Zur Presseerklärung des CDU-Wirtschaftsrats vom 27.4.2015

 

In der aktuellen Kontroverse um Wege zur Erreichung des deutschen Klimaschutzziels hat sich der Wirtschaftsrat der CDU am 27.4.2015 mit einer bemerkenswerten Stellungnahme zu Wort gemeldet. Die Hauptthese lautet: „Der Wirtschaftsrat hält das deutsche Klimaziel für unerreichbar, die Kohlendioxid-Emissionen um 40 Prozent bis 2020 zu reduzieren. Das sagen wir schon seit langer Zeit, weil wir die Grundrechenarten beherrschen.“

Kern dieser schulmeisterlichen Anmaßung ist das Argument, der CO2-Ausstoß in Deutschland sei von 1990 bis heute um rund 27 Prozent zurückgegangen; um die von der Bundesregierung angestrebte und versprochene Reduktion von insgesamt 40 Prozent bis 2020 zu erzielen, reiche dieses Tempo nicht aus. Zudem sei den bisherigen Reduktionsleistungen der Ab- und Umbau der extrem klimaschädlichen DDR-Industrie zugutegekommen.

Für den Wirtschaftsrat der CDU besteht Politik gemäß dieser Argumentation offenbar nur in der Fortschreibung bisheriger Trends, nicht in der Gestaltung der Zukunft. Dass wir mit einem bloßen „Weiter so!“ die Klimaziele der Bundesregierung verfehlen würden, ist aber keine Neuigkeit, für die man eine Presseerklärung herausblasen müsste.

Man könnte aus dieser banalen Einsicht die Schlussfolgerung ziehen, dass energischere Schritte nötig sind, um das Ziel zu erreichen. Die jüngste Initiative des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD), für Teile der Stromproduktion älterer Kohlekraftwerke eine CO2-Abgabe einzuführen, wäre hier ein viel zu zaghafter Schritt, aber eben doch ein Schritt in die richtige Richtung. Genau dagegen richtet sich der jetzige Vorstoß des CDU-Wirtschaftsrats.

Die Unmöglichkeit CO2-senkender Maßnahmen soll also dadurch „bewiesen“ werden, dass man ebendiese Maßnahmen torpediert und nach Möglichkeit verhindert. Wenn der Wirtschaftsrat sich dabei auf die „Grundrechenarten“ beruft, dann erscheint uns dies als eine Beleidigung des mathematischen ebenso wie des politischen Verstandes (zumal die Prozentrechnung gar nicht zu den vier Grundrechenarten zählt, und zumal der Wirtschaftsrat an einer Stelle erklärt, zwischen 1990 und 2014 lägen „14 Jahre“). Für politisches Handeln wären aber auch Einsichten in die formale Logik hilfreich. Z.B., dass es Konditionalitäten (Wenn-dann-Verhältnisse) gibt. Es gehört zur politischen Kunst, für ein gesetztes Ziel (40% CO2-Reduktion bis 2020) die geeigneten Maßnahmen zu finden, die andere Ziele nicht über Gebühr beeinträchtigen. Wir würden hier u.a. eine konsequente und spürbare Besteuerung jeder Tonne CO2 empfehlen. Das würde auch der Energiewende einen wichtigen neuen Impuls geben, mit per Saldo sehr guten Arbeitsmarkteffekten.

Am Ende seiner Erklärung regt der Wirtschaftsrat – etwas im Widerspruch zu seiner Hauptthese – drei Maßnahmen an, mit denen „CO2-Emissionen mit wirtschaftlichem Sachverstand dort einzusparen [wären], wo dies am kosteneffizientesten ist“. Mit diesen Maßnahmen – Selbstverpflichtungen der Energieversorger; Stärkung der Energieeffizienz in der Industrie; Maßnahmen im Bereich der „Umwandlungseffizienz“ (Kraft-Wärme-Koppelung u.ä.) – sollten die Mitglieder des Wirtschaftsrats in ihren Wirkungsbereichen noch heute beginnen – nicht alternativ zum staatlichen Regulierungshandeln, sondern ergänzend. Der Klimaschutz ist nämlich nicht irgendein Gedöns-Thema, sondern die globale existenzielle Herausforderung unserer Zeit.

 

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