Die Land- und Forstwirtschaft muss einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten. Dieser kann jedoch wegen der gravierenden unerwünschten Nebenwirkungen nicht im Anbau von Energiepflanzen zur Strom- und Wärmeproduktion oder in der Lieferung von Rohstoffen zur Treibstoffbeimischung (wie z.B. für E10 oder Biodiesel) liegen, sondern muss näher liegende und wichtigere Aufgaben bei der Erhaltung unserer Lebensgrundlagen und im Klimaschutz vorrangig berücksichtigen.
Wir sehen folgende Dringlichkeitsreihenfolge:
2) Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch Wiederaufforstung von Flächen, Schutz von bestehenden Kohlenstoffspeichern (Moore und Dauergrünland) und Renaturierung
3) Lieferung von Biomasse zur stofflichen Nutzung als Baustoffe und in der Großchemie als Ersatz für Erdöl, Erdgas und Kohle zur Herstellung von Textilien und Kunststoffen (vom Legobaustein bis zum Kohlefaser-Verbundwerkstoff).
Schon für die Erfüllung dieser vordringlichen Aufgaben reicht die nachwachsende Biomasse kaum aus. Ihre energetische Nutzung halten wir deshalb für den falschen Ansatz.
Eine Ausnahme sehen wir bezüglich der energetischen Nutzung von Reststoffen. Dies sollte aber nur dort erfolgen, wo die Reststoffe nicht mehr stofflich oder als organischer Dünger für den Erhalt des Boden-Nährstoffhaushaltes genutzt werden können.
Änderung der politischen Rahmenbedingungen gefordert
Gesetzliche Bestimmungen und Fördersysteme verändern Anbaustrukturen. Wenn die Politik die Ethanolproduktion forciert und damit den Anbau von Mais und Getreide ankurbelt, entscheiden sich viele Landwirte für diese sicheren Absatzmärkte. Wenn der Bau von Pelletheizungen im Rahmen des Erneuerbaren-Energien-Wärmegesetzes als Klimaschutzmaßnahme gefördert wird, bieten Forstwirte Holz zu Heizzwecken an.
Es wäre verfehlt, den Land- und Forstwirten die Verantwortung für solche Fehlentwicklung zuzusprechen. Viele von ihnen bewirtschaften ihre Flächen bereits nachhaltig und tragen auf diese Weise zum Klimaschutz bei. Sie können sich aber nicht völlig den wirtschaftlichen Zwängen entziehen. Deshalb sollten die politischen Rahmenbedingungen so geändert werden, dass die Land- und Forstwirtschaft im Kampf gegen den Klimawandel sinnvollere Strategien verfolgen kann.
Hierzu muss die Politik zunächst folgende Aufgaben erledigen:
a) Die Politik muss Vorrangsregeln oder Dringlichkeitsreihenfolgen zwischen den verschiedenen Aufgaben der Landwirtschaft festlegen, wie wir sie oben bereits angedeutet haben, z.B. Nahrungsmittelproduktion, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes der Böden, Lieferung von Biomasse zur stofflichen Verwertung usw.
Erst dann dürfen Potentialabschätzungen vorgenommen werden, wobei nicht am hinteren Ende, nämlich bei der energetischen Nutzung angefangen werden darf.
b) Die realitätsfremden Potential-Abschätzungen der Bundesregierung zu Bioenergien werden und müssen dann deutlich nach unten korrigiert werden. Sie führen sonst weiterhin zu Fehlentscheidungen in wichtigen klimapolitischen Gesetzgebungsverfahren - vor allem in Bezug auf die Förderung anderer Erneuerbarer Energien und Speichertechnologien.
c) Die Agro-Treibstoffpolitik der Bundesregierung muss beendet werden. Stattdessen muss die Elektromobilität gefördert werden.
d) Der Neubau von Biogasanlagen sollte nur noch möglich sein, wenn diese mit Reststoffen wie z.B. Gülle oder Mist beschickt werden. Außerdem sollten diese - soweit technisch möglich - wärmegeführt oder zur Abdeckung von Spitzenlast im öffentlichen Netz eingesetzt werden.
e) Statt zur Sicherstellung unserer Wärmeversorgung Pelletheizungen und Biogasanlagen auf Energiepflanzenbasis zu fördern, sollten in erster Linie Investitionen in Dämmung und dann auch in die Nutzung andere Erneuerbare Energien (z.B. Solarthermie, Geothermie) vorangetrieben werden.
Windenergie bringt der Landwirtschaft wirtschaftlich höhere Gewinne
Im übrigen weisen wir in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hin, dass für die Landwirtschaft die Nutzung der Windenergie über den Feldern und Wäldern einen mehrfachen Energie- und Geldertrag bedeuten könnte. Hier gibt es kaum Nutzungskonkurrenzen zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion.
Nur um eine Größenordnung zu nennen: Die Einnahme für die Jahres-Stromerzeugung aus einer einzigen modernen Windkraftanlage liegt in den ersten 5 Jahren jährlich etwa bei einer Mio. Euro.
Viele Gebietskörperschaften haben Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen. Die Kehrseite dieser Entscheidung wird oft nicht bedacht: Nach Bundesbaugesetzbuch entwickelt die Ausweisung eines Vorranggebietes gleichzeitig eine unbedingte Sperrwirkung für die übrigen - nicht als Windvorranggebiete ausgewiesenen - Gebiete.
(Anmerkung: Wir fragen uns, wie lange der Deutsche Bauernverband es noch hinnehmen will, dass durch das Bundesbaugesetz in einer unübersehbaren Zahl von Fällen seinen Mitgliedern die Möglichkeit verwehrt wird, auf ihrem eigenen Grund und Boden Windanlagen zu errichten und die Windenergie zu nutzen - dort wo sie weder Anwohner- noch Naturschutzbelange beeinträchtigt.)