklung, die 1990 von der damaligen CDU-Regierung mit dem Stromeinspeisungsgesetz in Gang gesetzt wurde, parteiübergreifend von Rot-Grün im Jahr 2000 weiter verbessert, von Schwarz/Rot fortgesetzt wurde und die dazu geführt hat, dass in Deutschland eine sehr leistungsfähige Solarindustrie und mehr als 10.000 Solarinstallationsbetriebe entstanden sind.
Die Leistungsfähigkeit dieser Installationsbetriebe wird oft unterschätzt; deswegen nennen wir Ihnen zwei Zahlen. Diese Betriebe haben bisher in Deutschland Solarstromanlagen installiert, deren Höchstleistung der Leistung von 15 Kernkraftwerksblöcken entspricht. Pro Kernkraftwerksblock rechnet man mit 1 Gigawatt (GW).

Allein in den letzten 12 Monaten bis Ende Juni haben sie auf deutschen Dächern Solarstromanlagen mit einer Spitzenleistung von etwa sechs Kernkraftwerksblöcken aufgebaut. Sechs Kernkraftwerksblöcke in einem Jahr; ein solches Aufbautempo schafft nicht einmal die mächtige Atomindustrie!

Dieser leistungsfähige Mittelstand der Solarinstallateure ist aufgrund der Nachfrage von Millionen von Dachbesitzern entstanden und es waren auch diese Dachbesitzer, die die Vorfinanzierung selbst erbracht haben. Die im Voraus erbrachten Investitionssummen werden nun durch die Stromkunden nachträglich 20 Jahre lang durch einen Aufschlag von 2 bis 3,5 Cent pro Kilowattstunde auf den Strompreis wieder erstattet. Stromintensive Betriebe und Schienenbahnen sind davon ausgenommen.

Doch zurück zum neu aufgewachsenen mittelständischen Handwerksstand der Solarinstallateure. Diese werden nun durch IHRE Gesetzesänderung dazu verurteilt, zukünftig auf Jahre hinaus nur noch mit halber Kraft (3,5 GW jährlich) zu arbeiten.

Sie, sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter, wollten dadurch Geld beim Strompreis sparen, aber sie vergessen dabei die volkswirtschaftlichen Verluste, die entstehen, wenn ein großer mittelständischer Wirtschaftszweig von nun an nicht mehr aus voller Kraft arbeiten darf und seine jährliche Wertschöpfung auf die Hälfte beschränken muss. Die bei den Solarinstallateuren getätigten Investitionen in die Werkstattausstattung, die Montagehilfen und Gerüste, die Aufzüge und die Werkstattfahrzeuge, die Geschäfts- und Werkstatträume, die Investitionen in die Aus- und Weiterbildung des Personals werden dadurch entwertet, werden nachträglich zu Fehlinvestitionen - in volkswirtschaftlichem Maßstab.

Was wird mit den zehntausend deutschen Solarinstallationsbetrieben geschehen, wenn sie im kommenden Jahr und den darauf folgenden Jahren nur noch etwa die Hälfte an Photovoltaikanlagen verkaufen dürfen wie dieses Jahr?

Einige Stichworte sollten genügen:

  • Entlassung der Hälfte des Personals (mehr als 30.000 Personen),
  • Insolvenzen,
  • Steigerung des Aufwandes für die Arbeitslosenunterstützung,
  • Wegfall der Hälfte der Lohnsteuer,
  • Wegfall der halben Gewerbesteuer für die Kommunen,
  • Wegfall der halben Mehrwertsteuer für den Bund.

Die Steuerzahler, d.h. wir alle, werden die finanziellen Folgen dieser Steuerausfälle und die Mehrbelastung der Sozialsysteme mittragen müssen.

Hinzu kommt, dass eine verminderte Nachfrage nach Solaranlagen zu geringerem Wachstum bei den Herstellern führt, also zu geringeren Investitionen in modernere Produktionsanlagen und damit zu vermindertem Fortschritt. Die verminderte Nachfrage bedeutet auch einen Rückfall Deutschlands im Wettbewerb um die Führung bei einer der weltweit wichtigsten Klimaschutztechniken.

Ihre auf eine Reduktion der EEG-Umlagekosten ausgerichtete Bremsung der Solarindustrie berücksichtigt außerdem nicht den strompreissenkenden Effekt einer Netzeinspeisung hauptsächlich zur Zeit der mittäglichen Verbrauchsspitze, den sogenannten Merit-Order Effekt, der sogar vom Präsidenten der Bundesnetzagentur Herrn Matthias Kurth bestätigt wurde.

Gegenüber all diesen Nachteilen sind die Einsparungen beim Strompreis Peanuts!
Und schließlich: Was sagen Sie Ihren vom Klimawandel betroffenen Enkeln, wenn sie einmal fragen: Ihr habt doch um die Zusammenhänge gewusst! Warum habt ihr die Solarenergie nicht schneller ausgebaut?

Wir sind dazu bereit, mit Ihnen über die Gesamtproblematik in einen Gedankenaustausch zu treten.

Der Vorstand des SFV